• Callista schenkte ihrem Onkel ein liebevolles Lächeln, da er sie ob ihrer Schnelligkeit lobte. Es war anscheinend gut gewesen, dass sie sich nicht noch umgezogen hatte, ihre Haare neu aufgesteckt hatte oder sonst etwas, bis sie mit ihrer Schönheit zufrieden war. Nein, es war wirklich besser gewesen, die Männer nicht warten zu lassen. Dann aber hörte sie aufmerksam zu, wer ihr da vorgestellt wurde und nickte anerkennend. Optio und dann auch noch das Lob seines Patron, sie lächelte ihm freundlich zu und nickte.


    Ihr blieb dann beinahe die Spucke weg, als ihr Onkel sie so lobte und sie konnte nicht verhindern, dass sie rot anlief. Beschämt und verlegen blickte sie einen Moment ihre Fußspitzen an und hoffte, dass ihr Gesicht so etwas Zeit hatte sich wieder zu normalisieren. Sie hob vorsichtig den Kopf und lächelte, immer noch etwas schüchtern.


    "Es freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen, Quintilius Valerian." Sie ging noch einige Schritte auf die Männer zu, die sich sehr höflich erhoben hatten. Dann setzte sie sich zu ihrem Onkel und somit dem Optio gegenüber. Somit gab sich das Zeichen, dass sich auch die Männer wieder setzen konnten.

  • Valerians Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er das Lob seines Patrons hörte. Einer der vielversprechendsten jungen Männer, die ich in Rom kenne. Entweder kannte sein Patron nicht viele junge Männer oder er schätzte ihn viel besser ein, als er selbst es tat. Zum Glück war auch die junge Dame sichtlich verlegen und schaute zu Boden, so daß sie seine ebenfalls offensichtliche Verlegenheit hoffentlich nicht bemerkte. Und zum Glück verschluckte er sich nur beinahe und nicht richtig, so daß er ohne Hustenanfall durch die Situation kam.


    "Ich bin ebenfalls sehr erfreut, Deine Bekanntschaft zu machen, Prudentia Callista." Ach, verdammte Floskeln, das klang so steif und unpersönlich. Hoffentlich machte der freundliche Ton das wieder wett. Aber was sonst sollte man sagen, wenn man einander vorgestellt wurde?


    Als die junge Dame sich setzte, nahm auch Valerian wieder Platz. Wie gut, daß er den Becher in den Händen hielt, sonst hätte er unter ihrem Blick nicht mal gewußt, wohin mit den Händen. Auf einmal fühlte er sich in dieser vornehmen Umgebung wieder ein wenig fehl am Platz. Dabei war das natürlich Unsinn. Er war doch nur hier, um ihr etwas über Germanien zu erzählen und warum sollte das nicht eine ganz angenehme, lockere Unterhaltung werden?

  • Auch Balbus setzte sich wieder, als die beiden sich kurz begrüsst hatten.


    "Ich hatte dir versprochen dir ein Gespräch mit einem anderen meiner Klienten zu ermöglichen, damit du etwas mehr über Germania und die Germanen herausfinden kannst, aber leider ist Duccius Eburnus derzeit dienstlich etwas stärker gefordert und nicht so ohne weiteres verfügbar." sagte er dann zu Callista. "Aber Valerian hat lange Zeit bei der Legio in Mogontiacum gedient und kann dir zumindest über diese Stadt ein bisschen mehr erzählen, als ich es kann."

  • Nun, da sich alle begrüßt und wieder Platz genommen hatten und bevor das Gespräch so richtig los ging, war wohl eine gute Gelegenheit nachzufragen, ob einer der Herrschaften noch eine Erfrischung haben wollte.


    Dennoch war sie unsicher, ob es richtig war und so nahm sie allen Mut zusammen und wandte sich an ihren Herrn: "Verzeihe bitte Dominus, aber möchtest Du oder einer der anderen Herrschaften vielleicht noch ein kleine Erfrischung haben?"

  • Ach, jetzt verstand Callista was der junge Soldat hier machte und wieso Balbus ihn ihr vorgestellt hatte. Vorfreude hellte ihr Gesicht auf und die Nervösität legte sich etwas, es war zwar nicht so, als hätte sie einen Fragekatalog vorbereitet, aber in einem Gespräch würde sich sicherlich einiges finden. Dinge, die sie noch nicht wußte und die ihr später helfen würden, wenn sie erst einmal in Mogontiacum war. Sie überlegte eine einfache Frage zu Beginn und wurde von Calvina in ihrem nachdenken unterbrochen. Sie blinzelte und blickte zur Sklavin.


    "Bring mir bitte etwas Saft, Calvina." sagte sie knapp, aber freundlich und wandte sich dann wieder an ihren Besuch. "Ich gehe davon aus, dass dir mein Onkel schon berichtete, warum ich bald nach Mogontiacum gehen werde. Und es wäre mir eine große hilfe, wenn du mir etwas über die Stadt und die Menschen darin erzählen könntest. Ich will nicht ganz unvorbereitet dort ankommen, dann sind die Chancen geringer, dass ich vielleicht durch meine Unwissenheit einen Fehler mache. Spricht du eigentlich auch germanisch? Vielleicht wäre es hilfreich einige Floskeln zu kennen." Sie blickte interessiert zu dem Römer vor sich. Wie alt er wohl sein mochte? Und wie lange war er schon ein Klient von Balbus? Fragen, die in diesem Gespräch wohl nicht gestellt werden würden. Aber ihr fielen noch andere ein. "Ist Mogontiacum eine große Stadt, mit befestigten Wegen und römischen Häusern? Oder ist es doch eher germanisch? Wie sind die Menschen der Stadt, ich habe gelesen, dass sie eher laut und auffällig sind, aber sehr nett. Stimmt das?" Jetzt hatte doch wieder ihre Vorfreude dafür gesorgt, dass sie alles mögliche auf einmal fragte und sie bremste sich schnell. Sie wollte schließlich einen gesitteten Eindruck hinterlassen.

  • "Danke, ich bin noch versorgt", sagte Valerian freundlich zu der Sklavin und hob lächelnd seinen Becher leicht an. Ein aufmerksames Mädchen. Sein Patron war wirklich zu beneiden um sein gutes Personal. Ob er selbst jemals dahin kam, eigenes Personal zu haben? Er wagte, dies zu bezweifeln. Aber hoffen und träumen, das dufte man ja wohl.


    Nachdem sein Patron erklärt hatte, warum er dieses Treffen arrangiert hatte, sprudelten die Fragen auch schon aus Callista heraus. Es mußte für eine junge Frau schon schwer sein, allein so weit zu reisen und in einer fernen Stadt ohne die eigene Familie leben zu müssen. "Germanisch kann ich leider nicht. Zumindest nichts, was über normale Grußformeln hinaus geht. Aber da kann Eburnus Dir ganz sicher weiterhelfen, er stammt ja aus einer germanischstämmigen Familie." Er mußte grinsen. "Über ein paar Ecken bin ich sogar auch mit dieser Familie verwandt. Oder vielmehr verschwägert. Mogontiacum ist, verglichen mit Rom, extrem provinziell. Doch für eine Stadt in Germanien widerum ist sie schon recht ansehnlich. Sie ist ganz klar römisch geprägt, germanische Bauweise findest Du kaum. Gerade in der Gegend um das Forum herum merkst Du kaum, daß Du nicht in einer italischen Stadt bist. Nur das Wetter, das ist deutlich anders als hier. Viel mehr Regen. Im Winter gibt es Unmengen Schnee, das kann man sich kaum vorstellen, wenn man nur die paar Krümel von hier kennt. An die Kälte dort habe ich mich nie recht gewöhnen können."


    Valerian überlegte, was sie noch gefragt hatte und nahm noch einen Schluck aus seinem Becher. Achja, die Leute. "Hm, wie sind die Menschen dort? Laut und auffällig? Nein, eigentlich nicht. Sie können mitunter recht stur sein, aber eigentlich sind sie offen und herzlich. Manche sind sehr mißtrauisch uns Römern gegenüber. Wobei ich da vielleicht ein etwas subjektives Bild habe, denn als Soldat wurde ich natürlich doppelt mißtrauisch beäugt. Aber auch das trifft eigentlich mehr auf die Menschen auf dem Land zu. In der Stadt habe ich derlei Probleme kaum gehabt. Es leben ohnehin auch viele römische Familien in Mogontiacum. Meine Schwester zum Beispiel auch. Du brauchst nicht zu fürchten, in die Wildnis zu geraten. Mogontiacum mag nicht groß sein, aber es lebt sich dort ganz gut."

  • Calvina nickte den Herrschaften zur Bestätigung mit einem schüchternen Lächeln zu und verschwand dann in Richtugn Küche, um die gewünschten Erfrischungen zu holen.

  • Begeistert hörte Callista Valerian zu, er hatte eine amüsante und erfrischende Art an sich und sie konnte sich die Stadt schon beinahe vorstellen. So wie er davon erzählte. Sie nickte hier und da und blickte auch gelegentlich zu ihrem Onkel, welcher sich aber aus der Unterhaltung herauszuhalten schien. "Wenn du die Güte besitzt so bitte doch Duccius Eburnus gerne in meinem Namen darum sich etwas Zeit zu verschaffen und mich zu unterrichten. Das wäre mir ein großes Anliegen. Nichtsdestotrotz wäre ich auch dir sehr dankbar, wenn du mir die Begrüßungen beibringst. Vielleicht kann ich somit etwas Eindruck bei meinem Ausbilder schinden." Sie lächelte vergnügt und wenn sie den Optio etwas länger und besser gekannt hätte, hätte sie vielleicht gezwinkert. Aber noch war sie zu schüchtern ihm gegenüber, wie zu jedem anderen eigentlich auch, nur innerhalb der Familie legte es sich schon etwas.


    Sture Germanen, davon hatte sie gelesen, ja. Vor allem auch die Frauen mochten bisweilen einen Sturkopf haben und sie war gespannt darauf. Seine weiteren Ausführungen regten sie dann auch nochmal an. "Nun ja, ich werde im Frühling nach Germanien reisen, wenn die Wege passierbar sind und der Schnee vorüber. Ich glaube nicht, dass meine Ausbildung bis in den kommenden Winter andauert, so dass mir ein germanischer Winter vorenthalten wird. Oder erpart - ganz wie man es betrachten will." Als er dann seine Schwester erwähnte war die junge Prudentia ebenso interessiert. Warum war sie denn nicht bei ihrem Bruder? Ob sie schon verheiratet war? "Deine Schwester also, welch Zufall. Es wäre doch begrüßenswert, wenn ich dort auch einige andere Römerinnen treffe, vor allem wenn diese in Mogontiacum leben und mir bei der Eingewöhnung helfen. Ich hoffe sehr, dass ich deiner Schwester einmal begegnen werde."

  • Valerian lächelte, als er sah, wie gespannt sie zuhörte. Da erzählte es sich doch gleich doppelt gut, wenn man merkte, daß Interesse an dem Gesagten bestand. "Die Germanen begrüßen sich mit Heilsa. Und wenn man einen Begrüßungstrunk gereicht bekommt, muß man ihn vollständig leertrinken, sonst beleidigt man den Hausherrn. Ich weiß allerdings nicht, ob dies auch für Frauen gilt. Eburnus wird es Dir genau sagen können. Vielleicht kommt er sogar heute noch, er wollte es zumindest, wurde aber noch aufgehalten. Seit er zum Schreiber der Einheit ernannt ist, habe ich auf seinen Dienstplan keinen direkten Einfluß mehr, sonst hätte ich schon dafür gesorgt, daß er heute hier sein kann." Da konnte er leider nichts machen, dafür war er die Karriereleiter noch nicht weit genug hochgekrabbelt.


    "Ersparen ist das richtige Wort", lachte Valerian, als sie davon sprach, um den germanischen Winter wohl herumzukommen. "Ich drücke Dir fest die Daumen, daß Du Deine Ausbildung rechtzeitig beenden kannst, um noch vor dem ersten Schnee über die Alpen zu kommen. Glaube mir, es ist hier weit angenehmer. Auch wenn es vermutlich nicht so arg ist, wenn man keinen Wachdienst hat." Unwillkürlich mußte er daran denken, wie er oft frierend am Tor gestanden und den Schneeflocken zugesehen hatte. "Meine Schwester würde sich bestimmt freuen, wenn sie Dir bei der Eingewöhnung helfen könnte. Und ich bin sicher, die Duccier werden Dir auch gerne helfen. Sie sind eine hilfsbereite und freundliche Familie. Eburnus kann Dir sicher Kontakt zu ihnen verschaffen. Kennst Du überhaupt niemanden in Mogontiacum? Weißt Du schon, wo Du wohnen wirst?"

  • Kurze Zeit später kam Calvina mit einem Tablett, auf dem ein Glas mit Wasser und eines mit Apfelsaft stand. Mit einem zurückhaltenden Lächeln reichte sie das Wasserglas ihrem Herrn und das mir dem Saft an die junge Herrin. Dann zog sie sich wieder in den Hintergrund zurück und lauschte neugierig den Geschichten, die der Soldat über das fremde Land im Norden zu erzählen wußte.

  • "Heilsa." wiederholte sie sogleich leise für sich das Wort. Nicht sonderlich schwer, das würde sie sicherlich behalten können. Und auch wenn sie keine Gelegenheit mehr dazu haben würde mehr zu lernen, so war es ein Anfang und würde wahrscheinlich helfen ihre erste Nervösität zu brechen, wenn sie auf Verus und seine Familie stoßen würde. Sie fragte sich kurz, ob er ihren brief bereits erhalten und sich gefreut hatte, dann lenkte sie ihre Gedanken aber wieder zurück zum Hier und Jetzt. "Was trinkt man denn in Germanien am meisten? Wahrscheinlich nicht soviel Wein wie hier, oder?" Sie wußte nicht recht, ob sich Weintrauben bei dem kalten Wetter überhaupt wohl fühlten und entsprechenden Ertrag brachten. Obwohl sie sowieso nicht zu den Weintrinkern gehörte, war sie doch bereits nach zwei Gläsern beschwippst.


    "Nein, ich kenne noch niemanden in Mogontiacum. Daher bin ich doch etwas aufgeregt. Und was meinen Aufenthalt angeht, so vertraue ich darauf, dass mein Onkel etwas passendes arrangieren wird." Sie lächelte Balbus kurz zu. Darüber hatte sie sich tatsächlich noch keine Gedanken gemacht. Aber sie wußte, die Familie besaß dort ein Haus und sie war stillschweigend davon ausgegangen, dass sie dort einziehen würde. Alles andere hätte er ihr sicherlich schon mitgeteilt oder würde es jetzt erwähnen, wenn er wollte. "Hattest du viel mit den Ducciern zu tun? Ist es eine große Familie? Wenn man den Gerüchten traut, dürften sie ja alle blond, groß und blauäugig sein. Aber ich weiß nicht in wie weit man solchen Verallgemeinerungen trauen sollte." Germanen waren wahrscheinlich genausowenig alle blond wie alle Römer braunhaarig. Dann fiel ihr aber noch was ein, dass sie gerne fragen wollte. "Was gibt es denn alles in Mogontiavum? Ich weiß, dass es römische Tempel dort gibt, bei Iuno bin ich mir jedenfalls sicher. Aber wie sieht es auch mit öffentlichen Gebäuden wie Theater oder einer Therme?"

  • Valerian lächelte. "Das kommt darauf an, wen Du fragst. Die Römer bevorzugen zumeist Wein wie hier. Den kannst Du dort auch überall kaufen, wenn auch nicht in der Auswahl und auch etwas teurer als hier. Der dort hergestellte Wein allerdings ist günstiger und einige Sorten sind sogar gut trinkbar. Die Germanen trinken gerne Bier. Es ist ein bitteres Gebräu, dem ich persönlich nie etwas abgewinnen konnte. Aber viele meiner Kameraden mochten es sehr gern. Zu besonderen Anlässen trinken die Germanen auch Met. Das ist ein weinartiges Getränk, das sie aus Honig herstellen. Das kann sehr unterschiedlich schmecken, von recht herb bis zu sehr süß. Und den fand ich auch recht schmackhaft. Davon mochte ich allerdings am liebsten die herbere Sorte." Eigentlich schade, daß er davon nichts hatte mitbringen können. Aber sein Aufbruch war damals ja auch sehr überstürzt gewesen.


    "Ich bin sicher, Du wirst schnell nette Menschen kennenlernen. Deine Ausbilder werden gewiß dafür sorgen, daß Du Kontakt findest. Die Duccier, ja sie sind eine sehr große Familie. Und viele ihrer Angehörigen haben inzwischen wichtige Positionen in Mogontiacum inne. Ich hatte nur selten mit ihnen zu tun, mein Dienst ließ da gar nicht so viel zu. Doch wie schon erwähnt, wir sind über viele Ecken miteinander verschwägert und meine Cousine und meine Schwester waren längere Zeit bei den Ducciern zu Gast. Sie sind gastfreundlich und herzlich. Und blond und blauäugig sind tatsächlich viele Germanen. Nicht alle natürlich, aber sehr viele. Ich habe allerdings gehört, daß das Blond nicht bei allen natürlich ist, einige bleichen sich auch die Haare." Er mußte unwillkürlich grinsen. Für ihn war es unvorstellbar, sich die Haare hell zu färben.


    Callistas Fragen schienen unerschöpflich zu sein, jedenfalls hatte sie schon wieder so viele auf einmal hervorgesprudelt, daß er einen Moment überlegen mußte, was sie noch alles hatte wissen wollen. Achja, was es so gab. "Ja, Tempel sind vorhanden. Und auch eine Therme, ein Bühnentheater und ein Circus. Das alles natürlich nicht so groß, wie Du es von hier gewöhnt bist, aber für die Größe der Stadt durchaus ausreichend. Eigentlich ist alles vorhanden, was das Herz begehrt. Nur eben kleiner und nicht mit der Auswahl wie in Rom. Bestimmte Früchte sind natürlich nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Exotische Sklaven sind ebenfalls Mangelware, so wie auch speziell ausgebildete. Es gibt aber immerhin eine Markthalle, wo bei schlechtem Wetter und im Winter Handel getrieben wird. Es wird Dir bestimmt gefallen in Mogontiacum. Im Frühjahr, wenn alles blüht, fand ich es sogar besonders schön dort. Durch den häufigen Regen ist das Grün der Wiesen und Bäume viel satter als bei uns hier. Ich finde, auch das hat seinen besonderen Reiz."

  • Hach ja, so wie Valerian von Germanien sprach war es ein wirklich tolles Fleckchen Erde. Zwar nicht so pompös und möchtig wie Rom - aber das machte der jungen Prudentia nichts aus. Schließlich war sie so abgeschieden in Mantua aufgewachsen, dass Rom auf sie selbst auch eine ziemlich einschüchternde Wirkung hatte. Vielleicht war es daher angenehmer, in einem etwas überschaubarerem Umfeld zu sein, zumal der junge Optio die Familie der Duccier so lobte. Gastfreundlich und herzlich. Das war genau was sie als junge und schüchterne Frau brauchte um sich einzuleben und sich bestmöglich auf ihre Ausbildung konzentrieren zu können. Sie hatte ja noch keine Ahnung, was man über ihrem Kopf hinweg bereits plante.


    "Eine Therme, ein Bühnentheater und ein Circus, das klingt doch sehr gut für eine kleinere Stadt in der Provinz." Wiederholte sie fröhlich und ließ sich das viele gesagte nochmal durch den Kopf gehen. Valerian gab ihr so viele Informationen, dass sie befürchtete, sie würde sich schon gar nicht mehr an alle erinnern, wenn er erstmal gegangen war. Und bisher konnte sie ja doch einfach nur zuhören und fragen, denn sie hatte mit so vielem noch keine Erfahrungen gemacht, dass ein wirklicher Austausch gar nicht stattfinden konnte. Was sie schade fand. Am liebsten hätte sie sich schon gestern auf den Weg gemacht - trotz Schnee und Eis. Zumal das in ihrer Auffassung eh nur Wörter waren und sie noch keinen solchen Winter erlebt hatte und deswegen vielleicht etwas zu unbekümmert darüber dachte.

  • Valerian nickte. "Ja, ich finde auch, daß es für eine Stadt in dieser Größe ganz erstaunlich ist, was es alles gibt. Natürlich sind die Vorstellungen im Theater und im Circus seltener als hier und die Aufführungen in der Qualität nicht so ausgereift. Aber dafür bringt das Publikum eine Menge Stimmung mit und das macht es wieder wett." Er lächelte, hoffentlich hatte er nicht zu große Erwartungen geweckt? Aber er hatte es tatsächlich so empfunden. Vielleicht, weil er damals praktisch nichts erwartet hatte?


    "Ich hoffe, ich habe Dich nicht in Grund und Boden geredet? Aber ich habe versucht, alle Deine Fragen zu beantworten, so gut es geht. Natürlich wirst Du dort überall auch germanischen Traditionen begegnen. Gerade auch bei den Ducciern, denn sie halten ihre germanische Herkunft weiterhin hoch. Aber Du brauchst keine Angst zu haben, Dich irgendwie zu blamieren. Bleib einfach offen und ehrlich, dann kann gar nichts schief gehen." Das war zumindest seine Erfahrung. Wenn er irgendwo angeeckt war, hatte man es ihn nicht spüren lassen. "Weißt Du denn schon, wann die Reise losgehen wird?"

  • "Nun, ich hatte bisher noch nicht die Gelegenheit ein Theater hier in der Stadt zu besuchen. Allzu lange bin ich auch noch nicht in Rom und die ewige Stadt ist doch ob ihrer Größe und Erhabenheit eine längere Mission, wenn man sie erkunden will. Einen Besuch im Circus wäre ich durchaus nicht abgeneigt, vielleicht ein Wagenrennen. Daher kann ich meine späteren Ausflüge in Mogontiacum nicht mit etwas vergleichem und werde mich auf jeden Fall daran erfreuen." Es stimmte, obwohl sie jetzt schon einige Wochen in Rom war hatte sie es noch nicht geschafft alles zu sehen und zu erleben, was sie sich eigentlich vorgenommen hatte. Sie würde noch ein straffes Programm absolvieren müssen, bis sie dann nach Germanien aufbrach.


    "Nein, deine Ausführungen sind sehr schön. Es sind viele Informationen die auf mich einströmen und ich muß das ein oder andere erstmal sacken lassen. Aber du hast mir sehr weitergeholfen und ich habe bereits ein genaueres Bild von der Stadt, die mich beherbergen wird." Sie lächelte fröhlich, Valerian war ihr wirklich eine große Hilfe. Es war soviel angenehmer mit jemanden zu sprechen als sich das Wissen durch eine Schriftrolle anzueignen. Und die Ratschläge, die er ihr gab, nahm sie sich wirklich zu Hilfe. "Wir werden warten, bis in Germanien der Schnee geschmolzen ist, damit die Reise für mich ungefährlicher und schneller von statten geht." Mehr wußte sie zu diesem Thema leider auch nicht. "Wie lange braucht man denn von Rom nach Mogontiacum und was ist wohl die beste Reisemöglichkeit? Du bist ja sicherlich geritten, oder? Obwohl ich selbst auch etwas reiten kann, denke ich doch, dass ich einen Wagen vorziehe."

  • "Aber dann solltest Du das unbedingt noch nachholen. Denn es gibt hier wirklich gute Aufführungen", riet Valerian ihr lächelnd. Wer in Rom war, sollte doch wenigstens einen Teil der vielfältigen Kulturangebote nutzen. "Gerade wenn Du erst seit kurzem in der Stadt bist und bald schon wieder fort mußt." Zumal ja Balbus etwas von einer eventuellen Heirat angedeutet hatte. Das konnte bedeuten, daß sie in Germanien bleiben würde. Und dann war es fraglich, wann sie das nächste mal hier in Rom sein würde. Wenn überhaupt noch einmal. Aber sie schien ja noch nichts zu wissen von Balbus' Plänen. Und Valerian würde sich hüten, sich in der Beziehung zu verplappern.


    "Entschuldige, wenn ich zu schnell mit meinen Ausführungen war. Du kannst auch gerne nochmal nachfragen, wenn ich etwas nochmal erzählen soll, das ist kein Problem. Und die Reise... naja, es hängt natürlich stark davon ab, wie Du reist und wie das Wetter ist." Er nahm ja mal an, daß sie keine allzu schnelle Reise antreten würde. "Mit drei Wochen würde ich an Deiner Stelle schon rechnen. Ich bin auf der Hinreise auch mit einem Wagen gereist. Ein Händler war so freundlich, mich mitzunehmen. Auf dem Rückweg war es deutlich ungemütlicher. Wir haben einen Gewaltmarsch gemacht. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mal, wie lange wir gebraucht haben, aber wir waren so schnell, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte." Er mußte unwillkürlich lachen. "Mein Wechsel zu den Praetorianern war wahrhaftig stürmisch. Am Morgen noch nichtsahnend Puls gelöffelt und am Abend schon auf dem Weg nach Rom."

  • "Nein, es geht nicht zu schnell, alles ist genau richtig. Wahrscheinlich ist es meine Vorfreude, dass meine Gedanken so abschweifen, so ich dir doch eigentlich meine Aufmerksamkeit schenken sollte." Sie lächelte einmal schüchtern und dachte dann kurz darüber nach, was er zu dem Weg gesagt hatte. Drei Wochen war eine lange und vor allem langweilige Zeit, wenn man nur herumsaß und darauf wartete, irgendwo anzukommen. Vor allem konnten die Männer sich immer noch irgendwie beschäftigen, aber für sie wäre das ganz und gar nicht schicklich. Und sie hatte auch noch keine Ahnung, wie genau sie reisen würde weil ihr Onkel dazu noch gar nichts gesagt hatte. Sie nahm an, dass er sie auch mit einem Händler schicken würde und - so hoffte sie - den ein oder anderen Leibwächter. Am liebsten hätte sie dann auch jemanden wie Vodafonis dabei, die ihr Gesellschaft leisten könnte. Oder auch Calvina, die so umgänglich war. Ob es wohl zu vermessen war Balbus zu fragen, ob sie Vodafonis mit nehmen könnte?


    Als er lachte grinste sie, sein Lachen war unbefangen und ansteckend und sie verlor ihre Scheu nach und nach. Er machte es aber auch einfach. "Wie gefällt es dir denn bei den Praetorianern?" fragte sie neugierig. Es gab ja immer viel Gerede und nun hatte sie die Möglichkeit, ihn auszufragen. Ihre Neugier trieb sie also an, auch wenn sie damit vom eigentlichen Gesprächsthema abwich.

  • Ihr schüchternes Lächeln war wirklich reizend. Valerian lächelte unwillkürlich zurück und empfand fast Neid, daß es da einen Mann gab, dem so ein liebenswertes Wesen einfach so an die Hand gegeben wurde. Hoffentlich war es ein guter Mann und sie wurde glücklich. Natürlich schweiften seine Gedanken zu Philogena, die ihm sein Herz geraubt hatte und der er wohl auf immer nachtrauern würde, da sie unerreichbar für ihn war.


    Da sein Patron schon so lange schweigsam geblieben war, schaute Valerian fragend zu ihm herüber. Redete er zuviel? War das, was er sagte, in Ordnung?


    "Bei den Praetorianern? Sehr gut. Es ist eine große Ehre, den Kaiser und seine Familie schützen zu dürfen. Und es ist eine interessante Aufgabe, das Reich vor Verrat zu schützen. Der Dienst unterscheidet sich sehr von dem Dienst bei der Legion. Und doch habe ich das Gefühl, noch mehr Soldat zu sein als vorher." Was sie wohl daran besonders interessierte? Wieder warf Valerian einen Blick auf Balbus.

  • Kam ihr das nur so vor oder war es nun Valerian, der nervöser wurde? Er schaute mehrmals zu ihrem Onkel und nur mit Mühe konnte Callista dem Reiz widerstehen, auch zu ihm zu sehen. War irgendwas nicht in Ordnung? War ihre Frage unangebracht? Callista senkte den Blick und betrachtete einen Moment ihre auf ihren Schoß gefalteten Hände. Sie konnte zwar keinen Fehler bei ihrer Frage erkennen, beschloß aber dennoch wieder zum eigentlichen Gesprächsthema zurückzukehren. Sie wollte weder den jungen Optio noch ihren Onkel in Verlegenheit bringen, nur um ihre Neugier zu stillen.


    "Freut mich sehr, dass es dir gefällt. Es muß eine große Genugtuung für dich sein." sie hob ihren Kopf wieder und blickte ihn freundlich lächelnd an. "Aber mir fiel gerade noch etwas ein, nachdem ich gefragt habe was man in Germanien so trinkt. Gibt es auch spezielle Speisen, etwas typisches aus der Region, dass es hier in Rom nicht gibt?" Es war schwer anzunehmen, dass es irgendetwas in Rom nicht geben sollte. Aber es mochte immerhin sein, dass man in Germanien etwas aß was dem Geschmack der römischen Bevölkerung nicht mundete und somit nicht gehandelt wurde.

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