Innerlich seufzte ich, denn die Erklärung, warum ihr Gemahl so anders mit ihr umging, war simpel, schnell gesprochen und vollkommen unmöglich ihr zu entdecken. Ich musste also einen Weg finden, sie zu beruhigen, ohne dass ich dieses Geheimnis berührte - dass es einer Lösung bedurfte, verriet ihr Verhalten, es schien sie wirklich zu beschäftigen, aber wen wunderte das schon, wenn man bedachte, dass sie seit vielen Wochen nur Ehefrau war, und eine Ehefrau noch dazu, deren Gemahl sie offensichtlich scheute?
"Nein, ich sah ihn mit beiden nicht, aber denke doch einmal nach, Antonia: Leontia ist mit ihm verwandt, und er kennt sie schon sehr lange. Dass sich dort ein Verhältnis zueinander entwickelt, das von Lockerheit und Freundlichkeit geprägt ist, ist doch nicht erstaunlich, ich gehe mit Manius auch anders um als mit jedem anderen Menschen in Rom, eben weil wir uns schon lange kennen und nicht viel gegenseitig erklären müssen. Tiberia Livia ... nun, ich habe sie auf irgendeinem Empfang einmal beobachtet, und sie scheint mir von derselben distanzierten Natur wie Gracchus selbst. Würdest Du nicht eher mit einem fremden Menschen zurecht kommen, wenn Du ahnst, dass er oder sie Dir ähnelt? Er tut sich einfach schwer mit anderen, deren Temperament dem seinen gegensätzlich oder unähnlich ist, Antonia, und das ist bei euch beiden, wenn ich es recht bedenke, der Fall."
Ihre Finger waren angenehm warm, die Berührung prickelte auf meiner Haut, deutlicher und lebendiger, als ich es vermutet hätte, eine so spontane, arglose Geste war es, dass ich mich fast für das jäh aufflammende Begehren dieser leidenschaftlichen Frau schämte. Wäre sie die meine, würde sie sich über dergleichen sicherlich niemals wieder Gedanken machen müssen. "An Dir ist alles richtig, Antonia, glaube es mir, ihr kennt euch nur noch nicht lange genug, wisst zu wenig voneinander, um euch miteinander groß angefreundet zu haben. Vielleicht werdet ihr euch nie lieben, aber das ist für das Funktionieren einer Ehe auch weit weniger wichtig als die Tatsache, sich gegenseitig zu respektieren und anzuerkennen, was der andere ist und kann. Und um das zu tun, muss man den anderen erst kennenlernen. Was weisst Du über Manius' Interessen? Weisst Du, was er gerne liest, was er gerne tut, wenn er nicht arbeitet? Quäle Dich nicht zu sehr, denn ich werde Dir helfen, einen Weg zu finden, dass ihr beide miteinander auskommt und euch schätzen lernt, denn ich bin euch beiden wahrlich verbunden." Und wie, dachte ich still bei mir und seufzte innerlich darüber, dass ich mir gerade wahrscheinlich selbst überhaupt keinen Gefallen getan hatte. "Komm, setz Dich wieder zu mir, dann wollen wir überlegen, wie wir diese Schlacht angehen." Damit tippte ich einladend auf die Steinbank und den freien Platz neben mir.