Die Sonne strahlte schon am Morgen heiß und erbarmungslos auf die Stadt hernieder. Doch gleichwohl die Bewohner von Alexandria noch ganz im Taumel der Begrüßungsfeierlichkeiten des Praefectus und die Leute von all den Ereignissen und Feiern aufgekratzt waren, so bahnte sich ein weiteres großes Ereignis an.
„Bürger Alexandrias, heute ist die Ekklesia. Alle, die als Polites Alexandrinos gelten, sind aufgerufen an den Geschicken und dem öffentlichen Leben der Stadt teil zu haben. Kommt herbei, kommt zahlreich. Die Ekklesia findet im Theater statt.“
Über all in der Stadt marschierte ein Keryx, ein Herold entlang, und rief die Bürger der Stadt dazu auf sich im Theater zu versammeln. Sein Heroldstab pochte dabei laut auf dem steinigen Untergrund. Und schon seit Tagen war die Ekklesia das wichtigste Gesprächsthema, nach der Ankunft des Praefectus in Alexandria. Die Menschen strömten schon am frühen Morgen in Richtung des Theaters, um diesem Spektakel und wichtigem Ereignis des Jahres beizuwohnen. Vor dem Theater standen einige Männer des noch amtierenden Strategos und begutachteten die heran nahenden Menschen mit Argusaugen. Einer der Männer, ein grobschlächtiger Kerl, packte einen Mann an der Schulter. „Moment! Keine Metöken...bist Du auch ein Polites...? Hah, hab ich mir doch gedacht.“ Mit einem Schlag auf den Rücken wurde der Mann fort getrieben, der sich in die Ekklesia einschleichen wollte, obwohl er doch kein Bürger der Stadt war und die Ephebia nicht abgeschlossen hatte.
Um das Theater waren schon früh am Morgen zahlreiche Buden aufgebaut worden. Fliegende Händler drängten sich durch die Menschenmasse. Ein kleiner Jahrmarkt schien sich hier zu entwickeln. Kissen wurden verkauft, getrocknete Datteln und süßlicher, ägyptischer Dattelwein. An andere Stelle machten sich die Zauberer und Wahrsagerinnen bereit, um den Bürgern noch schnell einen Ratschlag oder einen Wahltipp mit auf den Weg zu geben. Oder um ihre Zaubermittel oder Amulette noch an den Mann zu bringen. Zahlreiche Katzen streunerten zu den Füßen der Menschen. Einige römische Soldaten marschierten vor das Theater, misstrauisch beobachtetet von so manch einem der Hellenen. Arme griechische Alexandriner, Polites in reichen Gewändern und mit zahlreichen Sklaven oder so manch ein Eingebürgerter betrat das Theater, um an der Volksversammlung teilzunehmen.
So auch Kallinos und Lydos. Beides Männer aus dem Randgebiet des Brucheion. Zügig hatten sie sich noch einige Datteln und etwas Dattelwein gekauft, Lydos noch eine alte ägyptische Hexe um Rat gefragt ehe beide in das Theater traten und sich nach ihrem Demagogen umsahen. Ohne Zaudern setzten sie sich in den Wahlblock, dem sie angehörten. „Sind viele Leute zur Wahl aufgestellt?“, fragte Lydos und kaute dabei einige Datteln. „Hm...keine Ahnung, Skopas wird schon wissen, für wen wir stimmen sollen. Aber ich hab gehört, es sind ein paar neue Gesichter dabei.“, erwiderte Kallinos. Lydos hob die Augenbrauen. „Ach, tatsächlich?“ Kallinos nickte bekräftigend. „Jawohl, die wollen den Krateiden an den Sack gehen.“ Lydos lachte lauf auf. „Na, mal sehen, nicht solange wir hier abstimmen können.“ Beide kicherten vergnügt. „Meinst Du, die bringen das noch mal wegen der neuen Weinsteuer...“, fragte Lydos dann. Kallinos zuckte mit der Schulter. „Nicht, wenn sie nicht noch mal so eine Schlägerei haben wollen...“ Beide sahen auf als Skopas an sie heran trat und einige freundliche Worte mit ihnen wechselte.
Und das Theater füllte sich weiter...