Cubiculum (CTLM) | Rediviva Minervina

  • Minervina empfang unendliche Dankbarkeit, als sie endlich ihr Zimmer betrat. Es war karg eingerichtet. Und sogar für ihren sehr bescheidenen Geschmack zu karg. Sie rieb ihre Hände aneinander und sah sich einmal rund um. Besonders groß war es auch nicht. Aber was hatte sie eigentlich von einem Militärlager erwartet? Also den Karrierewechsel oder das Lebensende ihres Onkels würde sie nicht hier erwarten. Mit raschen Schritten näherte sie sich dem Bett und ließ sich darauf plumpsen. Sie verzog ihr Gesicht. Es war hart. Mit einem Seufzen erhob sie sich wieder. Wenigstens war ein hartes Nachtlager gut für einen gesunden Rücken. Woher sie diesen grenzenlosen Optimismus nahm, wusste sie selbst auch nicht recht.


    Ihre nächsten Schritte führten zum Fenster. Es bot sich wirklich keine schöne Aussicht. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, dieser Reise zuzustimmen? Es würde vermutlich so werden, wie Helvetius Marcellus es ihr prophezeiht hatte: Irrsinnig langweilig. Und zugleich wohl anstrengend, weil sie all die potentiellen Ehegatten vergraulen musste. Missmutig verzog sie das Gesicht und näherte sich wieder dem Bett, wo sie ihre Laute aufnahm. Was Lana hier wohl noch für Aufgaben erwarten würden? Zurechtmachen musste sie niemanden mehr. Im Lager aufhalten ziemte sich für Frauen nicht und was bot sich sonst an. Ihre Finger glitten einmal kurz über die Saiten.


    Gedanklich richtete sie sich schon etwas gemütlicher ein. Sollte sie ihr Bett wirklich im Fensterzimmer haben? Es wirkte so offen... Andererseits würde sie anders niemanden empfangen können, denn in ein Zimmer wo ihr Bett stand lud sie niemanden einfach so ein. Doch stellt sich dann wieder die Frage: Wen sollte sie hierher schon einladen? Das Vorzimmer war noch völlig leer. Vermutlich würde sie dort zwei Korbsessel und eine Kline platzieren. Und einen Tisch. Na, man würde sehen. Gedanklich begann sie schon, einen Plan zu zeichnen.

  • Aus dem Augenwinkel hatte ich noch mitbekommen, wie die Nichte meines Domine ihr Zimmer betrat. Und erst hackte ich das einfach nur ab, ich hatte genug zu tun, Titus hatte mir eine grobe Idee gegeben, was zu tun war, was wo hin gehörte, aber so wenig wie ich ein Soldat war, konnte und wollte Titus die Rolle eines Hausverwalters ausfüllen.


    Ich war ja dankbar, darüber, das ich viel zu tun hatte, verhinderte es doch, das die Verzweiflung in meinem Inneren zu deutlich hervortrat. Aber denoch spürte ich immer wieder die Verzweiflung darüber, das Miriam wohl einen anderen Mann gefunden hatte.


    Und auf einmal wurde mir klar, das Donina Minervina in das falsche Zimmer gegangen war, nicht in eines von denen , die mein Domina für seine Mündel hatte herrichten lassen, sondern eines, das eigentlich noch leer stand.


    Mit wenigen Schritten war ich heran und klopfte an der Tür.

  • Sim-Off:

    Ich kürz mal eben ab, weil ich sonst schlichtweg überfordert bin, ja? :)


    Während sie sinnierend von einer Ecke zur anderen ging und sich dabei ausmalte, wie sie die Räume gestalten würde, hörte sie überrascht ein Klopfen an der Tür. Ihre schlimmste schlechte Laune war mittlerweile verschwunden, aber sie hatte noch immer keine Lust auf großes Hin- und Her. Als sie die Tür öffnete und Cato ihr eröffnete, dass sie ihr falsches Zimmer bezogen hatte, musste sie leise lachen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Ihr Lachen war allerdings keineswegs ironisch oder geladen. Sie war wirklich amüsiert über ihre Verblüffung bezüglich des kahlen Zimmers, was nicht einmal für sie gedacht war. "Danke, Cato." hatte sie geantwortet. "Ich werd mich dann gleich zu meinem Onkel begeben." verkündete sie und verließ dann das Zimmer. Nach der Begrüßung würde sie ja wohl hoffentlich ihr richtiges Zimmer beziehen.

  • Nachdem sie die Begrüßung über sich ergehen lassen hatte und endlich ihr richtiges Zimmer beziehen konnte, atmete sie erleichtert auf. Für den restlichen Tag würde sie ihre Ruhe haben. Sie schritt durch die Tür und blickte sich um. Der Aufbau des Doppelzimmers war genauso wie das andere, doch die Einrichtung entschieden weniger karg und verbesserungswürdig. Hier würde es sich leben lassen. Auch wenn sie gewiss nicht für immer in Mantua bleiben würde. Es zog sie schon jetzt wieder gen Süden, aber zumindest eine kleine Zeit würde sie verweilen müssen. Sie griff wieder nach ihrer Laute und setzte sich aufs Bett. Ob sie wieder versuchen sollte, mit Marcus Kontakt aufzunehmen? Sie hatte vor knapp eineinhalb Jahren das letzte Mal von ihm Nachricht erhalten. Es interessierte sie, ob es ihm gut ging. Doch konnte sie ihn noch unter seiner alten Adresse erreichen?


    Zart ließ sie ihre Finger über die Saiten der Laute gleiten. Die Töne die nun im Raum standen, ließen sie andächtig ihre Augen schließen. Sie sollte wieder öfter spielen und hier bot es sich sogar an. Sie würde es wie Marcus machen. Hinaus ins Grüne und dort ein wenig spielen. Nur dass sie wohl kaum durch die Lande zöge. Dafür war ihr das bequeme Leben doch zu teuer und der Zorn von Vitamalacus zu gewiss.


    Bis zu jenem Tag, da wir uns wiedersehen,
    jenem schönen, lang ersehnten Tag,
    wird eine lange Zeit vergehen.
    Doch nach dieser Zeit, so sag,
    wirst du noch derselbe sein?
    So lebensfroh, charmant und geschwind,
    eben so, wie ich dich kenne und mag,
    durch die Lande ziehend wie der Wind.


    Ihre weiche Stimme, die eine seltene Sanftheit verkündete, erfüllte den Raum mit Wärme. Die leisen Klänge der Laute begleiteten das selbstgeschriebene Lied. Würde sie ihren wohl einzigen Freund wieder sehen, würde sie dann den Mut aufbringen ihm dies vorzusingen? Sie hatten zwei Tage gehabt, hatten zusammen gelacht und geweint. Ein Abenteuer durchlebt und gemeinsam gesungen. In diesen Stunden hatten sie sovieles durchlebt und gefühlt wie es andere in ein paar Monaten tun mochten. Ein Grund, weshalb sie ihn als Freund ansah. Sie sah zur Decke hinauf und stimmte eine andere Melodie an.


    Nach dieser langen Zeit, da fang ich an zu fragen,
    ob du dich gesehnt hast, ob du mich vermisst.
    Oder ob ich aus deinem Gedächtnis verschwand in all den Tagen,
    obwohl ich täglich betete, dass du mich nicht vergisst.
    Doch sei dir gewiss, ich trage dich wie stets bei mir,
    in meinem sehnsuchtsvollen Herzen, auf einem Stück Papier.
    Du wirst immer etwas Besonderes sein, immer ein Freund.


    Letzteren Satz flüsterte sie eher, denn dass sie ihn aussprach. Sie legte ihre Laute zur Seite und stand auf. Sie spürte wie ihre Worte in die Tat umschweiften und sie schwächten. Das durfte sie nicht riskieren. Vielleicht stellte sie ihn besser hin, als er eigentlich war. Aber sie wusste, sie täuschte sich nicht in ihm. Lanas Vermutung schoss ihr wieder durch den Kopf. Dass Marcus jemand anderes sei, als nur ein Freund. Aber sie selbst war nur 12 gewesen und es wäre töricht zu behaupten, sie würde ihn lieben. Vielleichht den Marcus, den sie in ihren Fantasien ausgemalt hatte, doch die Realität sah anders aus. Oder?

  • Mittlerweile hatte sich Minervina in Mantua eingelebt. Sie war sogar manchmal aus dem Castellum heraus gekommen, auch wenn sie ihr Vorhaben, außerhalb der Mauern einmal die Laute zu spielen, noch nicht in die Wirklichkeit umgesetzt hatte. Sie saß an ihrem Schreibtisch, welcher direkt unter dem Fenster stand. Vor ihr lag ein Pergament, auf welchem schon ein paar Worte geschrieben standen.


    Hallo, Marcus...
    ich musste dir einfach schreiben. Ich sollte das nicht, aber ich musste in der letzten Zeit viel an dich denken...


    Zweifelnd betrachtete Minervina diese Worte. Sie sollte nicht so gefühlvoll schreiben, nicht so voller Sehnsucht. Aber wie sollte sie es anders formulieren? Wem konnte sie überhaupt ihre eigentlichen Gedanken anvertrauen, wenn nicht ihm? Er war es doch, der sie immer wieder zum Nachdenken veranlasste. Doch was, wenn der Brief nicht ankam?


    Seufzend stützte sie ihren Kopf auf ihre beiden Hände und sah trübsinnig aus dem Fenster. Sie würde gerne mit ihm sprechen, aber ohne Brief und Geld würde es auch kein Gespräch geben. Sollte sie nach Germanien reisen? Ein spöttisches Lächeln. Was für ein wahnwitziger Gedanke. Als wenn Vitamalacus sie auch nur im Geringsten nach Germanien gehen lassen würde. Sie seufzte leis. "Oh Marcus... Was waren deine Abschiedsworte? Man sieht sich immer zweimal..."

  • Der Brief fand keinen einzigen weiteren Buchstaben mehr. Minervina hing mit ihrem Blick einfach irgendwo im nirgendwo und versuchte sich, wie so oft in der letzten Zeit, das Lächeln von Marcus ins Gedächtnis zu rufen. Auch er war damals noch jung gewesen, wohl etwa in jenem Alter, welches sie nun hatte. Wie er jetzt wohl aussah? Ob er sich stark verändert hatte? Sie wusste nicht, warum, doch ihr Herz pochte etwas stärker. Eigentlich war es ein Phantom, welches ihr Herz höher schlagen ließ. Zwei lächerliche Tage waren es gewesen, in denen sie Marcus begegnet war. Und diese zwei Tage lagen nun schon Jahre zurück. Jahre in denen sie am Tod ihres Vaters zu nagen hatte, Jahre in denen sie nach Italia zog, in Achaia studierte. Und doch hatten sich in dieser Zeit Gefühle entwickelt. Sie hatte oft an ihn denken müssen, allein schon deshalb, weil sie Angst hatte. Angst vor dem, was sie gemeinsam erlebten. Als sie einen Mord beobachteten und sie sich deshalb wieder trennten, weshalb er nach Germanien ging. Und im Laufe dieser Zeit hatte sie begonnen zu fühlen.


    Da riss sie ein Türklopfen aus ihren Gedanken und sie schreckte zusammen und sah aus. Ein Sklave teilte ihr mit, dass Vitamalacus sie zu sehen wünschte. 'Seltsam', überlegte Minervina. 'Gerade jetzt, wo ich an Marcus denke. Es ist beinahe so, als ob er mich dabei ertappt hätte.' Und ertappt fühlte sie sich auch, als sie aufstand, um dem Sklaven zu folgen. >Tablinum<

  • Als ich Domina Minervina vom Tablinium in ihr Zimmer trug, war ich meinem Domine fast dankbar darüber, das er mich aufs Land geschickt hatte, denn es fiel mir so überhaupt nicht schwer, die junge Frau allein zu tragen.


    Noch während ich das Attrium durchquert hatte, hatte ich nach ihrer Leibsklavin schicken lassen und war dann durch das vordere Zimmer hindurch gegangen, hatte den Vorhang zum hinteren Zimmer passiert und sie dann vorsichtig auf das Bett niedergelegt.

  • Hatte sie das Zimmer noch kurz zuvor auf beiden Beinen stehend verlassen, so wurde sie nun liegenderweise wieder zurückgebracht. Sie hätte nie erwartet, dass sie sich einmal von einem Sklaven würde tragen lassen, aber in ihrem jetzigen Zustand würde sie es ohnehin nicht erfahren. Als sie wieder auf ihrem Bett lag, machte sie noch immer keine Anstalten, wieder aufzuwachen. Über Albina indes, die sie ja begleitete, wäre sie sehr froh, wüsste sie davon. Sie hatte bislang kaum mit ihr Bekanntschaft gemacht, doch die wenigen Stunden hatten sie schon deutlich sympathisch gemacht.


    So lag die junge Herrin nun da. Schwach. Sie hasste schwache Menschen und nun lag sie selbst vollkommen hilflos da, niedergeworfen von dem Schock, dass sie ihre Tante verloren haben sollte. Ihr Gesicht, was ohnehin sehr hell war, wirkte nun deutlich blass. Besonders der starke Kontrast zu ihren dunkelbraunen Haaren hob das deutlich hervor.

  • Lana kam nun mit leisen Schritten in das Zimmer der Herrin hinein. Sie sah keinen der beiden anderen Anwesenden an und kniete sich direkt an das Bett. Ihre Stimme sprach sehr leise an dem Ohr der Herrin, so dass die Anderen auch nicht wirklich etwas davon mitbekamen. Lana hob nun vorsichtig den Kopf der Herrin etwas an, zog das Kissen darunter weg und legte es beiseite.
    Sie wollte auch nicht, dass „tausend“ Menschen um die Herrin herumstanden und sah sie diese mit einem leicht bösen Blick aus dem Augenwinkel an. Scheinbar schien sie kurz überlegen, doch griff sie dann nach etwas Stoff von einem Tisch und nach dem Krug mit Wasser den sie vor kurzem ins Zimmer gebracht hatte. Sie tunkte den Stoff ins Wasser und strich der Herrin damit über die Stirn, bevor sie begann in einer kleinen Stofftasche zu kramen und genau zwei Blätter jeweils über die Augenpartien der Herrin legte. Sie hoffte die Kräuter würden der Herrin ihren Geist zurückgeben.

  • Selbstverständlich bemerkte Minervina auch von Lanas Eintreten nichts. Wie könnte sie bei deren geschmeidigen Bewegungen etwas mitbekommen, wenn sie ohnmächtig war und sie schon bei Bewusstsein Schwierigkeiten hatte? Erst als das kalte Tuch ihre Stirn kühlte und leichte Rinnsäle an den Schläfen Minervinas herabliefen, wurde ihr bewusst, dass sie schlief. Es war dieser Zustand, in welchem man zwar nicht wach ist, aber weiß, dass man jederzeit aufwachen kann. Vermutlich kannte jeder diesen aus eigener Erfahrung. Ihre Hand, noch immer von Albina gehalten, zuckte einmal kurz zusammen, während sich auch die Augen einen Spalt öffneten, was ein Verrutschen der Blätter mit sich zog. Sie sah die Wand über sich im Licht der flackernden Öllampen und stellte sich als erstes die Frage, wie sie wohl hierhergekommen war.


    Kurz blickte sie mit nur halbgeöffneten Augen neben sich, wo sie Lana knien, Albina sitzen und etwas weiter entfernt Cato stehen sah. Ihr Kopf schmerzte und sie fasste keinen einzigen normalen Gedanken. Die irgendwo auf ihren Brauen klebenden Blätter ignorierte sie, ja, nahm sie nicht einmal war. Ihre Sinne waren ganz woanders. Sie war bewusstlos geworden. Anders konnte sie sich gar nicht erklären, dass alle um sie herum standen und sie hier erwachte. Mit einem leisen Stöhnen schloss sie ihre Augen wieder, als ihr auch der Grund dafür einfiel. "Claudia." wisperte sie nur leise. Die Nachricht von ihrem plötzlichen Tod hatte sie so getroffen, genau. Alles trat ihr wieder so klar wie nie vor die Augen. Sie konnte es nicht verhindern, obwohl sie es noch so sehr wollte. Eine Träne stahl sich aus jedem ihrer Augen und bahnte sich entlang der Schläfen ihren Weg. Warm lief das salzige Wasser in ihr Haar und nach und nach flossen immer weitere Tränen. Sie wollte nicht, dass die Sklaven diese Schwäche sahen, selbst bei Albina war es ihr noch unangenehm. Ein Schluchzen rang sich aus ihrer Kehle und es war nur zu deutlich zu sehen, dass sie nach Beherrschung rang. Verkrampft biss sie sich auf die Lippe, der Schmerz wurde sogleich spürbar. Gerade vor Cato verlor sie ihr Gesicht. Aber andererseits? Was zählte das überhaupt? Nun hatte sie auch noch die engste Vertraute ihres Vaters verloren.

  • Lana strich der Herrin die erste Träne aus dem Gesicht und tupfte mit dem Lappen über die Stirn. Sie nahm die Blätter nun von der Stirn herunter und rollte sie zu zwei kleinen Kugeln zusammen. „Ich möchte keine Forderungen oder Bitten stellen...“, sprach sie immer noch sehr leise an des Herrin Ohr, „aber du musst sie nur herunterschlucken Herrin“ Dann legte Lana vorsichtig die beiden Kugeln in die Hand der Herrin und ihre Finger darüber. „Du bist ohnmächtig geworden Herrin und wir haben dich hier hingebracht. Wenn du möchtest, das wir gehen so werde ich es den anderen sagen, aber wenn wir dir helfen können so musst du es auch sagen. Cato muss gehen, ihm ist selbst nicht wohl...“
    Sie strich der Herrin, während sie sprach immer wieder vorsichtig über die Stirn und entfernte sich dann etwas um die Herrin jetzt nicht zu belasten. Es konnte ja schließlich sein, das man gar nicht damit einverstanden war, das Lana sich so um sie kümmerte. Schließlich, sie sah derweil auf die kleinen Narben am Handballen, hatte sie, also Lana zur Zeit nicht gerade die beste Stellung bei der Herrin.

  • Albina hatte Minervina bis in ihr Zimmer begleitet und saß nun neben ihr auf dem Bett und hielt ihre Hand. Sie blickte ihre junge Verwandte besorgt an. Sie bemerkte die anscheinend sehr Enge Bindung zwischen Sklavin und Herrin, doch welches Recht hatte sie schon noch etwas zu diesem Thema zu sagen und war anstatt dessen leicht gerührt.
    Sie hörte wie Minervina Claudias Namen wisperte. Doch so recht wusste sie auch nicht, was sie hätte sagen können um ihr zu helfen.
    "Minervina." sprach sie leise."Hörst du mich?" Sie hatte noch kein Anzeichen dafür, dass die junge Frau mittlerweile mitbekam, was um sie rum geschah.


    "Minervina, meine Liebe, sprich mit uns." Sie selbst war betrübt, war mit Claudia doch eine ihrer Verwandten gestorben. Doch so kurze Zeit wie sie sich kannten und vor allen Dingen auch die Art ihrer Bekanntschaft machten das Ausmaß ihres Schmerzes nicht allzu groß, sodass ihr Hauptaugenmerk auf Minervina lag. Da sie gerade nichts weiter tun konnte strich sie schlichtweg weiterhin sacht über ihre Hand.

  • Sie umschloss Albinas Hand leicht mit ihren Fingern, um anzudeuten, dass sie ihren Beistand mitbekam und ihr, möglicherweise, sogar auch dankbar dafür war. Mühsam kämpfte sie die Tränen wieder hinunter. Sie wollte nicht weinen, vor Allem nicht hier und nicht jetzt. Vor Albina würde sie vielleicht einmal über alles Sprechen, was ihr nun durch den Kopf ging und möglicherweise auch einmal vor Lana - aber nicht vor beiden und nicht in Anwesenheit von Cato. Es wäre eine solche Katastrophe wenn irgendjemand ihren hysterischen Anfall noch mitbekommen würde, außer den hier Anwesenden. Sie ließ gravitas und dignitas vollkommen außer Acht. Sie schluckte den schweren Kloß in ihrer Kehle wieder hinab. Sie deutete mit einem leichten Rucken ihrer 'Albina-Hand' in Richtung Cato an, dass er verschwinden möge - auch wenn ihre Andeutung alles andere als eine klare Weisung war.


    Sie sah mit einem Seitenblick zu ihrer Leibsklavin, die ihr sowohl ans Herz gewachsen war, als auch zu Leibe gerückt. Sie hatte nur zur Hälfte verstanden, was diese sagte. Die Sätze waren zu lang und drangen ihr nicht völlig ins Bewusstsein. Aber der Bitte kam sie nicht nach. Mit der anderen Hand, in welcher die Kugeln lagen, fuhr sie sich zwar an den Mund, ohne dabei aber die Kugeln in diesen zu nehmen. Sie öffnete die Faust einen kleinen Spalt um anzutäuschen, dass sie Lanas Bitte nachkam, ließ diese dann aber samt Inhalt wieder sinken. Wer wusste schon, was diese Kräuter bewirkten. Sie wollte jetzt nicht von ihren Gedanken wegbewegt würden. Vermutlich sollte das Kraut sie beruhigen und in den Schlaf geleiten. Sie schloss ihre Augen wieder. Sie glaubte langsam zu wissen, was heute in ihr gestorben war. Die Kindheit.

  • Albina spürte ein leichtes Rucken von Minervinas Hand und war nun sicher, dass diese zumindest teilweise verstand, was vor sich ging. Der jungen Patrizierin fiel ein Stein vom Herzen, hatte sie sich doch ernsthafte Sorgen gemacht , es wäre womöglich noch etwas Schlimmeres als eine reine Ohnmacht gewesen. Erneut ruckte die Hand in Richtung Cato und Albina verstand sofort, was Minervina meinte.
    "Cato, du kannst jetzt gehen. Aber begib dich zunächst zu deinem Herrn zurück und richte ihm von mir aus, dass es anscheinend besser schon besser wird. Er soll sich nicht sorgen."
    Nach ihren Worten wandte sie ihren Blick wieder von dem Sklaven ab, der für sie schon seit einer gewissen Zeit mehr als nur ein Sklave ein Mensch war. In jener schweren Zeit noch in Rom hatte sie Achtung für ihn gewonnen und so war ihr Ton eher freundlich als gebieterisch.
    Dann sah sie erneut zu Minervina.
    "Der Schmerz lässt nach, vertrau mir.", sprach sie dann leise und beruhigens auf sie ein.

  • Kräuter machten mich immer misstrauisch und einen Moment überlegte ich, ob vielleicht die Leibsklavin von Domina Minervina uns nicht alle ins Unglück stürzen wollte. Denn was wusste ich schon von Kräutern und die Beziehung zu der Herrin und Sklavin zueinander standen ? Wenn die Sklavin vielleicht einen Hass auf ihre Herrin hatte und die Kräuter giftig waren ? Das mein Domine daraufhin den ganzen Hausstand kreuzigen würde, daran hatte ich keinen Zweifel.


    Langsam aber sicher bekam ich eine Ahnung, was der Grund für diesen Zusammenbruch gewesen war. Der Name der der Domina von den Lippen gekommen war, die Stimmung im Tablinium, Titus plötzliches Verschwinden...


    Aber es war auch nicht wichtig für mich, nicht wirklich, mein Auftrag war zur Hälfte erledigt, doch eben nur zur Hälfte. Wäre Domina Minervina richtig wach, dann hätte er sich ganz erledigt. Jetzt konnte ich nur feststellen, das sie mich nicht hier haben wollte, doch konnte ich darauf keine Rücksicht nehmen.

    "Sollte ich nicht lieber nach dem Medicus schicken lassen ? Nur um sicher zu gehen ?"
    fragte ich Domina Albina. Irgendwie wollte in mir kein Vertrauen zu den Kräuterkünsten aufkommen.

  • Einen Medicus? Albina blickte erneut zu ihrer Freundin auf dem Bett und überlegte einen Moment. Eigentlich hielt sie es nicht für nötig, aber es sie würde doch lieber auf sicher gehen.


    "Ja, Cato, das ist eine gute Idee. Tu das noch bevor du zu deinem Herrn zurückgehst."


    Dann galt ihre Aufmerksamkeit wieder Minervina.

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