Atrium | Furianus, Vitamalacus

  • Der junge Sklave führte den Besucher in das Atrium und sorgte sogleich dafür, dass er etwas zu Trinken bekam, während er auf den Herrn Furianus warten musste. Ein wenig eingeschüchtert ob der dunklen Toga goss er verwässerten Wein in ein edles, grünes Glas und reichte es dem Besucher auf einem Tablett an.

  • Er war dem Sklaven ins Attrium gefolgt, dabei hallten seine Calligae auf dem Boden der Villa, verieten so, das hier, trotz der dunklen Toga und dem unrasiertem Gesicht ein Soldat das Attrium betrat.


    Stumm nahm er Wein entgegen, opferte die ersten Tropfen den Göttern, aber trank noch nichts davon.

  • Man hatte ihn bereits vor einigen Minuten davon in Kenntnis gesetzt, dass Tiberius Vitamalacus ihn sprechen wollte. Furianus ließ sich Zeit. Nicht, weil er beschäftigt war, sondern weil er fürchtete, dass Vitamalacus wegen der gescheiterten Ehe eine Unterredung wünschte, ihn zurecht weisen würde oder gar Schlimmeres. So musste er sich ein wenig fassen, seine Gedanken ordnen und die bestmöglichen Antworten parat haben.
    Gemächlich betrat Furianus das Atrium und steuerte auf seinen fast-Schwager zu, als er sah, wie Vitamalacus angezogen war.
    Gewiss, man hatte ihm gesagt, dass ein Tiberius Vitamalacus gekommen sei, doch nicht so ein Tiberius Vitamalacus, nämlich ein trauernder. Das sichere Lächeln zur Begrüßung verschwand aus seinem Gesicht und anstatt der begrüßenden Worte hatte Furianus nichts anderes, als nur diesen einen Satz im Kopf.


    "Was ist passiert, Vitamalacus?"


    Fragend blickte er ihm in die Augen und suchte nach Antworten, nach Reaktionen - ja ein kleines Zucken hätte Furianus geholfen, ein kleiner Blick zur Seite und er würde wissen was passiert war. Er ahnte es, es keimte hinter seiner Stirn, der Gedanke, dass es wegen Claudia sein könnte, auch jetzt noch wegen Claudia, auch in Trauertracht.

  • Eigentlich war die dunkle Toga und das Unrasierte Gesicht das einzige Zeichen das der hochgewachsene Tiberier trauerte, sein Haltung war war immer und auch sein Gesichtsausdruck zeigte kein Anzeichen von Trauer. Er war von Kindesbeinen so erzogen worden, seine wahren Emotionen nicht zu zeigen. So bleib seine Wut und Enttäuschung, welche er über das Vorgehen seiner Schwester hegte, hinter der formalen und gesellschaftlich erwarteten Fassade der Trauer verborgen.


    "Claudia. Minerva hat sie ins Elysium befohlen."


    Das war alles, was er sagte, er verzichtete wie Furianus auf eine Begrüssungsfloskel, beschränkte sich auf das wesentliche. Und hoffte zumindest, das es wirklich ein Grund war, welcher auch die Göttin überzeugt hätte, der Claudia zu ihrem Schritt bewogen hatte.

  • Furianus blinzelte einige Momente und hoffte er hatte nicht richtig verstanden. Konfus sah er von Vitamalacus nach rechts, dann wieder auf den Senator und riss ungläubig die Augen auf.


    "Befohlen?!"


    Es war keine Frage, sondern mehr Bestürzung, die erklang und Furianus hätte in jenem Augenblick gerne etwas gehabt, um sich festhalten zu können. Er ruderte ein wenig mit den Händen, fand aber nichts und blieb nach einigem Schwanken doch ruhig stehen.


    "Das kann nicht sein, sie hatte noch Jahre, Jahrzehnte! Vitiamalacus, das kann nicht sein!"


    Es war einfach unglaublich und er hatte mit so etwas nun wirklich nicht gerechnet, geschweige denn geglaubt.

  • Als er Furianus schwanken vernahm, trat der hochgewachsene Tiberier einen kleinen Schritt vor, streckte seinen rechten Arm aus und legte ihn auf die Schulter des Flaviers. Er verstand zu gut, was in Furianus vorging, denn auch wenn er selbst bei der Nachricht von Novas Tod keine Emotion gezeigt hatte, hiess es doch nicht, dass er keine innerliche Regung verspürt hatte.


    "Sie hat eine Weissagung der Sybille erhalten und darauf hin ihrem Leben vor dem Bildnis der Minervina ihrem Leben ein Ende gesetzt."


    So war die wahrheit, wie er sie kannte, und so waren die Tatsachen, wie er sie sah :


    "Und so wie ich ihre Verbundenheit kenne, wird dieser Entschluss nicht ohne ein Einverständniss und eine Zustimmung der Götin gefallen sein. So hat Minerva sie ins Elysium berufen."

  • Furianus konnte und wollte nicht vor Vitamalacus in Tränen ausbrechen, so ließ er sich nach einigen Schritten in einen Stuhl mit Rückenlehne fallen und schwieg verbittert einige Minuten lang.
    Er schien in Gedanken versunken und doch litt er, vermochte des Chaos hinter seiner Stirn nicht Herr zu werden. Doch dann sprach er ruhig und doch mit geistesabwesendem Blick gen Boden.


    "Diese Weissagung, ich kenne sie."


    Lange Zeit verstummte er wieder, regte sich keinen digitus.


    "Doch ich hätte niemals gedacht, dass sie ihr so strikt folgt, sie so deutet. Sybilles sprüche sind wie die Launen der Götter - unergründlich und entbehren jeder Logik.
    Ich habe sie nie aufgesucht, nein, warum ist sie denn dorthin gegangen, warum?"


    Sein blick wanderte langsam nach oben zu Vitamalacus.


    "Warum nur?"


    Fragte er den Mann, den er recht wenig kannte, doch dieser war zur Zeit die einzige Bezugsperson in dieser grässlichen Stunde.

  • Eine Weile schweigt er, nach dem Furianus geendet hat, es ist auch nicht seine Art, jede Handlung eines anderen Menschen bis in das letztes zu analysieren, solange es nicht um die Menatlität eines militärischen Gegners geht.
    Und obendrein hasst er es zu spekulieren, und nichts weiter kann er in diesem Fall tun.


    "Sie muss darin den Willen Minervas gesehen haben," wiederholt er seine Gedanken. "Uns anderen, die nicht eine so inige Beziehung zu dieser Göttin haben, mag dieser Entschluss befremdlich sein. Aber ich glaube auch, das ihr Bewusst war, welche Auswirkungen ihr Schritt auf uns hat, die zurückbleibt. Mich bat sie in ihrem letzten Schreiben um Verzeihung."


    Er bleibt dort stehen, wo er die ganze Zeit stand, blickt zu Furianus herab.


    "Noch kann ich es nicht, doch eines Tages werde ich es tun. Und auch du solltest dich bemühen, ihr irgendwann diesen Schritt zu verzeihen."


    Doie Stimme des Tiberiers wird bei diesen letzten Worten fast mitfühlend.

  • Furianus, der noch vorher all seine Kräfte zu verlieren schien, erhob sich nun und legte Vitamalacus die Hand auf die rechte Schulter.


    "Ich danke dir, Vitamalacus, dass du persönlich gekommen bist, um mir dies mitzuteilen."


    Er blickte dem Tiberier einige Herzschläge lang in die Augen und fragte dann, doch widerwillig, da er es noch nicht recht glauben mochte.


    "Wann sind die Trauerfeierlichkeiten?"

  • "Es gibt Dinge, die man nur Persönlich mitteilen kann," antwortete er zunächst knapp, blickte sein Gegenüber ernst an. "Ich will nicht, das ihre und meine kleine Nichte Minervina erwährt, das sie ihrem Leben selbst ein ende gesetzt hat. Ich denke, das verstehst du ?"


    Er hob seine Hand und legte sie Furianus auf die Schulter. Kurz klang seine Stimme wieder so wie damals, als er Furianus bezüglich seiner Schwester gedroht hatte. Und hätte Claudias Abschiedsbrief einen Vorwurf in Richtung ihres Verlobten enthalten, hätte nicht der Tiberier Furianus aufgesucht, sondern sein Schatten Titus.
    Aber so wie es jetzt stand, wechselte sein Tonfall gleich wieder in einen mitfühlenden.


    "Morgen ist es soweit. Du warst ihr Verlobter, trage ihr Totenbett an meiner Seite."

  • "Ich werde da sein."


    Antwortete er ruhig und gefasst, gab sich wenigstens die größte Mühe gefasst zu wirken.
    Er hatte Vitamalacus nichts mehr zu sagen und auch sein Gegenüber schien sich allem entledigt zu haben, so dass Furianus ihn nur noch stumm anblicken konnte.

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