Die Auswahl der Waren war wirklich groß und ebenso beeindruckend war die Anzahl der Truhen, die wie aus dem Nichts erschienen und so für neuen Nachschub sorgten. Wo kamen all die Sachen nur her, so groß war der Stand doch auch nicht? Prisca grübelte nicht lange darüber nach, denn sie war ganz in ihrem Element und prüfte kritisch jedes Stück, das man ihr zeigte. Die Gespräche der beiden anderen Frauen verfolgte sie nur mit halben Ohr und erst, als es um das Alter der Senatoren ging und Plotina laut lachen musste, gab auch Prisca lachend ihren Kommentar dazu.
„Ältere Herren? Nein danke! Wenn das so ist, dann würde ich doch der Reise den Vorzug geben. Ein Mann muss mir schon mehr bieten, als nur einen bedeutsamen Titel. ...Wenn es aber nun ein junger und gutaussehender Senator wäre ... tja, warum nicht?!“ Auch wenn mit einem Senatorentitel sicherlich einiges an Ansehen und Reichtum verbunden wäre, sollte nicht der Eindruck entstehen, dass sie gar Interesse an älteren Herren hätte. Zumal Prisca bezüglich Männer und einer Heirat, ohnehin ihre ganz eigenen Vorstellungen hegte. Nein, im Moment gab es eigentlich viel wichtigere Entscheidungen zu treffen:
„Hmm, die weiße Stola gefällt mir wirklich sehr gut! Der Stoff ist so schön leicht und fühlt sich angenehm an. Schade nur, dass sie eine blaue Borte besitzt. ... aaaber ... ich denke ich nehme sie trotzdem. Die Borte lasse ich einfach von einer unserer Sklavinnen abändern. Prisca nickte bestätigend. Diese eine Stola musste es sein und sie gab dem Sklavenjungen sogleich einen Wink, sie zu den anderen Sachen zu geben.
„Nun, was die Palla angeht, dachte ich an etwas Helles, vielleicht sogar safrangelb wie diese hier?! ... hmm, zusammen mit einer goldenen Borte und dem entsprechenden Goldschmuck? ... ja genau ...und ... aah! Euridyke, wenn du zufällig ein reticulum aus geflochten Goldfäden hättest, nehme ich es. Wenn nicht, ist es auch nicht weiter tragisch ... Von den Badezusätzen dann den mit Amber und den mit Lavendel." Während Prisca laut dachte, lies sie sich durch nichts und niemanden ablenken und ihr Blick ruhte unablässig auf den Auslagen. Immer wieder deutete sie auf das eine oder andere Stück, um es sich zeigen zu lassen, oder es aus zu wählen. Mit dem Ergebnis dieses Einkaufes war sie mehr als nur zufrieden, auch wenn sie bei weitem noch nicht alle Einkäufe abgehakt hatten. Aber bei ein paar anderen Händlern wollte sie dann doch noch vorbei schauen.
„Gut, ich denke soweit habe ich alles gefunden. ...Euridyke! mein Kompliment an dich. Dein Stand ist wirklich ein wahres Schmuckkästchen. Sag Trautwini, was du dafür bekommst. ... und dir Plotina gilt selbstverständlich mein Dank, denn ohne dich hätte ich Euridyke wohl nie gefunden." Mit einem freundlichen Lächeln wandte sich Prisca zuerst an die Händlerin und gab mit einem Handzeichen ihren Sklaven zu verstehen, dass die Einkäufe eingepackt und bezahlt werden sollten. Dann widmete sich Prisca jedoch wieder ganz ihrer neuen Bekannten. Zwar hatte sie die Antwort Plotinas zuvor sehr wohl vernommen, doch wollte sie das Thema in Ruhe besprechen und ging einen Schritt zur Seite, damit die Sklaven die Einkäufe verpacken und sie selbst ungestört miteinander reden konnten.
"Du würdest sie also wirklich unterrichten wollen?" stellte Prisca mit ihrer Frage noch einmal fest und blickte Plotina dabei mit einem anerkennenden Nicken und einem leichten Lächeln an. Das Plotina sich selbst vorschlug, verwunderte Prisca gar nicht mal so sehr und sie fand die Idee alles andere als abwegig. Warum sollte eine römische Bürgerin, die noch dazu in Alexandria studiert hatte, nicht genauso gut sein wie jeder andere Lehrmeister auch. Zumindest was diese griechischen Pädagogen und Philosophen betraf, hatte Prisca auch schon negative Gerüchte gehört. Diese, meist im Alter ergrauten und sehr weise wirkenden, paedagogi gingen nichts anderes als Klinken putzen, zogen die eine oder andere belanglose Referenz aus der Tasche, aber ... sobald es ernst wurde, suchten sie das Weite ohne ihre Arbeit überhaupt an zu treten. Nein, was das betraf konnte Plotina sehr wohl mehr zu bieten haben. Letztendlich müsste sie ihr Können ohnehin in der Praxis sehr schnell unter Beweis stellen. ...allerdings ...
"... allerdings habe darüber nicht ich zu entscheiden Plotina, sondern mein Onkel Marcus Aurelius. Hättest du denn gewisse Referenzen vor zu weisen, oder einen Nachweis über deine Studien in Alexandria? ... Versteh mich bitte nicht falsch, auch wenn du keine entsprechenden Referenzen hast ... Ihn - nicht mich - müsstest du von deinen Fähigkeiten überzeugen und das in jeder Hinsicht!" Prisca sah Plotina dabei eindringlich aber auch aufmunternd und mit einem Augenzwinkern an. Sie würde mit Sicherheit ein gutes Wort bei ihrem Onkel einlegen, aber ob Plotina den sehr dezenten Hinweis auf ihr etwas nachlässiges Äußeres verstanden hatte? . Jedenfalls sah Prisca die Sergiern nun erwartungsvoll an, während beide etwas abseits standen und darauf warteten, dass Euridyke und Trautwini das Geschäft zum Abschluss brachten.