Die Sänfte ward nicht einmal zur Gänze abgesetzt, als sich auch schon eine schlanke Frauenfessel zwischen den Vorhängen der geliehenen Sänfte hindurchstreckte. Eine rechte Hand folgte, an deren Ringfinger ein goldener Ring mit einem daumennagelgroßen, eingefassten Smaragd funkelte. Eine Sklavenhand half der Claudierin aus der Sänfte, und das strahlende Sonnenlicht ließ ihr rotes Haar so schimmern, dass es aussah, als stünde der holde Kopf in Flammen. Ofella zeigte auf einen Sklaven. "Du - geh und unterrichte meinen Gemahl von meiner Ankunft. Und sag ihm, er soll auch meinen Sohn auftreiben", wies sie ihn an. Der Sklave nickte und eilte der Rothaarigen voraus, die sich noch schnell die Kleidung - ein jagegrünes Gewand und eine elfenbeinfarbene stola - richten ließ und sich dann anschickte, die wenigen Stufen zu erklimmen.
Die letzten Tage waren wahrhaftig ein Graus gewesen. Immer wieder hatte Ofella hungrig zu Bett gehen müssen, denn sie war das schlichte und karge Essen der mansiones nicht gewohnt. Beleibt war sie jedoch nicht, auch wenn sie durchaus etwas zugelegt hatte, vor allem nach der Geburt des kleinen Lucius, ihres Mausespatzes. Besonders Hintern und Hüfte wiesen doch etwas mehr Speck auf als beim letzten Aufeinandertreffen mit ihrem Gemahl. Aber um den ging es ihr schließlich auch nicht in erster Linie, obwohl es sie natürlich doch interessierte, ob er endlich etwas zustande gebaracht hatte. Ihr waren gerüchte zu Ohren gekommen, er sei wegen des Krieges ausgetreten, der feige Kerl, um sich der Politik zu widmen. Nun ja, wenn er Senator werden würde, dann hatte wenigstens auch Ofella etwas davon.
Die Tür war inzwischen geöffnet worden und die Hausherrin wurde demütig empfangen. Hoch aufgerichtet betrat sie das Haus. "Heeeerius?" rief sie säuselnd. Sie wusste, dass er das nicht ausstehen konnte. "Heeeeeeerius..... Wo bist duuu? Deine geliebte Gemahlin ist zu Besuch...."