"Interessant für wen, Filius?"
So langsam fühlte ich mich wie in einem Interview.
"Seinem Heer nahe sein und auch militärisch selbst etwas bewegen - das war Iulianus lange nicht mehr möglich. Ich kann seine Entscheidung sehr gut nachvollziehen."
"Interessant für wen, Filius?"
So langsam fühlte ich mich wie in einem Interview.
"Seinem Heer nahe sein und auch militärisch selbst etwas bewegen - das war Iulianus lange nicht mehr möglich. Ich kann seine Entscheidung sehr gut nachvollziehen."
"Für mich, pater."
Furianus hatte das starke Gefühl, dass hier durch diesen Satz erstmaliges Misstrauen ausgesprochen wurde. Zwar fand er dies sehr beleidigend, dass sein Vater solche Gedanken auch nur zu spinnen wagte, reagierte vorerst aber nicht darauf.
"Das stimmt, er wird sich nach dem Lager wohl seit seiner Inthronisierung gesehnt haben, schließlich ist so ein Lager einfacher als der Palast.
Du wirst wohl nicht zu seinem Beraterstab gehören und mit ihm reisen oder täusche ich mich?"
"Dann behalte diese meine Ausssagen auch bitte für dich."
Denn ich wollte nicht in der nächsten Acta Diurna darüber lesen.
"Jemand muss auch zu Hause bleiben, um Iulianus dann von den vorgefallenen Tätigkeiten und Nicht-Tätigkeiten zu berichten. Und mein militärisches Können ist ohnehin nicht vergleichbar mit dem seiner Kommandeure."
"Ich war und bin meines Vaters Sohn. Das bleibt selbstverständlich unter uns, Vater."
Antwortete er bestimmt, denn der leichte Vorwurf war hier nicht zu übersehen. Und auch er gestand es sich eigentlich nicht zu solch eine Eigenschaft jemals an den Tag gelegt zu haben, so dass man ihn ermahnen musste. Doch er sah darüber hinweg, schließlich war diese Vater-Sohn-Beziehung nicht so ausgereift, wie sie es sein sollte, eigentlich konnte man bei ihnen auch von keiner Beziehung reden, so selten sah man sich, so wenig wurde der Gegenüber gekannt.
"Vater, du bist wieder einmal zu bescheiden. Als Flottenpräfekt hast du sicherlich Erfahrungen sammeln können, denen du mit diesem Satz doch zu Unrecht spotten würdest. Ahja, ich weiß zwar nicht, ob du davon Kenntnis hast, aber ich habe schon vor einiger Zeit ein Schiff erstanden. Die Vorteile überwogen einfach, man ist unabhängiger und kann sich seine Mannschaft selbst zusammenstellen, als wenn man wieder jemanden angagiert, der von der Seefahrt so viel Ahnung hat wie ein Germane von Philosophie."
Ich hob eine Augenbraue. Mein Sohn musste etwa soviel Ahnung von Seefahrt haben wie der erwähnte Germane von der Philosophie.
"Ich verstehe. Du möchtest also, dass ich eine gute Mannschaft für dich finde?"
Furianus musste unweigerlich lachen.
"Das ist wohl einer der Momente, Vater, in denen man aneinander vorbei redet.
Nicht doch, ich habe die Mannschaft gleich mit dem neuen Schiff erstanden, ich wollte dir nur die Vorteile eines eigenen Bootes nahe legen, nicht mehr und nicht weniger."
Er nahm den Becher und schüttelte noch kurz lächelnd den Kopf, bevor er den reich verzierten Becher an seine Lippen setzte und sich einen kleinen Schluck genehmigte. Danach fuhr er wieder mit der belanglosen Konversation fort, die er in Vergangenheit doch oftmals misste, besonders mit dem Vater.
"Weißt du eigentlich, ob es zur Norm gehört, dass man mehr als nur ein Jahr auf die Genehmigung wartet seine Villa betreten zu dürfen? Schließlich warst du einst Statthalter hier."
"Oh."
Hoffentlich hatte er nicht zu viele germanische Philosophen mitgekauft...
"Na dann herzlichen Glückwunsch, Seefahrer. Wofür willst du das Schiff denn nutzen? Handel?"
Danach runzelte ich die Stirn.
"?"
Es erschien doch ein etwas schwierigeres Unterfangen zu sein, einen Plausch mit seinem Vater zu halten. Irgendwie hatte Furianus das Gefühl, dass sein Vater kein Interesse daran hatte.
"Ich habe das Schiff schon damals, vor meiner Reise nach Hispania erstanden, um so schnell wie möglich über zu fahren. Für den Handel? Nein, dieser ist unserer Schicht untersagt. Es soll mir als Transportschiff dienen, besonders wenn die Villa in Misenum endlich bewohnbar ist, dann werde ich so billiger Mobiliar und anderes einfahren können, wenn ich das Schiff nutze. Außerdem kann ich damit dann später zwischen Misenum und Rom pendeln wann immer ich nur will."
Da sein Vater die Stirn runzelte, schien dieser von der Villa in Misenum wohl noch gar nichts gehört zu haben.
"Nun ja, ich habe vor einigen Jahren eine Villa erstanden, genauer gesagt bin ich auf das Angebot des damaligen Duumvirs Aelius Callidus eingegangen. Ein Projekt, um ein Viertel von Luxusanwesen zu schaffen, der Augustus soll sich dafür auch interessiert haben. Und wenn dieser einen Kauf erwägt, habe ich schnell zugegriffen, bevor es zu spät war. Nun sind schon einige Jahre vorüber, die Anwesen sind fertig, doch die Verwaltung und die Bürokratie scheinen die Zeit vergessen zu haben. Auf mein Drängen hin bewegt sich auch nicht viel."
Ich war beruhigt, hatte ich meinem Sohn doch tatsächlich zugetraut, jede Möglichkeit der Bereicherung zu nutzen.
"Bist du dir sicher, dass die kaiserlichen Beamten den Transport von Mobiliar nicht als Handelstätigkeit betrachten?"
Schließlich waren die Gesetze in der Hinsicht mehr als schwammig.
"Ein Anwesen in Misenum... Respekt, Respekt. Ich habe von den ersten Plänen eines solchen Projekts gehört, später jedoch nichts mehr gehört. *Ich* hätte da nicht investiert. Was genau ist denn noch ausständig, mein Sohn?"
Ich kannte schließlich noch ein paar Namen und Adressen in Misenum, an die ich nette Briefe schreiben könnte.
"Naja, unter einem Handel verstehe ich den Ankauf einer Ware und den Wiederverkauf derselben mit einem leichten Aufschlag, der dann den Gewinn zeichnet, Vater. Und da ich nicht vor habe, in großen Stückzahlen bestimmte Waren zu erwerben, gar sie irgendwie weiter zu verkaufen, kann man mir auch nichts vorwerfen. Solch eine Villa auf Misenum zu einem Lagerplatz verkommen zu lassen wäre auch höchst fragwürdig."
Das konnte er sich gar nicht vorstellen, so sehr hing er an diesem Rückzugsort. Dem Vater mochte Sardinia Freude bereiten, Furianus wollte sich aber in Misenum der negotia hingeben, voll und ganz, natürlich aber erst, wenn er das erreichte, was noch ausstand. Dies war nicht viel, aber doch mit Anstrengungen verbunden.
"Ich hatte ein paar Sesterzen übrig und in solch Gesellschaft wird der Preis und das damit verbundene Ansehen auch steigen, so hoffe ich zumindest spätestens dann, wenn die Augusta einen ihrer längeren Aufenthalte dort verbringt.
Was noch aussteht? Nun, das ist mir selbst nicht bekannt. Obwohl ich schon angeboten habe mich selbst um das ein oder andere Schriftstück zu kümmern, doch dieses Angebot wurde nicht angenommen, man erachtet es nicht einmal mich regelmäßig zu informieren, denn ein Antwortschreiben zu verfassen. Ich bin empört, aber die Mühlen scheinen dort doch verdächtig langsam zu mahlen."
"Es geht nicht um die Absicht, mein Sohn. Die Möglichkeit als solche unter Strafe zu stellen ist ein probates und vor allem kontrollierbares Mittel zur Verhinderung von Straftaten.
So ist in der Urbs das Tragen von Waffen verboten, und nicht etwa die Absicht jemandem Schaden zuzufügen."
Doch irgendwie schien mir, mein Sohn war mit den Gedanken schon weiter.
"Wenn du mir einen Namen nennst werde ich den entsprechenden Beamten... äh... erinnern, seine Aufgaben nicht zu vergessen. So du dies wünschst, versteht sich."
"Dann wäre ja sämtlichen Senatoren und deren Familien untersagt ein Schiff zu betreten oder zu kaufen. Schließlich ist ein Schiff die Möglichkeit, wie auch Lastentiere eine Möglichkeit darstellen Handel zu treiben, auch der Besitz der in der Oberschicht so beliebten Fischteiche stellt eine Möglichkeit dar. Es ist einfach zu weitreichend, wenn man die Möglichkeiten betrachtet."
Wenn es wirklich so war, schmeckte das Senatorendasein doch ein wenig bitter.
"Ich glaube, dass ein Artorius Corvinus zur Zeit Duumvir Misenums ist, sicher weiß ich es jedoch nicht, ich müsste nachfragen."
Vater hatte sicherlich die Möglichkeit eine Vielzahl von Menschen adäquat zu erinnern.
"Nicht irgendein Schiff, Sohnemann; Es ist die Größe des Laderaumes, die den Warentransport und damit Handel rentabel macht - oder auch nicht. Ebenso ist es die Größe einer Lasttier-Karavane."
Der Satz mit den Fischteichen irritierte mich dann eher.
"Fischteiche? Was hat Tierzucht mit Handel zu tun?"
Mein Sohn erlaubte sich mit Sicherheit einen Scherz mit mir, oder er wollte meine Aufmerksamkeit testen...
"Du könntest auch gleich behaupten, Bauernhöfe wären unredlich. Pah!"
Artorius Corvinus... den würde ich mir vorknöpfen.
Furianus nahm den Kopf in den Nacken und blickte über seinen Vater.
"Nun ja, insofern, dass man den Fischteich auch gut als Lager benutzen kann. Ich spreche davon, dass man Fische einkauft oder sich fangen lässt, sie dort hält, bis sich eben ein Käufer findet, der frische Fische kaufen möchte. Diesen lädt man sich ein, er kauft und schon entsteht der Handel mit Fischen. Das alles kann man auch gut tarnen, wenn man zum Beispiel sagt es sei ein Freund, der die Fische im Teich faszinierend findet und man ihm darauf hin einige schenkt. So stelle ich mir den Handel vor, der eigentlich wie keiner scheint."
Auf was für Ideen man bei so einem Gespräch kommen konnte, war doch erstaunlich. Eigentlich konnte man auch als Patrizier Handel treiben, man musste sich nur zwischen dem Grad bewegen können, um im Zweifelsfalle vor Gericht freigesprochen zu werden.
Er nahm wieder einen Schluck und blickte nun zu dem Vater. Hoffentlich vergaß dieser den Namen des Duumvirs nicht und hoffentlich war das Versprechen, welches er seinem Sohn gab, nicht eines, um diesen so schnell wie möglich loszuwerden.
Entgeistert blickte ich meinen Sohn an.
"Natürlich ist Fischzucht erlaubt. Genauso wie der Besitz von Landgütern und der Verkauf derer Erzeugnisse Senatoren erlaubt ist. Der Knackpunkt liegt im Transport von Waren!"
Jetzt hatte er mir tatsächlich ein Ausrufezeichen abgerungen.
"Solange du nicht wirtschaftlich große Mengen transportieren kannst ist dir kein Handel in dem Sinn möglich, der dem Kaiser widerstrebt.
Glaubst du er beschränkt uns zum Spaß, oder aus reinem Sadismus? Es ist das Zusammentreffen von politischer und wirtschaftlicher Macht, die er verhindern muss. Deine Fische sind ihm egal."
"Eigentlich haben wir uns selber beschränkt, Vater, schließlich haben wir dem zugestimmt."
Warf er ein und duckte sich kurz. Eine Reaktion, die er sonst noch nie verspürt hatte, aber Vätern gegenüber konnte man alles erwarten.
"Ich weiß nicht, der Transport ist für mich noch nie mit Handel verbunden gewesen. Natürlich, man transportiert Handelsgüter von einer Stadt zur anderen, da ist es unerlässlich, aber wäre ein Transportunternehmen dann gleich ein Handelsgeschäft? Man ist in jenem ja vom Ankauf und Verkauf der Waren losgelöst, man handelt also in dem Sinne gar nicht, man transportiert nur. Eine gute Marktlücke, findest du nicht auch?"
Furianus hätte Händler werden sollen, aber als Dieb hätte er auch gut stehlen können, wie gerade die Zeit.
"Dennoch, dass ich ein Schiff besitze kann man nun wirklich nicht als Handel deuten. Schließlich habe ich keine Flotte von Fischkuttern, Transportkähnen und Sonstigem."
ZitatIch weiß nicht, der Transport ist für mich noch nie mit Handel verbunden gewesen.
"Ach, nein? Und zu welchem Zwecke nimmt man dann gewaltige Unkosten auf sich, um Waren von einem Ende der Welt zum anderen zu verschiffen, wenn man sie dann nicht gewinnbringend kaufen möchte?"
Mein Sohn war sonderbar.
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