Callista war gerade dabei gewesen die verwelkten Blumen an dem kleinen Altar, den sie bei den Parentalia zu Ehren ihrer Ahnen aufgestellt hatte, auszutauschen, als sie ein Klopfen an ihrer Tür hörte. Sie drehte sich um und ließ ein deutliches "Herein" erklingen.
[aOG] Cubiculum IV - Duccius Vala
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Nachdem Calvina das "Herein" gehört hatte, öffnete sie mit einem freundlichen Lächeln die Tür und trat ein. "Ich grüße Dich, Domina.", sagte sie an Callista gewand, "Dein Onkel schickt mich. Es ist Besuch im Atrium und er möchte, dass Du hinunter kommst."
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Callista nickte. Sie sah kurz an sich herunter und musterte ihr Kleid, aber dann nickte sie nochmal. Es würde schon gehen. Hoffentlich. Oder? "Weißt du was das für Besuch ist?" fragte sie lieber noch einmal nach und korrigierte eine Locken, die sich gelockert hatten.
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"Oh, er ist glaube ich ein Klient Deines Onkels und ein Soldat, Domina.", antwortete Calvina, während sie die junge Herrin freundlich ansah. Sie nickte ihr kurz zu, um Callista zu bestätigen, dass sie sich so durchaus sehen lassen konnte.
Sie wollte die angehende Priesterin zwar noch etwas fragen, aber im Moment war wohl leider nicht der passende Augenblick dazu und daher behielt sie ihre Frage erst einmal für sich.
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Bis jetzt hatte Callista noch keinen der Klienten ihres Onkels kennengelernt und sie fragte sich insgeheim bereits, was an diesem so besonderes war. Und da ihr Calvina die unausgesprochene Frage beantwortete, machte sie sich sofort auf den Weg. Es wäre sowieso unhöflich gewesen, die Männer warten zu lassen, nur um sich umzuziehen und vielleicht noch an dem Äußeren zu feilen.
"Danke für deine Mühen, Calvina." sagte sie noch und ging ins Atrium.
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Calvina nickte Callista kurz zu und da sie nicht wußte, ob ihr Herr sie im Atrium noch brauchen würde, folgte sie der jungen Herrin nach unten.
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Balbus hatte dieses Gespräch ein wenig vor sich her geschoben, aber nun musste es stattfinden. So kam er zum Zimmer seiner Nichte und klopfte kräftig an die Tür. Er wartete einen kurzen Moment und öffnete die Tür dann langsam um den dahinterliegenden Aufenthaltsraum zu betreten.
Bereits beim Eintreten sagte er deutlich und laut in den Raum hinein: "Callista, hast du etwas Zeit? Wir müssten etwas besprechen." -
"Balbus, komm herein!" sagte Callista erfreut als ihr Onkel ihr Cubiculum betrat. Es wunderte sie zwar etwas, dass er nicht jemanden geschickt hatte um sie zu holen, sondern er zu ihr kam. Irgendwie war das seltsam, doch in ihrer freundlichen und zuweilen reichlich unbedarften Art dachte sie sich nichts weiter dabei. Sie legte die Bürste weg, mit der sie ihre langen, rotbraunen Haare gekämmt hatte und schaute ihn neugierig an. "Was gibt es denn zu besprechen?"
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Balbus war nun vollends eingetreten und lächelte ein wenig, als er seine Nichte erblickte. Ihr Aussehen hatte sie definitiv eher von ihrer Mutter, da war er sich ziemlich sicher.
"Es geht um Germania."
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"Ja, natürlich." meinte sie und wies auf einen Stuhl, der in der Nähe ihres Fensters stand. Ihren eigenen rückte sie etwas zurecht, so dass sich die beiden gegenüber sitzen würden. Sie war gespannt um was es ging und sie hatte auch noch einige Fragen, wie würde sie reisen? Wann? Mit wem? Wobei das wann irgendwie das Wichtigste war, beim Rest vertraute sie da vollends auf das planerische Talent ihres Onkels.
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Balbus ging zu dem Stuhl um auf diesem Platz zu nehmen.
"Eigentlich geht es nur in zweiter Linie um Germania." sagte er dann und druckste ein wenig herum, da er nicht genau wusste, wie er das Thema anfassen sollte. Er atmete einmal durch und setzte dann an.
"Callista, du bist jetzt in einem Alter, in dem es langsam Zeit wird über das Thema Heirat nachzudenken." Gut, das war sehr direkt, aber es führte auch zum Ziel.
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Für einen Moment glaubte sie noch sie hätte sich verhört, doch dem war nicht so. Schon allein wie Balbus dort saß machte deutlich wie schwer er sich mit dem Thema tat und das war wohl auf beiden Seiten so. Nicht, dass Callista nicht bereit war. Ganz im Gegenteil, sie war immerhin schon achtzehn und das war ein durchaus akzeptables Alter. Dennoch hatte sie irgendwie gehofft, ihr wäre mehr Zeit gegönnt, hier in der Casa bei ihrem Onkel, ihrer neuen Tante und auch in Gesellschaft von Thalna. Eine Hochzeit bedeutete einen Umzug und um den hätte sie sich gerne noch eine Weile gedrückt. Für einen Moment blickte sie auf ihre Hände, die auf ihren Knien ruhten und überlegte was sie sagen konnte.
"Ja, das ist es wohl. Ich gehe davon aus du hast schon einen bestimmten Mann ausgesucht?" Sie wollte noch mehr sagen, schloß den Mund aber wieder. Es gab da etwas, dass sie ihn unbedingt fragen wollte, aber sie wollte nicht undankbar oder unhöflich erscheinen. Dennoch ließ es ihr keine Ruhe und sie kratzte ihren Mut zusammen und hob sogar den Kopf wieder. "Werde ich denn Gelegenheit haben meine Ausbildung zur Priesterin zu absolvieren?"
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Das Thema war Balbus im Prinzip völlig unangenehm, denn er hatte sich bisher nie in der Rolle gesehen soetwas zu entscheiden, doch irgendwann musste er ja für solche Sachen Verantwortung übernehmen.
"Ich denke, ich habe einen passenden Mann gefunden." bestätigte er. "Sein Name ist Duccius Marsus und er ist einer der amtierenden Duumviri von Mogontiacum."
Im Prinzip war ihre andere Frage damit zwar schon beantwortet, aber er fügte trotzdem noch hinzu: "Natürlich wirst du deine Ausbildung absolvieren können und nebenher wirst du Gelegenheit haben den jungen Mann kennenzulernen." -
Ja, einen Umzug würde es geben. Aber nicht, wie Callista sich gedacht hatte, sondern viel, viel weiter weg. Nach Germanien! Balbus verheiratete sie an einen Duccier! In Mogontiacum! Mit einem Gefühlschaos irgendwo zwischen Pflichtbewußtsein, Trauer und auch einer Spur Glück sah sie ihn an und konnte gar nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Nicht viel, aber es ließ sich nicht aufhalten - die Trauer über ihre Abreise war einfach zu groß. Sie war grade erst einige Wochen hier und würde ihre Familie verlassen und, so wie sie das Ganze jetzt auffasste, in Germanien bleiben um nach ihrer Ausbildung diesen Marsus zu heiraten. Jung war er, sagte ihr Onkel, wenigstens etwas. Jede Römerin musste damit rechnen aus politischen Kalkül mit jemandem verheiratet zu werden, der sich bereits verdient gemacht hatte und das waren meistens eben die Älteren. Die genug Zeit gehabt hatten sich einen Namen zu machen. Aber dieser Marsus war immerhin schon Duumviri. Ob er mit Duccius Eburnus verwandt war? Dann könnte sie diesen noch einmal einladen und ausfragen, sein letzter Besuch war ja wirklich interessant gewesen. Auch wenn sie am Anfang etwas beängstigt war von der offenen und legeren Art des Germanen. Ob die alle so waren? Durfte sie vor der Hochzeit nochmal nach Rom? Würden Thalna und Vespa dabei sein? Und überhaupt, würde sie zu einer Duccia werden und ...
Im hübschen Kopf der jungen Prudentia arbeitete es einen Moment auf Hochtouren, bis ihr wieder einfiel, dass ihr Onkel immer noch vor ihr saß und wahrscheinlich eine Antwort hören wollte. Der Gedanke, dass sie verneinen oder sich gegen seine Wahl auflehnen könnte, kam ihr nicht. Dazu war sie einerseits zu gut erzogen, andererseits mochte sie ihren Onkel zu sehr und vertraute seinem Urteil. Sie wischte schnell eine Träne ab, die ihre Wange herunterkullerte und lächelte dann tapfer.
"Das klingt ... interessant. Ich werde also in Mogontiacum leben." Diese Feststellung, jetzt laut ausgesprochen, brauchte doch einige Sekunden um zu sacken. "Verstehe ich dich richtig, dass ich erst meine Ausbildung machen soll und ihn dann heirate? Damit wir Zeit haben uns kennenzulernen? Was kannst du mir denn über ihn sagen?"
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"Wo ihr leben werdet, wird sich zeigen, denn ich denke, dass der junge Mann durchaus ambitioniert genug ist, auch höhere Ämter erreichen zu wollen. Und das würde zwangsweise nach Rom führen." sagte er.
"Wann genau die Hochzeit sein wird, ist noch endgültig zu klären, aber ich empfinde es als wichtig, dass du die Ausbildung abschliesst, egal ob du verheiratet bist oder nicht." Für ihn war es ausserdem wichtig, dass sie dem ganzen nicht ganz abgeneigt war, denn auch wenn es von der Grundintention eine politische Ehe sein würde, war er der Meinung, dass sich Ehepartner zumindest ein wenig sympathisch sein sollten. So war er bei seiner eigenen Ehe vorgegangen und so würde er es auch bei seiner Nichte halten.
"Sehr viel kann ich dir leider nicht über ihn sagen. Er ist der Bruder von Duccius Eburnus, teilt jedoch nicht dessen kriegerische Veranlagung. Er soll sehr ehrgeizig und auf seinem Gebiet wohl recht talentiert sein."
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Viel berichten konnte er leider nicht und so ließ Callista die wenigen Worte sacken. Ehrgeizig war er also und er machte Karriere in der Politik, das war ja eigentlich überhaupt nicht schlecht. Und außerdem war er Eburnus Bruder und den fand sie sympathisch. Wenn sie das vorher gewußt hätte, hätte sie gerne mehr auf ihn geachtet. Ob Marsus und er sich ähnlich sahen? Dadurch, dass Marsus anscheinend kein Krieger war, war er höchstwahrscheinlich auch nicht so muskulös wie sein Bruder. Aber das störte Callista nicht, sie war sich gar nicht mal sicher ob sie einen eigenen Männergeschmack hatte. Darüber hatte sie sich bisher nie Gedanken gemacht, solange er ein netter Mensch war, war die Haarfarbe eh nebensächlich. Ihr Vater hatte damals gesagt "Ein gutes Pferd hat keine Farbe!", als ihre Mutter sich darüber aufregte, dass er der damals fünfjährigen Callista ein weißes Pony geschenkt hatte. Weiß wird eben schnell schmutzig, wie sie meinte. Wahrscheinlich war das mit Ehemännern ganz ähnlich, das Äußere war nicht das wichtigste Merkmal.
"Kennst du denn Duccius Marsus persönlich? Oder nur seinen Bruder?" fragte Callista, die so gerne mehr Informationen gehabt hätte. "Und was sagt er eigentlich dazu?" kam auch schon die nächste Frage. Hatte man ihn genauso vor vollendete Tatsachen gestellt wie sie?
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"Ich kenne ihn leider nicht persönlich, aber sofern man von der Art eines Mannes auf die seines Bruders schliessen kann, so würde ich behaupten, dass er ein symphatischer und aufrichtiger Mann sein dürfte." sagte er.
"Ich bat das Oberhaupt der Duccier darum, mir aus den Reihen seiner jungen Verwandten einen geeigneten Kandidaten zu erwählen und da Eburnus als Soldat keine Ehe eingehen darf, erwählte er dessen Bruder." Eburnus als Ehemann an Callistas Seite zu sehen, wäre ihm zwar sehr recht gewesen, aber er würde niemals verlangen, dass dieser seine vielversprechende Karriere aufgeben würde.
"Duccius Lando, so der Name des Familienoberhauptes, versicherte mir, dass Marsus sich darauf freut dich kennenzulernen und das er gerne diese Möglichkeit ergreifen möchte um unsere Familien zu verbinden." -
So richtig sacke die Erkenntnis noch nicht bis zu Callista durch, natürlich nahm sie alles gefasst hin und sie würde auch einwilligen. Aber einfach nicht nur zu wissen, sondern zu begreifen, dass sie bald heiraten würde, das dauerte noch. Und so nickte sie nur erstmal. Dieser Lando hatte für seine Familie getan, was Balbus für die eigene - die bestmögliche Verbindung ausgewählt und wahrscheinlich war auch Marsus nicht gefragt worden. Es klang sowieso fast so, als wäre Eburnus die erste Wahl ihres Onkels gewesen.
Es gab so viel, dass sie wissen wollte und gleichzeitig fühlte sie, dass es sowieso schon feststand. Der Grund warum sie nicht laut "Ja" dazu sagte, war schlicht und ergreifend, dass es für sie dort keine Wahlmöglichkeit gab. Sie würde tun, worum ihr Onkel sie bat. Und gegen seine Wahl auflehnen tat sie sich sowieso nicht, die Idee kam ihr gar nicht.
"Vielleicht mag er als Germane die Römer ja gar nicht? Wäre ich denn dann die einzige Römerin dort? Und überhaupt, mal davon abgesehen das der Termin noch nicht fest steht, wie wird die Hochzeit ablaufen? Eher römisch oder auch germanisch? Werdet ihr dann dabei sein, du und Vespa und Thalna auch? Und werde ich weiterhin eine Prudentia sein oder zu einer Duccia werden?"
Callista verstand durchaus die Absichten der beiden Männer, die diese Ehe angestiftet hatten. Sie wußte sehr wohl, dass ihr Onkel ein Freund der Familie der Duccier war und eine Verbdinung beider Häuser wahrscheinlich ein gesellschaftliches Symbol war. Zumal durch ihre neue Tante sogar Verbindungen zum Kaiser gezogen werden konnten. Daher nahm sie an, dass Balbus auch weiterhin die Gewalt über sie haben würde. Womit sie nicht nur einverstanden, sondern auch zufrieden war. Denn wie sollte man die Verbindung sonst hervorheben, wenn man sie nicht als eine Prudentia erkennen vermochte!?
Nun, jetzt war sie auf alle Fälle verlobt.
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"Wenn er keine Römer mögen würde, wäre er sicherlich nicht Mitglied der politischen Führungsschicht Mogontiacums." gab er zu bedenken.
"Und ob du die einzige Römerin wärst, kann ich dir nicht genau sagen, aber im Prinzip ist ja die ganze Stadt auch von Römern bevölkert."
Ihre Fragen waren reichhaltig und Balbus versuchte alles zu beantworten.
"Ich denke die Hochzeit wird grundsätzlich römisch ablaufen, da sie ja auch den römischen Gesetzen und Traditionen entsprechen müssen. Aber sicherlich wird es viele germanische Einflüsse geben. Was nicht das schlechteste ist, denn wie man feiert wissen Germanen."
Er lächelte.
"Ob wir alle dabei sein können hängt auch davon ab, ob der Kaiser mich dann entbehren kann, auch wenn ich natürlich alles daran setzen werde. Und natürlich wirst du weiterhin eine Prudentia bleiben, denn sicherlich werde ich dich nicht in die Gewalt deines Ehemannes geben." -
Callista nickte, das hatte sie sich alles schon gedacht. Sie hoffte nur, dass der Kaiser ihren Onkel entbehren konnte und er mit den anderen aus ihrer Familie die Zeit fand, sie zu begleiten. Sie hatte zwar nicht direkt Angst, aber allein der Gedanke sie würde sich dem Ganzen alleine stellen müssen war einfach schrecklich. Ohne einen Onkel, den man hilfesuchend ansehen konnte, damit er ein Gespräch zu Ende führte oder etwas erklärte, wo sie selbst einfach nicht mehr weiterkam. Und bei einer solchen Hochzeit gab es so viele Möglichkeiten sich zu blamieren! Sie würde so schrecklich nervös sein! Callista wurde es ja jetzt schon, wenn sie nur daran dachte!
"Ich verstehe. Ich bin sicher du hast eine gute Wahl getroffen, richte Duccius Lando aus, dass ich ebenso gespannt bin seinen Verwandten kennenzulernen." Eine Höflichkeitsfloskel, wenn man es genau betrachtete, doch Callista meinte es wirklich so. Ihr kam der Gedanke, dass sie auch Marsus einen Brief schreiben könnte, so wie sie es mit ihrem Ausbilder Verus getan hatte, verwarf die Idee aber dann. Sie könnte tagelang überlegen, aber ihr würde einfach kein gescheiter Brief einfallen! Was sollte man da auch groß schreiben!?
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