Hortus - der Garten

  • Ein paar Stunden Zweisamkeit genießen, das hatte schon seinen Reiz. Simplex, oder Romaeus oder Diomedes würde in der Zwischenzeit schon Rufus zu beschäftigen wissen. Es würde wohl einfach ausreichen ihn weiter den Garten umgestalten zu lassen. Ihr Sohn würde wohl gar nicht merken, dass seine Eltern ganz anderweitig beschäftigt waren.
    Ganz leise seufzte sie, er klang frustriert und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. Salinator machte ihnen das Leben wirklich schwer. Zärtlich streichelte sie ihm über den Nacken und legte den Kopf an seine Schulter. "Er weiß, wer sein Vater ist, sonst wäre er nicht auf die zugelaufen", erklärte sie ihm leise. "Und wenn du nicht zu kannst, dann kommen wir eben zu dir. Ein paar Augenblicke kannst du dir ja von deinen Verpflichtungen stehlen... ansonsten verabreden wir uns einfach in der Stadt", schlug sie zwinkernd vor. "Salinator kann ja schließlich nicht überall sein." Ein etwas kläglicher Versuch ihn aufzuheitern, denn sicherlich hatte der vulgäre Mistkerl seine Spione und Anhänger überall.


    Über Vera wusste sie erst einmal nicht mehr zu sagen. Es würde sich zeigen, ob Vera der Aufgabe gewachsen war, oder aber nicht.


    "Briefe!" erklärte sie und wartete einfach ab. Ihn drängen konnte sie ohnehin nicht. Besonders was Valentina anging. Ihre Schwägerin hatte ja mehr oder weniger mit der Familie gebrochen. "Natürlich...", erklärte sie mit einem kleinen Lächeln. "Genug für ein paar Zeilen."

  • Wußte der Kleine es wirklich? Valerian konnte es nicht beurteilen. Natürlich, sein Sohn mochte ihn, war gerne auf seinem Arm und juchzte vergnügt, wenn Valerian ein bißchen Unfug mit ihm trieb. Aber würde er das nicht vielleicht auch bei jedem anderen machen, der so mit ihm umging? Er wollte, daß Rufus ihn kannte. Daß er wußte, dieser Mann war sein Vater. Verbunden durch das Blut.


    Calvenas Aufmunterungsversuch war zwar nicht richtig erfolgreich. Aber Valerian lächelte sie trotzdem dankbar an. Noch immer, nach dieser doch schon recht langen Zeit konnte er es nicht fassen, daß er sie heiraten durfte. Daß sie an seiner Seite war. Daß sie ihn liebte, wie er sie liebte. „Ja, wenn ich nicht frei bekomme, dann stehlen wir uns einfach die Zeit.“ Natürlich ging es nicht so einfach. Salinator wartete ja nur darauf, daß er sich dienstliche Vergehen leistete. Aber es tat einfach gut, es zu sagen.


    Die Briefe lagen also schon bereit für ihn. Das hätte er sich auch denken können. „Dann werde ich mich gleich dran setzen und ein paar Zeilen hinzufügen. Ach, Calvena... ich vermisse Valentina. Sie hält mich für herzlos und ungerecht, das kann ich kaum ertragen.“ Er liebte seine Schwester doch und wollte nur eine sichere Zukunft für sie.

  • Leider schien Lucius nicht mit ihr einer Meinung zu sein. Aber er hatte ja Rufus leider nicht immer um sich, ansonsten würde er wissen, dass Rufus, wenn Simplex einmal auf ihn Acht gab, nicht lachte. Und Diomedes war zwar gutmütig, aber auch nicht der rechte Ersatz für Valerian. Sein Lächeln war nur wenig überzeugend. Es würde aber auch nicht einfach sein, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.


    Irgendetwas würde ihr schon einfallen um ein wenig Zeit mehr mit ihrem Mann verbringen zu können. Verschmitzt zwinkerte Calvena ihm zu. Es würde nicht einfach werden, aber nicht unmöglich.


    Es war ein leidiges Thema: Valentina fühlte sich von der Sorge ihres Bruder eingeengt und Valerian verstand seine Schwester nicht. Und sie konnte nicht vermitteln, weil Valentina mit Calvenas direkte Art nicht umgehen konnte. Jedes Wort wurde auf die Waagschale gelegt. „Du bist weder herzlos noch ungerecht und ich glaub kaum, das Valentina das wirklich von dir denkt… Sie ist ebenso wie sie ist.“

  • Während seine Eltern sich unterhielten, kümmerte sich Klein-Lucius weiter um die Umgestaltung des Gartens. Die Blumen im Beet gefielen dem kleinen Jungen besonders gut. So gut, dass er beschloss einfach mit den kleinen Händchen danach zu grabschen und sie aus dem Boden zu reißen. Das machte ihm einen Heidenspaß, auch wenn er sich dabei schmutzig machte. Schmutzig sein war toll, denn dann durfte er baden, was ihm noch mehr Spaß machte.
    Auf dem Rasen sitzend betrachtete er nun den kleinen Haufen Blumen, der sich bereits angesammelt hatte. Vielleicht sollte er ja seinem Papa eine der Blumen schenken. Er würde sich bestimmt freuen! Ja, das schien ihm eine ausgezeichnete Idee und er begann aus dem Blumenhaufen die Schönste auszusuchen. Etwas ziellos stocherte die kleine Hand zwischen den Blumen herum, bis sie schließlich eine in seinen Augen besonders schöne Blume ergriff.
    Langsam drehte er die Blume in seinen Händen herum und betrachtete sie aus jedem Winkel. Ja, die war wunderschön und roch auch gut, was er herausfand, als er sie zur Nase führte. Und wie toll sie sich in seiner Faust anfühlte, als er den Kopf der Blume in seiner Hand zusammendrückte. Papa würde sich bestimmt darüber freuen.
    Etwas schwerfällig drückte er sich hoch, bis er schließlich wieder auf den eigenen Beinen stand, etwas wacklig zwar, aber sicherer als gestern. Es war toll stehen zu können und vor allem so auch noch voran zu kommen, ohne krabeln zu müssen. Das Laufen wie Mama es genannt hatte ging auch viel schneller. Auch nun wieder, als er zu seinen Eltern hinüberschunkelte, die gar nicht zu bemerken schienen, dass er wieder bei ihnen war. Kurzerhand zupfte er mit seiner schmutzigen Hand an Papas Tunika und hielt ihm lächelnd die mittlerweile ziemlich mitgenommene Blume hin, an deren Wurzeln immer noch ein Batzen Erde baumelte. "Papa... hier", fügte er zwei Worte, die er bereits kannte und sprechen konnte aneinander und schaute seinen Papa mit erwartungsvollen Augen an. Er sollte sich freuen!

  • Das verschmitzte Zwinkern verhieß nichts Gutes. Valerian kannte seine Frau zu gut und wußte genau, daß sie sehr einfallsreich war. Ob ihre Einfälle aber dann nicht auch negative Folgen für sie alle haben konnten, war die große Frage. Er schüttelte grinsend den Kopf. Davon abbringen, das eine oder andere zu versuchen, konnte er sie eh nicht. Und eigentlich: Warum nicht? Salinator haßte ihn so oder so. Aber der Glatzkopf würde vermutlich zu schlau sein, Valerian einfach zu entfernen, denn seinen Dienst verrichtete der Quintilier gut.


    „Jaaa, wir wissen das, Calvena. Aber sie? Sie hörte mir nicht einmal richtig zu. Sie hörte nur, daß ich gegen die Hochzeit war. Nicht warum. Weder von ihr noch von ihm wurden Versuche gestartet, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Unmöglich ist es nicht. Man muß eben so viele Hebel wie möglich in Bewegung setzen. Nunja, das ist ja inzwischen ohnehin erledigt. Aber was nun? Warum kommt von niemandem ein Brief? Eine Nachricht?“ War sie wirklich bei Primus? Hoffentlich. Aber warum schrieb der nicht wenigstens. Sie waren doch Freunde! Zumindest waren sie das einmal gewesen.


    Daß sein Sohn nicht nur das Blumenbeet ausräumte, sondern auch mit einem Exemplar zu ihnen herüberstapfte, merkte Valerian erst, als der Junge an seiner Tunika zupfte und -- sprach! Papa - hier. Das war eine eindeutige Aussage! Eigentlich schon ein Satz! Geradezu ungläubig starrte er erst sein Söhnchen an, dann seine Frau. Es dauerte einen Moment, bis er seine Sprache wiederfand. "Danke, Lucius." Schmutz störte ihn nicht, er war Soldat und mußte oft mit mehr Schmutz leben, als es in diesem Garten gab. Aber mit Blumen hatte er nicht unbedingt Erfahrung. Er nahm dem Jungen das arme Pflänzchen ab. "Sehr schöne Blume." Eine etwas hilflose Äußerung. Was sollte er jetzt mit dem Ding?

  • Vielleicht konnte sie ja seine Männer davon überzeugen ihnen ein wenig Zeit zu verschaffen. Sicherlich ließen sie sich mit ein wenig Wein bestechen und für ihre Idee erwärmen… In aller Ruhe würde sie sich dazu Gedanken machen und ihn dann irgendwann später in ihre Pläne einweihen.


    Valentina… ein leidiges Thema. Leider hatte auch sie keine Möglichkeit gefunden zu ihrer Schwägerin durchzudringen. Immer hörte sie nur das was sie hören wollte. Das war furchtbar anstrengend. Sie hatten sich auch nicht wirklich im Guten getrennt. Die Quintilia hatte sie regelrecht überfahren, als sie ihr mitteilte, dass sie nach Confluentes wollte. Aus heiterem Himmel. Frauen die in Trauer waren, waren ja durchaus irrational und emotional, aber diese Entscheidung war aus einer Schnapsidee heraus geboren. Calvena hatte Valentina gehen lassen. Aufhalten hätte sie ihre Schwägerin nicht können, höchstens einsperren, aber das hatte sie dann doch nicht gewagt. Zumal sie dazu keine Gelegenheit gehabt hatte. „Warten wir es ab… vielleicht sind keine Nachrichten gute Nachrichten…“, wirklich sicher klang sie nicht. Aber es war durchaus ein Gedanke der zutreffen konnte. „Vielleicht sollten wir auch Terentius Primus schreiben“, schlug sie vor und sprach seinen Gedanken aus. Dann hätten sie wenigstens Gewissheit.


    Immer wieder warf Calvena ihrem Sohn einen flüchtigen Blick zu. Nur um sicher zu gehen, dass er nicht versuchte sich an den Rosen als Gärtner zu versuchen. Das hätte nur zu Kratzern und viel Geschrei geführt. Aber solange er nur das Blumenbeet mit den Frühlingsblumen verunstaltete war alles in Ordnung. Nur Diomedes würde seine liebe Mühe haben das Beet wieder herzurichten. Ein wenig tat ihr der Grieche Leid. Vielleicht sollte sie Rufus einfach nur eine Ecke des Beetes überlassen und bei dem restlichen Garten dann eingreifen, wenn sich ihr Sohn als Gärtner versuchte. Dennoch war sie ebenso überrascht wie ihr Mann, als ihr Sohn plötzlich bei ihnen stand uns recht stolz die zerdrückte Blume seinem Vater hinhielt. Valerian war völlig verblüfft darüber. Zumal Rufus eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er wusste wer sein Vater war. Damit waren wohl diese Sorgen zerstreut.
    „Ich fürchte die Blume wird sich nicht mehr retten lassen“, meinte sie mit einem stolzen Lächeln.

  • Mit großen Augen sah er mit an, wie sein Papa ihm die Blume aus der Hand nahm und er schien sich tatsächlich zu freuen! Rufus triumphierte innerlich und zeigte ein breites Grinsen. Auch seinem Papa schien die schöne Blume zu gefallen. Sie war aber auch schön. Kurz blickte er zu seiner Mutter, die etwas gesagt hatte, was er aber nicht mitbekommen hatte. Sie lächelte, also musste es etwas Gutes gewesen sein. Kurzerhand lächelte er zurück. Wenn seine Mama glücklich war, dann war er auch glücklich.
    Nun wollte er allerdings auch noch etwas von seinem Papa haben, der oft nicht bei ihm war. Wo er dann immer war, dass wusste Rufus nicht. Nur die Mama war immer da, aber nicht Papa. Da der nun aber mal bei Rufus war und Rufus Angst hatte, dass er einfach wieder gehen würde, musste er jetzt einfach Zeit mit Rufus verbringen, dann würde er auch schon da bleiben, da war sich Rufus sicher. Mit einem erwartungsvollen Blick streckte er seinem Papa die Arme entgegen und forderte diesen unmissverständlich dazu auf, ihn auf den Arm zu nehmen.
    Bei Papa auf dem Arm war es immer schön, denn Papa schleuderte ihn herum und machte auch mancherlei andere schöne Dinge mit ihm. Mama machte selten soetwas mit ihm, stattdessen sang sie ihm oft etwas vor. Sie sang schön, aber er wurde davon immer so schnell müde. Aber es ging nun nicht um Mama, sondern nur um Rufus und Papa. Wenn Rufus einwas jetzt schon wusste, dann dass wenn er mal groß war, genau so sein wollte, wie Papa!

  • Von den Gedanken seiner Frau ahnte Valerian weiterhin nichts. So war er völlig arglos und lächelte über seinen Sohn. Auch wenn er sich fragte, ob es nicht besser wäre, dem Jungen jetzt gleich klarzumachen, daß man keine Blumen ausrupfen durfte. Für das Thema Valentina hatte er angesichts der Liebesbezeugungen seines Sohnes nur wenig Sinn. „Meiner Meinung nach wäre es an Primus, sich bei uns zu melden und uns zu beruhigen. Ich kenne ihn sonst als umsichtigen vorausschauenden Mann. Warum er mir das jetzt antut, verstehe ich nicht. Wir waren Freunde. Wir gehörten in ein Cotubernium. Das ist so etwas wie die Familie für einen Soldaten! Man steht füreinander ein. Man schützt sich gegenseitig mit dem Leben! Und nun so etwas!“ Er schüttelte den Kopf über diese enttäuschenden Tatsachen und wandte sich dann lieber wieder Rufus zu. Die Blume landete auf der Bank neben ihm und Valerian hob seinen Sohn hoch, der ihm so fordernd die Ärmchen entgegenstreckte. Kurz warf er ihn in die Luft, lachte mit dem fröhlichen Kleinen. „So, Du kleiner Rabauke. Genug gegärtnert? Wie wäre es mit einem kleinen Ritt durch Rom?“ Es war ein Spiel, das er gerne mit Rufus spielte. Er ließ den Jungen auf seinem Knie „reiten“ und zählte dabei nacheinander Plätze und Sehenswürdigkeiten Roms auf, als würden sie wirklich durch die Stadt laufen. Später einmal würde er diese Worte mit den Orten verbinden können.

  • Manchmal war ihr der Stolz der Männer etwas unverständlich, aber sie wusste es besser, als jetzt irgendwie dagegen anreden zu wollen. In manchen Dingen stand seine Meinung fest und sie würde diese nicht ändern können. Auch würde sie sich davor hüten gegen Valerians Willen etwas zu unternehmen. Das würde nur Streit geben und sie wollte die wenige Zeit die sie mit ihm hatte nicht mit einem sinnlosen Streit verbringen. „Dann wird nur Valentina geschrieben“, damit war das Thema erst einmal beendet. Rufus forderte nun ohnehin die ganze Aufmerksamkeit seines Vaters ein, indem er fordernd die Hände austreckte und unbedingt hochgenommen werden wollte. "Ich sollte euch Beide wohl nachher in Bad stecken!" schlug sie vor. Für Vera ließ sich später auch eine andere Aufgabe finden.

  • So lobte sich Rufus das; Papas volle Aufmerksamkeit lag bei ihm und er nahm ihn in seine Arme, genauso wie er es gerne hatte. Bei Papa war es schließlich nie langweilig und er hatte immer große Freude, wenn sein Papa mit ihm herumtollte. So wie er es auch heute wieder tat. Rufus flog durch die Luft und lachte und quietschte vergnügt. Das machte Spaß! Aber leider war das eine Seltenheit, denn nur Papa spielte so mit ihm herum, Mama machte nie etwas so schönes mit ihm. Aber für so etwas waren Papas ja da.
    Wieder machte er große Augen und begann zu strahlen, als sein Papa wohl mit ihm das Reitespiel spielen wollte. Rufus liebte dieses Spiel und hatte immer seinen Spaß dabei. Er mochte es sich vorzustellen, wie er auf einem Pferd durch die große Stadt ritt und diese erkundete. Bisher hatte er sie ja immer nur auf den Armen anderer entdeckt. Hoffentlich war er bald alt genug sie mit Papa durchstreifen zu können.
    Als seine Mama ihn aus seinen Gedanken riss, da sie wieder etwas sagte, was er wieder nicht mitbekam, wanderte sein Blick zu ihr. Hoffentlich würde sie jetzt nicht machen, dass Papa aufhörte mit ihm zu spielen. Nein, das wollte er nicht. Das war seine Zeit mit Papa! Kurzerhand legte er die Arme um den Hals seines Papas und schmiegte sich an ihn.

  • Damit schien das Thema Briefe erledigt zu sein. Valerian hoffte es zumindest, denn irgendwie hatte er auch viel mehr Lust, seinem Söhnchen ein wenig Unsinn beizubringen, als sich den Kopf über seine Schwester zu zerbrechen, die sich so treulos gegenüber ihrer Familie zeigte. Ob vielleicht wenigstens die Nachricht über den kleinen Rufus ihr Interesse wecken konnte? Immerhin war sie nun Tante! Es konnte doch gar nicht anders sein, als daß sie ihren kleinen Neffen kennenlernen wollte. Und Valerian wünschte sich auch, daß sein Sohn seine Tante kennenlernte. Sie waren doch eine Familie!


    "Ein Bad ist nicht die schlechteste Idee." Zum einen war es hier einfach privater, zum anderen konnten sie mit Rufus ein wenig herumalbern im Wasser. "Wir alle drei, was hältst Du davon? Wird zwar etwas eng im Becken, aber ich wette, wir werden viel Spaß haben." Die spontane Umarmung seines Sohnes rührte Valerian zutiefst. Er erwiderte diese Zärtlichkeit und küßte seinen Sohn auf die Stirn. Damit war die Frage wohl beantwortet, ob Rufus überhaupt wußte, wer sein Vater war und zwischen Vater und anderen netten Männern unterscheiden konnte. Ein so kleiner Kerl! Natürlich hielt Valerian seinen Sohn spätestens von diesem Moment an für das klügste Kind des römischen Imperiums.

  • Um des lieben Familienwillens hoffte sie, das Valentina auf ihren Brief reagieren würde. Damit zumindest einige der Sorgen zerstreut wurden. Auch sie machte sich ihre Gedanken zu ihrer Schwägerin. Eigentlich hatte sie diese ja sehr gern, aber das Verhalten der Quintilia verwirrte sie. Sie wurde aus ihr einfach nicht schlau. Doch den Kopf darüber wollte sie nun nicht zerbrechen, dafür war der Tag zu schön, zumal Rufus es auf einzigartige Weise gelungen war, die Sorgen seines Vaters zu zerstreuen. Ihr Sohn hinterließ lauter kleine schmutzige Handabdrücke auf der Kleidung seines Vaters und auch am Hals. Leise lachte sie: „Ich sag Diomedes, dass er uns das Bad vorbereiten soll!“ Kurz küsste sie ihren Mann und strich ihrem Nachwuchs über den Haarschopf. Bis das Bad fertig war, würde es ohnehin noch einen Augenblick dauern.


    Von Diomedes erfuhr sie, dass Vera erst einmal sich Rom ansehen wollte und wohl zur Cena zurück sein würde. Calvena war ganz froh darüber und der Duccia auch ein wenig dankbar, dass sie auf diese Weise der Familie ein wenig Zeit für sich gönnte. Der Grieche beeilte sich das Bad herzurichten und sie kehrte zu ihren Männern in den Garten zurück.

  • Rufus Plan ging auf und sein Papa widmete sich wirklich ihm und erwiederte die Umarmung und gab ihm einen Kuss. Er war überglücklich und schmiegte sich nur noch mehr an seinen Papa. Warum konnte er nicht immer da sein? Warum ließ er Rufus und Mama immer allein? Rufus verstand es nicht, noch nicht.
    Das mittlerweile schon Pläne für ein gemeinsames Bad geschmiedet wurden, bekam Rufus nicht mit. Er war viel zu sehr damit beschäftigt seinen Papa zu umarmen und ganz doll lieb zu haben. Er wurde erst aus seiner Idylle gerissen, als Mama ihm durch sein Haar strich. Kurz löste er seinen Kopf von Papas Brust und sah seiner Mutter hinterher, die nun wegging. "Mama!", rief er ihr hinterher. Er wollte nicht, dass sie wegging. Sie sollte hier bleiben, bei ihm und Papa. Rufus warf seinem Papa einen fragenden Blick zu, ehe er seinen Kopf wieder an dessen Brust anlehnte.

  • Der Kuß war nur kurz, doch Valerian erwiderte ihn innig. Er konnte gut verstehen, daß Rufus seine Mutter hierbehalten wollte. Ging es ihm doch ganz genauso. "Sie kommt gleich wieder. Mama ist gleich wieder da." Die vertrauliche Geste, wie der Kleine sich bei Valerian anlehnte, war herzerwärmend. Da schmolz der strenge Soldat dahin wie Butter in der Mittagssonne. "Und was stellen wir zwei in der Zeit an, hm?" Er streichelte Rufus über die Haare und kitzelte ihn dann leicht im Nacken. "Wollen mal sehen. Wo ist wohl die frechste kleine Nase von ganz Rom?" Das uralte Spiel, die Nase zu klauen, würde vielleicht auch Rufus Vergnügen bereiten.

  • Trotz Mamas Abwesenheit genoss Rufus die Nähe zu seinem Papa. Er war liebevoll, wie auch Mama, aber bei ihm war es dennoch etwas anderes, als bei seiner Mutter. Papa war eben Papa und Rufus großes Vorbild.
    Er genoss es in vollen Zügen, als sein Papa ihm über den Kopf streichelte und kicherte und wand sich etwas, als er ihn kitzelte; er war eben kitzelig. Wieder schaute er seinen Vater mit großen Augen an und dann auch etwas erschrocken, als sein Papa ihm die Nase klaute. Aber bei Papa war sie wohl sicher, das wusste er.
    "Da!", meinte er lachend und zeigte mit dem Finger auf Papas Hand, die ihm die Nase gestohlen hatte. Jetzt reichte es aber... Er wollte seine Nase schon wieder haben. Ohne war er ja nicht komplett.

  • Auch ohne sie, schienen sich ihr Sohn und Mann gut zu unterhalten. Mit einem leisen Schmunzeln beobachtete sie die Beiden. Wie gern hätte sie doch diesen friedlichen Anblick jeden Tag. Doch später schon, würde Valerian wieder gehen müssen, seinen Verpflichtungen nachkommen müssen und sie zurück bleiben. Doch noch war er da und das wollte sie auch genießen. „Du kannst doch Rufus nicht einfach seine Nase wegnehmen…“, mischte sie sich lachend ein. „Kommt ihr Beiden, das Bad ist fertig! Versuch ich einmal euch wieder sauber zu bekommen!“

  • Valerian zeigte lachen die Hand mit dem Daumen zwischen den beiden Finger, so daß es fast wie eine Nase aussah. „Ja, genau. Da ist sie, die frechste Nase Roms. Na, aber zwei Nasen kann ich auch nicht brauchen. Da geb ich sie Dir lieber wieder.“ Breit grinsend berührte er Rufus an der Nase. „Na, also. Sitzt schon wieder perfekt.“ Calvena hatte sich ja auch schon beschwert, daß er die Nase nicht so einfach klauen könnte. „Hast Du gehört, das Bad ist bereit.“ Im Aufstehen klemmte er sich seinen Sohn praktischerweise einfach unter den Arm. „Arme ausbreiten, dann fliegst Du wie ein Vogel zum Balneum... Huuiiii...“ Nicht jedes Kind mochte es, gewaschen zu werden. Aber so ziemlich jedes liebte es, im Wasser herumzuplantschen. Da bildete Rufus doch bestimmt keine Ausnahme. „Mama geht als erstes ins Wasser“, bestimmte Valerian übermütig, ohne auch nur abzuwarten, ob Calvena protestieren würde.

  • Als Papa lachte lächelte, Rufus zurück, ganz automatisch. Wenn seine Liebsten in seiner Nähe sich freuten oder glücklich waren, dann war er es auch, ganz automatisch. Und er hatte auch Grund zur Freude, schließlich bekam er seine Nase zurück, nachdem Papa sie ihm geraubt hatte. Er lachte, als Papa sie ihm wieder zurück gab. Er war glücklich, nicht nur, weil er wieder komplett war, nein, vor allem weil er einmal wieder so viel Spaß wie Lange nicht hatte, Spaß mit seinem Papa und er wünschte sich, dass der Tag doch nie enden möge.
    Und schon ging der Spaß weiter, denn Papa nahm ihn unter seinen Arm und er hatte das Gefühl zu fliegen. Scheinbar wollte sein Vater ihn das auch fühlen lassen, denn er hörte das "Huuiiii". Den Rest allerdings bekam er nicht mit. Er musste sich ohnehin konzentrieren und Blickkontakt halten, damit er verstand, was die Leute sagten, aber das war ihm dann doch schnell zu doof, schließlich verstand er viele Worte noch nicht. Ebenso wenig verstand er, dass Mama zuerst ins Wasser sollte und dass sogar ein Familienbad bevorstand. Eines wusste er allerdings, nämlich dass er Spaß im Wasser haben würde. Er liebte es zu Baden und mit Papa versprach es doch noch lustiger zu werden.

  • Es war offensichtlich wie sehr Valerian das Familienleben genoss. Sie würde ihn schmerzlich vermissen, wenn er wieder gehen musste. Aber sie hatte es ja nicht anders gewollt. Er würde immer Soldat bleiben und sie würde ihn immer mit seinen Verpflichtungen teilen müssen. Umso schöner waren dann diese Momente, die scheinbar so perfekt und harmonisch waren. Schließlich mussten sie immer über vieles reden, wenn er Zeit für sie erübrigte und nicht selten waren es unangenehme Dinge, die diese seltenen Momente trüben konnten. „Ich soll also vorgehen? Du hast doch sicherlich Hintergedanken, Lucius“, lachte sie und drehte sich dann mit einem kecken Hüftschwung um und ging ins Bad vor.

  • Da kam er nun also aus dem Atrium in sein Zimmer getürmt und freute sich bereits auf all seine Spielsachen. Freudig riss er die Türe auf und befand sich wenig später in der Mitte des Raumes und drehte sich freudig im Kreis. Wie schön es doch war endlich wieder daheim zu sein. Dort wo er sich wohl fühlte und wo er seine Spielsachen hatte.
    Überfroh ließ er seinen Blick über seine Spielsachen streifen, in der Hoffnung, dass ihn nun noch etwas ansprach, mit dem er spielen konnte. Er musste spielen, dass wusste er, denn Mama würde ihn am Ende des Tages bestimmt wieder zu Ekel-Vic dem Blödmann zerren.
    Immer wieder blickte er hin und her. Er hatte viel Spielzeug, aber mit nichts von dem wollte er im Moment spielen. Das war doch doof. Lautstark seufzte er und ließ sich auf sein Bett fallen. Ihm war langweilig. Stinklangweilig. Er wollte Spaß haben und beschäftigt werden. Aber Sontje war nicht da und Mama belegt. Das war doch alles blöd. Warum musste ihm gerade jetzt langweilig sein? Die ganzen letzten Tage war ihm langweilig gewesen und deshalb hatte er sich so gefreut endlich nach Hause zu kommen, wo er immer Spaß hatte. Aber jetzt? Tote Hose!
    Genervt rollte er die Augen. Das war doof und er verzweifelt. Ja, er war so verzweifelt, dass er sogar mit Victorius gespielt hätte! Aber der war ja nun auch nicht da und er ganz allein. Ganz allein? Da waren doch immer noch Simplex und Diomedes. Breit begann er zu grinsen. Mit denen konnte man doch bestimmt Spaß haben. Sehr viel Spaß. Seine Langeweile war plötzlich wie weggeblasen.
    Grinsend verließ er sein Zimmer und schlich auf Fußspitzen die Treppe hinunter, durch das Atrium und dann zur Tür der Küche, die offen stand. Leicht lugte er hinein und fand die Küche leer vor. Dio war scheinbar gerade etwas zu Mama und den Gast bringen. Auf Zehenspitzen schlich er sich nun hinein und wollte gerade unter dem Tisch abtauchen, als ihn ein paar Kekse in die Augen fielen, die Dio wohl erst gemacht hatte. Freudig erregt rieb Rufus sich die Hände und ehe man sich versehen konnte war einer dieser Kekse in seinem Bauch gelandet. So gestärkt kroch er dann unter den Tisch und wartete in diesem Versteck ab.
    Lange musste er nicht warten, dann kam Dio auch schon summend in die Küche und schloß die Tür hinter sich. MIST! Das hatte Rufus nicht bedacht. Nun saß er wohl in der Falle. Oder doch nicht? Das Fenster! Natürlich! Da war er ja mal rausgefallen und in einem Busch gefallen. Ja, das war sein Fluchtweg. Mittlerweile war er auch schon größer, da kam er bestimmt auch um den Sturzflug herum. Ja, so würde er es tun.
    Dio fuhr derweil fort zu schaffen und war wie immer in seine Arbeit vertieft. Das nutzte Rufus nun aus und robbte aus seinem Versteck und näherte sich Dios Beinen und Füßen. Nun streckte er die Fingerchen aus und machte sich an den Bändern von Dios Sandalen zu schaffen. Ganz vorsichtig knotete er diese zusammen. Fertig!
    Langsam ging er in die Hocke und bewegte sich in Richtung Fenster. Schwubbs war er über die Fensterbank geklettert und hinab in den Garten gesprungen. Fast wäre er wieder im Busch gelandet. Aber auch nur fast. Wieder langsam richtete er sich nun auf und spähte durch das Fenster hinein in die Küche, wo Dio nun eine Amphore wegbringen wollte. Wollte. Weit kam er nicht, denn er stürzte und die Amphore segelte durch den Raum. Wenig später tat es zwei Trümmerschläge. Einmal die Landung der Amphore und einmal Dios Landung, denn Beide hatten das Fliegen gelernt.
    Es war schon ein lustiger Anblick und Rufus hätte fast laut losgelacht. Schnell rannte er nun weiter in den Garten hinein, warf sich am Fuß des Ölbaums auf den Boden und begann zu kichern.
    Das machte Spaß!

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