Die Götter des Imperium Romanum wenden sich jenen zu, welche sie aufrichtig verehren. Und da die Bewohner der Villa Flavia durchweg götterfürchtige Menschen waren, kamen sie in den Genuss der Aufmerksamkeit ihrer Götter.
Jene entschlossen sich allen Bewohnern der Villa einen Augenblick des Friedens zu schenken, vom Hausherren Senator Flavius Felix (welcher fand, dass die Sonne seinen Rosenstocken gut tat) bis zum Sklaven Horus (welcher bereits zum dritten Mal in dieser Woche bunte Kreidezeichnungen an der Wand und auf dem Boden zum Garten hinaus wegwischte, da die Karikaturen Dominus Flavius Furianus zu ähnlich sahen (reiner Zufall, der wahre Kunstkenner erkannte Sciurus auf den ersten Blick) und auch die Dominas Flavia Leontia und Claudia Antonia zu füllig erscheinen ließen (auch reiner Zufall, außerdem zeigten die Bilder Arrecina und Tante Calpurnia).
Und so saßen Dido und Serenus brav auf einer Bank im Garten, während die Sonne ihre warmen Strahlen auf sie herab fallen ließ. Der Hund lag schlafend mitten im Weg, die Pfoten und den Kopf auf einen großen Knochen gelegt.
Beide Kinder hatten einen Apfel in der einen und große Wachstafeln in der anderen Hand und beobachteten das lustige Spiel von Sica, Hannibal und Sciurus auf der Wiese. Und in diesem Moment war es gar nicht langweilig. Aufmerksam beobachteten die Kinder, wie Sica geschickt im Haselnussbaum kletterte, während Hannibal Wache schob und Sciurus hektisch über die Wiese sprang und den Boden absuchte. Das sah sehr lustig aus und ging geraume Zeit so weiter bis Sica vom Haselnussbaum 2 Nüsse auf den Boden warf und geschickt vom Baum sprang um eine Nuss zu ergreifen. Sofort stürzten sich Hannibal und Sciurus auf die andere Nuss und begannen darum zu streiten, während Sica sie nur abwartend beobachtete. Es gab ein kurzes Handgemenge, dann hatte Hannibal die Nuss erbeutet und sprang mit weiten Sprüngen über die Wiese und verschwand in einer großen Holunderhecke. Sciurus folgte im dicht auf den buschigen Schwanz. Sica dagegen knabberte in aller Ruhe seine Nuss, bevor auch dieses Eichhörnchen den beiden anderen in die Holunderhecke folgte.
Als alle 3 Eichhörnchen verschwunden waren, befanden die Götter, dass diese wenigen Minuten des Friedens für die Villa reichen mussten, eine Wolke schob sich vor die Sonne und in Dido und Serenus kam wieder Leben. Die beiden Apfelkrutzen flogen in hohem Bogen über die Mauer der Villa nach draußen. Dann nahmen die Kinder ihr wissenschaftliches Gespräch wieder auf.
„Und der Daphus hat als Eunuche keinen „Schniepie“ mehr? Kann der dann überhaupt im Stehen pinkeln?“
„Nein, Dominus. Einen „Schniepie“ hat er schon, aber ich vermute, dass er sich trotzdem hinsetzt, wenn er Wasser ablässt. Der ist ja kein richtiger Mann, so wie der sich benimmt. Aber er hat wohl trotzdem da unten was abgeschnitten bekommen. Das sagen zumindest die anderen Sklaven, Dominus.“
„Aha, dann ist er vermutlich wie ein Hund kupiert worden oder er ist ein Kastrat. Das ist nicht gut. Kastrierte Hunde und Kater neigen dazu fett und faul zu werden. Aber zumindest ist er nicht makellos und damit ist er für die Sklavenzucht ungeeignet. Dann muß ich mir für Salambo einen anderen Zuchtpartner einfallen lassen.“
Beide Kinder beschäftigten sich wieder mit ihren Wachstafeln. Serenus studierte die Thematik „Praktische Haushaltsführung am Beispiel eines Bauernhofes“ und Dido übte sich im Schreiben von Buchstabenreihen.