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Es war ein strahlender Sommertag. Das Pflaster der Via Appia glänzte in der Sonne, die schon zu dieser frühen Vormittagsstunde heiß vom Himmel herunterbrannte, als wolle sie die liebliche Landschaft, die sich zu den Seiten der Straße erstreckte, ausdörren und versengen. Die Grabmäler entlang des Weges zeichneten sich eindrucksvoll gegen den leuchtendblauen Himmel ab, und warfen scharfumrissene Schatten.
Pfeilgerade führte die Straße bis zum Horizont, und nur vereinzelt waren Menschen zu sehen, die sich langsam, träge durch die Hitze, dort entlang bewegten. Allgegenwärtig war das Lied der Zikaden, eintönig und schläfrig schwebte es über den lichtdurchfluteten Gefilden.
Da näherte sich von Rom her eine größere Gruppe von Menschen. Auch eine Sänfte war dabei. Schon von weitem war auszumachen, dass einer der Männer ein Kreuz auf dem Rücken trug. Gebeugt und taumelnd schleppte er die schweren Balken, die ein großes T bildeten, umringt von anderen die ihn vorwärtstrieben.
Zwei Bauernmädchen, die am Strick eine Ziege mit sich führten, blieben neugierig stehen und betrachteten den sich nähernden Zug, traten dann an den Straßenrand und bestaunten sein Vorüberziehen.
Ketten rasselten bei jedem Schritt des Verurteilten. Es war ein sehr großer und breitschultriger Mann von wahrhaft barbarischem Aussehen, totenbleich, schmutzig und mager. Viele Narben trug er, und sein blondes Haar so wie sein Bart waren ganz verwildert. Schweißgebadet, das Gesicht starr wie eine Maske aus Stein, kämpfte er sich vorwärts. Immer wieder schienen die schweren Balken ihn zu Boden drücken zu wollen. Er hustete, wankte, schien zu fallen und fing sich doch wieder. Die Adern traten an seinen sehnigen Armen hervor und sein Atem ging keuchend, als er sich mühsam aufrecht hielt und das Kreuz weiter zerrte, Stück für Stück.
Einige kräftige Männer folgten, sie trugen Knüppel in den Händen und trieben den Verurteilten weiter wenn es ihnen zu langsam ging. Auch sie schwitzten in der Sonne, und tauschten immer wieder Flüche über die Hitze aus, und über den verdammten Germanen wegen dessen Starrsinn sie sich die Mühe hier machen mussten - aber nur halblaut. Anscheinend wollten sie nicht, dass ihre Worte bis zu der Sänfte drangen, die einige Schritt hinter ihnen, auf den Schultern ihrer Träger ruhend, folgte.
Beim Anblick dieses eleganten Fortbewegungsmittels machten die Bauernmädchen große Augen. Golden blitzte das Wappen mit dem Caduceus-Stab auf dem kostbaren Holz. Neugierig versuchten die Mädchen einen Blick ins Innere zu erhaschen, doch durch die edlen Vorhänge hindurch konnten sie nichts erkennen.
So schlossen sich die beiden, in der Erwartung noch mehr zu sehen zu bekommen, der bunt gemischten Gruppe an, die sich an die Fersen des Zuges geheftet hatte - teils Schaulustige, die gespannt auf die Hinrichtung waren, teils Sklaven denen es, wie ihrem unzufriedenen Gemurmel zu entnehmen war, zu ihrem eigenen Besten befohlen worden war dabei zuzusehen.
Schon tauchten in der Ferne zwischen den Pinien die Umrisse von Kreuzen auf. Stetig hielt der Zug darauf zu.