Meine Laune war düster, um nicht zu sagen, ausgesprochen schlecht, und wie so oft an solchen Tagen hatte ich die starke Befürchtung, dass dieses gesamte Sklavengesindel der Villa Flavia Felix es irgendwie ahnte, dass man mir heute nichts recht machen würde - bis auf einige wenige Mutige gingen mir alle anderen tunlichst aus dem Weg. Ich hätte als Sklave wohl auch nicht anders gehandelt, aber im Augenblick, nach einem langen, harten Tag voller nervtötender Opfernder, einem Kollegen, der mir meine Pause am Mittag noch durch sein Geschwätz versaut hatte, mit knurrendem Magen und einem Durst auf irgendeinen Wein, Hauptsache viel und genug, um mir den bevorstehenden Abend zu versüßen, der mir wohl wieder einmal alleine bevorstand, ärgerte ich mich nicht gerade wenig über die völlige Absenz irgendeiner Bedienung.
Wahrscheinlich hatte Felix die Haussklaven zum Rosenstreicheln eingeteilt oder irgend etwas in der Art, ich durchstreifte einen der Korridore auf der Suche nach einem Sklaven und fand niemanden, und zur culina herunterzusteigen und dort nachzufragen war ein absolut undenkbarer Prozess für einen Patrizier. Oder besser: Wenn es soweit kam, dass ich mich selbst dorthin begeben musste, dann würden in dieser Nacht die Peitschenhiebe knallen, soviel war sicher.
Leise mit den Zähnen knirschend schritt ich durch das atrium und ließ mich auf einer der dort aufgebauten Liegen nieder - keine Speiseliege, eher ein Möbelstück zum Entspannen, genau richtig für einen unentspannten Priester mit Nackenschmerzen wie mich. Ich hob die Hände und klatschte zweimal vernehmlich, eigentlich das perfekte Zeichen, um deutlich zu machen, dass hier jemand war, der auf eiliger Bedienung bestand. Normalerweise machte ich mir über die Sklaven dieses Haushalts eher weniger Gedanken, sie waren da, sie sorgten dafür, dass alles reibungslos ablief und man sich auf die richtigen und wichtigen Dinge konzentrieren konnte, und ansonsten gab es andere Themen, die meinen Kopf beschäftigten, vor allem derzeit.
Stöhnend rieb ich mir den schmerzenden Nacken, irgendwie musste ich heute ein gutes Maß an Zugluft abbekommen haben, die mit der Hitze des Tages gepaart ihre Spuren hinterlassen hatte. Nicht zum ersten Mal vermisste ich meine kleine Nefertiri sehr, die sich um derlei Bedürfnisse immer sofort gekümmert hatte, doch auf meinen Brief nach Achaia, zu einem der Besitztümer meines Familienzweiges, an dem sie nun eigentlich angekommen sein müsste, hatte es noch keine Antwort gegeben. Hoffentlich war ihr nichts zugestoßen .. nicht zuletzt, weil ich sie irgendwie mochte und auch nicht die rechte Lust hatte, mich auf einen neuen Leibsklaven einstellen zu müssen.
Überhaupt war es heute sehr still in der Villa - Felix war wohl ausgegangen, Furianus desgleichen, und alle anderen waren ohnehin ausgeflogen oder auf Reisen. An Gracchus' Absenz wollte ich gar nicht erst denken, es macht die dumpfe Wut in meinem Inneren nur größer, mich daran zu erinnern, wie sagenhaft wieder einmal alles zwischen uns schief gelaufen war. Seufzend ließ ich mich zurücksinken und verdrängte alle Gedanken an ihn in irgendeine dunkle Ecke meines Kopfes, während ich die Augen schloss und einfach den Geräuschen lauschte, die es hier geben musste - und als ich Schritte vernahm, leise, aber wohl in Richtung des atriums kommend, beschloss ich, nicht sofort nach der Peitsche zu greifen, sondern mir zuerst anzuhören, wieso es so hadesverflucht lange gedauert hatte, bis sich ein Sklave hatte blicken lassen.
Frei für jeden/jede, der mag Vorsicht, bissiger Marspriester!