| Stratonice
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Draußen war die Dämmerung schon lang vorbei, als die Sklavin noch in der Küche saß und in das Flackerlicht der Öllampe starrte. Sie ahnte nichts von dem Besuch, der sie bald erwarten sollte. Nämlich die Leibsklavin einer Tiberia, eine von denen, die große Vorzüge genossen. Zumindest größere als sie selbst, die eigentlich stets Ruß im Gesicht hatte und nicht selten auch Brandblasen an den Fingern forttrug. An ein Leben in Freiheit glaubte sie ohnehin schon lange nicht mehr. An und für sich erging es ihr hier auch nicht schlecht, aber sie ward schon in der Sklaverei geboren und dient nun schon 40 Jahre in dieser, sodass ihr allmählich der Ansporn fehlte.
Sie war eine etwas rauhere Person die auch klar sagte, was sie dachte. Selbstverständlich nahm sie sich gegenüber der Herrschaft deutlich zurück, doch im stillen Kämmerlein wurde auch dort manchmal böse gedacht und manchmal auch gesprochen. Vor ihr standen Weinkrug und Weinbecher. Falerner. Teurer Wein also. Doch es war ohnehin kaum einer von den Herrschaften im Haus und um diese Uhrzeit würde es sicherlich niemand bemerken. Ihr Blick wurde schon glasig von dem vielen Wein.
Culina - Gens Tiberia