Epicharis war wenig begeistert davon, dass sie nun einen kleinen Halbbruder haben sollte. Sie fand es nicht gerade optimal, dass ihr Vater ihr verschwiegen hatte, einen Sohn zu haben. Dennoch hatte sie diese Nachricht ohne einen Mucks aufgenommen und beschlossen, den Jungen erst kennenzulernen, ehe sie über ihn urteilte. In den Ecken der Villa wisperten die Sklaven von einem störrischen kleinen Biest, das nicht hörte und nur Scherereien verursachte. Epicharis ging also nicht ganz unvoreingenommen auf die Suche nach ihrem...Bruder. Wie seltsam sich das anhörte! Sie würde Prisca davon berichten müssen, unbedingt!
Im Garten war der Kleine nicht. Auch im Atrium war er nicht zu sehen. Epicharis stoppte einen vorbeieilenden Sklaven und sandte ihn aus, ihren Bruder zu suchen. Letztendlich aber fand sie ihn selbst. Ohne bemerkt zu werden, stand sie eine Weile nur da und beobachtete ihn bei dem, was er tat. So biestig wirkte er gar nicht, befand sie. Schließlich gab sie sich einen Ruck und ging mit einem erwartungsvollen Lächeln auf ihn zu. Etwa anderthalb Meter entfernt verhielt sie den Schritt und ging in die Hocke. Sanft taxierten ihre braunen Augen den Knaben, ihren Bruder. Er hatte die gleiche Nase wie sie...oder? "Du musst Lucius sein", begann sie ein Gespräch. "Ich bin Epicharis. Was machst du denn da?" fragte sie interessiert und deutete auf die Utensilien, mit denen Lucius hantierte.