Hortus | Ein Vater und seine Tochter

  • Gerade noch wollte sich Marcus in der Illusion ergehen, es wäre nun alles wieder in Lot und heile Welt, da zerstörten Arrecinas Worte seine kleine Seifenblase, die er sich um sie beide schaffen wollte. Marcus lehnte sich zurück und seufzte abgrundtief. Warum nur, mußten es Frauen derart kompliziert machen? Es mußte immer alles besprochen, geklärt und beredet werden. Reden, Reden, Reden. Was hatten die Götter nur der armen Kreatur namens Mann damit angetan, der Frau ein derart reges Mundwerk zu geben und dazu noch einen gewitzten Geist. Das mußte ja eine Katastrophe werden. Marcus hob die Hand, kratzte sich am Nacken und sah seine Tochter ungnädig an, schon etwas genervt.


    „Cinilla. Warum müßten wir das jetzt besprechen, es ist doch so ein schöner Nachmittag und...und...ich geh doch bald...“


    , fügte er mehr kläglich an, ehe er sich aufraffte und zustimmend nickte. Wenn sie das wollte, dann sollte es so sein. Also verschränkte er die Arme, abermals unbewußt, und lauschte ihren Worten. Herrje, scheinbar hatte sich seine kleine Tochter schon alles ausgemalt und wahrscheinlich war sie schon dabei, das Hochzeitskleid dafür zu weben. Hatte er als Vater nicht auch das Recht, in der Hinsicht etwas zu bestimmen? Doch, Marcus kam zu dem Schluß: er hatte es.


    „ Du hast Recht, Arrecina. Wenige Männer wären mir gut genug für Dich. Selbst die meisten Männer meines, unseres, Standes nicht. Denn ich kenne Männer durchaus besser als Du und kann einschätzen, wer Dich glücklich machen kann oder nicht und wer auch noch meinen Ansprüchen gerecht werden könnte. Ich kenne den Senator nicht sonderlich, aber Du ebenso wenig und willst mir jetzt schon sagen, Du wüßtest, daß er Dir ein gutes Leben bescheren kann? Zudem, sicherlich, er ist ein Mann mit Name und Rang, einer, der es sicherlich noch in die nobilitas schaffen kann. Oder ist er das schon...?“


    Marcus Hand hob sich und kratzte an seinem Kinn. Die Purgitier konnte Marcus nicht ganz einordnen. Eine kleine Familie mit einem Mann, der berühmt war.


    „Wenn er consul wäre, dann stände alles ganz anders. Und was soll das heißen, Du weißt nicht, ob er Dich will? Pah, der kann sich glücklich schätzen, wenn er überhaupt für Dich in Frage kommt. Bei Iunos T....ähm...ja. Nun...“


    Marcus stockte, denn in dem Augenblick fiel ihm etwas auf, was Arrecina sagte. Er hatte es womöglich erst überhört, doch dann kam es vollends in sein Bewußtsein.


    „Keiner, der nicht ich bin? Ja, Kind, was meinst Du denn damit? Du bist meine Tochter, Arrecina!!“


    ...und nicht seine Mutter, für die er tatsächlich schon von jungen Jahren an eine derartige Affinität verspürte, die Arrecina wohl ihm für sie zutraute. Entgeistert sah Marcus sie an.

  • Genau aus diesem Grund sprach sie ja mit ihm weil er bald ging, aber alles hatte keinen Sinn es hatte fast den Anschein als sprach sie mit einer Wand und nicht mit ihrem Vater. Ja sie beide konnten schon sein wie Feuer und Wasser eine sehr gefährliche Mischung. Sie musste sich dazu zwingen ruhig zu sein und das war nicht leicht wenn man immer alles tausend mal erklären musste und gegen ihn anreden musste. Sie hatte ja gar keine andere Wahl als sich seinen Worten zu beugen und musste machen was er wollte denn er hatte ja sogar das Recht sie an jeden beliebigen Mann zu geben den er wollte, sie hatte da nichts zu melden das wusste sie nur zu gut.


    "Du kannst aber nicht davon ausgehen, dass alle Männer so sind wie du und ich habe das Gefühl du suchst nach einem Ebenbild das ist das was ich meine und deswegen wird ein Mann niemals gut für mich sein. Du bist nur einmal auf dieser Welt und ich kann dich nicht heiraten weil du mein Vater bist! Glaubst du ich habe mich ihm schon an den Hals geworfen oder gefragt ob er mich heiraten will? Das meinte ich damit, dass ich nicht weiß ob er mich will. Ich kann dir nur sagen was ich aus unserer Unterhaltung weiß und welchen Eindruck ich von ihm habe. Du verstehst mich einfach nicht," sagte sie enttäuscht zu ihm, aber sie hatte ja keine Wahl.
    "Ich werde mich natürlich deinem Willen beugen und wenn du ihn als nicht gut beachtest dann ist dem eben so. Ich würde mir nur einmal wünschen, dass du auf meine Gefühle hörst, auf den Eindruck den ich von einem Menschen habe, denn ich dachte immer, auch wenn ich jung bin, dass ich eine gute Menschenkenntnis habe. Aber du hast recht, du bist mein Vater und ich werde das machen was du sagst."


    Für Arrecina stand dennoch etwas fest: Sie wollte nicht aufgeben auch wenn es jetzt den Anschein hatte. SIe hatte schon einiges aufgeben müssen, aber sie wollte sehen wie es sich entwickelte und ihr Vater musste ja wieder nicht alles wissen was sie tat, schließlich wusste er so vieles nicht da machte das nächste Geheimnis auch keinen Unterschied mehr.

  • Verwunderung erntete Arrecina bei Marcus als er ihren weiteren Worten lauschte. Ein Vogel zwitscherte etwas unpassend in der Nähe- Marcus warf ihm einen genervten Blick zu und hätte nicht übel Lust gehabt, eine Olive nach dem Piepmatz zu werfen, der so penetrant zwitscherte- und der Wind rauschte sachte in den Ästen der Bäume. Die Worte um: Ich kann Dich nicht heiraten, weil Du mein Vater bist und Du suchst nach einem Ebenbild trafen nur auf völliges Unverständnis bei Marcus. Sicherlich, Marcus hatte seltsame Vorlieben und seiner Mutter gegenüber hegte Marcus durchaus- womöglich nur halb bewußt- solche Wünsche, aber bei seiner Tochter war das nicht aufgekommen. In seinen Augen war sie schließlich sein kleines Mädchen, sein Kind. Und solange er sich nicht von diesem Bild lösen konnte, würde Marcus ihre Worte auch nicht erahnen können von der Bedeutung her. Zudem war er sich nicht sicher, ob er sich beleidigt fühlen sollte. Verachtete und haßte sie ihn derart, daß sie sich einen Mann, der ihm ähnlich war, niemals heiraten würde? Marcus war ganz irritiert und ließ seine verschränkten Hände sinken.


    „Ja, ja, Du hast Recht, Arrecina. Ich verstehe Dich nicht. Bei Mars und Venus, das ist auch verflucht noch mal schwierig. Irgendwie scheine ich es Dir nicht Recht machen zu können. Ich habe Dir doch keine Vorwürfe wegen diesem Senator gemacht. Dennoch, Arrecina, Du bist ein junges Mädchen und kannst mir glauben, ich habe doch durchaus etwas mehr Lebenserfahrung als Du. Und aus dem Grund entscheiden die Väter für ihre Töchter, weil sie sich im Leben besser auskennen. Und auch, was andere Männer angeht.“


    Aber ehe Arrecina protestieren und auf ihre jugendliche Reife oder Ähnliches verweisen konnte, hob Marcus die Hände und seufzte resigniert. Wenn eine Frau nur lange genug auf ihn einredete, gab Marcus dann doch meist schnell auf, nur um der Situation zu entkommen.


    „Also gut, Arrecina. Ich möchte Dir nicht Steine für Dein Glück in den Weg legen. Aber es gibt gewisse Bedingungen, die eingehalten werden müßen. Erstens: Du triffst Dich nicht heimlich mit einem Mann oder mit dem Senator. Ich glaube auch nicht, daß Du das getan hättest. Aber sollte ich erfahren, daß Du es doch tust, dann werde ich keiner Hochzeit zustimmen. Zweitens: Du wirst immer einen Sklaven dabei haben, den meine Mutter ausgesucht hat. Der Sklave wird dafür sorgen, daß Dein Ansehen bewahrt bleibt. Drittens: Der Senator oder vergleichbar angesehene Mann wird sich selber darum kümmern, ob er Dich heiraten darf. Wenn er consul ist, werde ich noch eher gewillt sein, dem zuzustimmen. Aber Dir muß klar sein, Arrecina, daß Du einen Plebejer auf manus Art und Weise heiraten mußt.“


    Marcus ergriff einen Becher Wein und stürzte ihn hinunter. Seine Tochter aus seinem Schutze frei zu geben, das wollte Marcus im Grunde auf keinen Fall. Aber alles andere war nicht möglich, er wüßte schon, was für Vorhaltungen ihm sonst seine Mutter machen würde. Überhaupt, sie wäre wohl kaum begeistert davon.

  • Es tat irgendwie weh nicht verstanden zu werden. Anscheinend war sie derart kompliziert, dass keiner sie verstehen konnte oder gab es doch irgendwo einen Menschen der das tat? Ihr Vater tat ausserdem so als hätte sie schon fest gesagt, dass sie diesen Mann nun heiraten wollte. Sie wusste doch nicht wirklich was er von ihr hielt und ob sie ihm nicht viel zu jung war auch wenn es sicher nicht ungewöhnlich war eine solch junge Frau zu haben. Und wenn sie nicht einfach zu ihm gehen konnte, wie sollte sie jetzt Gewissheit bekommen? Es war gemein, es war alles einfach gemein. Arrecina wollte die Familie doch nicht verlassen, sie gehörte doch hier her und dann auch wieder nicht. Ein Vogel in einem Käfig das war sie und bekanntlich überlebten viele nicht weil sie sich nach Freiheit sehnten und doch nicht wegkonnten auch wenn man die Tür zum Käfig offen ließ denn oft hatten sie verlernt wie man fliegt. Vielleicht war es auch bei ihr der Fall, sie konnte nicht mehr fliegen.


    Bestimmt hatte sie die falschen Worte gewählt denn sie wusste ja, dass er manchmal sehr lange brauchte um zu verstehen was man von ihm wollte. Er war sauer,. das konnte sie sehen und spüren und das verletzte sie wieder. Die Regeln die er aufstellte ließen sie schlucken und wenn sie da an ihr Techtelmächtel mit Aqulius dachte zog sich alles noch mehr zusammen. Das war ein süßes Geheimnis was sie miteinander hatten und dann noch das Geheimnis wegen Rutger und was mit ihnen gewesen war. Toll wenn sie immer diesen Sklaven bei sich haben musste dann hatte sie ja nicht einmal die Möglichkeit einen Piep von sich zu geben ohne, dass ihr Vater den genauen Wortlaut erfahren würde. Sie konnte den Sklaven nicht wirklich leiden, aber sie widersprach ihm nicht.


    "Ich werde mich an deine Regeln halten Vater und ich werde dich sicher nicht hintergehen. Ich bin nicht auf der Suche ich dachte nur an die Zukunft, an meine Zukunft und an deine. Ich habe einfach Angst. Ich werde mich mit niemanden treffen ohne, dass der Sklave dabei ist und ich werde ganz sicher auch nichts machen was der Familie schaden könnte das verspreche ich dir." Ob sie das Versprechen auch genauso einhalten konnte war dann eine andere Frage aber sie würde es natürlich versuchen. Als er so von ihrem Ansehen sprach dachte sie sich nur wenn er wüsste, wenn er wüsste, was sie schon alles getan hatte er würde sie ganz bestimmt verbannen. Wahrscheinlich wäre das wirklich ein Grund dafür und da würde er auch keine Gnade zeigen, so dachte sie zumindest.

  • Unendliche Erleichterung machte sich in Marcus breit. Es war wohl überstanden, zumindest für den Augenblick. Und das zählte für den leidenden Marcus durchaus eine Menge. In dem Moment wünschte sich Marcus, Arrecina hätte noch eine Mutter und diese könnte mit ihr über solche Angelegenheiten sprechen. Bis vor kurzem hatte Marcus auch immer darauf vertraut, daß seine eigene Mutter diese Lücke ausfüllen würde, aber scheinbar war das Verhältnis zwischen seiner Mutter und seiner Tochter nicht immer das Beste. Aber er wußte auch, daß seine Mutter mehr Stolz auf ihren Enkel als auf ihre Enkelin verspürte, wenn er das auch stets verdrängte. Denn seine Tochter war und würde immer sein besonderer Goldschatz bleiben. Marcus hob noch mal seine Hand und strich Arrecina väterlich über die dunklen Haare.


    „Mein Sonnenschein, natürlich vertrau ich Dir. Und gewiß weiß ich, daß Du der Familie nicht schaden willst. Ich würde mich sogar so sehr auf Dich verlaßen, daß ich Dich alleine mit einem Mann laßen würde, aber man kann den Männern nun mal nicht trauen. Du bist ein hübsches Mädchen...ähm...ja junge Frau und Männer sind nun mal...nun anders als Frauen. Und zudem würden die Leute sich das Maul zerreißen, weil sie Dich nicht kennen. Verstehst Du, weswegen ich das will?“


    Marcus lehnte sich etwas zurück und winkte einem Sklaven seinen leeren Becher wieder zu füllen und verfluchte sich. Er konnte irgendwie nie die richtigen Worte finden und schwamm in einem See aus Sprachlosigkeit und Stottern.


    „Aber meine Kleine, Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Das verspreche ich Dir. Ich werde schon dafür sorgen, daß Du niemanden heiraten mußt, den Du verachtest oder verabscheust.“


    Marcus wußte zwar noch nicht genau wie, aber er würde das schon vorher noch alles regeln, ehe er in den Krieg aufbrach. Denn ob seine Mutter derartige Hemmungen hatte, da war sich Marcus nicht sicher. Im Gegenteil, er glaubte mehr, daß sie Arrecina mehr für ein nützliches Ehebündnis vermählen würde, um dann Serenus eine größere Zukunft zu ermöglichen. Doch Marcus lächelte seine Tochter zuversichtlich an, wollte ihr damit jegliche Sorge nehmen.


    „Das wird schon, mein Sonnenschein. Und? Sollen wir nun noch den Tag schön verbringen? In der Stadt oder wo auch immer Du willst, hm?“

  • Nein sie war nicht zufrieden mit diesem Gespräch aber sie war deutlich in der schlechteren Position und konnte nicht weiter argumentieren denn einen Sinn machte es nicht mehr. "Sicher verstehe ich das. Männer sind eben Männer," und Väter sind eben Väter dachte sie sich. Sie hoffte, dass sie wenigstens Briefe schreiben konnte ohne, dass ihr Vater davon Wind bekommen würde, aber dazu hatte sie ja noch Anaxandra ihr vertraute sie wenigstens.
    "Ich hoffe wirklich sehr, dass ich deinen Worten glauben kann und es nicht so weit kommen wird. Danke Vater. Ich habe dich lieb," fügte sie noch hinzu und meinte es wirklich ehrlich. Seit langer Zeit war es wohl das erste Bekenntnis ihrer Liebe zu ihrem Vater gegenüber, denn die ganze Zeit hatte nur Hass in der Luft gelegen.


    Arrecina brauchte etwas zu trinken und griff nach ihrem Becher um ihn zu leeren. Derweil kreisten ihre Gedanken um die Männer und die Tücken die sie mitführten, denn sie waren schon eine seltsame Spezies. Wenn sie ihren Vater recht verstanden hatte sollte sie auch warten bis der Mann den ersten Schritt tat und sie durfte das nicht? Ja so musste es sein so war es ja üblich. Das konnte ja nur nach hinten los gehen war ihre Meinung dazu.
    "Ja lass uns den Tag zusammen verbringen, die wenigen Stunden die uns bleiben. In die Stadt gehen klingt gut, ich bräuchte etwas neues zum Anziehen," schmunzelte sie ihren Vater an.

  • Die Sonne schien nun wieder passend, der Piepmatz regte Marcus nicht mehr auf, denn jetzt war wohl alles zu einigermaßen beidseitiger Zufriedenheit gelöst. Nun, zufrieden war Marcus nicht im Geringsten. Die Vorstellung, ein Mann würde um seine kleine Tochter werben, mißfiel Marcus aber ganz gehörig. Doch er war einfach froh, daß dieses Gespräch, wo er sich wie auf glattem Eis fühlte, doch einigermaßen passabel über die Bühne gegangen war. So lächelte er warm und bei den Worten seiner Tochter ging ihm auch das Herz auf.


    „Ach, mein Sonnenschein. Ich werde Dich sehr vermissen, meine Cinilla. Aber nach dem Krieg, da werde ich aus der legio austreten und ganz nach Rom kommen.“


    Marcus zögerte einen Herzschlag. Er war immer sehr sparsam mit tatsächlichen Worten der Zuneigung, fühlte sich darin noch viel ungewandter und ungelenker als in sonstigen tiefschürfigen Gesprächen. Natürlich zeigte er seine Zuneigung oft durch andere Dinge und gerade aus dem Grund, glaubte er, daß es nicht notwendig war, diese in Worte zu kleiden. Doch dies war ein gänzlich anderer Augenblick: Er zog bald in den Krieg, mit der Ungewissheit, niemals zurück zu kommen und seine Tochter hatte einfach Angst vor einer unsicheren Zukunft. So drückte er seine Tochter noch mal an sich heran und murmelte leise in seinen nicht vorhandenen Bart.


    „Ich hab Dich auch lieb, mein Kind...“


    Doch dann löste er sich, durchaus verlegen, und stand auf. Das restliche Essen ließ Marcus stehen, denn sie konnten auch noch in der Stadt etwas zu sich nehmen. Und auf die Wünsche seiner Tochter reagierte er mit einem erleichterten Lächeln. Denn das war doch etwas, was er ihr mit Leichtigkeit erfüllen konnte. Dafür mußte er nur seinen Geldbeutel öffnen.


    „Du darfst Dir aussuchen, was Du willst, mein Sonnenschein. Auch zwei oder drei Kleider...und vielleicht noch schönen Schmuck?“


    Marcus nahm ihre Hand und verließ mit ihr den Garten, um seine Tochter wenigstens mit materiellen Dingen glücklich zu machen.

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