An manchen Stellen war der Boden des Lagers durch den Regen aufgeweicht und schlammig, viele Füße, die schon seit dem Morgen eilends über die Wege eilten, hatten den Boden noch etwas mehr aufgeweicht. Dennoch konnte man diesen schlammigen Wegen ausweichen und noch auf trockenem Gefilde laufen. Marcus spürte zart die Hand von Epicharis auf seinem Arm während er sie an der principia entlang führte und sie auf das eine oder andere Gebäude hin wies, mal die Thermen am Rande, die den Thermen der Stadt kaum nachstanden, den sonstigen Gebäuden, die um das Herz des Lagers angeordnet waren und schließlich all die vielen Unterkünfte der Soldaten und centuriones, die wie eine Schicht nach der Anderen, in ihrer Art einer Artischocke oder einer Zwiebel ähnelnd, sich um das Haus der legatus drängten. Jedem Feind würde es schwer fallen an all den Männern vorbei zu kommen, um cor et caput legionis zu erreichen. Als sie an einigen Stallungen vorbei kamen, die der Reiterei der Legion vorbehalten war, meinte Marcus beiläufig.
“Sicherlich hat Dir schon Dein Vater mal das castellum gezeigt? Warst Du schon einmal auf dem vallum? Von dort oben kann man ganz besonders gut das Lager sehen und auch die Landschaft von Mantua.“
Wenn seine Tochter oder sein Sohn so nahe des Kastell gewohnt hätte, wären die beiden Kinder mit Sicherheit öfters bei ihm im Lager gewesen und er hätte es sich auch nicht nehmen lassen, sie mal durch das Lager der prima hindurch zu führen. Marcus Schritte strebten dem intervallum entgegen, wo das Gras saftig und grün stand, nur niedergetrampelt auf den üblichen Wegen der Wachmannschaften und Soldaten der ersten Legion. Zahlreiche Pfützen und Schlammlöcher sammelten sich in den grünen Teil des intervallum. Da Marcus die junge Frau auf die Mauerabschnitte führen wollte, zögerte er einen Herzschlag lang. Ein Blick auf ihre Schühchen geworfen, die sicherlich das Wasser nicht so gut abweisen konnten, wie seine Soldatenstiefel. Kurzerhand fasste Marcus einen Entschluss.
„Du verzeihst…?“
, war die einzige Ankündigung. Da im Moment niemand in Sicht war, erdreistete sich Marcus und hob Epicharis hoch und trug sie auf seinen Armen über den morastigen Teil des intervallum. Zierlich und wie ein Fliegengewicht mutete ihm Epicharis an, seine Lippen wölbten sich zu einem unmerklichen Schmunzeln und sachte, ja schon sanft, da sie ihm sehr zerbrechlich vorkam- wie viele Frauen es doch auch waren- ließ er sie auf der trockenen Seite wieder auf den Boden herunter. Noch den angenehmen Duft ihres Körpers in seiner Nase spürend, deutete Marcus auf die steinerne Treppe, die auf die Mauer hinauf führte und auf den breiten Lagerwall. Festen Schrittes führte Marcus Epicharis hinauf und auf den Wehrgang. Ein laues Windchen wehte über die steinerne Brüstung, zupfte ein wenig an Marcus Soldatentunica. Marcus nickte einem Soldaten knapp zu, der an ihnen vorbei ging und Epicharis dreist angaffte, aber schnell den Blick abwandte, als er den Strafenden von Marcus Gewahr wurde. Marcus wandte sich zu dem Inneren und deutete auf das Lager.
„Das castellum der ersten Legion. Sollen wir noch zu einem Wehrturm hinauf steigen oder wird Dir vielleicht in hoher Höhe mulmig?“