Erleichtert atmete Montanus auf, jedoch nicht nur ihrer Antwort, sondern auch ihrer Empörtheit wegen. Diese zeigte ihm nämlich, dass sie ihre Worte ernst meinte. Da war auch die Enttäuschung, die er in ihren Augen las halb so wild, als sie sich wieder von ihm abwandte.
Er schaute ebenfalls aus dem Fenster mit dem Gefühl, wenigstens einen kleinen Sieg errungen zu haben. Und ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Zügen.
Bei ihrer schlichten Frage, woher er denn das alles wissen wollte, schaute er sie verdattert an, und als sie dann behauptete er hätte noch nie ein Mädchen gehabt musste er laut lachen. Es waren zwar nicht so viele Mädchen, wie er in geselliger Runde unter Männern gerne behauptete, aber einiges an Erfahrung besaß er.
"Oh, Narcissa, wir wissen wahrlich viel zu wenig voneinander!", meinte er amüsiert und bedauernd zugleich, sich auf Nervas Worte vom Vorabend besinnend. Er drehte sich mit dem Rücken zum Fenster und lehnte sich gegen die Wand daneben. Die Worte die er nun sprach kamen ihm nicht leicht über die Lippen, vor allem nicht vor Narcissa, aber wenn sie ihm in solchen Sachen vertrauen wollte, würde er wohl etwas in ihrer Achtung sinken müssen. Aber das war er ja ohnehin schon.
"Ich fürchte ich warne dich hier vor etwas, was ich schon ein oder zwei Mal verursacht habe. Zwar nie bei höher gestellten Mädchen, aber ein gebrochenes Herz tut jedem gleich weh...", er wusste selbst nicht, woher diese beinahe poetischen Worte bei ihm kamen, sie wanderten einfach so über seine Lippen.
Casa Quintilia
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Sein Lachen irritierte sie wahrhaftig. Nach ihren Vorwürfen sollte er eigentlich keine Gelegenheit zu einem Vorwurf haben, sondern vielleicht eher eingestehen, dass sie Recht hatte und er selber keine Ahnung. Aber merkwürdigerweise tat er das nicht!
Verwirrt drehte sie sich also zu ihm um und musterte ihn immernoch verunsichert. Schließlich rückte er mit der Sprache heraus und Narcissas Unterkiefer klappte kurz herunter. "Was? Du selbst bist so ein Herzensbrecher?! Und dann versuchst du mich davor zu bewahren?" Empört sah sie ihm in die Augen und wandt sich dann ein weiteres Mal von ihm ab. Das konnte sie doch nicht glauben, dass ihr eigener Bruder zu der Sorte Mann gehören sollte, vor der er sie die ganze Zeit zu warnen versuchte. Dieser Schuft. Dieser Widerling!
Sie war gleichzeitig wütend und verletzt. "Wenn du selbst so ein Schuft bist, dann hast du kein Recht mir Moralpredigten zu halten und mir vorzuschreiben was Richtig und was Falsch ist, Montanus!"
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Das hatte er befürchtet... dass sie so reagierte. Am liebsten hätte er zu seiner Verteidigung gesagt: Aber Fundulus doch auch! Aber dann hätte er auch noch die Autorität seines Bruders untergraben und das wäre im Moment wohl sehr unklug. Außerdem klangen die Worte schon in seinem Kopf einfach nur kindisch. Der Blick aus ihren Augen tat seltsam weh und plötzlich waren die Rollen vertauscht und er war derjenige, der zerknirscht sein sollte.
Immerhin verlegen fuhr er sich über die Haare und sah Narcissa von untern her an.
"Weißt du, ein Schuft erkennt einen anderen....", meinte er mit leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln. Doch es sah eher sarkastisch aus, als wie ein Lächeln.
"Und eben weil ich weiß, was meistens kommt, wenn der Mann keine wirklich ernsten Absichte hat, versuche ich dich davor zu bewahren! Verstehst du jetzt, weshalb mir das alle hier so schwer fällt? Ich merk doch selbst, dass ich eigentlich nicht der richtige bin, aber ich bin momentan der einzige!" -
Doch Narcissa wollte nun bestimmt nicht auf so etwas hören. Montanus hatte erst einmal verspielt!
"Du solltest lieber erst einmal zusehen, dich selbst zu bessern, statt auch noch deine Cousine ins Unglück stürzen zu wollen. Oder denkst du, dass ich im Moment glücklich damit bin, wie du mich vor diesem schrecklichen Spielmann bewahrt hast?"
Empört schüttelte sie den Kopf und stieß sich nun auch vom Mauerwerk ab. "Du bist wirklich das, was man eine falsche Schlange nennt, Montanus. Und ich werde bestimmt nicht auf dich hören, wenn du selbst nicht so redlich bist, wie du vor mir tust!"
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Ihr erstes Argument verleitete ihn fast dazu mit den Augen zu rollen, doch da sie ihn so abweisend ansah, verging ihm das schon, bevor er dazu kam. Er hatte sie ja noch nicht mal bewahrt und in nächster Zeit würde er sich wohl gezwungener Maßen bessern müssen. Können würde er sicher nicht, dafür hatte Scato gesorgt, und blamieren wollte er sich ja auch nicht.
Doch ihre nächsten Worte verletzten ihn wirklich und seine Mine versteinerte.
"Ich habe nie von mir behauptet redlich zu sein!", kam es kalt über seine Lippen und er stieß sich ebenfalls von der Wand ab. In seiner Gekränktheit sagte er nun was, das er vielleicht besser gelassen hätte:
"Aber besser eine falsche Schlange, als das naive Kaninchen, das dem Reptil in seinen Bau folgt. Aber bitte, verlange dann jedoch nicht von mir, den Retter zu spielen! Ich hab schon genug für dich eingesteckt! Oft genug!"
Sie noch mal kalt anschauend verlies er ihr Zimmer und verzog sich in sein eigenes. -
Wütend sah sie ihn an, während er sich vor ihr aufbaute und ihr vorwarf ein naives Kaninchen zu sein. Nie hatte sie von ihm verlangt, den Retter zu spielen! Und das hatte sie auch nicht vor. Dieser miese Wüstling!
Vielleicht hatte er nicht behauptet redlich zu sein - aber sie hatte es stets angenommen und er hatte auch nie etwas gegenteiliges gesagt. Und nun war sie enttäuscht - bitter enttäuscht - und verdammt wütend. Nagut, er wollte nicht mehr, dann eben nicht!
Wütend ging sie zu ihrem Tischchen, hob ihren Becher hoch und warf ihn ihm nach, jedoch zerschellte er auf dem Boden, da Montanus zu schnell davongestochen war. Wutschnaubend blieb sie stehen und am liebsten wäre sie ebenfalls gleich wieder aus ihrem Zimmer und aus dem Haus gestürmt. Dies tat sie dieses Mal jedoch nicht. Stattdessen ging sie eine Weile in ihrem Zimmer auf und ab, zertrat die Scherben noch vollends.
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Als Montanus in sein Zimmer kam, konnte er dort gerade Nerva sehen, die ein wenig am aufräumen war. Sie hob eine Braue, als sie ihn so wütend sah. Andererseits hätte sie gelogen, wenn sie nun behauptet hätte, den Streit zwischen den beiden nicht mitbekommen zu haben. Also verdiente er ihren strafenden Blick auch.
Andererseits wollte sie ihn nun lieber allein lassen, bevor er noch anfing, sie auch noch anzuschreien. So ging sie mit unterkühlter Miene an ihm vorbei aus seinem Zimmer. "Ich lasse dich lieber allein, hm?"
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Überrascht und wie angewurzelt blieb Montanus in seiner Tür stehen und starrte auf Nerva. Und jetzt schaute diese ihn auch noch so vorwurfsvoll an. Montanus Mine verfinsterte sic noch mehr. Hatten sich denn jetzt alle gegen ihn verschworen? Fundulus war nicht zu finden, Narcissa sagte er wäre eine falsche Schlange, und Nerva sah ihn so strafend an!
Sie schien das Zimmer verlassen zu wollen und er machte ihr nur bereitwillig Platz. "Wann du nichts Positives zu sagen hast wäre es besser, ja!", knurrte er und beherrschte sich mühsam. er stützte sich mit einer Hand an den Türrahmen und seine Fingerknöchel zeichneten sich weiß ab, so stark krallte er sich dort fest. -
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Nerva schaute ihn nur noch einmal mit finsterer Mine an und ging dann aus seinem Zimmer. Zwar hatte sie Mühe sich irgendwelche Worte zu verkneifen, aber sie wusste auch, dass es ihr nicht zustand, ihn nun auch noch zu beschimpfen. Sie hatte nur den Eindruck gehabt, dass sie das arme Mädchen vielleicht doch etwas unterstützen musste. Sie war ja sonst die einzige Frau im Hause und Narcissa hatte üblicherweise gegen ihre beiden Cousins anzukämpfen.
Nun aber entschied sie sich auch mal dafür, sich herauszuhalten. Das Fräulein würde auch mal erwachsen werden müssen und ein erster Liebeskummer gehörte da nun einmal dazu, meinte Nerva.
Also ging sie auch nicht in Narcissas Zimmer, zumindest vorerst nicht. Sondern sie stiefelte erst einmal in die Küche zurück. Man würde schon rufen, sollte man etwas brauchen.
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Montanus wollte sich, nachdem Nerva mit einem weiteren kühlen Blick ins eine Richtung das Zimmer verlassen hatte, am liebsten aufs Bett werfen und es den ganzen Tag nicht mehr verlassen. Er stieß die Tür zu und starrte sein Bett an, ja was hielt ihn denn davon ab, genau das zu tun? Auf Narcissa einzureden hatte ja eh keinen Sinn mehr und sich weiter beschimpfen lassen wollte er auch nicht.
Mit zwei großen Schritten lief er zu seinem Bett und sprang förmlich hinein. Er hatte seinen Schwung jedoch nicht bedacht und so knallte er äußerst unsanft mit seinem Kopf gegen die Mauer, die auch als Trennwand zu Narcissas Zimmer diente. Es rumste und kurz darauf konnte man den jungen Mann laut und lästerlich fluchen hören.
Er verschränkte die Hände über dem Kopf, nachdem er sich etwas abgeregt hatte, presste das Gesicht auf das Bett und murmelte immer wieder vor sich hin: "Heute ist ein toller Tag, heute ist ein wirklich toller Tag!"
Er beschloss nun endgültig die ganze Zeit im Bett zu bleiben und sich heute nicht einen Millimeter mehr zu bewegen! -
Narcissa erschrak kurz, als sie dieses Rumpeln hörte. Hatte er etwas gegen die Wand geworfen, oder was sollte das? Wütend sah sie auf diese Wand und überlegte sich, ob sie etwas zurückwerfen sollte, aber sie hatte nichts an Einrichtung, das ihr hierfür unwichtig genug war. Daher ließ sie es erst einmal damit beruhen.
Vielmehr verbarrikadierte sie sich in ihrem Zimmer und kam auch nicht mehr heraus. Sie wollte niemanden sehen, weder Nerva noch einen ihrer beiden Cousins. Höchstens... allerhöchstens noch Fundulus. Der hatte nichts damit zu tun gehabt und sie hielt ihn immernoch für ebenso löblich wie sie es auch von Montanus gedacht hatte. Aber er war nicht hier und von daher war nicht an ihn zu denken. Den ganzen Tag lang starrte Narcissa aus dem Fenster oder sie sah auf ihrem Boden herum oder versuchte sich sonst irgendwie zu beschäftigen. Es war nicht ihre Art in ihrem Zimmer zu sitzen und sich alleine zu beschäftigen. Sie hasste das, aber solange man einen Streit ausfechten wollte, musste es eben sein.
Allmählich verpuffte auch ihre ganze Wut auf ihren Cousin und sie fühlte nur noch Schmerz. Sie hasste sich dafür, wie sie ihren Cousin angeschrien hatte. Und sie hasste ihn dafür, wie er zurückgeschrien hatte und sie wünschte sich, niemals irgendeinem Mann begegnet zu sein.
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Montanus schaffte es doch tatsächlich die nächsten Stunden im Bett zu verbringen. Er schlief sogar kurz wieder ein, doch er hatte so wirre Träume, dass er diese Zeit nicht grad als erholend empfand. Irgendwas mit Bäumen, die plötzlich zu tanzen begannen und dann auf ihn einschlugen. Montanus schüttelte den Kopf und vergrub ihn wieder in den Armen. Das war so bescheuert gewesen, dass es fast schon wieder lustig war und es hatte ihn für eine gute halbe Stunde von dem Streit mit seiner Cousine abgelenkt.
Doch jetzt war er ihm wieder in die Gedanken kommen und lies sich nicht mehr verbannen. Er war ein Sturkopf, weshalb er nicht daran dachte sich zu entschuldigen. Immerhin hatte sie damit angefangen ihn zu beleidigen. Er fühlte sich lebhaft in ihre Zeit als Kinder zurück versetzt, da hatten sie auch hin und wieder mal Streit gehabt, aber nie über so wichtige Dinge. Und auch böse Worte waren da gefallen, aber als Kind vergaß man so etwas schneller wieder.
Entnervt rollte er sich auf den Rücken und betrachtete zum hundersten Mal an diesem Tag seine Decke. Wenn das so weiter ging würde Narcissa und er noch die ganze Woche in ihren Zimmern verschanzt verbringen, wobei er das von seiner Cousine ja nicht wusste.
Doch sich selbst dazu bringen aus dem Bett aufzustehen, das schaffte er nicht, und zu Narcissa zu gehen erst recht nicht. Sie würde wohl den ersten Schritt machen müssen, oder Fundulus würde wieder auftauchen müssen und die Fronten schlichten. Oder wer ganz anderes musste sich einmischen.
"Mutter, warum bist du nicht mehr hier?! Bei so etwas würde ich dich so gerne mal um Rat fragen!", sprach er vorwurfsvoll und wälzte sich wieder auf den Bauch, um Unverständliches vor sich hinzubrummeln. -
Es dauerte bis zum Abend, bis Narcissa sich überlegt hatte, was sie sagen konnte zu ihrem Bruder. Sie hatte sich das genau überlegen müssen, bevor sie den Mut fasste, ihm unter die Augen zu kommen.
Schließlich wagte sie sich aus ihrem Zimmer heraus und linste um die Ecke. Sie wollte sehen, ob einer der Sklaven oder ob Fundulus in der Nähe war, denn was sie jetzt sagen wollte, fiel ihr nicht leicht und es sollte nur Montanus gelten.
So schleppte sie sich noch immer etwas mitgenommen und anscheinlich auch etwas geschwächt vom Schlafmangel herüber zu seinem Zimmer. Sie hatte eine leichte Decke um ihren Oberkörper gewickelt und zusammen mit dieser ging sie nun auch über den Gang hin, klopfte kurz an und öffnete die Tür. Sie legte demonstrativ einen Finger auf die Lippen, denn sie wollte zuerst sprechen und Montanus so andeuten, dass er schweigen sollte, bis sie geendet hatte. Leise schloss sie aber erst einmal wieder die Tür hinter sich.
"Montanus..", sagte sie zu allererst, diesmal sanfter, als er es vielleicht je gehört hatte. Allein schon wie sie seinen Namen ausgesprochen hatte, kam es einer Entschuldigung gleich. Aber es kam noch mehr. "Es tut mir leid, dass ich dich beschimpft habe. Du willst nur mein Bestes und es war falsch von mir, dich zu beschuldigen und dir vorzuwerfen, dass du erst an deine eigene Nase fassen solltest. Du bist älter als dich und ich bin dir dankbar dafür, dass du so auf mich aufpasst, dass du mich vor allem Bösen dieser Welt beschützen und behüten willst. Ich habe das jetzt verstanden und es tut mir ehrlich leid." Damit endete ihr Monolog endlich und für wenige Momente blieb sie noch stumm stehen. Mittlerweile schmiegte sich wieder eine Träne an ihre Wange und glitt an ihr herunter. "Ich liebe dich Montanus, wie man einen Bruder liebt. Und ich möchte nicht, dass wir zerstritten sind."
Sie stand noch immer dort an der Tür und sah nun aus, als wäre sie endlich fertig. Denn sie holte einmal tief Luft um wieder Kraft zu schöpfen. Sie wollte auch nicht lange auf eine Antwort warten, sondern öffnete die Tür auch schon wieder um zu gehen. Vielleicht wollte er ja erst einmal über ihre Worte und ihre Entschuldigung nachdenken.
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Montanus sah müde auf, als jemand die Tür öffnete und seine Augen weiteten sich überrascht, als er seine Cousine in der Tür sah. "Narcissa...", setzte er an, doch da legte sie den Finger auf den Mund und er verstummte.
Die folgenden Worte überraschten ihn zunächst einfach nur. Er starrte Narcissa mit großen Augen und leicht geöffnetem Mund an und musste das alles erst mal verdauen.
Dann noch die Tränen und ihre ganze gestalt und Montanus war restlos sprachlos, erst recht, als sie ihm sagte, dass sie ihn liebe, wie einen Bruder.
Er konnte nicht reagieren, als sie sich wieder abwandte und so verlies sie sein Zimmer erst mal wieder, wohl um wieder in ihr eigenes zurück zu kehren.
Sie lies einen immer noch verdatterten, aber auf seltsame Weise glücklichen Montanus zurück.
Es brauchte seine Zeit, bis er bemerkte, dass nun er am Zug war. Sie hatte sich entschuldigt, formvollendet und wahrlich von Herzen und nun musste er das auch tun.
Da sie den ersten Schritt gemacht hatte, fiel ihm das auch halb so schwer, wie er befürchtet hatte. Er schwang die Beine aus dem Bett und blieb kurz sitzen, sich seine Worte genau überlegend. Dann eilte er auch schon aus seinem Zimmer und hinüber in Narcissas. Er war weniger darauf bedacht nicht gesehen zu werden, als möglichst schnell zu seiner 'Schwester' zu kommen, und die Worte, die ihm nun in einer endlosen Schleife aus Wiederholungen in seinem Kopf herumspukten.
Er klopfte sachte und wartete, dass sie reagierte, dann betrat er den Raum und atmete noch mal tief durch.
Er war bei weitem nicht so Wortgewandt wie sie, und er hatte auch Angst etwas falsches zu sagen, wenn er zu viel sagte und so wurde seine Entschuldigung auf fünf Worte begrenzt.
"Narcissa, es tut mir leid."
Doch sein Blick, seine Mimik und Gestik und vor allem seine Tonlage zeigten, wie ernst es ihm war. -
Zwar hatte sie sich gewünscht gehabt, dass Montanus sich gleich zurückhielt, doch hatte sie es auch verstanden und vorhergesehen, dass er so reagieren würde, nämlich gar nicht.
Sie schleppte sich zurück in ihr Zimmer und legte sich dort auch auf ihr Bett. Dort war es bequem und warm und dort hatte sei ebenso wie ihr Cousin den halben Tag verbracht. Teilnahmslos in ihrem Zimmer umherblickend wartete sie ab, bis sie drüben Geräusche hören konnte. Sie schloss kurz die Augen. Würde er nun zu ihr kommen? Tatsächlich öffnete sich kurz darauf die Tür und Montanus trat ein. Narcissa setzte sich auf und sah ihn erwartungsvoll an. Und tatsächlich sprach er, wenn es auch wenig war. Im Moment genügte es ihr.
Ein schwerer Stein fiel ihr vom Herzen, nachdem er seine Worte gesprochen hatte. Kurz schloss sie erleichtert die Augen, dann streckte sie nur wortlos eine Hand aus. Er sollte herkommen zu ihr und sie sollten sich mit einer Umarmung wieder versöhnen. So sah sie ihn bittend an, streckte ihm diese eine Hand entgegen.
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Montanus sah das kurze Zucken ihrer Lippen, das man mit viel guten Willen als ein Lächeln interpretieren konnte. Und auch die ausgestreckte Hand schien ihm zu sagen, dass sie ihm vergeben hatte, zumindest die Tatsache, dass er ein Schuft und eine falsche Schlange war. Denn die Worte waren zwar vergeben, aber so schnell vergessen, würde er sie wohl nicht können.
Dennoch, als sie ihre Hand ausstreckte lächelt er kurz und lief mit wenigen weit ausholenden Schritten die kurze Distanz zu ihrem Bett und lies sich vor ihr auf ein Knie herunter, um mit ihr auf einer Höhe zu sein. Sachte nahm er ihre Hand und zog sie dann in eine sanfte Umarmung. -
Narcissa rutschte von ihrem Bett herunter, sodass sie zwischen diesem und ihrem Bruder kniete. Sie schmiegte sich geradezu schutzsuchend in seine starke Umarmung und schloss kurz erleichtert die Augen. Sie wusste, dass ihre Worte auch nach dieser Entschuldigung nicht einfach verblassen würden. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig als zu hoffen, dass er ihr vergeben würde.
Die Worte waren eben im Zorn über ihre Lippen gekommen. Und im Zorn sprach man viel aus, nur um einem anderen wehzutun, auch wenn man genau wusste, dass diese Worte viel zu schlimm waren um eigentlich gesprochen zu werden. Narcissa hatte in diesen verfluchten Sekunden alles gesagt um ihm wehzutun und das bereute sie nun ungemein. Wieder einmal ließ sie den Tränen freien Lauf, denn sie fühlte sich immernoch so schuldig. "Es tut mir so leid, Montanus... ich habe dich Dinge genannt, die ich nicht hätte sagen dürfen... nur um dir wehzutun... das war falsch, bitte verzeih mir."
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Überrascht, ob ihrer heftigen Reaktion schloss Montanus sie automatisch fester in die Arme und hielt sie fest. Die tränen erschreckten ihn, als er sie bemerkte, weil er sich wunderte, was jetzt schon wieder war, doch da brach abermals eine Entschuldigung nach der anderen aus ihr heraus und er konnte nur "Schht", als Antwort sagen und ihr zögerlich über den Haarschopf streicheln. Als sie mit ihrer Entschuldigung zu Ende gekommen war hob er sie sachte zurück auf ihr Bett und setzte sich neben sie. Sanft bettete er ihren Kopf auf seine Schulter und die eine Hand in der seinen auf seine Brust, so dass sie halb auf ihn gelehnt dasaß. "Ist doch schon längst alles vergeben. Ich hab meine Zunge ja auch nicht grade im Zaum gehalten...", gab er mit einem schiefen Grinsen zu und strich ihr noch mal über die Haare. Er schaffte es nicht noch eine Entschuldigung über die Lippen zu bringen, aber dieser Satz konnte ja fast als eine gewertet werden.
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Langsam ließ sie sich beruhigen. Sie schien tatsächlich ein schrekliches Gewissen zu haben, wegen allem, was heute und gestern gewesen war. Sie ließ sich ruhig auf ihr Bett zurückbugsieren und sich dann auch so neben ihrem Cousin nieder, wie er sie an sich heranbugsierte. Lange ließ sie ihren Kopf jedoch nicht an seiner Schulter ruhen, denn irgendwann hob sie ihn um ihn wieder anzusehen.
Er sagte es sei schon längst alles vergeben und sie wollte ihn dabei ansehen um zu sehen, ob er die Wahrheit sprach oder nur um sie zu beruhigen. Sie war sich nicht sicher, ob er letzten Endes wirklich die Wahrheit gesagt hatte oder nicht. Sie selbst brachte erst einmal keinen Ton mehr heraus, sie wollte sich jetzt lieber ausruhen.
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Als sie sich endlich beruhigte, wurde auch Montanus gleich etwas ruhiger und entspannte sich zusehends. Das musste Narcissa vor allem, an der zunehmenden Weichheit seiner Schulter und seines Oberkörpers spüren, denn diese standen nun nicht mehr so stark unter Strom, wie noch zuvor.
Als sie eine Weile die stumme Eintracht genossen hatten, musste Montanus schmunzeln und auch sogleich eine Frage stellen, die ihn den ganzen Tag schon beschäftigte und einfach keine Ruhe lies.
"Dich hat es richtig heftig erwischt, oder? War das gestern Abend dein erster Kuss?"
Die Fragen hatten weder etwas drohendes, noch vermittelten sie auch nur den Anflug von irgendwelcher Belustigung, sie wirkten einfach nur neugierig. Typisch Montanus eben, er musste alles wissen. -
Mit einer Hand strich sie sich über die Wange und über die Augen, ehe sie einmal tief durchatmete. Sie fühlte sich jetzt eindeutig besser, nachdem sie sich ausreichend oft entschuldigt hatte um ihr Gewissen zu beruhigen.
Da hörte sie jedoch wieder Montanus und seine Worte waren ihr unangenehm. Sie lief dabei natürlich wieder etwas rot an, doch war sie ihm nicht böse. Er hatte nach den ganzen Streitereien nun doch auch ein Recht darauf es zu erfahren. Da sie nicht mit Worten antworten wollte, nickte sie ein paar Mal lange, sodass er verstand, dass dies auf beide Fragen ein 'Ja' sein sollte.
Sie wusste nicht, ob es einen schlimmer oder weniger schlimm 'Erwischen' konnte, aber sie merkte schon, dass es sie in irgendeiner Art und Weise doch erwischt hatte...
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