Atrium | Pontifex et Furianus

  • Der Pontifex wurde von einem Sklaven in das durch die hereinbrechende Sonne erleuchtete Atrium geleitet, dort stand auch schon Furianus in einer Toga mit doppelt gefärbtem Purpurstreifen und begrüßte den Mann.


    "Salve Pontifex, du wolltest mich sprechen?"

  • "Diese Annahme ist zutreffend. Dein Name wurde uns von höchster Stelle zu näheren Beratung genannt." Der Mann spricht mit tiefer Stimme, langsam und betont. Zweifellos könnte er dieselben Worte auch deutlich lauter und dennoch genauso klar von den Stufen eines Tempel hinunter quer über einen Platz rufen. "Du strebtest demnach einen Sitz in einem Kollegium an. Ist dies korrekt?"

  • "Dies ist korrekt."


    Sagte Furianus freundlich und wies mit der Hand auf eine Klinengruppe zu der er auch sogleich schritt und wartete, bis der Pontifex ebenfalls angekommen war. Er wollte ihm die Gesprächsführung überlassen, um nichts voreiliges zu sagen und erst einmal schweigend die Meinung des Collegiums über sich ergehen lassen.

  • "Wie dir sicher bekannt ist, verstarben kürzlich zwei Mitglieder des Collegium Augurum. Doch diese Plätze sind inzwischen wieder besetzt. Wir möchten nicht hoffen, dass es in Kürze in anderen Collegien zu weiteren Todesfällen oder sonstigen Notständen kommt. Bei den Quindecimviri, die durch die Tribus Roms gewählt werden, könntest du jedoch auf die Kandidatenliste gesetzt werden."


    Es versteht sich von selbst, dass diese Liste einer Wahl gleich kommt, denn in einem Kollegium, dem einst sogar Kaiser als Magister vorstanden, sind die Regeln noch ein wenig spezieller als bei den Wahlen zum Cursus Honorum.

  • "Die Quindecemviri?"


    Brachte er doch sehr überrascht hervor. Natürlich war dies Amt angesehen, dass die Kaiser bestrebt waren dieses Gremium als Magister zu leiten verstand sich von selbst, denn welcher Augustus wollte schon, dass man seine Herrschaft und die anschließende Gottwerdung durch die Einflüsse fremder Kulte in Frage stellt. Doch dieses Kollegium war nicht nur sehr uninteressant, sondern auch noch ungeeignet. Schließlich wollte er sich so langsam auf die Traditionen besinnen und nicht wie ein Plebejer durch solche in das Amt gewählt werden.


    "Dieses ehrenvolle und höchst angesehen Amt in Ehren, doch meine Absicht war es unseren Göttern zu dienen."


    Außerdem musste er sich mit fremden Kulten auseinander setzen, dies bedeutete mehr Arbeit, mehr Kommunikation mit Peregrinen, ja eigentlich fast ausschließlich mit Fremdem, und nicht mit der Tradition auf die er sich besinnen wollte.

  • Der Gesichtsausdruck des Priesters verändert sich nur leicht. "Ich kann deine Entscheidung nicht nachvollziehen, aber ich bin beauftragt, sie zu akzeptieren. Andere Angebote kann ich dir dennoch nicht machen. Dafür, dass du einfacher Sacerdos wirst, benötigst du nicht meine Beratung."


    Der Priester macht eine Pause, in der er keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass er danach weiter zu sprechen gedenkt. Noch einmal verändert sich sein Gesichtsausdruck leicht. "Du hattest darauf gehofft, in das Collegium Pontificium berufen zu werden, nicht wahr? Ein ehrenhaftes Ziel, junger Mann, doch in dieses Collegium kommt man nicht hinein wie in eine Taverne. Dein Weg wird verfolgt. Deine Schritte beobachtet. Deine Worte gehört. Deine Taten gemessen. Als Flamen den höchsten Göttern zu dienen oder als Pontifex den Pontifex Maximus und den Rex Sacrorum zu beraten, ist Belohnung und Verpflichtung zugleich. Schaue dir an, welch ausgesuchten Männer diese Ämter einst bekleideten. Ihre Namen stehen noch heute in höchsten Ehren, ihr Weg führte sie bis an die Spitze des Reiches. Dein Wunsch wurde gewogen. Und für zu leicht befunden."

  • Furianus hatte sichtlich Mühe bei den Ausführungen und Anpreisungen des Pontifex ein spöttisches Lächeln zu unterdrücken. Er fragte sich zugleich, ob die Priester immer so pharisäisch daherredeten, wenn es um sie oder die Spitzen der Religion ging.
    Auserlesene Männer, natürlich, besonders, wenn es schon seit Jahrzehnten usus war diese Männer von den Kaisern rekrutieren zu lassen, weil keiner diese Ämter, welche doch mehr Verpflichtung als Ehre waren, annehmen wollte. Natürlich wurden ihre Worte gehört, ihre Taten gemessen und ihr Weg verfolgt, sofern diese Auserwählten überhaupt eine dieser Aufzählungen nur im Weitesten erfüllten und nicht, wie seit Jahren, einmal die Patrizier und Frommen an diesen Ämtern interessiert waren, die kein öffentliches Amt inne hatten. Nicht einmal diese wollten die Bürden eines Flamen Dialis oder Rex Sacrorum auf sich nehmen, genossen lieber den Luxus und die Schwelgerei, da musste Furianus wirkliche Anstrengungen unternehmen, um nicht zu lachen, dass man ihn nun abschlagen wollte. Selbstverständlich pries der Pontifex diesen Ämtern Ehre und Pflicht auf, doch die Realität sah anders aus, das wusste der Mann wohl selbst. Auch wenn Furianus zu den pietistischen unter den Patriziern gehörte, Stolz hatte auch er und erhob sich.


    "Ich, Praetor Urbanus und Senator Roms, Lucius Flavius Furianus, akzeptiere diese Entscheidung."


    Der Dank für ambitionierte Männer war dies also, Furianus lächelte dennoch den Konventionen folgend und wies gen porta.

  • Der Priester erhebt sich. Er hat seine Mission zwar nicht erfüllt, aber dennoch abgeschlossen. "Es ist immer schade, wenn ein junger Mann den einen Platz ablehnt, weil er den anderen haben will. Wer immer nur den Unterschied zu seinem Traum betrachtet, wird nie die Nähe zur Realität entdecken. Nur im Luxus kann man wahllos sein, aber unsere Aufgabe ist ganz sicher kein Luxus."


    Wie deutlich angezeigt, verlässt er nach einem Abschiedsgruß das Haus.

  • "Selbstverständlich bist du im Recht, es ist kein Luxus und ich war bereit das zu entbehren, was erforderlich sein würde, doch ich entbehre nicht den Dienst an meinem Göttern."


    Was war es schon als Rex Sacrorum auf dem Boden zu schlafen, was war es schon keiner körperlichen Arbeit zusehen zu dürfen oder Eisen anzufassen, doch eine Entbehrung seiner Götter, statt jener die Überprüfung anderer Kulte, deren Auswüchse und gar Orgien, war für ihn und seinen Stand zu viel.


    Er verabschiedete den Pontifex dennoch freundlich.

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