Officium des Aurelius Corvinus

  • Ein amüsiertes Schmunzeln umspielte meine Lippen, als ich den Kopf wandte und Deandra von schräg vorn ansah, zumindest, bis sie sich anlehnte und damit aus meinem Blickfeld verschwand. Grübelnd wandte ich den Blick wieder dem Brief zu., ohne ihn jedoch zu sehen, denn mir gingen ähnliche Gedanken wie Deandra durch den Kopf - es war ein Kräftemessen, ich konnte genauso gut nachgeben, ich wollte nur nicht. Ihre Behauptung, mich viel zu selten allein zu haben, erstaunte mich. "Na, das stimmt so aber nicht,. Du hast mich, so oft es möglich ist. Aber, Aglaia mea, bitte vergiss nicht, dass es für mich schwierig ist, in einem gewissen Punkt Zurückhaltung zu üben. Du weißt, was ich meine. Ein Mann möchte manchmal mehr, als ihm gewährt wird", versuchte ich zu erklären. So manches Mal war es so schwer, sich nicht einfach den Wünschen zu ergeben, und wenn ich Deandra nicht haben konnte, an ihrer statt Camryn für einen kurzen Moment zu besitzen. Meine Gedanken drehten sich in letzter Zeit öfter um dieses Problem, und ich nahm mir vor, mit Deandra nochmals darüber zu sprechen, später.


    Kurz darauf schlug Deandra vor, zu bleiben, sich aber still zu verhalten. Erneut lösten diese Worte ein Schmunzeln aus, und ich sah auf ihre Hände, welche ich auf ihrem Weg gestoppt hatte und immer noch fest hielt. Ich schloss kurz die Augen - alles Dinge, die sie hinter mir sitzen nicht sehen konnte - und führte ihre Hände an meine Brust, die sich rhythmisch mit dem Atem hob und senkte. Dort ließ ich sie los. "In Ordnung", sagte ich. Und für den Fall, dass es ihr so ging, wie ich vermutete, fügte ich an: "...wenn es dir lieber ist und du das aushältst." Nach einem tatkräftigen Seufzen, mit dem ich auch das Verlangen zurück in die ihm angestammte Ecke drängte - zog ich das Pergament nun also wieder heran und schrieb weiter.



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    Titus Aurelius Cicero
    villa aurelia in Roma
    Italia



    M. Aurelius Corvinus suo patruo s.d.


    patruus meus, besorgniserregende Neuigkeiten erreichten mich hier in Germanien. Der acta diurna ist zu entnehmen, dass du deinen Posten wort- und nachfolgerlos verlassen hast, die curia einmal mehr führungslos ist. Du hast mich enttäuscht, Onkel, du hast - und dies ist weitaus schlimmer - den Kaiser enttäuscht und deiner gens geschadet! Wie kann ein Mann deines Standes und deines Ansehens so falsch entscheiden? Ich muss dir dein Verhalten zum Vorwurf machen, patruus, und bitte um umgehende Aufklärung der Verhältnisse, sofern dieser Brief dich überhaupt erreichen wird und du nicht, wie schon einmal, alle im Stich gelassen und uns wie dem Kaiser den Rücken gekehrt hast.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (29.6.2007/104 n.Chr.)



    Kaum hatte ich diesen Brief gesiegelt, seufzte ich ergeben und schob ihn fort. Deadnra hatte mitlesen können, wenn sie gewollt hätte. Nun griff ich nach einem weiteren Bogen Pergament. Dieser nächste Brief ging mir weitaus leichter von der Hand als der vorige, beinhaltete er doch eine weitaus angenehmere Sache. "Na? Wird es noch etwas gehen?" fragte ich sie belustigt.



    Ad
    Herius Claudius Vesuvianus
    villa claudia in Roma
    Italia



    Aurelius Corvinus Claudio Vesuviano s.d.


    Geschätzter Freund, ehe ich zu einer wichtigen Bitte komme, lasse mich kurz berichten, wie es mir und den meinen bisher im rauhen Germanien ergangen ist. Die Reise nach Mogontiacum war beschwerlich, doch gelangten wir ohne Verzögerung sicher an. Dir sei versichert, dass scharfe Sklavenaugen tagtäglich scharf über die Sicherheit deiner Tochter wachen, wenn ich nicht selbst zugegen bin, um ihre Sicherheit zu garantieren. Meine Arbeit im castellum geht gut voran, doch einmal mehr bewundere ich dich für die Ruhe und Gelassenheit, die du dir angesichts deines eigenen Amtes bewahrt hast. So manches Mal wünschte ich, dich als mentor zu einer Angelegenheit befragen zu können.


    Doch nun genug von mir. Deandra geht es gut, sie möchte im Anschluss selbst noch einige Zeilen anfügen. Wir schreiben dir mit der Bitte, unsere Verlobung im tabularium eintragen zu lassen, denn dies ist bisher nicht geschehen. Anbei senden wir dir daher die entsprechende Erklärung zu, mit welcher du bitte das Eheregister aufsuchen möchtest, um als pater Deandras unsere Verbindung zu bestätigen. Ich gestehe, dass mich seit unserer Abreise auch eine Frage beschäftigt, die ich dir nun, da ausreichend Zeit verstrichen ist, gern stellen würde: Hat mein Vetter Sophus sich in irgendeiner Weise geäußert, gar Ansprüche gestellt?


    Mit dieser Frage werde ich nun auch schließen. Mögen die Götter ihre schützende Hand über dich und die deinen halten, mein Freund, und dir Ansehen und Ehre gewähren angesichts deiner Quästur.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (29.6.2007/104 n.Chr.)










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    Ich ließ ausreichend Platz für Deandra, damit sie noch etwas würde anfügen können, wie sie gesagt hatte. Als auch dieses Schreiben unterzeichnet war, blies ich über die Tinte, bis sie getrocknet war, anschließend reichte ich meiner unruhigen Aglaia den Brief. "So, du könntest dann etwas darunter setzen, wenn du wolltest, meine Liebe", sagte ich überflüssigerweise. Und nun zog ich einen weiteren Bogen Pergament hervor. Die Praetoren warteten schließlich noch....

  • Corax kam wieder ins Officium zurück mit sauberen Händen.:P
    Doch leider gab es in der Küche keinen zweiten Lederbeutel für sein Geld, welches er als ein Problem sah, denn er hatte keine Lust sein Geld wieder in den alten Beutel zu geben und sich dann nochmals die Hände schmutzig zu machen. Also lag das ganze Geld immer noch auf dem Schreibtisch.
    Ich ging wieder zu meinem Platz, setzte mich, stützte meine Ellenbogen auf die Knie und legte mein Gesichte in sie, darauf seufzte ich tief. Nach einer Weile hob ich den Kopf und starrte auf das viel Geld, was zum greifen nah war, und schmunzelte.
    Ich raffte mich etwas auf, auf meinem Stuhl. Lehnte mich zurück, genoss die ruhige Atmosphäre und den Geruch des Hauses. Mein Kopf war leer, ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte, was ich denken sollte.
    Dann plötzlich wiederholte sich in mir wieder all das, was bisher in diesem Raum passiert war: Das Glas Wein, das Anliegen, der Handkuss, der Vorschlag der Beiden, die Sache mit dem Geldbeutel und es kam Corax so vor, als wäre er in einem Film.

  • Das Leben war so ungerecht! Ich bestand wie Marc aus Fleisch und Säften, ich liebte und begehrte wie er, ich durfte so wenig mit ihm schlafen wie er mit mir und mir ging es mit dieser erforderliche Zurückhaltung so schlecht wie ihm. Ich atmete schwer aus, so als würde ich die Last von uns beiden alleine tragen, und im Grunde verhielt es sich auch so. Ich spürte, dass er nicht länger bereit war, Zurückhaltung zu üben. Gleichzeitig wusste ich, dass er sein Wort gegenüber meinem Vater nicht brechen würde. Die Lösung hieß irgendwie, aber nicht Deandra, es war üblich, statthaft und doch verletzte es mich zutiefst.
    Das Leben war ungerecht. Ich hatte auch Wünsche, große Sehnsüchte, und was wurde aus mir?


    Die in Warteposition verweilende Sehnsucht, das gewaltsam gestoppte Verlangen, die aufgeschobene Teilerfüllung und diese trüben Gedanken trugen dazu bei, dass sich Resignation mit Begehren und Traurigkeit mit Leidenschaft mischte, ein Cocktail, der so gut wie unverdaulich war. Während Marc an seinem ersten Brief arbeitete, überlegte ich, welche Möglichkeit es für mich gab, die mein Leiden mildern würden, denn anders konnte man es nicht bezeichnen. Gab es Mittel zur Betäubung? Zur körperlichen und geistigen Ruhigstellung? Ein Abreagieren an anderer Stelle war für mich indiskutabel. Ich nahm mir vor, gleich morgen zu einem Medicus zu gehen.


    Die Zeit tropfte schwerfällig dahin und ließ mir viel zu viel Raum für trübe Gedanken. Ich überlegte, wo ich die beiden Ärzte, die mich bereits kannten, treffen würde. Einer, so glaubte ich mich zu erinnern, war Meridius’ Leibarzt und als solcher sicherlich mit dem Legaten abgereist. Blieb noch der Legionsarzt. Ein Schmunzeln huschte bei dem Gedanken über mein Gesicht, ich würde ihm mein Leid schildern und dabei erklären, dass es nur daraus resultierte, weil ich mit dem Tribunus seiner Einheit noch nicht verheiratet bin. Die Vorstellung war derart witzig, dass ich lachen musste. Zu spät fiel mir ein, dass dieses Beben sicherlich unpraktisch beim Briefe schreiben war, daher hielt ich sofort inne, indem ich die Atmung stoppte und auf seine Reaktion wartete. Offensichtlich hatte ich Glück gehabt, der erste Brief war erledigt, ich atmete erleichtert aus.


    Ich dachte, jetzt musste Rühren erlaubt sein, außerdem wurden mir langsam die Arme schwer, weil sie in viel zu hoher Position verweilen mussten. Ich streckte die Glieder und auf seine Frage, ob es noch gehen würde, antwortete ich mit einem wenig aufschlussreichen: „Na ja…“
    Eine Idee schoss mir durch den Kopf: Ich hatte nur zugesagt, mich ruhig zu verhalten, nicht aber die Arme in unbequemen Höhen zu belassen. Die neue Position war unterhalb des Bauchnabels und nicht nur bequemer, sondern auch reizvoller, was meine Gedanken nunmehr wieder stärker an Marc band. Ich atmete einmal tief durch, legte die Wange an seinen Rücken und streichelte imaginär seinen Bauch. So kurz davor und doch unerreichbar weit. Ich seufzte.


    Wieder begann eine Wartezeit, die ich diesmal mit der Erforschung der Frage nutzte, warum sich körperliche Sehnsucht zu einer echten Plage steigern konnte. Vermutlich, so meine Hypothese, begehrte man das, was man nicht haben durfte oder konnte, umso mehr. Trotzdem erklärte das noch lange nicht, warum ein anderer Mensch mit seinem Körper ein solches Empfinden auslösen konnte. Warum entstand überhaupt diese Fixierung auf einen Menschen, der anders gebaut war? Was machte die große Anziehung gerade dieser anderen Bauweise aus? Alles Fragen, die ich mir auf Anhieb nicht zu erklären wusste. Währenddessen grassierten wieder die Kurzatmigkeit, das Herzrasen und der Aufruhr, dessen Ursprung nicht mehr zu orten war, weil er sich inzwischen überallhin ausgebreitet hatte.



    Stunden mussten vergangen sein, wenn ich mein Gefühl danach gefragte, da war Marc endlich mit dem nächsten Schriftstück fertig. Es stellte sich heraus, dass es der Brief an meinen Vater war, vermutlich deswegen hatte die Fertigung soo lange gedauert. Regelrecht verblüfft, hob ich den Kopf, als mir das Pergament zur Fertigstellung nach hinten gereicht wurde.


    „Ich könnte, aber du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich das auch mache.“


    Ich nahm das Schreiben entgegen, lehnte mich zur Seite, um an die Kommode zu gelangen. Dort lag der Brief gut, wie ich fand. Einmal die Hände gelöst, nutzte ich die Chance und setzte die nächste Umarmung noch tiefer an. Tief genug.

  • Als sie sich regte, befürchtete ich schon das Schlimmste, doch solange sie nur den Bauch durch den Stoff der tunica hindurch streichelte, war es erträglich, meine Konzentration betreffend. Meine Gedanken drehten sich nämlich um den Brief an die praetores, welche unzweifelhaft weiterhin auf Ciceros Erscheinen bei Gericht warten mussten. Ich überlegte, wie ich bestmöglich formulieren konnte, dass ich keinen Schimmer hatte, wo mein Onkel steckte, und dass ich vermutete, er würde ihre Erwartung nicht erfüllen und sich abermals aus dem Staub machen. Dass es Deandra nicht gerade beim Warten half, wenn ich tatenlos vor einem leeren Pergamentbogen saß und nachdachte, während sie nicht einmal einen Fortschritt verfolgen konnte, war mir klar. Dennoch, mehr als den Adressaten hatte ich bisher nicht zu Papier gebracht. Ich seufzte und warf einen Blick auf den Brief, den Deandra fort gelegt hatte.


    Im nächsten Moment sog ich überrascht die Luft ein. Unverhofft hatte sie ihre Hände erneut in Position gebracht, und als hätte mein Willen keinen Einfluss auf meinen Körper, reagierte dieser mit einem recht eindringlichen (und auch körperlichen) Gefühl, das mir just vermittelte, Briefe seien doch tatsächlich absolut unwichtig. Mir blieb kaum genug Zeit zum Schmunzeln über diesen doch eher seltsamen Gedanken, denn überrascht musste ich feststellen, dass meine Rechte bereits die Feder fallen gelassen und sich auf Deandras Hand gelegt hatte. Ich schloss die Augen. Eigentlich war es doch gar nicht sooo wichtig, ob die Briefe nun heut oder morgen geschrieben wurden...


    Ich legte den Kopf in den Nacken und ließ sie einfach gewähren, mit den Gedanken schon bei einer Szenerie nach der Hochzeit. Wenige Minuten später verließ ich mein officium, ließ mich von Deandra sanft in ein cubiculum ziehen. Ihres, meines - welches war mir inzwischen ziemlich gleich.




    Zwei Stunden später...


    Deandra schlief bereits. Zwar war es nicht die feine Art, aber ich hatte mir dennoch die tunica über den Kopf gezogen und war mit einer Öllampe unterwegs in mein officium, um diese Briefangelegenheit endlich abzuschließen. Ermattet setzte ich mich hinter den Schreibtisch und grübelte nach. Erst nach einigen Minuten hatte ich meine Gedanken soweit gesammelt, dass ich zu schreiben begann.




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    Lucius Flavius Furianus
    villa flavia in Roma
    Italia



    M. Aurelius Corvinus L. Flavio Furiano s.d.


    Sicher wunderst du dich, Flavius, warum gerade ich dir aus dem fernen Mogontiacum schreibe. Nun, der acta diurna konnte ich entnehmen, dass mein Onkel, Aurelius Cicero, das Amt des comes verwaist zurückgelassen hat und den Kaiser mit dieser Tat zutiefst enttäuscht haben muss. Des weiteren las ich von einer Gerichtsverhandlung, welcher du vor kurzem als praetor urbanus beiwohntest und zu der Cicero ebenfalls nicht erschienen war, und um jene geht es mir.


    Ich kann mir dieses ungebührliche, ja, dreiste Verhalten nicht im Mindesten erklären. Nach Kurzschluss mit Ciceros engsten Angehörigen und dem Rest der Familie komme ich zu dem Schluss, dass er Rom, dem Kaiser, seinen Verwandten und Freunden nun endgültig den Rücken gekehrt haben muss. Niemand weiß etwas über seinen Verbleib. Mir bleibt daher nichts anderes, als das Verhalten meines Onkels aufrichtig zu entschuldigen.


    Ich bitte dich, mir als der Strafsache zugeteilter Rechtsmann, die Vorwürfe gegen meinen Onkel genauer zu erläutern. Sollte eine Forderung gegen ihn vorliegen, werde ich sie selbstredend unmittelbar nach Rückantwort begleichen, doch hierzu wüsste ich gern von den näheren Umständen, welche zu jener eventuellen Forderung geführt haben.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (29.6.2007/104 n.Chr.)



    Ich legte die Feder heftiger fort, als es nötig gewesen wäre. Unterdrückter Ärger zeigte sich auf meinem Gesicht. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal für meinen Onkel würde geradestehen müssen! Dennoch siegelte ich den Brief - ironischerweise mit jenem aurelischen Siegelring, welchen Cicero mir in Ermangelung eines Erben vermacht hatte - und legte ihn zu dem an Vesuvianus. Einen kurzen Moment verweilte ich noch, dann stahl ich mich zurück in das Bett, in dem Deandra selig schlief.

  • Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus
    Nachdem der Peregrine den Raum verlassen und die Tür geschlossen hatte, wandte ich mich an Deandra. "Also, wenn du mich fragst... Mir kommt er etwas suspekt vor. ..."


    Als Marc zu sprechen begann, wandte ich ihm den Kopf zu. Bereits nach dem ersten Satz nickte ich.


    „Er ist wunderlich“, stimmte ich ihm zu, warf es aber nur gedämpft ein, denn es gehörte sich nicht, einem anderen ins Wort zu fallen. Auch den Gedanken, dass er dennoch korrekt behandelt werden müsse, weil er Klient meines Vaters war, teilte ich.
    Wie zu erwarten war, kam Marc noch einmal auf den Reitunterricht zu sprechen. Als sich seine Braue hob, erforderte dies schon zwangsläufig das Hochziehen meiner Augenbrauen. Dadurch entstand ein Ausdruck auf dem Gesicht, der Gespanntheit, schmunzelndes Wohlwollen und den Gedanken, dass diese Darlegung unnötig war, gleichzeitig beinhaltete.


    „Jaaa, du hast Recht“, sagte ich dennoch mit einer Spur verschmitzter Grummeligkeit, weil ich es erstens nicht gut fand, dass er so tat, als könne ich einen Fehler nur dann erkennen, wenn er richtig ausgewalzt war, und zweitens erinnerte er mich an die Moralpredigten unseres Vaters, als ich mal wieder nicht vorbildlich genug war. Wieder einmal stellte ich fest, dass sich unsere Positionen zu früher deutlich gewandelt hatten. Wenn ich ehrlich war, mochte ich aber sogar seine Art, jedoch zugeben wollte ich das nicht. Schließlich bestand die Gefahr, dass er mal übertreiben könnte.


    „Eigentlich ist es nicht nötig, dass ich noch länger hier bleibe. Oder ist dir weiblicher Beistand wichtig?“, fragte ich schmunzelnd, während ich das Kinn in den Handteller des abgestützten linken Armes legte. Ich brachte den Kopf in eine schräge Haltung, die mein gesunkenes Interesse an der Verhandlung im Ganzen ausdrückte.

  • Hatte nicht einmal jemand behauptet, Beriefe schreiben mache Spaß? Wieder einmal vergeblich suchte ich nach dieser Begleiterscheinung bei der Abarbeitung der unangenehmen Pflicht, und nichts anderes war Briefeschreiben für mich: Eine Pflichtveranstaltung. Ich seufzte hörbar, als ich mich setzte. Um die Angelegenheit wenigstens etwas aufzuwerten, hatte ich mir in Marcs Abwesenheit sein Officium als Arbeitsplatz ausgesucht. Mein Po ruhte derzeit auf der Fläche, wo er sonst saß, die Arme lagen dort, wo sonst seine ruhten – falls sie ruhten. Die Feder lag bereit, das Tintengefäß stand griffbereit und die Schreibunterlage lag bereits vor mir.


    Mein Blick schwenkte nach rechts unten, wo ein paar Schubladen zu finden waren. Sicherlich wäre es interessant gewesen zu schauen, was darin verborgen lag, aber ich hatte alles, was ich brauchte, und damit erübrigte sich ein Nachsehen. Der Inhalt der Fächer ging mich nichts an.


    Nachdem ich die Regale, Beleuchtungskörper und den Wandschmuck betrachtet hatte, gab es nichts mehr zu erkunden, also zog ich mir widerstrebend das Pergament heran. Ich starrte auf das Papier und stellte mit Erleichterung fest, wie überaus beträchtlich es bereits durch Marc gefüllt war. Trotz dieser Tatsache fiel mir einfach kein Anfang ein. Eine nähere Verbindung zu meinem Vater war nie zustande gekommen, dafür war die Zeit nicht ausreichend vorhanden gewesen. Was schreibt man also jemanden, zu dem man kaum eine Beziehung hat? Ich seufzte erneut. Etwas Spannendes gab es nicht zu berichten, höchstens meinen Ausflug in Germaniens Wälder. Den allerdings sollte ich lieber nicht erwähnen, denn das würde Marcs Aussage widersprechen. Von meiner unausgefüllten Sehnsucht konnte ich ihm schließlich erst recht nicht schreiben. Wenn ich es mir recht überlegte, ging das ja keinen Dritten an. Auch der nächtliche Ausflug, der durch einen Hund verursacht wurde, eignete sich nicht. Ich blies entnervt die Luft durch die geschlossenen Lippen, die daraufhin ein eigentümliches Geräusch verursachten.


    Der Resignation nahe, stützte ich das Kinn in die Hand, tippte mit der Fußspitze rhythmisch auf den Untergrund und verzog Mund und Augenbraue zu einer genervten Grimasse. Plötzlich kam ein Einfall, ich richtete mich tatenfroh auf, nahm die Feder, tauchte sie ein und setzte sie auf das Papier.




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    Herius Claudius Vesuvianus
    villa claudia in Roma
    Italia



    Aurelius Corvinus Claudio Vesuviano s.d.


    Geschätzter Freund, ehe ich zu einer wichtigen Bitte komme, lasse mich kurz berichten, wie es mir und den meinen bisher im rauhen Germanien ergangen ist. Die Reise nach Mogontiacum war beschwerlich, doch gelangten wir ohne Verzögerung sicher an. Dir sei versichert, dass scharfe Sklavenaugen tagtäglich scharf über die Sicherheit deiner Tochter wachen, wenn ich nicht selbst zugegen bin, um ihre Sicherheit zu garantieren. Meine Arbeit im castellum geht gut voran, doch einmal mehr bewundere ich dich für die Ruhe und Gelassenheit, die du dir angesichts deines eigenen Amtes bewahrt hast. So manches Mal wünschte ich, dich als mentor zu einer Angelegenheit befragen zu können.


    Doch nun genug von mir. Deandra geht es gut, sie möchte im Anschluss selbst noch einige Zeilen anfügen. Wir schreiben dir mit der Bitte, unsere Verlobung im tabularium eintragen zu lassen, denn dies ist bisher nicht geschehen. Anbei senden wir dir daher die entsprechende Erklärung zu, mit welcher du bitte das Eheregister aufsuchen möchtest, um als pater Deandras unsere Verbindung zu bestätigen. Ich gestehe, dass mich seit unserer Abreise auch eine Frage beschäftigt, die ich dir nun, da ausreichend Zeit verstrichen ist, gern stellen würde: Hat mein Vetter Sophus sich in irgendeiner Weise geäußert, gar Ansprüche gestellt?


    Mit dieser Frage werde ich nun auch schließen. Mögen die Götter ihre schützende Hand über dich und die deinen halten, mein Freund, und dir Ansehen und Ehre gewähren angesichts deiner Quästur.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (29.6.2007/104 n.Chr.)



    Lieber Vater,
    wir dachten, es wäre eine schöne Idee, wenn du in diesem Brief von uns beiden hörst. Alles Wichtige hat Corvinus ja bereits erwähnt, ich übernehme jetzt den angenehm nebensächlichen Teil. Es geht mir sehr gut, ich habe bereits wichtige Personen der Provinz getroffen und werde auch sonst recht verwöhnt. An meiner Hand glänzt ein besonderer Ring; ich werde ihn dir, so bald es geht, einmal zeigen. Selbstverständlich sitzt er noch locker, keine Sorge, du verstehst?


    Grüße bitte die Familie von mir, vor allem Epicharis.
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    Ich nahm an, dass jeder Mann wie Marc dachte und meine Bemerkung von Vesuvianus nicht nur richtig gedeutet werden konnte, sondern ihm noch einiges mehr berichtete. Das Siegeln würde Marc vornehmen müssen, also ließ ich das Schreiben einfach liegen, erhob mich und verließ, um eine Last erleichtert, das Officium.

  • Nachdem Corvinus an diesem Abend später als gewöhnlich nach Hause gekommen war, war Camryn zu Caecus geeilt und hatte sich von ihm die Post bringen lassen. Heute hatte sie etwas Bestimmtes mit ihm vor. Sie klopfte an seinem officium, in dem er sich bereits wieder verkrochen hatte, und trat ein, als sie gebeten wurde. "Guten Abend, Herr. Ich habe hier die Post", verkündete sie und hielt die Pergamente und Tafeln kurz hoch. "Ist auch ein Brief von Appius Cotta dabei...." Camryn legte diesen Brief auf den Tisch und die restliche daneben, ging dann um den Schreibtisch herum und hinter dem Stuhl in Stellung, wo sie ungefragt damit begann, ihren Herren zu massieren.



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    M. Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Mogontiacum, Germania



    App. Aurelius Cotta M. Aurelio Corvino s.d.


    Lieber Vetter Corvinus, gerade heute bin ich von meinem Studienaufenthalt in Athen über Ostia zurückgekehrt und habe mich, wie abgesprochen, in der Villa Aurelia in Roma eingefunden, aus der ich dir jetzt diesen Brief schreibe. Hier erfuhr ich erschütternde Neuigkeiten, die dir zum Teil wohl schon bekannt sind. Als amtierender Comes der Regio Italia ist unser Onkel Cicero einmal mehr verschwunden; er hat, da seine Gemahlin Curiatia Icela vor kurzem verstorben ist, seine Kinder quasi als Waisen zurückgelassen. Seine Tochter Sisenna ist hierher nach Roma gebracht worden, wo sie offenbar schon einige Zeit lang völlig allein, betreut nur von Sklaven, in der Villa zugebracht hat. Mir war die traurige Pflicht beschieden, Sisenna mit dem Verschwinden ihres Vaters und dem Tod ihrer Mutter vertraut zu machen. Ihr gilt momentan auch meine größte Sorge, da es für sie an allem fehlt: ihre Schwester Helena, Spielgefährten, von einem paedagogos ganz zu schweigen. Ich werde mein Bestes tun und mich um sie kümmern, wäre aber für jeden Ratschlag sehr dankbar!


    Ich hoffe, dass es euch im fernen Germania besser ergeht! Ist auch Prisca heil bei euch eingetroffen?


    Mir selbst geht es gut; von meinen Studien habe ich sehr profitiert, und ich hoffe, sie nun im Dienste des Kaisers und der Gens einsetzen zu können. Steht dein Plan noch, nach Ablauf deines Tribunats nach Roma zurückzukehren und zum cursus honorum zu kandidieren? Du kannst dir denken, dass ich in der jetzigen Situation die Tage bis zu eurer Ankunft zähle. Vielleicht aber gibt es etwas, was ich für dich und für euch in der Zwischenzeit hier erledigen könnte. Soll ich Freunde aufsuchen, Bekannte, einflussreiche Persönlichkeiten? Bei wem könnte ich mich vorstellen? Für wen könntest du mir eine Referenz schreiben? Welche Aufträge hast du für mich?


    Corvinus, ich sehe, mein Brief ist schon viel zu lang. In der Hoffnung, dass wir uns schon bald wiedersehen nach all der Zeit, grüße ich euch alle: dich, Deandra, Helena und Prisca.



    Vale bene.


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    ROMA, ANTE DIEM III ID IUL DCCCLVII A.U.C. (13.7.2007/104 n.Chr.)

  • Ich saß hinter meinem Schreibtisch und tat...nun, nichts. Zumindest nicht in dem Moment, als Camryn eintrat und mir die Post brachte, was an sich schon seltsam war, da dies sonst Caecus' Aufgabe war. "Cotta?" Dass sie Cotta erwähnte, meinen Vetter dritten Grades, verwunderte mich so sehr, dass ich diesen Brief zuerst zur Hand nahm und das Siegel brach. Während ich das Pergament entrollte, spürte ich zwei Frauenhände auf meinen Schultern, und Camryn wusste, was sie tat. Ich entspannte mich zusehends, während meine Augen über den Text des Briefes flogen. Verärgert schüttelte ich den Kopf, als ich von den unrühmlichen Zuständen in der römischen villa aurelia las. Cicero hatte also wirklich Sisenna allein gelassen. Und gleich machte ich mir wieder Vorwürfe, dass ich nicht nach Rom geschrieben und den maiordomus aufgefordert hatte, mir einen Lagebericht zukommen zu lassen. Seufzend las ich den Brief ein zweites Mal, während Camryns massierende Bewegungen eine andere Intention bekamen. Nicht, dass es mir nicht zusagte, doch nun wollte meinem Vetter zuerst auf sein Schreiben antworten, und deswegen gab ich der Keltin zu verstehen, dass ich gegenwärtig kein Interesse hatte. "Camryn, lass gut sein jetzt. Aber komm nachher in mein cubiculum", wies ich sie an und widmete mich sodann dem neuen Bogen Pergament und dem Tintenfass. Camryn war gegangen.




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    Appius Aurelius Cotta
    villa aurelia in Roma
    Italia



    Marcus Corvinus suo Appio Cottae s.d.


    Appius, es erstaunt mich, schon so bald von dir zu hören! Sollten denn wirklich schon so viele Monate vergangen sein, dass du mir nun aus Rom schreibst und nicht mehr aus Athen? Nun, es muss so sein und mein Zeitgefühl scheint mich zu trügen.


    Da du nun also in Rom angelangt bist, freue ich mich, dass die Götter dir eine gute Heimreise beschert haben. Umso bedauerlicher sind die Zustände, mit denen du unmittelbar nach deiner Ankunft konfrontiert werden musstest. Von Ciceros absentia hörte ich bereits, auch, dass er sein Amt verwaist und ohne Nachfolger einfach aufgegeben hat. Auch legt man ihm wohl ein Vergehen gegen das Handelsgesetz zur Last, Genaueres allerdings vermag ich nicht zu sagen. Hier in Germanien ticken die Uhren anders, es dauert alles länger, das Denken mancher hohen Beamten und auch die Post. Ich setzte zwei Schreiben auf, eines an Cicero, um von ihm selbst seine Beweggründe zu erfahren, und eines an einen der zuständigen praetores in seiner Strafsache. Bedauerlicherweise habe ich von keiner Seite bisher eine Rückantwort erhalten. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es mich aufwühlt, nicht in Rom vor Ort zu sein und mich eigenmächtig um alle Angelegenheiten diesbezüglich zu kümmern. Ich lege diesem Brief eine Abschrift des Briefes an den praetor Flavius Furianus bei, vielleicht kam der Brief auf seinem weiten Weg abhanden oder Flavius ist unpässlich. Ich hoffe, es ist nicht zu viel verlangt, wenn ich dich bitte, die praetores mit der Abschrift in meinem Namen aufzusuchen und um Einstellung des Verfahrens zu bitten? Alles weitere Wissenswerte zur Sache kannst du dem beigefügten Schreiben entnehmen.


    Nun zu Sisenna, deren Schicksal schließlich unmittelbar mit dem Ciceros zusammenhängt. Es tut mir in der Seele weh, dass meine arme kleine Cousine bis zu deinem Eintreffen vollkommen allein in der großen villa gehaust hat. Es wäre die Pflicht ihres Vaters gewesen, zumindest jemanden von seiner überhasteten Abreise zu unterrichten. Und es wäre meine Pflicht gewesen, mich nach Sisennas Wohlergehen zu erkundigen; diese Schuld muss ich also auf mich nehmen. Es mag die kleine Sisenna vielleicht nicht trösten, dennoch bitte ich dich, ihr meine besten Wünsche auszurichten und ihr das kleine, rot eingeschlagene Päckchen von mir zu übergeben. Richte ihr aus, dass ihre Schwester Helena sie ebenso vermisst wie Deandra, Prisca und ich selbst es tun. Vielleicht kannst du dich auch um einen engagierten paedogogus für Sisenna bemühen, der patrizischen Ansprüchen genügt und beginnen kann, die Kleine - vielleicht zusammen mit anderen Kindern ihren Alters, vielleicht sogar ihren Freunden - in den septem artes liberales zu unterweisen. Wir wollen einmal weniger streng sein, was gemische Klassen angeht, und Sisenna die Möglichkeit bieten, mit ihren Freunden gemeinsam zu lernen, wenn sie denn in ihrem jugendlichen Alter schon die schwere Bürde einer Halbwaise tragen muss, deren Vater unauffindbar herumreist.


    Einen weiteren Grund zur Trauer habe ich selbst zu beklagen. Die mir geschlagenen Wunden sind noch zu frisch um offen und leichtfertig darüber zu reden, daher nur so viel: Auch ich bin nun eine Waise. Ein senatorischer Tribun in der Fremde, seiner beider Eltern beraubt und bar jeden Verständnissen über die Unbill, die die Götter der gens aurelia dieser Tage auferlegen. Vielleicht bringst du ihnen auch ein Opfer dar, wie ich es hier in Mogontiacum bereits getan habe.


    Meinen bisherigen Worten kannst du entnehmen, dass auch Prisca wohlbehalten hier eingetroffen ist. Gleich am Tage ihrer Ankunft musste ich sie mit dem Tod ihrer Mutter vertraut machen. Sie freut sich sehr, bald wieder zurück nach Rom reisen zu können. Germanien ist weniger eine Provinz für sie, habe ich den Eindruck, es ist ihr zu kühl, die Menschen sind zu rauh und Prisca selbst ist angefüllt mit Vorurteilen. Dennoch bemüht sie sich redlich, und ich muss sagen, ihr frisches Wesen in Kombination mit dem Helenas und Deandras sorgt durchaus für einigen Wirbel hier im Hause.


    Meine Absicht, nach abgeleistetem Tribunat nach Rom zurückzukehren und mich zur Wahl zu stellen, besteht nicht nur, ich wurde sogar bereits vom amtierenden consul, Prudentius Commodus, zur Wahl zugelassen. Du kannst meine Ankunft also spätestens Ende August erwarten, vermutlich sogar früher. Den genauen Termin der Senatsvorladung bekomme ich noch mitgeteilt.


    Du fragtest nach Dingen, die zu erledigen sind. Nun, da gäbe es sogar eine ganze Reihe. Zum einen wurde ein treuer Freund und Klient der Familie zu Ciceros Nachfolger ernannt - Didius Albinus, du kennst ihn sicher noch von früher, er war lange Jahre in der Stadtverwaltung Mantuas tätig. Wenn es dir zusagt, könntest du ihn persönlich beglückwünschen und auch versuchen, von ihm etwas über Ciceros Verschwinden zu erfahren. Versichere ihm auch des Rückhalts der gens, selbst, da sein patronus, Sophus, ebenfalls unauffindbar ist. Er kann stets auf uns zählen.


    Weiter gäbe es diverse Möglichkeiten, dich einzubringen und dir die Zeit zu vertreiben - sofern dich Sisenna nicht ohnehin schon zu sehr auf Trab hält. Zum einen bietet die Schola Atheniensis in Rom ein breit gefächertes Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen an. Einige Vorlesungen sollte man durchaus vorweisen können, wenn man den cursus honorum irgendwann beschreiten möchte - und ich nehme doch sehr an, du strebst einen Platz im Senat an? Darüberhinaus sind auch die Militärkurse an der Akademie für Militärwissen sehr empfehlenswert, auch wenn ich gestehen muss, bisher nu die Grundvorlesung absolviert zu haben, da mir zu allem weiteren die Zeit fehlte bisher. Wenn ich mich recht erinnere, Appius, bist du ein ebenso großer Anhänder des Rennsports wie ich selbst. Decimus Meridius, ein angesehener senator und ehemaliger Legat des Kaisers, hat die Leitung über unseren Rennstall inne, der factio aurata. So du dich bereit fühlst und willens bist, könntest du ihn und seine Gemahlin auf ein Essen laden und um die Mitgliedschaft bitten.


    Ehe ich es vergesse: Ich übersende dir neben diesem Schreiben, der Abschrift des Briefes wegen der Verhandlung gegen Cicero und des kleinen Geschenks für Sisenna noch ein wenig Geld, damit du deine Vorhaben durchsetzen und dabei nicht jeden Sesterz dreimal herumdrehen musst. Ich weiß nämlich noch zu gut, wie meine eigene finanzielle Lage damals aussah, nachdem ich von meinen Studien zurückgekehrt war.


    So, dann will auch ich nun schließen, nachdem dieser Brief schließlich doch um ein Vielfaches länger geworden ist als der deine, den du bereits lang nanntest. Ich hoffe, dass ich dich nicht mit den vielen erwähnten, teils großen, teils kleinen Aufgaben überfordern werde. Doch du bist ein Aurelius, und wir sind stark im Geist und - in den meisten Fällen - eben auch ehrgeizig. Halte die Stellung, mein lieber Vetter, und lasse bald wieder von dir hören.



    Vale bene.


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    MOGONTIACUM, PRIDIE ID IUL DCCCLVII A.U.C. (14.7.2007/104 n.Chr.)



    Ich legte die Feder zur Seite und massierte mein Handgelenk. Während ich den Brief nochmals überflog, wies ich einen Sklaven an, mir eine stattliche Portion Zuckerstangen aus der Küche holen zu lassen. Ich hatte sie schon vor einer Weile auf dem Markt kaufen lassen, da man dieses süße Schleckzeug unwarhscheinlich lang aufbewahren konnte, ohne dass es verdarb. Mir hatte die Form der Süßwaren so gut gefallen, denn aus der klebrigen Masse waren kleine Pferdefiguren geformt worden: Steckenpferde, Pferdeköpfe, galoppierende Pferde und derlei. Diesen Süßkram ließ ich in eine Tüte füllen und jene Tüte wiederum in rotes Papier einschlagen. Das Päckchen wurde sorgsam verschnürt und erhielt den Hinweis, für eine gewisse Aurelia Sisenna bestimmt zu sein.


    Zusammen mit einem Beutel voller Geld, dem roten Päckchen, einer Abschrift des Gerichtsbriefes und dem Brief an Cotta selbst, machte sich später am Abend ein aurelischer Bote auf, der die Dinge schnell und zügig nach Rom bringen sollte, wo sie bereits sehnlichst erwartet wurden. Nachdem der Bote das Haus verlassen hatte, stattete ich Camryn einen entspannenden Besuch ab.

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