Die Medaille hat immer zwei Seiten

  • Immer öffter hatte Senator Germanicus Avarus der Tage die Curie gemieden. Es schien nicht weiter aufgefallen zu sein, das er an den Senatssitzungen nicht teilnahm. Trotz das er in Rom war und seiner Arbeit als Legatus nachging. Der Krankheitsfall konnte also ausgeschlossen werden.


    Heute aber war einer dieser weniger sonnigen Tage, die er sonst nutzte, um seinen doch recht angemessenen Stadtgarten zu nutzen. Auf der Bank zu lähmeln und den Strahlen der Sonne zugewandt zu lesen. Zwar blieb es an solchen Tagen wie den Heutigen nicht aus trotzdem genügend Beschäftigung zu finden, das man nicht zwangsweise den Senat betreten mußte, um sich im Kreise der alten Säcke den Tag zu vertrödeln, aber sein Dasein hatte durchaus einen wichtigen Zweck.


    Er erhob sich, als die letzte Thematik verklungen war.


    "Senatus Princeps ich möchte um das Wort bitten und darum einen weiteren Diskussionsakt auf die heutige Tagesordnung setzen zu können."


    Geduld war etwas, das man in freier Zeit am meisten lernte. Davon hatte Avarus etwas mehr der Tage genossen und so stand er da und wartete geduldig darauf, das man ihm verbat oder gewährte.





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  • Das Gehör hatte er, die Worte brauchte Avarus nicht finden, denn sie waren da ohne sich groß mühen zu müssen.


    "Ich möchte mich zunächst kurz fassen. Wir haben vor einigen Monaten einer Vorlage die gültige Mehrheit erteilt, die sich nun unter der römischen Bevölkerung als unzureichend entpuppt. Wie schon damals befürchtet und von einer recht großen Zahl an Senatoren durch ihre Gegenstimme klar gemacht.


    Keine Frage es dreht sich um die Lex Mercatus Änderung, die mehr Fragen als Antworten aufweist und ich sehe den Senat in der Pflicht dem römischen Volk Klarheit zu verschaffen und eine Beischrift zu erstellen, die regelt, was im Gesetz versäumt wurde."





    Sim-Off:

    Nur ganz kurz, weil ich los muß.




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  • Macer hatte die ganze Zeit damit gerechnet, dass entweder Senator Germanicus Avarus seine Idee einer Beischrift noch weiter ausführen wollte oder dass er dies mit einem anderen Senator abgesprochen hatte, der nun punktgenau sein Stichwort fand und eine Rede starten konnte. Offenbar war dies aber nicht der Fall. Immerhin hatte der Princeps Senatus dafür durchaus interessante Neuigkeiten.


    "Darf ich fragen, wer diesen Kommentar erstellt? Ich halte dieses Vorhaben für sehr sinnvoll und es wäre beruhigend zu wissen, dass die Aufgabe in guten Händen ist."

  • Ah sehr schön, nicht alle schlafen hier, dachte Hungi etwas gereizt, was er aber gleich vergaß, denn die Antwort sollte ja doch eher freundlich ausfallen.


    Mein Klient Caecilius Metellus hat sich mir angeboten. Ich erwarte eine diesbezügliche Nachricht von ihm in den nächsten Tagen. Hm, vielleicht sollte er noch etwas dazu sagen. Caecilius hat bei mir den Cursus Iuris absolviert. Und das gar nicht mal so schlecht.

  • "Wie es ausschaut können wir also in näherer Zukunft mit einer Vorlage im Senat rechnen. Das ist gut denn nicht selten am Tage bekommt man diesbezüglich Regungen aus den Volksschichten zu hören, die es besonders belangt. Etwas mehr Sicherheit all jener liegt in ihrem, wie in unserem Interesse."


    Eine kurze Regung später war der Senator Avarus wieder so ruhig, wie die anderen Senatoren. Es schien gerade so, als seien Jene weit abwesend. Die Einen mögen sich überlegen, wie sie ihre Rosen für den Sommer vorbereiteten, die Anderen verschnitten und banden ihre Rebstöcke, wieder Welche waren wohl dabei ihre Fischbestände zu zählen. So zäh wie dieser Tage war es lange nicht im Senat zugegangen. Da stellte sich schonmal garnicht die Frage nach einer neuen Initiative.


    Man fühlte sich so schneidend, wie der Wind, wenn er durch das Laub der gerade frisch treibenden Bäume fuhr.




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  • Durus hatte zum ersten Male die Ehre, dem Senat beizusitzen - oder besser gesagt an ihm teilzunehmen. So saß er in seiner Senatorentoga, mit dem goldenen Ring und den roten Schuhen in den Reihen - noch relativ weit hinten, da er noch nicht die Prätur absolviert hatte - und lauschte schweigend den Worten seines Lieblingsgegners...

  • Ein paar Tage nach der Anfrage des Avarus, der Senat möge eine Beischrift zu einer umstrittenen Lex erstellen, ließ Hungi einen Punkt auf die Tagesliste setzen, der sich "Kommentar zur Lex Mercatus" nannte. Im Schlepptau hatte er seinen jungen Klienten Caecilius, der heute sein Schriftstück dem Senat präsentieren sollte.


    Senatoren! Vor einigen Tagen habe ich dem Senat erklärt, daß mein Klient hier, Caecilius Metellus, an einem Kommentar zur Lex Mercatus arbeitet. Er hat ihn nun vollendet. An sich würde es vollends genügen, wenn man einen Kommentar publiziert und ihn bestimmten Stellen zugänglich macht, doch in Anbetracht der Situation hielt ich es für das beste, daß Caecilius sein Schriftstück dem Senat vorstelle.


    Bitte, Caecilius.

  • Tiberius, der sich bisher dezent im Hintergrund gehalten hatte und lediglich seinen Blick über die Bankreihen der Senatoren schweifen ließ, trat nach der Aufforderung seines Patron vor. Nun stand er also tatsächlich im Senat und sollte sein Werk vorstellen; Ein wenig mulmig war ihm ob der versammelten Höhrerschaft schon, aber er unterdrückte seine Nervosität und begann:


    "Ehrenwerte Senatoren, wie mein Patron Vinicius Hungaricus bereits ankündigte, habe ich einen Gesetzeskommentar zu der jüngsten Änderung des Lex Mercatus verfasst. Da bisher nur ein Exemplar existiert, werde ich dieses zur Ansicht an euch aushändigen und stehe für eventuelle erste Rückfragen gern zur Verfügung."


    Damit schritt er zu dem ihm am nächsten sitzenden Senator und übergab ihm die Schriftrolle.



    Kommentar zu § 3 Absatz 5 Lex Mercatus


    verfasst von T. Caecilius Metellus




    Ante diem XVIII KAL FEB DCCCLVII A.U.C. (15.1.2007/104 n.Chr.) begab es sich, dass der Volkstribun Appius Terentius Cyprianus eine Änderung des Lex Mercatus dahingehend anstrebte, dass es Angehörigen des Ordo Patricius und Ordo Senatorius lediglich gestattet sein sollte, mit der Landwirtschaft in Verbindung stehendem Gewerbe nachzugehen.
    Während unser geliebter Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus den hinter diesem Entwurf zu vermutenden Grundgedanken, durch dieses Gesetz die Rückbesinnung der ehrenhaftesten Römer auf die Tugenden und Ideale der Vorväter zu forcieren begrüßte, entbrannte ob dieses Entwurfes in den geheiligten Hallen des Senats eine heftige Debatte, in deren Verlauf der Entwurf des Volkstribuns herbe Kritik aus den Mündern der ehrenhaften Patres Conscripti Roms ernten musste.
    Schlussendlich brachte der Tribun des Volkes einen überarbeiteten Entwurf seiner Gesetzesänderung in die Debatte ein, und der ehrenwerte Konsul dieser vergangenen Tage Marcus Vinicius Lucianus ließ über ihn Abstimmen: Die Erweiterung des Lex Mercatus um den Absatz 5 des § 3 wurde ante diem IV KAL FEB DCCCLVII A.U.C. (29.1.2007/104 n.Chr.) mit einer knappen Mehrheit beschlossen.
    Dieser Kommentar soll sich nun näher mit diesem neu zum § 3 Lex Mercatus hinzugekommenem Absatz 5 beschäftigen und den Aedilen und Praetoren eine Hilfestellung bieten um Urteile im Sinne dieses Gesetzes zu fällen.



    Der Volkstribun Appius Terentius Cyprianus brachte den Vorschlag zur Erweiterung des Lex Mercatus § 3 um den Absatz 5 in den Senat ein, seiner Meinung nach sollten sich die Senatoren wieder mehr auf die römischen Traditionen der Landwirtschaft besinnen und ihrer Rolle als Vorbilder für alle Römer gerechter werden. Weiter war er der Meinung, dass Senatoren aufgrund ihres Landbesitzes einen zu großen Einfluss auf die Wirtschaft hätten und das Volk benachteiligen könnten.
    Als Intention für die Gesetzesänderung des Volkstribuns lässt sich also festhalten dass die römischen Traditionen gestärkt werden, die wirtschaftliche Kraft der Senatoren beschnitten und die des einfachen Volkes gestärkt werden sollten.


    Die Meinungen der Senatoren zu dieser Gesetzesänderung waren geteilt, doch bildete sich letztlich unter den Befürwortern eine Linie heraus: Die Einhaltung der Traditionen sollte durch das Gesetz kontrollierbarer gemacht werden. Die Landwirtschaft als ureigene Tätigkeit der Römer sollte gesetzlich bekräftigt werden.



    Da zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Kommentars keine gerichtlichen Entscheidungen zu dem behandelten Absatz des Lex Mercatus existieren, wird dieser Kommentar ohne Bezug auf praktische Urteile und Erfahrungen mit § 3 Absatz 5 Lex Mercatus auskommen.


    Der in diesem Kommentar zu betrachtende Teil des Lex Mercatus lautet wie folgt:


    "§ 3


    (...)


    (5) Senatoren, Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern ist es verboten, andere Betriebe zu besitzen als solche, welche der Produktion landwirtschaftlicher Güter und deren Weiterverarbeitung dienen."


    Während der erste Teil des Satzes eindeutig bestimmt, auf welchen Teil der römischen Bürgerschaft dieses Gesetz anzuwenden ist, nämlich auf Senatoren, Angehörige des Ordo Senatorius sowie des Ordo Patricius, so verdienen die anderen Teile eine sorgfältige Betrachtung: Welche Betriebe gelten als solche für die Produktion landwirtschaftlicher Güter und ihrer Weiterverarbeitung verantwortliche? Wie ist "Weiterverarbeitung" zu verstehen, und wie weit ist diese zu fassen?


    Eine Definition von Landwirtschaft kann so aussehen:
    "Landwirtschaft ist die zielgerichtete Erzeugung von pflanzlichen oder tierischen Produkten auf einer bewirtschafteten Fläche."


    Daraus folgt, dass landwirtschaftliche Güter solche sind, die pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind. Als Beispiele seien hier Getreide, Weintrauben und Obst genannt. All diese genannten Güter sind pflanzlichen Ursprungs und können auf kultivierten Flächen von Menschenhand herangezüchtet sowie geerntet werden. Ebenso verhält es sich mit Schafen: Sie können herangezüchtet und von Menschen gehütet werden.
    Als Gegenbeispiel seien hier Gold und Ton angeführt: Beide Güter werden aus dem Schoß der Erde gewonnen, sind somit weder pflanzlichen noch tierischen, sondern irdenen Ursprungs und also nicht als landwirtschaftliche Güter zu betrachten, auch wenn man sie mit einigem poetischem Sinn als "Früchte der Erde" bezeichnen mag.


    Es lässt sich festhalten: Angehörigen des Ordo Patricius und Senatorius ist es nach § 3 Absatz 5 Lex Mercatus gestattet, Getreide oder Obst produzierende bzw. analog geartete Betriebe zu besitzen. Ihnen ist es nicht gestattet, Eisenminen oder Tongruben bzw. analog geartete Betriebe zu besitzen.


    Folgen wir nun dem Gesetzestext weiter, kommen wir zu folgendem Wortlaut: "...und deren Weiterverarbeitung dienen".
    Was versteht man unter Weiterverarbeitung? Stoffe können weiterverarbeitet werden um einen anderen, meist höherwertigen Stoff zu erhalten.


    Definieren wir Weiterverarbeitung also folgendermaßen:
    "Unter (Weiter)Verarbeitung versteht man den Prozess in dem aus einem Rohmaterial ein Produkt geschaffen wird. Das Rohmaterial eines Verarbeitungsprozesses kann dabei selbst das Produkt einer vorhergegangenen Verarbeitung sein."


    Betriebe, deren Produkte aus landwirtschaftlichen Gütern bzw. Rohmaterialien geschaffen werden, dürfen sich also ebenfalls im Besitz der Angehörigen des Ordo Patricius oder Senatorius befinden. Doch nach welchen Kriterien sollen diese Betriebe ermittelt werden? Und wie weit ist diese Verarbeitung in Zusammenhang mit Absatz 5 § 3 Lex Mercatus zu fassen?


    Landwirtschaftliche Güter sind nur solange als solche anzusehen wie sie von Menschenhand unbehandelt bleiben und ihre natürliche Form bewahren. Werden sie von Menschen verarbeitet, verlieren sie ihre Natürlichkeit und werden zu künstlichen Gütern.
    Die Verarbeitung ist im Zusammenhang mit § 3 Abs. 5 Lex Mercatus also nur bis zur ersten Verarbeitungsstufe zu fassen. Die Weiterverarbeitung eines weiterverarbeiteten landwirtschaftlichen Produkts ist nicht mehr als Weiterverarbeitung eines landwirtschaftlichen, sondern eines künstlichen Produkts anzusehen.


    Als Beispiel werde hier die Schafzucht sowie der Schneider betrachtet.
    In der Schafzucht werden Schafe gezüchtet um Wolle sowie Milch zu erhalten, eine Schafzucht ist somit ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der Schneider nutzt Tuche um Kleidung herzustellen. Diese Tuche werden durch das Spinnen aus Wolle gewonnen, es werden also in der Spinnerei natürliche landwirtschaftliche Güter weiterverarbeitet. Durch das Spinnen verliert die Wolle allerdings ihren natürlichen Charakter, da sie von Menschenhand bearbeitet wird. Der Schneider, der die verarbeitete Wolle für seine Kleidung nutzt, verarbeitet also keine landwirtschaftlichen sondern künstliche Produkte und ist somit weder ein landwirtschaftlicher noch ein landwirtschaftliche Güter verarbeitender Betrieb.


    Bleiben wir bei obigem Beispiel und wenden wir Lex Mercatus § 3 Absatz 5 an: Der Patrizier/Senator darf eine Schafzucht besitzen, denn diese ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der Patrizier/Senator darf ferner eine Spinnerei besitzen um das Produkt der Schafzucht, die Wolle, zu Garn zu verarbeiten. Es ist ihm jedoch nicht gestattet, eine Schneiderei zu besitzen, da diese nicht das landwirtschaftliche Gut Wolle, sondern das künstliche Gut Garn verarbeitet.


    Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie die praktische Auslegung des § 3 Absatz 5 Lex Mercatus, vor allem in Hinblick auf die mit diesem Gesetz verfolgte Intention des Gesetzgebers aussehen könnte. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Erfahrungen mit diesem Gesetz in der Praxis aussehen werden. Möglicherweise wird es notwendig werden, den Absatz 5 um einige eindeutigere Formulierungen zu ergänzen, damit vorhandener Interpretationsspielraum eingeengt und der Sinn des Gesetzes eindeutiger umgesetzt werden kann. Zunächst aber sollte dieser Kommentar hoffentlich die meisten Unsicherheiten und Fragen beseitigt haben.

  • Durus, der als nicht einmal gewesener Praetor weiter hinten saß, reckte den Hals. Ein durchschnittlicher Typ, der nicht übermäßig reich wirkte und noch nicht einmal einen Ritterring trug.
    Als der Jurist den Kommentar weiterzureichen schien, erhob sich Durus.


    "Könnte der Senatsschreiber den Kommentar verlesen?"

  • "Es könnte auch dieser Caecilius Metellus tun, wenn er schon einmal hier ist."


    Hörte man den Avarus sagen. Er hatte keine Lust diese lange Rolle selbst zu lesen. Immerhin hatten die linken Reihen bereits begonnen und die Länge des ausgerollten Pergaments ließ ihn Schlimmes ahnen.











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  • Na, wozu haben wir denn einen Scriba... murmelte Hungi etwas undeutlich und sehr in Richtung des Senatsschreibers, der sich gleich in Bewegung setzte, einem Senator das Schriftstück nach einem "Bitte" aus der Hand nahm und dieses laut und deutlich vorlas.


    "Kommentar zu § 3 Absatz 5 Lex Mercatus
    verfasst von T. Caecilius Metellus


    Ante diem XVIII KAL FEB DCCCLVII A.U.C. (15.1.2007/104 n.Chr.) begab es sich, dass der Volkstribun Appius Terentius Cyprianus eine Änderung des Lex Mercatus dahingehend anstrebte, dass es Angehörigen des Ordo Patricius und Ordo Senatorius lediglich gestattet sein sollte, mit der Landwirtschaft in Verbindung stehendem Gewerbe nachzugehen.
    Während unser geliebter Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus den hinter diesem Entwurf zu vermutenden Grundgedanken, durch dieses Gesetz die Rückbesinnung der ehrenhaftesten Römer auf die Tugenden und Ideale der Vorväter zu forcieren begrüßte, entbrannte ob dieses Entwurfes in den geheiligten Hallen des Senats eine heftige Debatte, in deren Verlauf der Entwurf des Volkstribuns herbe Kritik aus den Mündern der ehrenhaften Patres Conscripti Roms ernten musste.
    Schlussendlich brachte der Tribun des Volkes einen überarbeiteten Entwurf seiner Gesetzesänderung in die Debatte ein, und der ehrenwerte Konsul dieser vergangenen Tage Marcus Vinicius Lucianus ließ über ihn Abstimmen: Die Erweiterung des Lex Mercatus um den Absatz 5 des § 3 wurde ante diem IV KAL FEB DCCCLVII A.U.C. (29.1.2007/104 n.Chr.) mit einer knappen Mehrheit beschlossen.
    Dieser Kommentar soll sich nun näher mit diesem neu zum § 3 Lex Mercatus hinzugekommenem Absatz 5 beschäftigen und den Aedilen und Praetoren eine Hilfestellung bieten um Urteile im Sinne dieses Gesetzes zu fällen.



    Der Volkstribun Appius Terentius Cyprianus brachte den Vorschlag zur Erweiterung des Lex Mercatus § 3 um den Absatz 5 in den Senat ein, seiner Meinung nach sollten sich die Senatoren wieder mehr auf die römischen Traditionen der Landwirtschaft besinnen und ihrer Rolle als Vorbilder für alle Römer gerechter werden. Weiter war er der Meinung, dass Senatoren aufgrund ihres Landbesitzes einen zu großen Einfluss auf die Wirtschaft hätten und das Volk benachteiligen könnten.
    Als Intention für die Gesetzesänderung des Volkstribuns lässt sich also festhalten dass die römischen Traditionen gestärkt werden, die wirtschaftliche Kraft der Senatoren beschnitten und die des einfachen Volkes gestärkt werden sollten.


    Die Meinungen der Senatoren zu dieser Gesetzesänderung waren geteilt, doch bildete sich letztlich unter den Befürwortern eine Linie heraus: Die Einhaltung der Traditionen sollte durch das Gesetz kontrollierbarer gemacht werden. Die Landwirtschaft als ureigene Tätigkeit der Römer sollte gesetzlich bekräftigt werden.



    Da zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Kommentars keine gerichtlichen Entscheidungen zu dem behandelten Absatz des Lex Mercatus existieren, wird dieser Kommentar ohne Bezug auf praktische Urteile und Erfahrungen mit § 3 Absatz 5 Lex Mercatus auskommen.


    Der in diesem Kommentar zu betrachtende Teil des Lex Mercatus lautet wie folgt:


    "§ 3
    (5) Senatoren, Mitgliedern des Ordo Senatorius und Patriziern ist es verboten, andere Betriebe zu besitzen als solche, welche der Produktion landwirtschaftlicher Güter und deren Weiterverarbeitung dienen."


    Während der erste Teil des Satzes eindeutig bestimmt, auf welchen Teil der römischen Bürgerschaft dieses Gesetz anzuwenden ist, nämlich auf Senatoren, Angehörige des Ordo Senatorius sowie des Ordo Patricius, so verdienen die anderen Teile eine sorgfältige Betrachtung: Welche Betriebe gelten als solche für die Produktion landwirtschaftlicher Güter und ihrer Weiterverarbeitung verantwortliche? Wie ist "Weiterverarbeitung" zu verstehen, und wie weit ist diese zu fassen?


    Eine Definition von Landwirtschaft kann so aussehen:
    "Landwirtschaft ist die zielgerichtete Erzeugung von pflanzlichen oder tierischen Produkten auf einer bewirtschafteten Fläche."


    Daraus folgt, dass landwirtschaftliche Güter solche sind, die pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind. Als Beispiele seien hier Getreide, Weintrauben und Obst genannt. All diese genannten Güter sind pflanzlichen Ursprungs und können auf kultivierten Flächen von Menschenhand herangezüchtet sowie geerntet werden. Ebenso verhält es sich mit Schafen: Sie können herangezüchtet und von Menschen gehütet werden.
    Als Gegenbeispiel seien hier Gold und Ton angeführt: Beide Güter werden aus dem Schoß der Erde gewonnen, sind somit weder pflanzlichen noch tierischen, sondern irdenen Ursprungs und also nicht als landwirtschaftliche Güter zu betrachten, auch wenn man sie mit einigem poetischem Sinn als "Früchte der Erde" bezeichnen mag.


    Es lässt sich festhalten: Angehörigen des Ordo Patricius und Senatorius ist es nach § 3 Absatz 5 Lex Mercatus gestattet, Getreide oder Obst produzierende bzw. analog geartete Betriebe zu besitzen. Ihnen ist es nicht gestattet, Eisenminen oder Tongruben bzw. analog geartete Betriebe zu besitzen.


    Folgen wir nun dem Gesetzestext weiter, kommen wir zu folgendem Wortlaut: "...und deren Weiterverarbeitung dienen".
    Was versteht man unter Weiterverarbeitung? Stoffe können weiterverarbeitet werden um einen anderen, meist höherwertigen Stoff zu erhalten.


    Definieren wir Weiterverarbeitung also folgendermaßen:
    "Unter (Weiter)Verarbeitung versteht man den Prozess in dem aus einem Rohmaterial ein Produkt geschaffen wird. Das Rohmaterial eines Verarbeitungsprozesses kann dabei selbst das Produkt einer vorhergegangenen Verarbeitung sein."


    Betriebe, deren Produkte aus landwirtschaftlichen Gütern bzw. Rohmaterialien geschaffen werden, dürfen sich also ebenfalls im Besitz der Angehörigen des Ordo Patricius oder Senatorius befinden. Doch nach welchen Kriterien sollen diese Betriebe ermittelt werden? Und wie weit ist diese Verarbeitung in Zusammenhang mit Absatz 5 § 3 Lex Mercatus zu fassen?


    Landwirtschaftliche Güter sind nur solange als solche anzusehen wie sie von Menschenhand unbehandelt bleiben und ihre natürliche Form bewahren. Werden sie von Menschen verarbeitet, verlieren sie ihre Natürlichkeit und werden zu künstlichen Gütern.
    Die Verarbeitung ist im Zusammenhang mit § 3 Abs. 5 Lex Mercatus also nur bis zur ersten Verarbeitungsstufe zu fassen. Die Weiterverarbeitung eines weiterverarbeiteten landwirtschaftlichen Produkts ist nicht mehr als Weiterverarbeitung eines landwirtschaftlichen, sondern eines künstlichen Produkts anzusehen.


    Als Beispiel werde hier die Schafzucht sowie der Schneider betrachtet.
    In der Schafzucht werden Schafe gezüchtet um Wolle sowie Milch zu erhalten, eine Schafzucht ist somit ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der Schneider nutzt Tuche um Kleidung herzustellen. Diese Tuche werden durch das Spinnen aus Wolle gewonnen, es werden also in der Spinnerei natürliche landwirtschaftliche Güter weiterverarbeitet. Durch das Spinnen verliert die Wolle allerdings ihren natürlichen Charakter, da sie von Menschenhand bearbeitet wird. Der Schneider, der die verarbeitete Wolle für seine Kleidung nutzt, verarbeitet also keine landwirtschaftlichen sondern künstliche Produkte und ist somit weder ein landwirtschaftlicher noch ein landwirtschaftliche Güter verarbeitender Betrieb.


    Bleiben wir bei obigem Beispiel und wenden wir Lex Mercatus § 3 Absatz 5 an: Der Patrizier/Senator darf eine Schafzucht besitzen, denn diese ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der Patrizier/Senator darf ferner eine Spinnerei besitzen um das Produkt der Schafzucht, die Wolle, zu Garn zu verarbeiten. Es ist ihm jedoch nicht gestattet, eine Schneiderei zu besitzen, da diese nicht das landwirtschaftliche Gut Wolle, sondern das künstliche Gut Garn verarbeitet.


    Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie die praktische Auslegung des § 3 Absatz 5 Lex Mercatus, vor allem in Hinblick auf die mit diesem Gesetz verfolgte Intention des Gesetzgebers aussehen könnte. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Erfahrungen mit diesem Gesetz in der Praxis aussehen werden. Möglicherweise wird es notwendig werden, den Absatz 5 um einige eindeutigere Formulierungen zu ergänzen, damit vorhandener Interpretationsspielraum eingeengt und der Sinn des Gesetzes eindeutiger umgesetzt werden kann. Zunächst aber sollte dieser Kommentar hoffentlich die meisten Unsicherheiten und Fragen beseitigt haben."


    Als der Scriba geendigt hatte, trat er dezent in den Hintergrund zurück.

  • Gleich zu beginn musste Macer aufpassen, nicht hörbar aufzulachen, denn der Beginn des ersten verlesenen Satzes klang ziem.llich genau wie die Einleitung zu einem Märchen oder einer Fabel. Der Rest des Textes erwies sich für Macers Ohren allerdings als keineswegs märchenhaft, sondern fundiert. Nach der etwas ermüdenden Einleitung hatte er alle Mühe, sich auf die große Menge Text zu konzentrieren, die vom Scriba des Senates vorgetragen wurde.


    "Gut strukturiert", stellte er halblaut fest, als der klar erkennbare rote Faden sein Ende gefunden hatte. Um mehr sagen zu können, musste er das Gehörte erstmal verarbeiten. Außerdem gab es sicher andere Senatoren, die viel eher etwas sagen wollten.

  • "Ein durchaus gelungener Kommentar." Lobte Senator Avarus den Klienten des Hungaricus. Der Name jedoch war ihm schon wieder entfallen.


    "Was mir ein wenig fehlt, ist die Rechtssicherheit, die das Gesetz verlangt. Jene Zeilen gehen gut allgemein darauf ein. Was wer und wieso darf. Es würde sich aber sicher eine detailiertere Liste als Anhang dazu besonders gut machen, um den Gerichten des Reiches eine feste Grundlage zu geben. Eine Tabula gefüllt mit den möglichen und nicht möglichen Betrieben. Immerhin haben wir auch junge Senatoren und jene die es werden wollen, die es vielleicht nicht gänzlich verstehen werden und so -mit Bestimmtheit auch unbeabsichtigt- in eine kriminelle Situation geraten können."


    Sein Blick streifte dabei den jungen Flavier, der natürlich in einem anderen Lager im Senat hockte und kam zum Klienten des Hunagricus zurück.




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  • "Hätte eine solche Liste als Anhang zu dem Kommentar eine gewisse rechtliche Verbindlichkeit?" Diese Frage von Macer galt gleichsam Senator Germanicus Avarus als auch dem Princeps Senatus.


    "Es wäre seltsam, wenn die Liste eine Kommentarautors, der selber nicht einmal Praetor war, für andere Praetoren verbindlich wäre. Und andererseits wäre es unnötige Mühe, jetzt eine Liste zu verfassen, wenn jeder Praetor letztlich seine eigene Meinung spielen lassen kann.


    Wobei ich deutlich betonen möchte, dass mir mit einer Liste ebenfalls sehr viel wohler wäre. Ob es eine Liste der erlaubten Betriebe oder eine der verboteten ist, müsste man wohl noch überdenken. Eine der beiden Lösungen wird sicher praktischer sein."

  • Die Wortmeldungen seiner Kollegen Avarus und Macer ließen bei Hungi fast ein Kopfschütteln hervorrufen.


    Aber Senatoren, man kann doch keine Liste über alle Branchen des Imperiums (Achtung: simon!) erstellen. Ich denke doch wohl, daß die Richter, Advocati und Juristen des Lesens und Verstehens mächtig sind und sehr wohl aus diesen Zeilen genau herauslesen können, welcher Betrieb jetzt im Einzelfall eines Patriziers und Senators würdig ist und welcher nicht. Und selbst wenn es Streitfälle gibt, kann man diese immer noch vor Gericht ausfechten.

  • "Wer die Liste erstellt wäre schlicht und ergreifend egal, das sie vor einer Veröffentlichung den Senat passieren würde, hielt ich für selbstverständlich." Zu Macer gewandt und zu Hungaricus hinzu gefügt: "Kann man nicht? Mir ist schon klar, das sie etwas länger werden würde. Doch gibt es mit keiner Aufführung imense Schlupflöcher, die die jetzt schon überforderten Praetoren ein weiteres Mal aufstöhnen ließen. Durchaus könnte man auch eine Beispielreihe formen, die um die fünf bis sechs Branchen beinhaltet und es mehr verdeutlicht als die im Kommentar angeführten Beispiele."


    Wer sich dann noch immer vergriff, hatte eben Pech oder einen schlechten Berater, also Patron gehabt.








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  • Nachdem der Kommentar von dem Senatsschreibr verlesen worde war, wartete Tiberius die Reaktionen der Senatoren ruhig ab und hörte sich die folgenden kurzen Wortwechsel an. Schließlich räusperte er sich und setzte zu einer Antwort an.


    "Wie Senator Vinicius Hungaricus bereits erwähnte wäre es viel zu aufwändig eine solche Liste aller Betriebe zu erstellen, zumal diese Liste wohl mit jedem neu aufkommendem Betrieb aktualisiert werden müsste. Und es ist doch gerade die Aufgabe der Juristen, das allgemein gültige Recht auf konkrete Fälle anzuwenden und unter Zuhilfenahme des Verstandes und eines wie in diesem Fall vorhandenen Kommentars diese konkreten Fälle zu lösen.


    In diesem Kommentar habe ich ein meiner Meinung nach prägnantes Beispiel aufgeführt, anhand dessen man die Anwendung des § 3 Absatz 5 nachvollziehen und auf analoge Fälle übertragen können sollte.


    Die Vorgehensweise des Beispiels lässt sich auf sämtliche Betriebe übertragen, und wie Sneator Hungaricus bereits sagte: Bei konkrteten Streitfällen kann immer noch ein Gericht angerufen werden."

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