Philitia nitida

  • Philitia nitida*


    Es war schon etwas später, als ich die villa erreichte. Der ianitor teilte mir mit, dass die Damen des Hauses meine Ankunft bereits mit den knurrenden Mägen hungriger Wölfe erwarteten, und so ließ ich mich von Camryn schnell aus der Militärkleidung schälen und nach einer Katzenwäsche in eine dunkelblaue tunica kleiden. Derartig ausgestattet, erteilte ich die Anweisung, mir die Tagespost ins triclinium zu bringen, und verschwand in Richtung selbigem. Auf dem Weg dorthin bekam ein weiterer Sklave den Auftrag, die beiden reizendsten Geschöpfe Germaniens von meiner Ankunft zu unterrichten.


    Ich erreichte bald darauf das Speisezimmer und legte mich ermattet auf eine Liege. Einen Moment schloss ich die Augen und döste vor mich hin, den fernen Geräuschen im Haus lauschend. Hoffentlich waren Deandra und Helena guter Dinge und nicht böse auf mich, dass sich das Abendessen meiner verspäteten Ankunft wegen recht weit verschoben hatte. Unter anderen Umständen wäre es wohl bereits vor Stunden auf den Tisch gekommen, doch gerade heute, wo wir gemeinsam speisen wollten, war ich m castellum unabkömmlich. Als ich Schritte vernahm, öffnete ich einem Uhu gleich ein Auge und blinzelte der Dame entgegen.




    Sim-Off:

    *Nettes, gemeinsames Abendessen

  • Ich betrachtete ein leckeres Feingebäckstück, als mir der Sklave die Nachricht von Marcs Eintreffen überbrachte. Rasch fand es den Weg in den Mund, ich strich die Hände aneinander ab, um mich auch von den letzten anhaftenden Krümeln zu befreien, und wollte schon das Cubiculum verlassen, als mein Blick in den Spiegel fiel. Ich verheilt den Schritt und überlegte geraume Zeit, denn mein Äußeres hatte sich erheblich verändert. Schließlich hatte ich einen Einfall.
    Gleich der Kopfbedeckungen östlicher Völker, schlang ich einen seidenen Schal um den Kopf, um die Überraschung der veränderten Haarpracht hinauszögern zu können. Gleich einem Turban türmte sich der Aufbau auf meinem Kopf und rang mir ein belustigtes Lächeln ab. Ungeübt in derlei Dingen fand ich allerdings keine Möglichkeit, den Sitz haltbar machen zu können, daher beließ ich die rechte Hand an dem Kunstwerk, als ich durch die Gänge schritt und wenig später das Triclinium betrat.


    Mit einem Blick erfasste ich die Lage: Wir waren noch allein, also sprach nichts gegen eine vertraute Begrüßung. Ich schritt lächelnd auf das Kopfende der Kline zu, legte die Finger der freien Hand auf meinen Mund, drückte einen Kuss darauf und legte sie anschließend auf seine Lippen, wobei ich dabei leicht in die Knie gehen musste, um den Aufbau auf meinem Kopf nicht zu gefährden.


    „Willkommen zu Hause“, hauchte ich, begab mich anschließend zum Fußende der Liege, ohne ihn dabei jedoch aus den Augen zu lassen. Entgegen der üblichen Sitzordnung nahm ich direkt auf der Kline Platz, denn ich hatte wenig Lust auf Abstand und im privaten Rahmen hatte Vater diese Sitzweise auch immer gestattet. „Ich hoffe, dein Tag war angenehm gewesen.“

  • Es war meine Aglaia, nicht mein Cousinchen, das dort ins triclinium hineingeschneit kam. Ein Lächeln stahl sich auf meine Züge, als ich mich halb aufrichtete und ihr entgegen sah. Verwundert hielt ich jedoch inne, als mir der seidene Schal um Deandras Kopf auffiel, was verständlicherweise etwas dauerte. Direkt hinter ihr trat Camryn ein, die einen Stapel Post und die neueste acta diurna in den Händen hielt. Vorerst wurde die Sklavin ignoriert, mein Blick galt nur Deandra, eher gesagt, zuerst ihrem Turban, dann ihren anmutigen Bewegungen. Die liebevolle Begrüßung erweckte meine Lebensgeister, auch wenn ein durch Fingerkuppen überlieferter Kuss zu wenig war, um wirklich vollends zufrieden zu sein, so zeichnete sich doch ein solches Lächeln ab.


    Einen Moment beobachtete ich Deandras seltsames Äußeres am Fuße der Liege, dann zog ich die Beine an und schwang sie absichtlich ächzend über den Rand der Liege, um mich ebenfalls hinzusetzen oder eher zu ihr zu rutschen. Ich legte einen Arm um ihre Schultern und drückte einen Kuss auf ihre Wange, erst anschließend fand ich die Muße, um wohlwollend ihre Frage zu beantworten, während ich gleichzeitig Camryn unwillig deutete, sie möge mir die Tagespost geben und sich dann für Wünsche bereithalten, was sie umgehend tat. Im Plauderton öffnete ich also die Briefe und überflog sie, während ich mit Deandra sprach. "Er war ganz passabel. Die kommenden Woche wird allerdings arbeitsintensiver. Ich weiß nicht, ob ich es dann noch schaffe, am Abend das castellum zu verlassen um hier zu nächtigen. Wir werden sehen. .... Hm. Nicht gut, Gar nicht gut.... Aber erzähl mir lieber, warum du den Kopf verhüllst. Du hast dich nicht etwa verletzt?" Fragend sah ich von der Mittelung Onkel Cicero betreffend auf und sie an, auf eine Erklärung wartend.

  • „Oje, das klingt ja besorgniserregend“, scherzte ich, als ich Marcs Ächzen beim Erheben hörte. Ich lächelte ihn an, drehte aber schnell den Kopf zu Seite.


    Ich wusste nicht warum, aber immer, wenn wir uns nicht regelmäßig sahen, kam dieses blöde Herzklopfen auf. Jedes Treffen besaß dann Anteile vom allerersten. Ich seufzte innerlich über meine Empfindsamkeit, schob sie allerdings schnellstens beiseite, denn nichts wäre dummer gewesen, als die Umarmung und den Kuss nicht zu genießen. Mir wurde die Tatsache bewusst, dass stets einer Berührung der Lippen ein Lächeln meinerseits folgte, oder einer Umarmung das Anschmiegen, ganz so, als gäbe es eine unwillkürliche Verkopplung dieser Handlungen. Doch der Gedanke währte nicht lang.
    Im nächsten Augenblick wechselte ich die Hand, die den Turban hielt, damit ich die richtige für eine ebenfalls zwangsläufige Reaktion frei hatte: Ich legte sie auf seinen Oberschenkel - eine Region, die ich ohnehin mochte, eine Geste, die für mich typisch war.


    Seinen Ausführungen über die Aussichten der nächsten Woche folgte ich schweigend. Es war angenehm, bereits im Voraus davon Kenntnis zu erhalten.
    Als seine Frage nach meiner Kopfbedeckung kam, erschien erneut ein Lächeln, das sich in seiner Intensität fortlaufend steigerte, bis ich schließlich leise kichern musste.


    „Jaaa … ich hatte da so einen Einfall“, begann ich zu erklären, bevor mich ein weiteres Schmunzeln am Erzählen hinderte. Flüchtig strich ich mir mit der freien Hand über die Stirn, bevor ich sie erneut auf seinem Bein ablegte. Ich fragte mich, wie er wohl reagieren wird, konnte er aber nur erahnen.


    „Öh, also ich dachte, schwarz ist so langweilig auf Dauer. Die Frauen in Germania haben oft so wunderschöne helle Haare.“


    Ich betrachtete zunächst den Fußboden, bevor ich ihm in die Augen sah.


    „Ich habe das mal ausprobiert.“ Jetzt war es raus. Ich war erleichtert und wartete mehr als gespannt auf seine Reaktion.

  • Ehe ich auch nur im Ansatz auf ihre wenig aufschlussreiche Erklärung reagierte, betrachtete ich Deandra leicht versonnen von der Seite. Frauen, die mich auch nach Monaten noch überraschen konnten, waren etwas so Besonderes, dass ich nicht glaubte, es gäbe sie überhaupt. Und bei Deandra waren es sogar Jahre, nicht nur Monate, nach denen sie mich immer wieder überraschte, sei es mit Worten, ihrem Verhalten oder mit solchen Taten, wie sie mir hier eindrucksvoll darlegte.


    Einer meiner Mundwinkel zuckte belustigt nach oben und wollte ein Grinsen formen, doch da sagte mit mein Instinkt bereits, dass Deandra sich hier keinen kleinen Scherz erlaubte, sondern gespielt geniert ein Vergehen an ihrem Haar, ihrem wunderschönen Haar gestand. So teilten sich meine Lippen also statt in einem Grinsen eher in einem ungläubigen Ausdruck der Überraschung, welcher in Kombination mit dein prüfend taxierenden Augen sein Ziel sicher nicht verfehlte. Dennoch verlieh ich diesem Entsetzen Ausdruck, das ich verspürte, und richtete eine Frage an sie. "Aus...probiert? Du hast eine Germanin aus dir gemacht?" Schockiert starrte ich sie an. Nein, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Deandra, die wie jene Schankmagd mit dem üppigen Dekollettée aus der taberna mogotiaci herumlief? Nein. Ich legte den Schwung Post augenblicklich zur Seite und zupfte ungeduldig an ihrem Turban. "Das musst du mir zeigen. Ich glaub es ja nicht. Wie konntest du das tun, und auch noch freiwillig?"

  • ‚Oh, oh’, dachte ich, als sich Marcs Gesichtsausdruck merklich wandelte. Der Ungläubigkeit, die mich zunächst belustigte, folgte ein Zustand, den ich als Missbilligung einsortierte, und anschließend war dem Augenausdruck, der Stimme und den Gesten das blanke Entsetzen zu entnehmen.


    „Ich bin noch immer eine Römerin“, erwiderte ich mit Überzeugung in der Stimme, als er mich alleine wegen der Haarfarbe einem anderen Volk zuordnen wollte. Offensichtlich war seine Erschütterung groß, denn ansonsten urteilte er nicht so oberflächlich.


    Ich seufzte leise, denn natürlich war mir seine Meinung nicht unwichtig. Hinzu kam, dass ich ihm selbstverständlich gefallen wollte – das allerdings nicht unter Aufgabe meiner Vorstellungen: Ich besaß meinen eigenen Kopf, hatte meinen eigenen Geschmack, verfolgte meine Pläne und trat demnach auch für meine Ansichten ein. Bei dem Gedanken, dass er ja immerhin in der glücklichen Lage war, mir als mein Auserwählter nahe sein zu dürfen, schmunzelte ich.


    Nun jedoch galt es zunächst, meine veränderte Optik zu verteidigen. Wobei – warum eigentlich verteidigen? Ich beschloss, mich nicht zu rechtfertigen, sondern die neue Haarfarbe bestmöglich darzubieten. Dafür drückte ich die Schulterblätter noch eine Idee weiter zusammen und hob eine Winzigkeit das Kinn, was die ohnehin selbstbewusste Ausstrahlung noch um eine Nuance erhöhte.


    „Selbstverständlich zeige ich dir mein neues Haar, es ist wunderschön geraten“, kündigte ich mit einem süßen Lächeln an. Gleichzeitig griff ich mit beiden Händen an die Stirn und schob den seidigen Schal ein wenig zurück, bevor ich ihn mit der rechten Hand gänzlich über den Kopf streifte. Noch immer lächelnd, bewegte ich den Kopf zweimal hin und her, sodass die Haare, die zunächst über die Schultern gefallen waren, lustig durch die Gegend flogen.
    Als ich ihn erneut anschaute, um seine Reaktion abzuwarten, umrahmten helle Wellen mein Gesicht. Ich trug das Haar selten offen, aber da es durch die Behandlung weder stumpf noch struppig geworden war, sah es auch in unfrisiertem Zustand gepflegt aus.

  • Fassungslos starrte ich sie an, als sie auch noch im Brustton der Überzeugung verlauten ließ, auch weiterhin eine Römerin zu sein. Natürlich war sie das, und sie würde es auch bleiben. Dennoch gab es sicherlich genug Leute, die sich das Maul zerreißen würden. Eine Patrizierin, die sich aus eigenem Antrieb das Haar strohblond aufhellen ließ. Nun, ich war selbst heller als meine Verwandten, was ich auch nie hatte verstehen können. Dennoch begann das Haar allmählich nachzudunkeln. Und gerade Deandras Schwarz war von der Farbe der tiefen Nacht gewesen. Etwas betrüblich sah ich sie an, mochte und konnte die offensichtliche Freude nicht recht teilen. Die Pose, in welche sie sich brachte, vermochte das Gesamtbild auch nicht recht zu verbessern, das wusste ich oder nahm mir eher vor, es so zu sehen, wenn sie den Schal und damit das Geheimnis ihrer Lockenpracht lüften würde, und keine Beeinflussung zuzulassen.


    Der erste Eindruck war....sonderbar. Ich kniff die Augen etwas zusammen und reckte den Kopf zurück, legte ihn schräg. Dabei sah ich Deandra prüfend an. Das Licht schimmerte auf ihrem ungewohnt hellen Haar wie ein verirrter Sonnenstrahl auf einem aureus. Schwarz war es besser! Zumindest hatte ich das sagen wollen. Mit ihrer Präsentation, welche mich natürlich gar nicht auch nur in geringem Maße beeinflusste, hatte sie schon die halbe Pacht kassiert. Ich achtete mehr auf die Bewegungen als auf ihre Locken, und dennoch konnte ich nicht umhin, seufzend mit mir zu ringen und schließlich ein unwilliges Knurren abzugeben, dem einige Worte folgten, die ich so gar nicht hatte sagen wollen. Aber was tat man nicht alles für eine Frau und noch dazu eine, die man liebte? "Najaaa.... Also, schlecht sieht es nicht aus..." Und ein paar Sekunden später, denn ich gewahrte den Blick, den sie mir schenkte: "Das helle Haar lässt deinen Teint dunkler wirken, als er eigentlich ist, um nicht zu sagen...du schaust braungebrannt aus." Überzeugt nickte ich. Das war zwar übertrieben, aber das konnte Deandra ja nicht wissen. Und anschließend versuchte ich, das Gespräch von ihren Haaren auf etwas zu lenken, das mir Sorgen bereitete. Ich griff also erneut nach der acta diurna, welche hier in Germanien als aktuell gehandelt wurde, obgleich in Rom bereits eine neuere Auflage vorlag, und zitierte. "Hör zu: ....hat die vom Kaiser durchgeführte Ernennung von Aurelius Cicero zum Comes von Italia die Lage offenbar nur kurzzeitig in ruhiges Fahrwasser gebracht. Nun scheint dieser Mann jedoch weitgehend untätig zu sein und die Curia Italia damit einmal mehr führungslos.....dass gegen Aurelius Cicero in Rom ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Lex Mercatus eröffnet wurde. Wegen des nicht gestatteten Besitzes von Handwerksbetrieben wurde inzwischen eine erste Anhörung angesetzt. Man darf gespannt sein, ob der Comes wenigstens dort durch seine Anwesenheit und aktive Teilnahme zu überzeugen weiß. Das ist nicht gut. Ich werde einen Brief an Cicero aufsetzen müssen. Und ich werde mich bei den praetores erkundigen, wie die Anhörung verlaufen ist." Ernsten Blickes sah ich Deandra an.

  • Auch wenn ich äußerlich sehr selbstbewusst wirkte, meine Augen, die jede Regung seines Gesichtes verfolgten, die fortwährend Mimik und Gestik prüften, verrieten eine Spur Unsicherheit. Natürlich hätte ich das niemals offen zugegeben, nur ein genauer Beobachter konnte es erkennen.
    So unentschieden, wie ich mich fühlte, so offen war auch das Verhalten, das ich in kürze zeigen würde. Ich stand einerseits in den Startlöchern, um mich bei grober Kritik vehement verteidigen zu können, und anderseits war es ebenso denkbar, dass ich mich durch geschickte Äußerungen seinerseits, entspannen und womöglich zugeben konnte, entgegen den üblichen Normen gehandelt zu haben. Alles war möglich, voller Spannung wartete ich auf seine Reaktion. Und die fiel überraschend gut aus.


    Ich atmete beruhigt aus, als er anmerkte, dass die neue Haarfarbe ja nicht soo schlecht aussah. Dieses Eingeständnis war schon fast mehr als ich bei seinem zunächst geschockten Gesichtsausdruck erwarten konnte. Und wenn er zugab, dass die neue Farbe nicht schlecht aussah, dann musste sie ihm wohl tatsächlich gefallen, denn ich kannte ja Marc, er konnte bei seiner Meinungsäußerung mitunter erbarmungslos sein. Ein Lächeln der Erleichterung und des Glücks erhellte mein Gesicht. Sekunden später gefror es jedoch ein.


    "Ich … Ich sehe, wie? … Du meinst tatsächlich, ich sehe braungebrannt aus?", wiederholte ich entsetzt, legte die Hände an die Wangen, starrte ihn aus aufgerissenen Augen an, bis mich schließlich nichts mehr hielt und ich mich abrupt erhob, zunächst wie angewurzelt verweilte, doch kurz darauf in hastigen Schritten das Triclinum durcheilte – hin und her und wieder hin, dabei noch immer die Hände an die Wangen haltend.


    Erst nach einigen Durchquerungen hielt ich inne und bemerkte, dass er mir irgendetwas erzählte, dessen Sinn ich nicht verstand, weil mir der Anfang fehlte.

  • Deandra legte durchaus Wert auf Meinungen von Personen, die sie mochte oder schätzte. Auch, wenn sie das niemals direkt und ohne viel Worte zugegeben hätte. Dennoch hätte ich nicht mit diesem blanken Entsetzen gerechnet, dass sich nun in ihren Augen widerspiegelte. Sicherlich, Deandra ging mit er Mode, auch wenn sie gänzlich frauenuntypisch einen Einkauf verschmähte und es gar vorzog, einen schmutzigen Pferdestall zu besichtigen oder eine Kröte in Not zu retten. Dennoch, sie achtete stets darauf, gut von den bräunenden Strahlen der Sonne abgeschirmt zu sein, damit ihre makellos reine und helle Haut nicht beeinträchtigt wurde. Allerdings, und das fiel mir nach einer zweiten, eingehenderen Beobachtung der hin und her schreitenden Deandra auf, stand ihr diese andere Haarfarbe gar nicht so schlecht, wie ich mich zwingen wollte zu sagen. Das Entsetzen und ihre Aufregung ließen mich schließlich dann doch die acta und die damit verbundenen Ärgerlichkeiten Onkel Cicero betreffend beiseitelegen und aufstehen.


    Ich ging zu Deandra und blieb knapp vor ihr stehen und sah sie einen Moment nüchtern an, doch dann verrieten die kleinen Lachfältchen um meine Augen herum mein Amusement und ich musste leise lachen, während ich ihr Gesicht in meinen Hände barg. Die Daumen ruhten auf ihren Wangenknochen und ich sah in ihre erschrockenen Augen. Es folgte ein Küsschen auf die Nasenspitze, dann ließ ich sie los und bekannte: "Na gut, ertappt. Es war ein Scherz. Ich muss widerwillig gestehen, dass du zwar fremd, doch anziehend ausschaust. Vermutlich tätest du das sogar, wenn du es den wirklichen Barbaren im Osten des Reiches gleich tätest und dein Haar in Gänze einem Rasiermesser zum Opfer fiele. Sicherlich würden auch ein durch die Nase gezogener Hühnerknochen und Pferdekot im Haar nichts an der Tatsachen ändern, dass ich dich heiraten werde - natürlich nur mit der entsprechenden Anzahl Sklaven, die alles wieder in Ordnung bringen." Ich grinste von einem Ohr zum anderen. Doch beeinflusst von den gesprochenen Worten, fiel mir neuerlich etwas ein, woran ich die Tage schon einmal sinniert hatte. Ich grinste nurmehr halbherzig, musste aber dennoch wie ein Schuljunge wirken, als ich Deandras Hand ergriff und sie zurück zur cline führte. "Aglaia mea, mir fällt ein, dass wir unser Verlöbnis noch rechtmäßig eintragen lassen müssen."

  • Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um zu bemerken, dass Marc auf die Erörterung des von ihm angeschnittenen Themas zugunsten meiner Bestürzung verzichtete. Im Normalfall hätte ich ihm dafür dankbar sein müssen, so aber kam dieses einfühlsame Verhalten noch nicht einmal in meinem Bewusstsein an. Regelrecht gebannt starrte ich ihn an – nicht so sehr, weil er es gewesen war, der mich geschockt hatte, sondern weil ich seine Äußerungen ernst nahm. Ich fühlte mich miserabel, war ratlos und in gewisser Weise auch kopflos.


    Aus diesem Grund legte ich seinen Kuss und die schirmenden Hände als den Versuch eines Trostes aus, der zwar lieb gemeint war, aber nicht durchschlagend half. Er tröstete vor allem deswegen nicht überzeugend, weil er gleichzeitig lachte. Dieses Lachen stand zu den lieben Gesten in einem seltsamen Kontrast; es ließ mich noch ratloser und die auf ihn gerichteten Augen noch größer werden. Erst seine Erklärungen lösten den Widerspruch auf, enttarnten die zuvor gemachten Aussagen als Scherz und lieferten mir gleichzeitig eine derart ungewöhnliche Erneuerung seiner Heiratsabsichten, dass mir der Mund offen stehen blieb.


    Einen Lidschlag später ging jedoch das Staunen in Empörung über, die zwischen eigenem Amüsement und ehrlicher Entrüstung über die überaus blumigen und zugleich frechen Vergleiche hin und her schwankte.


    „Hühnerknochen? Pferdekot? Was ist denn in dich gefahren?“, fragte ich einerseits bestürzt, andererseits konnte ich kaum das Lachen unterdrücken, denn natürlich war mir das eingeflochtene Kompliment nicht entgangen. „Ich kann nur hoffen, dass du kitzlig bist, denn sonst muss ich mir eine weitaus schlimmere Rache ausdenken“, fügte ich an, während meine Hände bereits nach seiner Taille griffen und eine Massage ungewöhnlicher Art begannen.


    Die aufkommende Frage, ob er nicht kitzlig oder einfach nur gedanklich beschäftigt war, blieb ungeklärt, denn ich ließ von der Revange ab, als mir endlich auffiel, dass etwas in ihm vorging. Folgsam ließ ich mich zur Kline führen, nahm Platz und hörte ihm zu.


    „Du hast also wirklich den Mut, mich, ich meine mich, heiraten zu wollen? Ist dir klar, worauf du dich damit einlässt? Sicherlich werde ich dich ständig auf Trab halten. Zum Entspannen kommst du bei mir nicht. Wobei … wenn ich es mir recht überlege, doch. Es wird einen stetigen Wechsel zwischen körperlicher Entspannung und geistiger Forderung geben. Ich denke das trifft es.“


    Ich nickte zufrieden über die gefundene Form der Beschreibung, die mir zudem die Möglichkeit verschaffte, ihm nun meinerseits, und mit sichtlichem Vergnügen, einen Schreck zu versetzen. Meine Augen bekamen einen sichtbaren Glanz.

  • Deandras Verwirrung war schlicht köstlich anzusehen. Ich beobachtete sie noch einen kurzen Augenblick lang und setzte mich alsdann auf die Liege, zu welcher ich sie an meiner Seite geführt hatte. Während sie mir augenscheinlich all das ernsthaft zu offenbaren suchte, was ich bereits selbst herausgefunden hatte, versuchte ich, zumindest etwas ernst dreinzublicken. Schließlich nahm ich ihre Hand und sah sie dabei an.


    "Aglaia mea", sagte ich. "Wir sind schon als Kinder zusammen durch dick und dünn gegangen. Wir haben uns immer geachtet und uns immer aufeinander verlassen können. Daran hat sich nichts geändert, wenngleich sich auch an unseren Empfindungen etwas verändert hat. Ich kann dir nicht sagen, wie es ohne die deinerseits gewünschte Adoption in die Claudia gewesen wäre, ich weiß nur, dass ich dich immer noch schätze, respektiere, und dir vertraue. Und noch dazu..." Plump wie nur sonstwas, dachte ich und seufzte etwas gemartert. "Ich möchte, dass du meine Frau wirst, weil ich dich liebe."


    Nun gut, es war ohnehin bereits mit Vesuvianus abgesprochen, Deandra wusste das so gut wie ich. Dennoch erschien es mir angebracht, den seinerzeit versäumten, "echten" Antrag in irgendeiner Weise nachzuholen. Nicht umsonst hatte ich mit Helena auf dem ansässigen Markt nach diesem Schmuckstück Ausschau gehalten. Es war ein Ring aus filigran gearbeitetem Gold, der hoffentlich passen würde. Das Hauptaugenmerk lag auf den beiden zierlich herausgearbeiteten Pferdeköpfen, welche sich als jeweilige Enden des Ringes schließlich aneinenanderschmiegten und verschlungen. Ich wusste, dass Deandra diese Tiere mochte, und weil ich nicht nur etwas haben wollte, das die Verbundenheit ausdrückte, sondern auch etwas, das sie sich gern ansah und mochte, hatte ich dieses Schmuckstück eigens anfertigen lassen. Nun zog ich es aus den Falten der toga, in welchen Deandra mit ihrer Absicht, mich zu kitzeln, den Ring beinahe gefunden hatte, und steckte ihn ihr Wortlos an den Finger. Er saß zu meinem Bedauern etwas locker, aber da man stets sagte, dass Frauen mit der Schwangerschaft generell etwas zulegten, fand ich es nicht weiter tragisch. Gespannt beobachtete ich ihre Reaktion.

  • Bedauerlicherweise verpuffte meine „Drohung“ wirkungslos, dabei hätte ich ihm doch so gerne ebenfalls einen Schrecken eingejagt. Aber nicht nur, dass er in keiner Weise zu weiteren Scherzen aufgelegt war, er machte einen regelrecht ernsten Eindruck auf mich, als er auf meine Frage antwortete. Diese Form von Ernst hatte jedoch nichts Betrübliches an sich, sondern verlieh dem Augenblick etwas Feierliches, das mich berührte, gefangen nahm, den Schalk in den Augen tilgte und ein nunmehr sanftes Lächeln bewirkte.


    Seine Worte waren längst verklungen, aber sie hallten in mir wieder. Und weil ich im Augenblick nicht wusste, ob und vor allem auch, was ich dazu sagen sollte, atmete ich unwillkürlich einmal tief durch. Das Lächeln verstärkte sich, ich musste sogar zwischenzeitlich den Blick senken, weil er mich mit der gewählten Art dieses – für mich – zweiten Antrags offensichtlich an einer Stelle berührt hatte, wo ich keineswegs selbstsicher und routiniert war. So einen Menschen, wie Marc er war, gab es ganz sicher kein zweites Mal, in diesem Gedanken wurde ich heute bestärkt.


    Ich kam nicht dazu, über die Ursache meiner empfundenen Unsicherheit nachdenken zu können, weil Marc meine Hand nahm und mir einen Ring auf den Finger schob. Er sagte nichts und ich schwieg ebenfalls. Beim Betrachten des Schmuckstücks, das in seiner auffallend zarten Machart ausgesprochen gut zu mir passte, spürte ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Flüchtig fragte ich mich, wie es wohl andere Frauen schafften, gefasst mit solchen Situationen umgehen zu können. Oder war auch bei ihnen alles nur äußerer Schein? Vielleicht konnte ich aber nicht einmal den äußeren Schein wahren, sondern wirkte so beeindruckt wie ich es auch war. Ein unschöner Gedanke, denn ich fand es albern, wegen einem freudigen Anlass, Tränen rollen zu lassen. Noch einmal holte ich tief Luft, blickte aber weiterhin das Geschenk an, als ich sprach.


    „Er ist wunderschön“, flüsterte ich, und weil der Ring etwas locker saß, kamen mir spontan weitere Worte über die Lippen. „Ich darf ihn nicht verlieren. Das bringt Unglück, hat Großmutter Aurelia immer gesagt.“


    Anschließend schlang ich meine Arme um seinen Hals, legte den Kopf an seine Schulter und flüsterte nochmals: „Danke!“

  • Natürlich bemerkte ich, dass sie berührt war. Allein das war sich schon wunderlich, da ich nach meiner Auffassung keine besonders liebevollen oder gar sanften Worte gewählt, sondern schlicht die unausgeschmückte Wahrheit gesagt hatte. Sie senkte den Blick, betrachtete den Ring ein erstes Mal, und ich schweig, um ihr diesen ersten Eindruck nicht zu zerstören. Als sie den Blick jedoch wieder hob, verunsicherte sie mich unbewusst, denn ihre Augen strahlten zwar, waren jedoch flüssigkeitgefüllt - sie weinte. Doch schon mit den darauffolgenden Worten zerstreute sie meine Bedenken wieder. Ein bisher verbogenes Lächeln zog auf mein Gesicht und meine Lippen kräuselten sich zu einem Schmunzeln, als sie erwähnte, dass der Ring nicht ganz passte. Damit schuf sie die passende Überleitung, denn ich hatte einen Hunger wie ein wütender Bär. Gerade setzte sich dazu an, etwas zu sagen, als mir die unerwartete Umarmung die Luft aus den Lungen trieb und ich, überrascht wie ich war, erst einen Moment später die Umarmung erwiderte. "Er wird dir irgendwann passen, nur keine Sorge", beruhigte ich sie leise und ließ sie dann wieder los. "Und um das etwas zu beschleunigen... Wo bleiben die Speisen?" fragte ich einen herumstehenden Sklaven, der sich sogleich sputete, in die culina zu kommen. Während das Essen glücklicherweise unterwegs war, wandte ich mich erneut an Deandra. "Komm doch bitte nach dem Essen in mein officium, dann können wir den Papierkram für die Registratur in Rom gleich anschließend erledigen. Ich habe ohnehin noch einige Briefe zu schreiben, diese Ausgabe der Acta zwingt mich dazu. Cicero ist verschwunden. Ich kann nur hoffen, dass er schlau genug war, Sisenna zuvor in Obhut zu geben." Ich hielt inne und dachte einen Moment nach. Alsdann schnaubte ich und erhob mich, um im triclinium umherzuwandernn und die ein oder andere Vase oder Büste abwesend mit den Fingern abzufahren.


    "Nicht auszudenken was passieren würde, wenn sie gänzlich auf sich gestellt wäre! Ich verstehe ihn aber auch nicht... Es scheint, als hätte er nicht nur Rom den Rücken gekehrt, sondern auch unserem Kaiser. Die Zeichen stehen nicht gut, Aglaia mea. Ihm wurde vertraut, und er hat dieses Vertrauen mit Füßen getreten. Offiziell heißt es, er sei verschollen. Verschollen! Sophus scheint sich ebenfalls auf einer spontanen Reise zu befinden. Und um Mutters Gesundheit steht es ebenfalls schlecht. Vater ist mit ihr nach corsica gegangen, der Luft wegen...." Ich blieb vor einer Vase stehen, die eine Kampfszene zweier Gladiatoren zeigte, und seufzte tief, dann trafen die ersten Speisen ein, und ich wandte mich um und ging zurück zu meiner Liege, auf der ich mich niederließ und weitersprach, während ich mir bereits eine Auswahl an Deftigem zusammenstellen ließ. "Sag bitte Helena noch nichts davon, ich will es selbst tun. Da fällt mir ein...wo ist sie eigentlich?"

  • Der Kopf, den ich leicht an seine Schulter gelehnt hatte, war von ihm abgewandt, und so konnte ich das verräterische Glitzern in den Augen bekämpfen, ohne dass er großartig etwas davon mitbekam. Während die linke Hand noch in seinem Nacken lag und nur zögerlich hinabrutschte, war die rechte längst an der Schulter angelangt, wo ich sie auch beließ. Ich mochte diese Augenblicke, bei denen man alles Drumherum ausblenden konnte; Momente, in denen nur das Hier und Jetzt zählte. Am liebsten hinlegen, ankuscheln, hm, das wäre schön gewesen, aber nein, es ging nicht: Helena nahte – wenn nicht sogleich, dann sicherlich jeden Augenblick.


    Eigentlich wollte ich nicht anfangen, über seine leisen Worte nachzudenken, und doch: ‚Er wird mir irgendwann passen? Hat er das soeben gesagt? Wie ist das zu verstehen?’
    Die Auflösung kam umgehend, nachdem er seine Arme gelöst und ich mich ebenfalls wieder in eine aufrechte Sitzposition gebracht hatte.


    „Um das zu beschleunigen? Du meinst, du hast vor, mich zu mästen?“, fragte ich ungläubig und übertrieb absichtlich, was mein leises Lachen verriet. Eine Antwort erhielt ich vorerst nicht, stattdessen wurde Marc geschäftlich, erwähnte den Wunsch, mich nachher in seinem Officium sehen zu wollen, sprach erneut über Cicero, was mir bruchstückhaft noch von vorhin im Gedächtnis hing, und kam schließlich auf Sisenna zu sprechen.


    Zunächst verstand ich nicht, wie man von einem Heiratsantrag, den man keineswegs tagtäglich vorbrachte, abrupt zur Erörterung irgendwelcher Familienangelegenheiten übergehen konnte. Mein Unverständnis stand wohl auch im Gesicht, wich aber schließlich doch einer Art von Einsicht, denn wie es schien, hatten sich die unangenehmen Wendungen gehäuft, die ihn in letzter Zeit erreicht und offensichtlich bedrückt haben mussten. Mit den Augen folgte ich seinem Gang durch das Triclinium, nahm die Informationen auf und bemerkte bestenfalls nebenbei, dass die Sklaven das Essen bereits auftrugen.


    „Kannst du etwas unternehmen? Wirst du etwas tun?“, fragte ich daher aus erwachtem Interesse nach. Auch als er wieder Platz nahm, folgte ihm mein Blick, blieb auf seinem Gesicht haften und wurde letztlich fragend. Ich strich mir beunruhigt über die Stirn, bevor ich eine Frage anfügte.


    „Wie geht es un…, ähm, dei…, äh, also wie geht es Mutter? Sehr schlecht? Ich hoffe doch nicht!“


    Natürlich würde ich Helena nichts sagen, aber das war gerade auch nebensächlich.

  • Der Tag war recht anstrengend gewesen, deswegen hatte Helena sich schon am Nachmittag in ihr cubiculum zurück gezogen. Müde wie sie war schlief sie auf der Liege ein und träumte von Mantua. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen, das erst verschwand als es an der Tür klopfte. Helena öffnete verschlafen die Augen und gähnte ausgiebig. Es war schon sehr spät und im Zimmer war es dunkel. Mit Schrecken dachte sie, dass sie das gemeinsame Abendessen mit Marcus und Deandra verschlafen hatte. Hastig richtete sie sich auf und fuhr kurz über ihre Tunika, die durch den Schlaf ein wenig knittrig geworden war. Erst dann rief sie den Wartenden vor der Tür hinein. Es war ein Sklave, der Helena davon unterrichtete, dass Marcus mittlerweile angekommen war und sie im Speisezimmer erwartete. Helena sankte ihm und atmete dann erleichtert auf. Sie hatte also nicht verschlafen, denn Marcus schien im castellum sehr beschäftigt gewesen zu sein.


    So wie sie jetzt aussah konnte sie allerdings nicht zu ihm gehen. Helena stand auf und öffnete die Tür um nach Marina zu rufen. Nur wenige Augenblicke später war ihre Leibsklavin damit beschäftigt eine passende Tunika aus einer der Truhen zu suchen, während Helena ihre Haare auskämmte. Bei einem dunkelgrünen Kleid nickte sie schließlich und stand auf um sich beim Anziehen helfen zu lassen. Der Stoff wurde mit mehreren goldfarbenen Kordeln geschickt am Körper gehalten und obwohl es recht schlicht war gefiel es Helena sehr gut. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel entschied sie sich ihre Haare offen zu tragen. Für eine anspruchsvolle Frisur fehlte jetzt einfach die Zeit. Schon so kam sie zu spät. Zudem erwarteten sie keinen Besuch mehr und Marcus würde wohl kaum auffallen, dass sie anders aussah als sonst.


    Ihre Füße flogen fast als sie sich auf den Weg zum Speisesaal machte. Erst als sie die Stimmen von Marcus und Deandra hörte ging sie ein wenig langsamer. Sie wollte die Beiden ungern in einer prikären Situation erwischen, wobei sie eigentlich nicht davon ausging, dass Deandra sich auf soetwas einlassen würde. An der Tür angekommen räusperte Helena sich kurz bevor sie eintrat. Sie wusste nicht worüber die Beiden gerade sprachen, aber sie wollte ihnen zumindest di Möglichkeit geben rechtzeitig auf sie aufmerksam zu werden. Die Sklaven hatten das Essen schon gebracht und bei dem wunderbaren Geruch machte sich ihr Magen bemerkbar. Mit einem Lächeln nickte sie Deandra und Marcus zu und ging an ihnen vorbei um sich auf einer der freien Liegen nieder zu lassen.


    "Es tut mir leid, dass ich so spät komme. Die germanische Luft scheint mich recht schnell zu ermüden. Ich hoffe, ihr musstet jetzt nicht mit dem Essen auf mich warten."

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Amüsiert schmunzelte ich, als Deandra entrüstet tat, und griff träge nach dem Olivenschälchen, welches mir augenblicklich näher angereicht wurde. Eine der kleinen Ellipsen ließ ich zwischen den Lippen verschwinden, bedachte meine Verlobte mit einem durchaus ernsten Blick und entgegnete, immer wieder zwischendrin kauend: "Mästern? Nicht direkt. Aber so Iuno uns gewogen ist, wird dir der Ring gewiss sehr bald nach der Heirat passen." Es war ja nichts Neues, dass alle Frauen während der Schwangerschaft an Gewicht zulegten, Deandra sicherlich auch. Mit der Hand deutete ich nach und nach auf Huhn und diverse Beilagen, die mir ein Sklave umgehend auf einem Teller drapierte. "Ob ich etwas unternehmen werde? Ja. Nur ob es nutzt, vermag ich nicht einzuschätzen. Ich werde nach dem Essen einige Briefe verfassen müssen, und ich werde mich auch um diese Angelegenheit kümmern, in der Hoffnung, dass es fruchtet." Der Sklave reichte mir den Teller, ich nahm ihn und seufzte. "Manchmal habe ich das Gefühl, dass man sich um Cicero mehr Gedanken machen muss als um Sisenna. Meinst du, ich sollte ihr auch schreiben und mich nach ihrem Wohlergehen erkundigen?" fragte ich Deandra und sah sie dabei an. "Und was Mutter angeht...."


    Just in diesem Moment verklangen hastige Schritte vor der Tür, und jemand räusperte sich. Ich wandte meinen Blick zur Tür, und unmittelbar darauf trat Helena ein und entlockte mir ein Lächeln. "Guten Abend, Cousine. Oh ja, die germanische Luft wird auch so manchem Soldat zum Verhängnis. Wir haben eben erst angefangen, wie du siehst", sagte ich und hielt meinen Teller kurz etwas höher, um die Worte mit einer Geste zu unterstreichen. "Wir sprachen eben von deiner Tante Severina." Erneut sah ich Deandra an. "Ihr geht es schlecht. Vater ließ in seinem Brief keinen Zweifel an seinen Befürchtungen."


    Eine Weile schwieg ich, bis ich es für angemessen erachtete, einen Themenwechsel zu vollziehen. "Nun, was treiben denn die beiden hübschesten Frauen Germaniens, während ich nicht daheim bin? Ich hoffe doch, es werden keine wilden Orgien gefeiert?" sprach ich, im Versuch, einen Witz zu machen und die Situation damit zu lockern.

  • Ah, darauf spielte er also an, dachte ich bei mir und schmunzelte.


    „Nun ja, ich denke dennoch, es wäre zweckmäßiger, am Bauch und nicht am Ringfinger zuzunehmen.“


    Ich wusste ja, wie er es meinte, musste aber trotzdem leise lachen. Inzwischen überblickte ich auch die Abläufe, wie dieses Phänomen überhaupt möglich war, wobei mir die Machweise im Augenblick besser als das Ergebnis gefiel, das vor allem deswegen, weil es so viele Monate dauerte, bis es sichtbar im weiteren Sinne war. Diese Zeit stellte ich mir nicht wirklich witzig vor, was ich aber für mich behielt.
    Bei dieser Gelegenheit fiel mir ein, dass ich einmal gehört hatte, der Geschmack würde sich während dieser Zeit ändern. Also hieß es, Vorsorge zu treffen. Ich bestellte mir augenblicklich eine Portion Gletschereis mit Früchten für den Fall, dass mir ausgerecht diese Leibspeise später nicht mehr munden würde. Da der Sommer nahte, standen die Chancen ohnehin schlecht, dass sich das eingelagerte Eis noch lange halten würde.


    Während der Wartezeit lauschte ich auf seine Erklärung bzgl. Onkel Ciceros. Ich neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte sanft, weil mir wieder einmal bewusst wurde, wie umsichtig und umsorgend er war. Gerade diese Seite gefiel mir gut an ihm, darin war er erwachsener als manch anderer doppelt so alte Mann.


    „Sisenna? Nein, ich denke nicht, dass du an sie schreiben solltest. Sie ist doch viel zu klein, um das alles zu verstehen.“


    Die angenehme Stimmung schien unwiderruflich zu schwinden, als er über Mutter sprach. Ich hörte es an seinem Tonfall, auch wenn Helenas Erscheinen seine Ausführungen zunächst unterbrachen. Von einem unguten Gefühl beschlichen, grüßte ich meine ehemalige Cousine nur flüchtig. „Salve, Helena.“


    Meine Augen hefteten sich sogleich wieder auf Marc. „Befürchtungen?“ Ich musste schlucken, war sie doch die einzige Mutter, die ich je hatte, auch wenn es theoretisch durchaus drei hätten sein können. Meine leibliche Mutter allerdings kannte ich nicht und Vesuvianus lebte alleine. Von einer Frau wusste ich nichts.

  • Irgendwie war die Stimmung im Raum seltsam. Da Helena nicht gehört hatte, worüber sich die Beiden unterhalten hatten brachten Vermutungen sie auch nicht weiter. Zumindest aber sah es nicht so aus, als hätten sie sich gestritten. Marcus hielt ihr seinen Teller hin, auf dem einige Köstlichkeiten lagen und zeigte ihr damit, dass sie noch nicht angefangen hatten zu essen. Helena seufzte erleichtert und gab einem Sklaven dann ebenfalls ein Zeichen, dass sie etwas zu essen haben wollte. Marcus wurde indess wieder ernst und erzählte ihr, dass ihre Tante Severina schwer krank war. Helena schluckte und es wurde ihr schwer ums Herz. Severina war Marcus Mutter. Dementsprechend musste er sich gerade fühlen. Helena beugte sich ein wenig zur Seite und legte ihre Hand auf Marcus Unterarm.


    "Das tut mir sehr leid, Marcus!"


    Mehr sagte sie nicht, denn in so einer Situation waren die meisten Worte fehl am Platz. Zudem kam diese Nachricht vollkommen überraschend und hatten sie unvorbereitet getroffen. Trotzdem schenkte sie ihm ein mitfühlendes Lächeln. Mehr konnte sie nicht für ihn tun und sicherlich würde er eher mit Deanda als mit ihr über seine Sorgen reden. Auch Deandra hatte sie kurz begrüßt, sich dann aber wieder direkt an Marcus gewandt um ihr Gespräch fortzuführen. Damit war der Versuch eines Themenwechsels von Marcus hinfällig, obwohl Helena nicht umhin kam kurz amüsiert zu grinsen. Sie lehnte sich wieder auf ihrer Liege zurück und griff nach dem Teller, den der Sklave ihr reichte. Sie schwieg, denn es gab nichts was sie sagen konnte. In dieses Gespräch mischte sie sich besser nicht ein, denn immerhin kannten Marcus und Deandra Severina wesentlich besser als sie.


    Vorsichtig begann sie zu essen und bemühte sich dabei die Beiden nicht anzusehen. Helena wollte nicht das Gefühl vermitteln das sie lauschte, obwohl das recht schwierig war, immerhin saß sie direkt daneben. Ein Gefühl der Ausgeschloßenheit machte sich in ihr breit, auch wenn sie selbst wusste wie albern das war. Gerne wäre sie jetzt mit Marcus alleine um mit ihm zu reden und ihn zu trösten. Immerhin hatte er schon einmal ihren Rat gesucht. Da sie ziemlich hungrig war leerte sich der Teller recht schnell. Zwar hätte sie noch etwas zu sich nehmen können, doch stattdessen stellte sie den Teller auf einem kleinen Beitisch ab und richtete sich wieder auf.


    "Vielleicht sollte ich euch besser alleine lassen. Ihr habt mit Sicherheit einiges zu bereden."

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Ich musste schmunzeln, immerhin sagte man Schwangeren nach, sie sahen gesund und wohlgenährt aus, was vermutlich also nicht nur den Bauch, sondern auch die Schenkel, Arme und eben auch den Ringfinger betreffen musste. Und wenn ich Glück hatte, würden einige Kilos auch weiterhin an Deandra hängen bleiben und aus dem doch knochigen Becken ein einladenderes machen. Ob dieser Gedanken bemerkte ich nicht, wie mein Blick jeweils an die entsprechenden Stellen glitt. Erst die Antwort auf meine Frage bezüglich Sisenna ließ mich aus dem Tagtraum auftauchen, und ich sah Helena und dann Deandra an. "Hmm. Natürlich würde mein Brief entsprechend ausfallen. Nun ja, wenn noch Zeit ist, werde ich ihr ein paar Zeilen schreiben. Sie sollte wissen, dass wir in absehbarer Zeit zurückkehren nach Rom...und gleichzeitig könnte ich mich bei ihrer Amme darüber erkundigen, wie sie sich macht und ob sie gut aufgehoben ist."


    Helena, die ja eben eingetreten war, schenkte ich ein aufmunterndes Lächeln und folgte ihrem Weg bis zu einer Sitzgelegenheit mit Blicken. Meine hübsche Cousine setzte sich bald und ich hing trüben Gedanken nach, Sisenna betreffend, Cicero betreffend, Mutter betreffend... Ich seufzte, sah auf den Boden und nahm mir Brot nach. Das germanische war herzhafter und nicht so luftig wie das italische, aber es schmeckte dadurch nicht schlechter, sondern nur eben anders. Ich brach ein Stück und tauchte es in den Tupfer garum, um es anschließend geistesabwesend zu verzehren. Auf Deandras knappe Frage gab es nicht viel zu erwidern. "Vater berichtete von blutigem Husten, begleitet von rasselndem Atem", erwiderte ich und schwieg anschließend. Eine bedrückte Stimmung breitete sich aus, jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Helena tat ihr Beileid kund, und dafür erntete sie ein dankbares Lächeln meinerseits. Nachdenklich musterte ich anschließend ein Wandgemälde, welches - passend zum Raum - einen reichlich gedeckten Tisch zeigte. Am Rande bemerkte ich, dass Helena einen raubtierartigen Hunger bewies und ihr Teller sich rasch leerte. Kaum hatte sie das Essen im wahrsten Sinne des Wortes verdrückt, schlug sie auch schon vor, Deandra und mich allein zu lassen. Ich schüttelte den Kopf. "Bitte, das ist doch nicht nötig, liebes Cousinchen", sprach ich und stellte meinen Teller fort, um nach dem Wein zu greifen, der an diesem Abend einmal unverdünnt floss. "Lasst uns das Schweigen brechen, es nützt nichts, wenn wir hier sitzen und uns grämen. Ändern können wir ohnehin nichts an der Tatsache, nur hoffen und den Göttern ein Opfer darbringen", fasste ich schließlich zusammen. Anschließend sah ich meine beiden Mädels fragend an. "So, erzählt einmal, was habt ihr denn Schönes gemacht heute? Von mir wisst ihr schließlich, wo ich den ganzen Tag stecke", versuchte ich die Situation zu lockern.

  • Es wurde dann doch noch ein recht angenehmer Abend. Meine zwei Mädels schienen mir am Anfang einer Freundschaft zu stehen, aus der etwas werden konnte, und das sollte mir nur recht sein - auch, wenn das lediglich eine Vermutung war. Nach einem köstlichen Essen, einem anregenden Gespräch und dem Genuss von die Zunge schwer machendem Wein, gingen wir alle zu Bett.



    Sim-Off:

    Ich beende das mal...Deandra wäre zwar dran gewesen, aber das Thema ist ohnehin schon veraltet inzwischen.

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