Und noch bevor der Sklave weitersprechen konnte fragte ich ihn nach Crinon....
"Ich bräuchte ihn, schicke ihn mir!"
Und noch bevor der Sklave weitersprechen konnte fragte ich ihn nach Crinon....
"Ich bräuchte ihn, schicke ihn mir!"
Phaeneas sah den Herrn lächeln. Er hatte so eine amüsierte Art zu lächeln, als würden sich vor seinen Augen sämtliche Eigenheiten dieser Welt offenbaren. Ihm selbst war noch nicht recht danach. Wegen so einem Unsinn hatte er sich aufgeregt!!
Crinon, nun gut. Phaeneas hätte das ganze zwar noch gut weiter in Frage stellen können, aber gut, ganz wie der Herr wollte.
"Ich hole ihn, Herr", bestätigte er und ging davon.
Nach einer Weile kehrte Phaeneas zurück und machte dabei verwunderte Augen. Er unterbreitete seinem Herrn die neu eingetretene Situation:
„Crinon ist gerade eben über eine Stufe gestolpert, Herr, und hat sich ein Bein gebrochen. Jetzt wird er verarztet...“
"Wie bitte? Gebrochen?"
Genervt sah ich auf den Tisch, die Unterlagen vor mir......
"Was mach ich jetzt bloss?"
„Ja, Herr, gebrochen.“ zur nochmaligen Bestätigung zu erwidern hätte in Phaeneas’ Ohren dumm geklungen. Er ließ darum die Klage seines Herrn einfach so stehen und schwieg für etwa den Moment, den man braucht, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Dann stellte er folgendes in den Raum:
„Worum geht es denn, Herr?“
ich sah hoch..... hatte ich das laut gesagt.... "Was?" ich schüttelte den Kopf "Ach, ich wollte ihn nach Rom schicken, dort wichtige Dinge für mich erledigen...... aber wie es aussieht, kann ich diesen Gedanken verwerfen...."
Es wäre ohnehin eine gewagte Tat gewesen, einen Sklaven alleine auf eine soweite Reise zu schicken, doch Crinon war lange genug bei mir, damit ich ihm vertauen hätte können, nicht so wie Phaeneas, aber doch.....
Da kam mir eine Idee..... Phaeneas.... ich sah ihn an, fragend..... nein, das würde nicht klappen.... oder doch.....
Phaeneas sah Lucianus zu.
Wie belanglos er dieses Vorhaben darstellte. Dabei konnte es ihm gar nicht so egal sein.
Dann dieser fragende Blick. Eines war klar, er wollte etwas. So schaute man nur, wenn einem eine Idee gekommen war und jetzt eben diesen Gedanken prüfte. Halt ... nein, er wollte doch nicht etwa ... ?
"Warst du schonmal in Rom, Phaeneas?"
"Ja, Herr, dort war ich ..." - ein sekundenlanges Innehalten folgte, ein Schatten flog über Phaeneas' Gesicht - "... ein paar Mal."
Sehr schön, er würde sich also zurecht finden..... doch würde er das auch wollen.....
"Phaeneas, ich werde dir jetzt eine Frage stellen und ich möchte eine ehrliche Antwort von dir, ohne, dass du Rücksicht nimmst, dir wird diese Antwort nicht negativ angelastet!"
Kurz sah ich ihn noch an, ohne Worte, um den Meinen Nachdruck zu verleihen
"Wenn ich dich nach Rom schicken würde, mit ein paar Briefen und dem Auftrag einige Besuche zu machen und dergleichen, meinst du, du würdest dieser Aufgabe gewachsen sein? Oder würde es dir wohler gehen, wenn ich jemand anderen damit beauftrage?"
Phaeneas versuchte die unangenehmen Überlegungen beiseite zu schieben. Wie oft oder wie oft nicht, ist doch egal. Dass es mehrere Aufenthalte waren und nicht ein zusammenhängender, dass Rom ein Abbild seines Lebens war, nämlich eine Aneinanderreihung von verschiedenen unzusammenhängenden Einzelstücken – einfach nicht darüber nachdenken. Oder auch: besser nicht darüber nachdenken.
Der Herr würde dieser Fragerei wohl nie müde werden ... Phaeneas erwiderte seinen Blick.
Der Herr redete. Von Phaeneas’ Seite folgte Schweigen.
Wohler gehen, was für eine Ausdrucksweise.
Zuerst klang das, was Lucianus gesagt hatte, ... unangenehm, beim zweiten Mal überdenken nicht mehr und beim dritten Mal doch wieder. Je nachdem, wo man mehr hinhörte. Eines bereitete ihm keine Bedenken, das andere schon.
Noch dazu musste er sich jetzt auch noch entscheiden. Entscheidungen, es gab nichts, was unangenehmer war. Wer entschied, hatte schließlich auch die Verantwortung.
„Mich beunruhigt einzig die weite Reise, Herr ...“
So machte Phaeneas es sich etwas leichter, indem er seinem Herrn seine Bedenken mitteilte, nicht eine fertig formulierte Entscheidung.
"Wie oft, Phaeneas, überliess man dir eine Entscheidung, die dich betraf? Nutze doch dieses Privileg, welches ich dir gebe und antworte mir, frei heraus!"
Das hatte man nun davon, wenn man Sklaven behandelte, wie andere Angestellte auch.....
Das war es ja gerade, es war schwierig zu entscheiden, wenn man sonst nie über das nachdachte, was man tat.
Na ja, zumindest hatte er schon mal ein Zwischenergebnis, einen Anhaltspunkt, von dem aus Phaeneas weiter vorgehen konnte.
Hm, frei heraus, auch wenn es leicht gesagt war, war es vielleicht doch gar kein so schlechtes Stichwort. Sachlich abwägen und dann einfach das erste Ergebnis nehmen:
Bei beiden Möglichkeiten, zwischen denen Phaeneas entscheiden sollte, könnten sich Nachteile auftun, die er jetzt noch nicht voraussah. Aber nur eine von beiden verriet schon jetzt eine Schattenseite – So, und jetzt nicht mehr weiter nachdenken.
„Ich tue es nicht, Herr.“
Natürlich wäre es ein leichtes gewesen, den Sklaven einfach zu schicken, gegen seinen Willen, der mir ja eigentlich egal sein konnte, aber auch mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Nicht nur, dass die Aufgaben vielleicht nicht erfüllt werden würden, sondern auch die Möglichkeit einen Sklaven zu verlieren, der mir hier, im Hause überaus nützlich war, vielmehr noch, auch schon ein wenig Vertrauter.
So ergab es sich also, dass ich den Plan wieder verwarf und die Sache, fürs Erste, auf die Seite schob.
"In Ordnung, Phaeneas, eine klare Antwort auf eine klare Frage! Das wäre alles für den Moment!"
Es war wahrhaft ein Novum, dass jemand glücklich über eine Absage war. Das einzige, was Phaeneas dahinter vermuten konnte, waren Prinzipien, die der Herr irgendwann einmal aus Erfahrungen heraus für sich aufgestellt haben musste. Und – das befand der Bithynier – Prinzipien sollte man treu bleiben – aus Prinzip. Huch, das war unbeabsichtigt gewesen.
„Gut, Herr.“ Phaeneas nickte, froh, dass die Angelegenheit besiegelt war, und begab sich somit von dannen – als von Entscheidungen schwer geprüfter Sklave.
Phaeneas befand, dass es derzeit kälter sein musste als sonst. Denn in diesen Tagen fror er besonders.
Als er dem Herrn einen Brief gebracht hatte, reichte es doch glatt für ein Zittern.
An den
Legatus Augusti pro Praetore
Marcus Vinicius Lucianus
Mogontiacum, Germania
Salve mein Bruder,
lange hast du warten müssen auf diesen Brief und doch kann ich dir nicht viel berichten. Es ist schon beängstigend ruhig in Rom, das Fehlen eines Kaisers wirkt sich derzeit nicht wirklich auf die Bevölkerung aus. Du liest richtig, der Kaiser fehlt noch immer, obwohl er gerüchteweise bald in Rom eintreffen soll, doch wirklich genaues weiß man nicht. Man sagt ihm eine Krankheit nach, doch wie schwer diese sein soll, ist ebenfalls unbekannt. Vielleicht liegt es auch am Widerwillen des Valerian, ich habe ihn bisher nur als Angehöriger des Militärs kennengelernt, nie aber als Politiker. Warum Iulian ihn zu seinem Nachfolger bestimmt hat, werden wir auch nie erfahren und warum er ihn nicht in Rom eingesetzt hat, damit er in die Arbeit hineinwächst. Du bemerkst, nicht das Fehlen von Valerian an sich bereitet mir Sorgen, eher das, was kommt, wenn er dann tatsächlich hier ist, obwohl ich mir zugleich wünsche, er wäre schon hier. Wie du siehst, eine seltsame Mischung. Selbstverständlich habe ich schon die Cohortes Urbanae auf ihn eingeschworen und die anderen Stadteinheiten haben es mir soweit ich weiß gleich getan. Das gebietet schon das Andenken an Iulian.
Ansonsten kann ich dir nichts berichten. Ich wünschte, ich könnte dir zumindest von einigen kleinen Skandälchen erzählen, doch so wie der Frühling auf sich warten lässt, so winterlich erscheint mir auch das römische Gemüt zu dieser Zeit. Einzig meine Tochter scheint das nicht weiter zu kümmern, so kommt es mir vor. Sie steht schon und wird wohl bald ihre ersten Schritte gehen. Wie schade, daß sie nur eine Tochter ist. Ich sollte mich wohl bald wieder verheiraten, wenn ich noch realistische Chancen auf einen Erben haben möchte. Wie sieht es da bei euch aus? Kommt schon was? Und wie ist die Lage generell in Germania?
Mögen die Götter weiter über dich wachen.
Vale bene,
M. Vinicius Hungaricus
"Danke!"
So übernahm ich das Schreiben und freute mich, als ich es aufrollte, von meinem Bruder zu lesen.
Edit, dein Posteingang ist voll!
Zwischenzeitlich rieb sich der Bithynier die Arme.
Draußen gaukelte die Sonne inzwischen Wärme vor, aber sobald man einen Schritt durch die Tür machte, wunderte man sich trotzdem über dem immer noch kühlen Wind.
Immer noch. Dabei war erst Frühlingsanfang.
Ah ja, okay. So schnell kann man ja gar nicht schauen, wie das Ding voll ist!
„Macht dir dein Statthalter-Posten Spaß?“ – pauschal gefragt.
Und nun sah man wirklich Neugierde, als Phaeneas eine Frage stellte, für die er sich unter anderen Umständen, sprich früheren Zeiten, selbst ausgelacht hätte. Zu Zeiten, als es Phaeneas herzlich egal gewesen war, wie sein Herr sein Leben empfand. So eine Frage wäre 1. sinnlos gewesen, hätte 2. Umstände verursacht und hätte 3. den Bithynier sowieso nicht interessiert.
Als Phaeneas zu Lucianus gekommen war, hatte er die Lebensumstände seines Herrn schlicht abgehakt. Sollte er doch sein Geld verdienen, womit auch immer, was kümmerte es ihn? Außerdem hatte es wesentlich wichtigeres gegeben, um sich darüber Gedanken zu machen. Nur jetzt war die Frage über die Jahre doch mehr und mehr aufgekommen, war allein schon durch die Tatsache interessant geworden, dass Lucianus ihm nicht mehr egal war. Und so kam es eben, dass Phaeneas nun jene Frage stellte.
Etwas verwundert sah ich ihn an.... nicht weil er sich es herausnahm, zu fragen, sondern ob der Frage selbst
"Spass? Sollte es das? Ich weiss nicht.... der Kaiser hatte entschieden mir diese Verantwortung zu übertragen und es war für mich eine Ehre dies anzunehmen!"
War es das, was der Sklave wissen wollte.....
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