Media nox | Hundegebell

  • Es war spät, fast Mitternacht, als ein entferntes, sporadisches Gebell mit jedem Bellen lauter wurde. Schließlich blieb den Hundelauten kaum mehr Zeit zum Verklingen, denn sie erklangen beinahe permanent. Bedauerlicherweise direkt unter dem Schlafzimmerfenster von Deandra, die um diese Uhrzeit vermutlich schon schlief, was der Verfasser dieses Textes allerdings nicht mit Bestimmtheit zu sagen weiß.


    Der Hund stand also so im Mondlicht und bellte und bellte. Es war zudem einer jener Nächte, in welchen der Hausherr nicht umhin gekommen war, im castellum zu nächtigen. Dort saß er bis spät in die Nacht wach und arbeitete, doch das tut in dieser Geschichte schließlich nichts zur Sache, denn der Hund stand schließlich vor der villa aurelia und bellte sich die verlauste Seele aus dem Leib, dabei wie irr mit dem Schwanze wedelnd.

  • Ich hatte nie verstanden, warum mich nächtlichen Sommergewitter niemals aus dem Schlaf reißen konnten, wohl aber Schleichgeräusche im Haus. Wie ist es möglich, ein leises Knistern zu hören und gleichzeitig bei Blitzeinschlägen durchzuschlafen. Da sich das Bellen außerhalb des Hauses befand, sortierte mein Unterbewusstsein es als nicht relevant ein und ließ mich geraume Zeit weiterschlafen. Es musste meine Zuneigung allem Getier gegenüber sein, die mich letztlich doch aufwachen ließ.


    Zunächst lauschte ich, um zu ergründen, welchen Anlass der Hund haben könnte, derartigen Krach zu machen. In Kampf fand offensichtlich nicht statt und in Not schien er auch nicht zu sen. Weil mir die Angelegenheit keine Ruhe ließ, entschloss ich mich, der Sache einmal auf den Grund zu gehen. Ich schlug die Decke zurück, rief nach Aintzane, rutschte zur Bettkante und angelte mir, weil ich ungeduldig war, bereits selbstständig eine Palla, die ich um die Schultern schlang, während ich dem Fenster zustrebte. Der Klappladen war fix zur Seite gedrückt.


    Mondlicht leuchtete einen Vierbeiner an, der offensichtlich nichts anderes zu tun hatte, als das Haus anzubellen. Eine andere Erklärung gab es nicht, denn ein Blick entlang der Hauswand ließ keine geflüchtete Katze oder sonstiges Beutetier vermuten.


    „Tztz, was macht der denn da? Will er was mitteilen?“

  • Auch Camryn hatte den Ruf gehört. Mitten in der Nacht, wie es schien, denn sie hatte schon geschlafen, war der Ruf nach einem Sklaven eine Seltenheit. Deswegen war Camryn erwacht. Der Hausherr war auch in dieser Nacht nicht heimgekehrt, was die Sklavin einerseits bedauerlich, andererseits als praktisch empfand, denn so hatte sie eindeutig weniger zu tun, auch wenn sie gern einmal wieder mit Corvinus allein gewesen wäre. Doch auch diese Abende hatten sich auf null reduziert, da er inzwischen die Anwesenheit seiner claudischen Konkurbine vorzog. Die war es auch, die gerufen hatte. Camryn lauschte, doch Aintzane rührte sich nicht, ihr Atem war nach wie vor gleichmäßig. Die Keltin seufzte und rappelte sich auf, um an ihrer statt zur verhassten Feindin zu gehen. Sie tat dies nur aus einem Grund: Um die Freundschaft von Aintzane zu gewinnen, denn sie fühlte sich allein, nun, da Assindius in diesem seltsamen Schlafzustand verblieb und Corvinus sich nicht mehr in besonderer Manier um sie scherte, wie er es früher getan hatte.


    Baren Fußes angelte sie die nur schwach brennende Öllampe vom Haken neben der Tür und machte sich auf zu Deandra, deren Zimmertür sie wenig später aufschob, um hineinzuspähen. Die Harpyie stand am Fenster, und Camryn räusperte sich, damit sie hersah. "Was ist denn?" fragte sie leicht wiederwillig und ohne das gewohnte 'Herrin' am Ende, dennoch aber nicht so unfreundlich wie sonst, denn wenn sie die blauen Flecke eines gelehrt hatten, so war es zumindest etwas Gehorsamkeit. Gleichzeitig trat sie näher und bemerkte, dass die Lärmquelle von hier zu kommen schien, denn das Hundegebell, welches sie unterbewusst schon die ganze Zeit über bemerkt hatte, rührte von einer Stelle unter dem Fenster her. Camryn sah hinaus. Der Hund sprang wild umher, wedelte mit dem Schwanz, lief ein paar Meter fort und kam dann wieder zurück. Und er bellte die ganze Zeit wie ein Wahnsinniger. "Ach wenn doch nur Assindius ansprechbar wäre. Er würde das Tier sicher fortjagen und es wär wieder ruhig", bemerkte die Sklavin und ersetzte im letzten Moment 'Viech' mit 'Tier', da Deandra diesen idiotischen Beschützerinstinkt hatte, der alles einschloss, was da kreuchte und fleuchte.

  • Die Tür öffnete sich, doch bevor ich mich über Aintzane freuen und ihr sogleich einen Auftrag erteilen konnte, erstarb das bereits angesetzte Wort auf den Lippen, als ich Camryns Stimme hörte. Ich verdrehte die Augen und wandte mich gar nicht erst um. Diese Sklavin hatte es gründlich mit mir verdorben, weswegen ich sie entweder mit Ignoranz bedachte oder ihr unangenehme Aufgaben zuwies. Die Abneigung wuchs, als sie den für mich völlig unverständlichen Wunsch äußerte, Assindius möge dieses Tier fortjagen. Wäre sie eine Römerin, würde ich sie mit einem verständnislosen Blick strafen, so aber verdiente sie nicht einmal diesen.


    „Wie kann man nur so dumpf sein?“, fragte ich mit Absicht laut, nur um mir Luft zu machen, denn eigentlich widmete ich ihr mit dieser Bemerkung ja doch Aufmerksamkeit. „Du gehst jetzt mit mir dort runter und wirst dieses Tier beruhigen. Und mache das anständig!“


    Ohne auch nur auf eine Reaktion zu warten, strebte ich der Zimmertür zu, schritt den Gang entlang, nahm die Treppe und ließ mir die Porta von einem verschlafenen Ianitor öffnen. Kurz darauf strebte ich dem Gartenteil zu, der unter meinem Cubiculum lag. Ich wartete, bis Camryn heran war, bevor ich um die Hausecke trat, denn man konnte ja nie wissen, wie sich das Tier verhalten würde.


    „Na? Was bist du denn für einer?“, fragte ich mit sanfter Stimme, während ich mich leicht nach vorn beugte

  • Ausdruckslos starrte die Keltin die Römerzicke an. Dass sie keine freundlichen Worte erwarten konnte, war ihr durchaus bewusst, und doch fand sie das Verhalten der Patrizierin einmal mehr unmöglich. Sie schürzte die Lippen und murmelte: "Das fragte ich mich auch gerade..." Anschießend räusperte sie sich und antwortete Deandra auf ihren dummen Vorschlag, einen wildfremden, durchgeknallten und bellenden Hund zu beruhigen. "Na sicher." Begeistert klang das nicht, und das war Camryn schließlich auch keinesfalls. Germanische Nächte waren kühl, und sie war selbst diese Kühle nicht mehr gewohnt, obwohl sie doch sogar noch weiter aus dem Norden her stammte.


    Kurz darauf rauschte Deandra an der Sklavin vorbei aus dem Zimmer, und eben jene folgte ihr widerstrebend durch den Gang und die Stufen der geschwungenen Treppe hinab, durch die porta und um das Haus herum. Camryn ließ sich ein wenig mehr Zeit, um zu verdeutlichen, was sie von diesem Unterfangen hielt. Sie rührte nicht einen Finger den Hund betreffend, sondern stand erstarrt wie eine Salzsäule bei der Hausecke und musterte Deandra. Wenn Camryn Glück hatte, würde der Hund sie in den Hintern beißen. Ob dieses Gedanken schmunzelte die Keltin amüsiert.


    Der Hund indes hielt kurz im Bellen inne, musterte die sich nähernde Frau und schnupperte ausgiebig an ihr, doch er würde sich nicht berühren lassen. Die Hündin sauste vier Meter weit fort und sah dann zurück. Nun setzte auch das Gebell wieder ein, und sie drehte zwei Pirouetten, beugte anschließend die Vorderbeine und forderte Deandra Schwanzwedelnd zum Spielen auf. Tja, Pech für Camryn, der patrizische Hintern blieb verschont.

  • Das Verhalten des Hundes war zweifelsfrei freundlich, das musste selbst einem im Umgang mit Tieren Unerfahrenem auffallen. Ohne zu zögern streckte ich die Hand aus, an der das muntere Fellbündel zwar schnupperte, deren Berührung es aber nicht duldete.


    „Du bist scheu. Oder du hast schlechte Erfahrungen gemacht“, mutmaßte ich, richtete mich ein wenig auf und erteilte Camryn eine Anweisung, bei der mein Blick jedoch nicht von der Hündin wich.


    „Hol etwas Fleisch, aber flink.“ Weil mir das dauernde Gemurmel der Sklavin aber inzwischen auf die Nerven ging, fügte ich noch etwas an: „Und im Übrigen kannst du dir deine Kommentare sparen.“


    Sogleich wendete ich mich wieder dem nächtlichen Gast auf vier Beinen zu, der sich vorhin dem Zugriff entzogen und wenige Schritte Abstand hergestellt hatte, nun aber wieder mit Bellen und Schwanzwedeln anfing.


    „Tja, das ist ja vielleicht was mit dir“, stellte ich ratlos fest. „Ich weiß gar nicht, was du von mir möchtest. Streicheln lassen möchtest du dich nicht, du läufst nicht fort, wenn du Menschen siehst. Würdest du mir denn folgen?“
    Im Unklaren darüber, was dieser Hund wirklich wollte, probierte ich einfach einmal alles aus, was mir gerade in den Sinn kam. Da das Futter noch auf sich warten ließ, der Vierbeiner offensichtlich nicht krank war und Hilfe benötigte, versuchte ich den Spieß herumzudrehen. Er kam nicht heran, also ging ich fort bzw. machte Anstalten dazu. Ich drehte mich um und setzte zunächst zweimal den Fuß vor den anderen. Währendessen lauschte ich, was sich in meinem Rücken tat. Ich hoffte, dass ich einen unerwarteten Angriff rechtzeitig bemerken würde.

  • Camryn stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und vernahm Deandras einigermaßen nette Frage, was sie richtiggehend verblüffte. Eben noch war sie so unfreundlich gewesen, nun fragte sie nach schlechten Erfahrungen mit Hunden. Camryn erinnerte sich an den einen Abend in Achaia, an dem sie von diesem Untier angefallen worden war. Die Narbe an der Wade war heute noch zu sehen. "Schlechte Erfahrungen. Mich hat solch ein Tier einmal bös gebissen", erwiderte sie daher ebenfalls in neutralem Ton und kam dabei sogar einige Schritte näher. Der Hauptgrund für ihre Abneigung aber war, dass sie Hunde nicht mochte. Sie waren laut, stanken, hatten verfilztes Fell mit vielen kleinen Parasiten - und sie hörten nicht, wenn man ihnen etwas befahl, die meisten zumindest. Doch kaum war sie heran, schickte die Hausherrin Camryn auch schon wieder fort, sie sollte Fleisch holen und sich ihr Gemurmel sparen. Camryn verzog das Gesicht, sie hatte sich also doch nicht in Deandra geirrt und sie war doch eine falsche Schlange. "Ja...Deandra", sagte sie und benutzte dabei absichtlich nicht das Wort Herrin. Camryn wandte sich um und verschwand wieder im Haus. Irgendwo lagen noch widerliche Innereien herum, die konnte man gewiss für ein solches Viech entbehren.


    Das "Viech" indes hatte das Bellen eingestellt und sah Deandra nun aus großen, dunklen Augen an, den Kopf in Schräglage und mit ansatzweise aufgestellten Ohren. Die Hündin lauschte der Stimme Deandras und beobachtete, wie die Patrizierin sich herumdrehte und so tat, als würde sie gehen. Zögerlich ging der Hund mit, aber nicht weit, denn dann fing er wieder an zu bellen und setzte sich hin, schwanzwedelnd. Er würde warten, bis Deandra sich erneut ihm zugewandt haben würde, und dann auf der Stelle kehrt machen und davonsausen, doch fortwährend in Blickkontakt mit der Frau bleiben. Auf diese Weise gedachte er, den Menschen zu seinem Artgenossen zu führen.


    Menschen belohnten Hunde zwar stets für gute Taten, doch wussten die wenigsten, dass der Hund dabei nur an sich selbst dachte: Die Hündin wollte in das Loch, weil sie etwas zu Fressen da unten vermutete. Allein kam sie nicht hinunter, also organisierte sie sich jemanden, der ihr helfen würde, und das schien Deandra zu sein.

  • Sim-Off:

    Tja, Camryn... ich fürchte, Deandra hat nicht dir die Frage gestellt, sondern dem Hund. ;)


    Aintzane schreckte auf. Wieso, das wusste sie nicht. Sie hatte einen Alptraum gehabt; irgendetwas mit Hunden, die über sie herfielen und ihr nach dem Leben trachteten. Hunde, die sie zerfleischen wollten... sie fand sich also nun im Bett. Der Traum war so real und unheimlich gewesen, dass sie hellwach war. Wie war das möglich? Sie tastete vorsichtig nach links, wo Camryn immer lag - hoffentlich hatte, sie sie nicht aufgeweckt - , fühlte aber nur die Borsten der rauhen, unangenehmen Bettdecke, die über harte Holzplanken gezogen war. Sonst nichts. Camryn war fort. Wohin denn bloß? Sie setzte sich auf. Das Kreuz schmerzte ihr. Langsam erhob sie sich aus ihrem Bett und ging mit etwas hölzerenem Schritt auf die Tür aus den Sklavenräumen heraus.
    Sie stolperte fast schon bemerkenswert unelegant über die Schwelle und erfing sich gerade noch, bevor sie in eine andere dunkle Gestalt, die die Nacht durchkreuzte, hineingefallen wäre. "Camryn?", fragte Aintzane mit einem etwas ungläubigen Ton, etwas undeutlich, als ob sie vor Schläfrigkeit betrunken wäre. "Wasmachsduda...", kam undeutlich aus ihr heraus. Sie atmete tief ein und aus, und tatsächlich - ihre nächsten Worte klangen deutlicher. "Wieso bist du auf? Es ist Schlafenszeit... komm doch wieder ins Bett." Dann blöickte sie unwillkürlich in die Richtung, die Camryn angesteuert hatte - die Küche. "Hast du denn noch Hunger?", fragte Aintzane fast noch etwas erstaunter.

  • Sim-Off:

    Fällt mir auch gerade auf. :D Ups. Na, ist jetzt auch egal. 8)


    "Huaaa!" kreischte Camryn erschrocken auf, als ihr ein Nachtgespenst entgegen kam. Sie machte einen Satz zurück und griff sich instinktiv vollkommen erschrocken ans Herz. Adrenalin rauschte in erschreckend hohen Dosen durch ihren Körper, und erst nach einer Weile hatte ihr Verstand wieder Oberhand gewonnen, indem er ihr sagte, dass dieses zerzusselte Gespenst so sprach wie Aintzane. Noch einen weiteren Moment später hatte Camryn sich wieder etwas beruhigt und ihr Herzschlag verlangsamte sich. "Aintzane, hast DU mich vielleicht erschreckt!" entfuhr es ihr, obgleich sie doch froh war, dass es wirklich nur die baskische Sklavin war und kein germanisches Gespenst. "Ich würd ja gern wieder ins Bett gehen...aber Deandra hat draußen so einen Hund gefunden und will ihn jetzt füttern. Ein vollkommen irrsinniges Unterfangen, wenn du mich fragst. Er wird sie sicher beißen...aber auf mich hört sie ja nicht. Ich bin ja nur das Dummerchen, das keine Ahnung hat", sagte sie und äffte im letzten Teil Deandra nach. Die konnte das ja nicht hören, war sie doch draußen bei dem Hund, der nun wieder anfing zu bellen. "Jedenfalls soll ich Fleisch organisieren. Vielleicht hört sie ja auf dich, wenn du ihr sagst, sie soll die Finger von dem Viech lassen. Könnte böse Krankheiten haben." Camryn zuckte mit den Schultern und sah Aintzane an.

  • Aintzane zuckte ebenso wie Camryn zurück, als diese einen gellenden Schrei ausstieß. Dabei wäre sie fast noch einmal, schlaftrunken, wie sie war, gestolpert. Wie geschickt du heute bist!, frotzelte eine Stimme in ihr drinnen.
    "Alles in Ordnung?", fragte Aintzane leicht amüsiert die verschreckte Irin. "Und, na ja, ich könnte dir ja helf... einen HUND!?", unterbrach sie sich mitten in ihrem Satz. Plötzlich war sie hellwach. "Birao egin...", entfuhr es ihr. Eigentlich war es ja ein ziemlich anstößiger Fluch... aber den Göttern sei Dank, dass es hier niemand verstand.
    In ihrem Gehirn begann es zu arbeiten. Ihr Traum - und dann noch ein Hund... Sie sah Camryn an. "Das bedeutet nichts Gutes.", meinte sie und schritt hastig in den Hof hinaus.
    Dort stand Deandra, zusammen mit dem Hund. Sie bekam fast einen herzschlag, als sie das Biest sah. Es sah genau so aus wie einer der Hunde, die sie in ihrem Alptraum zerrissen hatten. Aintzane konnte sich noch genau erinnern. Es war nämlich genau das Monstrum gewesen, dass ihr direkt ins Gesicht gebissen hatte, sodass sie aufgewacht war.
    Aintzane eilte auf ihre Herrin zu, die Augen vor Schreck geweitet. "Nein!", rief sie. "Geh weg von dem Köter! Er ist gefährlich!"
    Und wie zur Bestätigung begann der Hund sie unvermittelt mit einem irgendwie gefährlich ausschauenden Blick anzusehen. Aintzane hielt mitten in ihrem Gang inne. Dieses Mal würde sie sich nicht wieder der Gefahr aussetzen.

  • Ich hatte durchaus mitbekommen, dass Camryn mal wieder die Höflichkeitsregeln brach, nahm es aber vorerst nur nebenbei zu Kenntnis. Ich nahm mir vor, dieses Verhalten keineswegs zu tolerieren, derzeit beschäftigte mich allerdings das Verhalten des Vierbeiners wesentlich mehr: Ich wurde nicht aus ihm schlau. Er folgte mir nur zeitweilig, bellte immer wieder und schien etwas sagen zu wollen, das ich einfach nicht verstand. Zwar könnte ich den Versuch machen, zur Abwechslung mal dem Hund zu folgen, aber mitten in der Nacht erschien mir dieses Unterfangen doch etwas abwegig und so lange mein Trotzkopf nicht geweckt wurde, regierte mein Verstand an sich immer recht abgeklärt.


    Es dauerte mir viel zu lange, bis Camryn mit den angeforderten Esswaren kam, daher beschloss ich, dem Tier doch ein gewisses Stück zu folgen. Wir legten die Strecke bis zur Grundstücksgrenze zurück, als Aintzane endlich bei uns eintraf und sich sogleich lautstark bemerkbar machte.

    Zitat

    Original von Aintzane
    "Nein!", rief sie. "Geh weg von dem Köter! Er ist gefährlich!"


    Ich drehte mich verwundert zu ihr um und ließ die Hündin dabei aus den Augen, was entweder leichtsinnig oder vertrauensvoll war.


    „Wieso? Kennst du ihn?“, fragte ich mit Überraschung in der Stimme.

  • Deandra drehte sich zu Aintzane hin. Der Gesichtsausdruck der römischen Herrin spiegelte Verwunderung wider. Die Baskin jedoch wedelte mit ihren Armen umher, als ob es darum ginge, Fliegen zu verscheuchen. Sie wollte Deandra davor bewahren, eine große Dummheit zu machen.
    "Nein, ich kenne ihn nicht!", rief sie zu Deandra hin, auch wenn das nicht die ganze Wahrheit war - den Hund kannte sie aus ihrem Traum, aber wenn sie diese Geschichte Deandra erzählen würde, würde sie unzweifelhaft für verrückt erklärt werden.
    "Aber er schaut gefährlich aus!", fügte sie hinzu. Das Tier war tatsächlich ein abgemagertes Gerippe. Aintzane hatte wenig Zweifel daran, dass dieses Biest in Punkto Essen wenig wählerisch sein würde. Vielleicht würde dem Köter auch Menschenfleich munden... hmmm, eine pikante Römerin als Hauptspeise und als Nachtisch gibt es baskisches Geschnetzeltes... dieser Gedanke behagte Aintzane überhaupt nicht. Im Gegenteil, ihr Magen drehte sich dabei um.
    "Was will er überhaupt von dir?", fragte sie noch zusätzlich. So ein Hund kam doch nicht ohne Grund einfach in ein Haus hinein und kläffte die Leute an. Hätte der Hund wirklich etwas zum Essen haben wollen, wäre er ohne Umschweife in die Küche gerannt. Oder sich über die schlafenden, wehrlosen Menschen hergemacht, ohne erst Radau zu schlagen. So langsam, ganz langsam, kamen Aintzane leise Zweifel an der Theorie, dass der Hund gefährlich wäre. Irgendetwas war faul an der Sache.

  • Langsam war ich nicht nur unschlüssig, sondern auch ratlos, weil der Hund mir nicht in das Haus folgen wollte, sich auch nicht streicheln ließ und zu guter Letzt Aintzane mir auch noch Bedenken einredete. Ich stand noch immer mit dem Rücken zu dem Tier, wobei es vermutlich aufschlussreich gewesen wäre, es in diesem Augenblick zu betrachten. Hegte es feindliche Absichten, würde es doch sicher eine Angriffhaltung einnehmen wollen. Fühlte es sich nunmehr unbeachtet, wollte aber etwas erreichen, musste wiederum auch eine Reaktion zu sehen sein. Langweilte es sich, könnte es ja fortlaufen, so dachte ich.


    Zitat

    Original von Aintzane
    "Was will er überhaupt von dir?", fragte sie noch zusätzlich.


    „Ich hab ihn noch nicht gefragt", erwiderte ich todernst, zuckte schließlich mit den Schultern, zeigte ein kleines Schmunzeln und drehte mich erneut dem Hund zu.


    „Was also schlägst du vor?“, fragte ich meine Sklavin, während ich das Fellbündel vor mir betrachtete.

  • Aintzane nahm den kleinen Scherz der Herrin zu Kenntnis, beließ es aber dabei. Sie war für ein Lächeln viel zu angestrengt.
    "Was ich vorschlage?", echote sie, tief in ihre Gedanken verstrickt. "Der Hund will also nicht ins Haus. Er geht auch nicht fort. Was hat das zu bedeuten?"
    Sie war einigermaßen ratlos. Und ihr blieb nichts anderes übrig, als das zuzugeben. "Ich habe keine Ahnung, was wir da tun können." Dann atmete sie tief ein und setzte einen Schritt vorwärts, auf den Hund zu.
    Da sprang der Hund auf, rannte ein paar Fuß von der Stelle, wo er eben noch gewesen war, fort und kläffte zum wiederholten Male.
    "Will er uns... etwas zeigen?", fragte Aintzane Deandra ziemlich verwirrt.

  • Der zottige Hund ließ als Antwort auf die Frage ein lautes RrrrwWUFF hören und setzte sich, um gleich darauf wieder aufzustehen und tänzelnd wieder ein paar Schritte fort zu gehen. Camryn ließ auf sich warten, denn sie konnte beim besten Willen kein anderes Fleisch finden als den Hasenbraten und die Wachteln, die es am morgigen Tag zum Abendessen geben sollte...


    Langsam sollten die Menschen mal hin machen, denn die Hündin hatte Hunger und wollte endlich ihre Belohnung für das finden des kleinen Menschen im Loch des alten Hauses haben. Mürrisch bellte sie weiter. Als kläffen konnte man das nicht bezeichnen, immerhin war sie großer als diese kleinen Ratten auf vier Beinen, die gern von Katzen zum Frühstück verschlungen wurden... 8)

  • Ich fand Aintzanes Idee gar nicht so abwegig. Zumindest konnte man den Versuch starten, ihm zu folgen, falls er wirklich vorhatte, uns irgendwohin zu locken. Etwas musste auf jeden Fall passieren, denn das laute Bellen störte inzwischen sicher nicht nur die schlafenden Nachbarn, sondern auch mich. Kleine Hunde waren da bedeutend angenehmer, sie strapazierten weniger mein empfindliches Trommelfell. Außerdem rochen sie nicht so streng. :P
    Mein Blick suchte Aintzane, die mir als Ratgeber momentan sehr nützlich war.


    „Probieren wir es doch einfach aus und folgen ihm. Es wird sich ja zeigen, ob dein Gedanke richtig war.“ Ich setzte den Vorschlag sogleich um und folgte dem Hund auf einem Schleichweg, der von unserem Anwesen führte und den ich bisher noch gar nicht kannte. ‚Ist ja interessant’, dachte ich. ‚Was man bei dieser Gelegenheit alles so entdeckt.’


    Die Nacht war von ungewohnten Geräuschen erfüllt. Langgezogene Rufe von Nachtvögeln erklangen mal aus der Ferne und dann wieder ganz nahe. Das Rascheln im Gestrüpp zu beiden Seiten des Pfades setzte stets unverhofft ein, es ließ mich, auch wenn ich nicht ängstlich veranlagt war, innerlich jedes Mal zusammenfahren. Klebrige Fäden, die von den Zweigen hingen und in deren Herstellern ich die von mir verabscheuten Krabbeltiere vermutete, blieben immer wieder in meinem Gesicht hängen. Mein angewiderter Ausdruck war zum Glück für niemand zu erkennen, weil wir der Enge wegen hintereinander und zudem gebückt laufen mussten. Sie seufzte, als der Weg kein Ende nehmen wollte und die Hündin keinerlei Anstalten machte, das Ende der Wanderung einzuläuten.

  • Na endlich kamen die Menschen! Wurde aber auch Zeit! Anderenorts war schon eine fieberhafte Suche entbrannt, doch davon wusste nur die Hündin, die mit ihren scharfen Ohren und der feinen Nase hören und riechen konnte, wo sich die Suchenden befanden. Die Hündin machte ihrer Größe alle Ehre, denn das tiefe, kehlige (und inzwischen auch etwas heisere 8) ) Bellen donnerte munter weiter, während der schwarz-weiße Hund die Hausherrin und deren Sklavin ganz allein durch dunkles Gestrüpp und zu dem zweiten Suchtrupp führte.

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