Voller Tatendrang und in bester Stimmung war ich mit den anderen als frisch ernannter decemvir litibus iucandis vom forum nach Hause zurückgekehrt und war sogleich in mein officium gestiefelt. Einem Sklaven trug ich auf, Livius Pyrrus zu organisieren, meinen scriba personalis. Irgendwo im Haus musste er stecken, und ich brauchte ihn für die neuesten Listen der Verstorbenen.
Ich begann damit, meinen Schreibtisch etwas freizuschaufeln, denn in meiner Abwesenheit war doch einiges hier gelandet, das ich noch abzuarbeiten hatte. Ich dachte an das Testament meines Onkels, für dessen Vollstreckung ich nun selbst zu sorgen hatte - welch Ironie des Schicksals! Da fiel mir ein, dass die Prätorianer das Original noch besaßen. Ich würde es holen lassen müssen. Kaum hatte ich diesen Gedanken gedacht, öffnete sich nach kurzem Klopfen die Tür und Pyrrus trat ein, griesgrämig wie immer. Ich ertappte mich bei der Frage, wann er wohl zuletzt gelacht hatte oder ob er das gar nicht konnte. "Du hast mich rufen lassen?" murrte er und setzte sich mit gezückter Schreibtafel hin. "Ja. Ich bin nun offiziell für die Erbschaftsangelegenheiten zuständig, zusammen mit neun weiteren Männern. Ich möchte, dass du mir die aktuellen Listen der letzten Volkszählung beschaffst und die Aufzeichnungen über jene Todesfälle, die seit der Zählung passiert sind", trug ich ihm auf und ordnete pedantisch einen Stapel eng beschriebener Pergamente. Pyrrus kritzelte sich Notizen auf seine tabula und nickte dabei verbissen. "lectiones...Todesfälle... Ich nehme an, das soll ich jetzt gleich machen?" fragte er und blinzelte mich an. Ich zog eine Grimasse. "Achwas, es reicht, wenn ich die Listen in ein paar Wochen bekomme", gab ich mit ironischem Unterton zurück, den Pyrrus allerdings nicht zu bemerken schien, denn sein Gesicht hellte sich etwas auf. "Prima, dann-" "Livius Pyrrus! Sehe ich aus wie jemand, der Müßiggang gutheißt?" fiel ich ihm ins Wort. Auf eine Antwort auf diese rhetorische Frage wartete ich gar nicht, sondern wedelte gleich ungeduldig mit der Hand. "Beweg dich, ich will diese Listen schnellstmöglich haben, nicht erst in ein paar Tagen. Um deine Niki kannst du dich heute Abend kümmern, ich bin mir sicher, dass sie Verständnis haben wird für die Arbeit, die ich dir schließlich entlohne", erklärte ich. Die griechische Köchin und Pyrrus hatten in Germanien zueinander gefunden, irgendwie, auch wenn ich mich insgeheim fragte, wie man jemandem wie Pyrrus etwas wie liebliche Worte entlocken konnte. Pyrrus presste die Lippen aufeinander und erhob sich. Er verbeugte sich steif und stakste dann aus meinem Büro, in dem ich amüsiert grinsend zurückblieb und Platz für neue Pergamente schaffte.