“Ganz richtig, um deine Amtsräume hier im Palast soll er sich auch gleich kümmern.“, antwortete Corvus, also sie unerwartete gestört wurden...
Praefectus Alexandriae et Aegypti
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- Sedes
- Decius Germanicus Corvus
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Es war Lyros, der sie störte, also genau der Scriba, von dem sie gerade gesprochen hatten.
Er verneigte sich ebenso unterwürfig wie steif und sagte:
“Praefectus, ich bitte vielmals um Vergebung, aber es sind Boten des Basileios Augustus eingetroffen, die dich umgehend zu sprechen verlangen. Sie kommen mit wichtiger Kunde, sagen sie.“ -
Boten des Kaisers? Was hatte das zu bedeuten?
Wichtige Kunde? Um was mochte es gehen?
Germanicus Corvus erhob sich, bedeutete dem Iuridiculus aber, er möge sitzen bleiben.“Sie sollen herein kommen. Ich werde sie anhören.“
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Endlich waren sie offenbar vor dem Mann angekommen, zu dem sie wollten. Angeblich war er früher selber einmal Speculator gewesen, also quasi ein ehemaliger Kollege. Die Männer salutierten. Den anderen Mann im Raum taxierten sie kurz, mit geübtem Blick.
"Praefectus, wir kommen aus Parthia, aus dem Feldlager vor der Stadt Dura Europos. Wir haben die traurige Pflicht die Nachricht zu überbringen, dass der Imperator Caesar Augustus in eben jenem Feldlager seinen Verletzungen aus der Schlacht am Chaboras Tribut zollen musste und die Reise über den Styx angetreten hat."
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Das war wirklich eine wichtige Kunde und sie kam für Germanicus Corvus überraschend.
Tausend Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf. Der Tod des Kaisers, unter dem auch er selbst seinen Aufstieg aus der Bedeutungslosigkeit als dritter Sohn eines einfachen Marineoffziers bis zum Statthalter einer Provinz genommen hatte, dieser Tod würde das Imperium verändern.
Er sah kurz zu dem Iuridiculus, der es ebenfalls gehört haben musste und ihm wurde bewusst, dass er jetzt den Neffen des neuen Augustus vor sich sah.
Das hieß, wenn dessen Thronbesteigung reibungslos verlief und allseits anerkannt wurde, und wenn der sterbende Iulianus die Erbfolge nicht im letzten Moment noch geändert hatte. Manche Männer neigten dazu, noch vom Sterbelager aus große Verwirrung zu stiften. Das war schon vorgekommen.“Eine schlimme Nachricht. Ihr seht mich zutiefst bestürzt.“, sagte er und bemühte sich gefasst und ruhig zu wirken, als er diese Frage an die Boten richtete: “Ich nehme an, der Caesar wird ihm nachfolgen, so wie es schon lange kaiserlicher Wille war?“
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Im ersten Moment konnte Marcellus nicht glauben, was er da eben gehört hatte und zeigte kaum eine merkliche Gefühlsregung über diese tragische Nachricht. Iulianus war Tod. Wie oft hatte er diesem Mann, der ihm seine Jugendliebe geraubt hatte und später der Herrscher der Welt wurde den Tod gewünscht, wie oft schon verflucht. Doch nun wo er die Nachricht über den Tod des Kaisers nach so langer Zeit und vollkommen unvorbereitet erhielt, hatte er weder ein Gefühl eines errungenen Sieges, noch der Freude.
Seine Gedanken waren in diesem Moment bei Iulia. Wusste sie bereits vom Tod ihres Gemahls? Wie würde sie es aufnehmen? Zweifel kamen in ihm auf. Zweifel, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, nach Aegyptus zu gehen. Vielleicht würde sie ihm nun brauchen, wäre dankbar für seine Anwesenheit – vielleicht aber auch nicht. Alles fragen auf die er ohnehin keine Antwort wusste und diese vermutlich auch nie erfahren würde.
Doch was nun? Wer war der neue Kaiser? Als der Präfekt Valerianus ansprach wurde Marcellus wieder hellhörig. Diese Frage riss ihn aus seinen Gedanken und er fixierte gespannt die Prätorianer. Diese Antwort würde nun über die Zukunft der Gens Aelia entscheiden – und auch über die seine.
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"So ist es, Praefectus. Der Imperator hat vor seinem Tod noch einmal explizit verfügt, dass sein Sohn ihm nachfolgen soll. Daher erging nicht nur an den Senat die Bitte, den Caesar als neuen Kaiser anzuerkennen, sondern ebenso ergeht damit an dich die Bitte, die dir unterstellten Legionen auf den Namen des Caesar zu vereidigen."
Womit auch dieser Wunsch des Kaisers überbracht war. Er hatte nicht mehr allen seinen Statthaltern schreiben können, aber eben jene Wünsche zur mündlichen Weitergabe hinterlassen.
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Germanicus Corvus kannte diesen Valerianus nicht und war ihm nie begegnet. Aber er wusste, dass er vom verstorbenen Kaiser adoptiert worden und von Geburt her der leibliche Bruder seines Patrons Aelius Quarto war, und der wiederum hatte den Iuridiculus Aelius Claudianus Marcellus als seinen Sohn angenommen, also eben genau den Mann, der hier in seinem Officium saß. Valerianus war, wie man allgemein hörte, ein bei seinen Männern beliebter Legionskommandeur und hatte seine Fähigkeiten als Feldherr damals bewiesen, als er zusammen mit anderen den Aufstand des Porcius Laeca nieder schlug. Als vom Kaiser rechtmäßig ernannter Nachfolger und bei den Legionen geachteter General würde er bei der Thronbesteigung kaum auf keinen großen Widerstand stoßen – so glaubte Corvus zumindest.
Bestimmt würde ihn auch sein Bruder nach Kräften unterstützen, der ja, wie gesagt, Corvus' Patron war, und darum hatte er keinen Grund, diesem Mann seine Gefolgschaft zu versagen.
Also antwortete er beflissen: “So soll es sein.“Mehr wollte er in Anwesenheit dieser Männer nicht sagen, denn bestimmt waren das nicht einfach nur Boten, sondern auch Spitzel.
Stattdessen fragte er nur: “Gibt es sonst noch etwas?“ -
Die allgemeine Nachrichtenübermittlung war damit abgeschlossen. Mehr gab es auch nicht zu sagen, hatten die Boten das Lager der Legion doch bereits kurz nach dem Tod des Kaisers verlassen und waren über weitere Entwicklungen daher nicht informiert.
"Zur Sicherheit ist dieselbe Nachricht noch einmal auf dem Landweg hierher. Bestätige den Boten, dass wir bereits hier waren. Unser Auftrag ist beendet und wir reisen zurück nach Parthia. Sollen wir Nachrichten mitnehmen?"
Wem der Statthalter möglicherweise schreiben wollte, müsste er schon selber wissen.
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Corvus überlegte kurz und entschied sich dann dafür, dass es in dieser Situation wohl klüger war, sich ein wenig bedeckt zu halten und eher zu wenig als zu viel zu sagen.
“Nein, dass wird nicht nötig sein. Eine glückliche Rückreise wünsche ich.“, sagte er deshalb nur und verabschiedete die Boten.Dann kehrte er auf seinen Platz zurück, nahm den noch halbvollen Becher Wein und leerte ihn mit wenigen Zügen.
Er stellte ihn – nun leer – ab und sagte zu Marcellus:
“Vorerst bleibt das unter uns. Alexandria erlebt zurzeit Wahlen und ich will nicht, dass der Tod des Kaisers publik wird bevor sich ein neues Koinon konstituiert hat. Diese Nachricht könnte den Kräften in der Stadt Auftrieb geben, die unsere Präsenz hier ablehnen und diese Kräfte gibt es leider, auch wenn es nur Irrsinn sein kann, der sie antreibt.“ -
Marcellus sah den beiden Prätorianern nachdenklich hinterher und wurde erst wieder durch die Worte des Präfekten aus seinen Gedanken gerissen. Die Meinung, dass dieser neue Umstand vorerst nicht die vier Wände des Officiums verlassen sollte, teilte der Aelier nur bedingt mit dem Statthalter, dem er dennoch vorerst zustimmend zunickte. Auch die Information über mögliche antirömische Peregrini war ihm nicht fremd. Diese Leute gab es in fast jeder Provinz des Reiches – vor allem in den Grenzregionen.
"Das habe ich mir bereits gedacht, als ich bei meiner Ankunft gesehen habe, dass der Palastbezirk von Soldaten der Legio und nicht durch die örtliche Stadtwache des Strategen bewacht wird. Wir sollten auf jeden Fall die Militärpräsenz in allen wichtigen Städten erhöhen für den Fall, dass doch Nachrichten aus Parthia zum Volk durchdringen."
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“Das wird es ohne Zweifel ohnehin bald. Mehr als ein paar Tage werden wir diese Nachricht wohl nicht unterdrücken können. Das muss reichen und ich hoffe, dass Alexandria bis dahin ein Koinon hat, das ebenso besonnen ist wie das alte und Freundschaft mit Rom will.
Um überall auf dem Lande Präsenz zu zeigen, reichen unsere Kräfte nicht aus. Ich muss momentan mit nur einer Legion auskommen und ein paar Auxiliareinheiten. Das Gros der Hilfstruppen und die XXIII. Legion sind im Krieg. Sollte es irgendwo Übergriffe geben, dann werde ich gezielt Truppen dorthin entsenden. Aber darüber hinaus müssen wir uns vor allem darauf beschränken, Alexandria und das direkte Umland unter Kontrolle zu halten.“ -
Marcellus nickte erneut. Er verstand die Dringlichkeit, die hinter den Überlegungen des Präfekten standen, jedoch hatte sich nun die Lage – auch seine Lage – von einem Moment auf den anderen extrem verändert. Es war nun tatsächlich geschehen. Bereits damals bei seiner Adoption durch Quarto hatte er damit gerechnet, durch diese Verbindung irgendwann der Neffe des Kaisers oder zumindest nahestehendes Mitglied des Kaiserhauses zu werden. Das es nun so schnell ging, damit hatte wohl niemand gerechnet und vor allem Marcellus nicht. Er musste jetzt weiter denken als nur an den neuen Stadtrat Alexandrias. Er musste Valerianus Machtbasis in dieser Provinz sichern. Besonders hilfreich war es daher nicht, in dieser Situation nur eine Legio hier in Aegyptus zu wissen. Die römischen Bürger und vor allem die Soldaten mussten schnellstmöglich über den neuen Umstand in Kenntnis gesetzt werden, um Valerianus auch hier in Aegyptus als neuen Kaiser auszurufen. Er sah den Präfekten daher ernst an und seine Worte klangen eindringlich.
"Ein paar Tage Praefectus – nicht mehr. Es ist vorrangig die Machtbasis Valerianus zu sichern – und du weißt, dass Aegyptus eine der wichtigsten strategischen und wirtschaftlichen Provinzen für das Kaiserhaus ist. Die Legionen müssen daher schnellstmöglich auf ihren neuen Kaiser eingeschworen werden - dies duldet keinen langen Aufschub. Ich hoffe nicht, dass meine Gens durch eine solche Verzögerung an deiner Freundschaft und Loyalität zu deinem Patron und vor allem zum neuen Kaiserhaus zweifeln muss."
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Ohne Zweifel lag in Marcellus' letztem Satz eine unverhohlene Drohung. Das verstimmte Corvus ein wenig, aber andererseits verstand er das Drängen des Aeliers, der tatkräftig mithelfen wollte seinem Onkel die Macht zu sichern.
“Du kannst unbesorgt sein.“, antwortete er deshalb, auch wenn er nicht verhindern konnte dabei ein wenig gereizt zu klingen.
“Natürlich werde ich die Wünsche des verstorbenen Kaisers respektieren. Es gibt keinen Grund an meiner Loyalität zu zweifeln! Ich werde seinem Nachfolger ebenso treu dienen, wie ich ihm gedient habe. Und was für mich gilt, dass wird auch für die von mir befehligte Legion gelten.“Und dann fügte er etwas versöhnlicher hinzu:
“Dein Vater ist mein Patron, der neue Kaiser ist sein Bruder und es gibt eine alte und bewährte Freundschaft zwischen deiner Familie und der meinen. Ich bin Valerianus' Mann. Er kann auf mich zählen und du kannst mir vertrauen.“Tatsächlich hatte er gute Gründe für seine Worte. Er sprach es zwar nicht aus, aber es lag auf der Hand, dass er sich durch diese Verbindung zum neuen Kaiser auch persönliche Vorteile erhoffte. Was ihn dazu bewegte war also nicht nur Pflichterfüllung und Ehrgefühl, sondern auch ureigenes Interesse. Zudem deutete nichts darauf hin, dass es einen anderen Kandidaten für die Thronfolge gab. Zumindest keinen mit Aussicht auf Erfolg.
“Aber zuerst werde ich meine Stabsoffiziere informieren.“
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"Ich danke dir Praefectus. Wir stehen in deiner Schuld. Du kannst versichert sein, dass dir die Gens Aelia deine Treue nicht vergessen wird."
Der Aelier nickte dem Präfekten dankend zu. Er hatte gemerkt, dass er den Mann mit seinen letzten Worten etwas verstimmt und aufgebracht hatte und versuchte seine dankenden Worte daher möglichst ruhig und freundlich auszusprechen. Auch wenn er der Neffe des zukünftigen Kaisers war, so stand der Präfekt rangmäßig immer noch weit über ihm und daher galt es dies zu respektieren. Wer wusste schon was die Zeit noch mit sich brachte und wann er ein weiteres Mal auf die Freundschaft Corvus mit seinem Adoptivvater angewiesen war. Marcellus hatte erreicht was er wollte und nun auch klare Antworten auf dem Tisch - Aegyptus würde hinter Valerianus stehen. Damit war ein wesentlicher Teil seines Machtanspruchs gesichert.
"Ich werde mich nun zurückziehen und mich um mein neues Haus kümmern. Wenn es dir recht ist, setzen wir unser Gespräch morgen fort."
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“Ja natürlich, du hast mit Sicherheit noch vieles zu erledigen. Wir sehen uns morgen. Vale, Aelius Claudianus Marcellus.“
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Lyros betrat die Amtsräume des Präfekten. Er hatte einen versiegelten Brief bei sich.
“Bitte verzeih' mir die Störung, Praefectus. Aber es ist ein Brief für dich eingetroffen. Er ist als 'persönlich' gekennzeichnet.“
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Germanicus Corvus nahm den Brief entgegen, brach das Siegel und las.
Decius Germanicus Corvus
Praefectus Aegypti
Alexandria-Persönlich-
Praefectus !
Die Nachricht vom Tode unseres Imperators wird dich schon erreicht haben, doch sei versichert, das er gestorben ist, wie er gelebt hat : Stolz und aufrecht, ein wahrer Römer !
Der letzte Wunsch des Imperators war es, das wir seinem Sohn folgen, wie wir ihm folgten. Diesen Wunsch zu befolgen ist unsere Pflicht und unsere Ehre.
Gegeben vor Dura Europos,
Q. Tiberius Vitamalacus
Es war die erwartete, schriftliche Bestätigung dessen, was er durch die 'Schwarzen Boten' bereits vor einigen Tagen erfahren hatte. Unterzeichnet war der Brief von Tiberius Vitamalacus, dem Legaten der I. Legion. Er hatte an der mündlich überbrachten Nachricht vom Tod des Kaisers nicht gezweifelt. Was er aber ebenfalls bestätigt fand war, dass der Sohn des Kaisers sein Nachfolger werden sollte und zweifellos hatte Valerianus, eben dieser Sohn, auch die Unterstützung der in Parthia stehenden Legionen. So war dieses Schreiben wohl zu interpretieren und darum fand er sich mit diesem Brief in seiner Entscheidung bestätigt, als er Marcellus gegenüber zugesichert hatte, diesen Mann ebenfalls zu unterstützen.
Corvus hegte in diesem Augenblick keinen Zweifel daran, dass der Senat ihn ebenfalls bestätigen würde und das er der neue Imperator Caesar Augustus werden würde. Er hatte sich auf die richtige Seite gestellt und war damit sehr zufrieden, auch wenn er, bei Lichte betrachtet, ohnehin gar keine Alternative gehabt hatte. Wer, wenn nicht Valerianus, kam überhaupt als neuer Kaiser in Frage? Niemand, so lautete die nüchterne Antwort.“Es ist gut, Lyros.“, sagte er zu dem Scriba, der noch immer wartend vor ihm stand.
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“Praefectus, wenn du erlaubst, da wäre noch etwas.“
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“Ja?“
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