Synedrion/Sanhedrin - Der jüdische Ältestenrat

  • Im Gebäude gegenüber der großen Synagoge tagt der Sanhedrin, oft auch griechisch Synedrion genannt, ist die Ratsversammlung der jüdischen Gemeinde Alexandrias. Der Sanhedrin besitzt eine weitgehende Autonomie in Fragen der Religion, der Gemeindeverwaltung und der Diskussion einfacher Rechtsfragen. Administrativ ist er jedoch der Polis Alexandreia, politisch, rechtlich und religiös dem Praefectus Aegypti unterstellt.


    Der Sanhedrin wird von einen Ethniarchos geleitet und besteht aus den 23 Oberhäuptern der wichtigsten hebräischen Familien Alexandrias, eine aristokratische Schicht, die sich auf verwandtschaftliche Verbindungen mit den Hasmodäern, dem Herodischen Herrscherhaus und anderen Aristokraten Iudäas zurückführen lässt. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Aufnahme in den Rat ist eine strenge Befolgung der Sitten und Gesetze der Thora, wobei seit der Zerstörung des Zweiten Tempels in Ierusalem einige Unklarheit in der Auslegung besteht. Während einige Wenige noch an den sadduzäischen Traditionen der alten palästinensischen Elite festhält, setzt sich immer mehr die pharisäische, rabbinische Tradition durch. In der Regel wird der Rat von gemäßigten und hellenophilen Männern regiert, die immer mehr Schwierigkeiten haben, die in viele verschiedene Sekten gespaltene Bevölkerung des Viertels unter Kontrolle zu behalten.

  • Nachdem er sich einen Weg durch den Deltabezirk zur Synagoge gebahnt hatte, ein sehr interessanter Weg übrigens, denn das Viertel wirkte trotz der selben Bausubstanz ganz anders als die übrigen Viertel der Stadt, weswegen es Timokrates nicht bereute, den Weg nicht in der Sänfte, mit Epheben und drum und dran sondern einfach auf Schusters Rappen genommen zu haben, betritt er in seiner üblichen Art einfach mal den Raum, wo sich gerade ein Haufen alter und verbrauchter Herren in seltsamer Kostümage versammelt hatte, um in dem für Timokrates vollkommen unverständlichen Geplapper des Hebräischen über eine für Juden sehr wichtige, für Außenstehende absolut uninteressante Kleinigkeit zu debattieren. Und obwohl Timokrates die Juden nur für eine sehr kauzige Sekte des Zeus hält, deren Interna ihn nicht die Bohne interessieren, verstummt auf einmal alles und die fahlen Augen von XXIII alten Säcken blicken in Timokrates Richtung.


    "Chaire, vehrerte Synode. Oder besser, Shalom, wie man bei euch sagt? Wie laufen die Geschäfte?"

  • „Gut! Könnte zwar noch besser sein, aber ich will...“, quäkte einer der XXIII Mann sofort als Antwort und verstummte hastig, als er des frostigen Schweigens um sich gewahr wurde. Etliche Augenpaare starrten Timokrates entgegen. Etwas entgeistert schienen ihn die Männer anzuschauen als ob sie eine Medusa vor sich sehen würden. Doch die würdevolle Abneigung, die XIX von ihnen ausstrahlten, wurde durch das Gekichere von drei Männern des 'ehrwürdigen' Kreises jäh unterbrochen. Auf drei Hockern saßen die drei kleine Hutzelmännchen, von denen diese Erheiterung auszugehen schien, zumindest schienen sie fast nur noch aus Haut, Knochen, Runzeln und viel schwarzem Stoff und sehr seltsamen Hüten zu bestehen. Alle drei steckten die Köpfe zusammen, ab und an drang einer der Wörter wie: „Bahal“, „Nabal“ oder auch mal „Ganav“ bis zum Eingang. Als dann „Dorscht!“, ertönte, nickten alle drei eifrig und richteten sich auf. Der scheinbar Älteste von den Dreien, er muss wahrlich die 80 Lenze weit überschritten haben, wackelte leicht mit seinem ausgedünnten, aber doch Brustlangen weißen Bart hin und her, der bei jeder Bewegung sanft erzitterte. „Schalom, Chaver. Du musst Dich an der Tür geirrt haben.“ Die Zwei neben ihm glucksten heiter wie kleine Mädchen und starrten Timokrates vergnügt an. „Hier ist weder ein Gasthaus, noch ein Barbier, noch ein Circus, Chaver.“

  • Innerlich sehr belustigt, aber außen weiter würdevoll stolziert Timokrates, nachdem die drei Halbtoten ihn zurechtgewiesen hatten, durch den Raum in Richtung des vorsitzenden Ethniarchen. In hochgestochenem Ton merkt er dabei an (wobei er zu seiner Freude bemerkt, dass der Saal eine gute Akkustik abgibt) "Verzeiht, meine Herren, aber ich denke, ich habe mich nicht in der Türe geirrt. Wenn ich mich vorstellen darf, Timokrates Kyrenaikos, Archiprytane der Polis Alexandreia... Reicht das oder gibt es noch weitere Anmerkungen bezüglich meiner Person?" Fragend wendet er sich wieder ans Publikum.

  • XXIII Augenpaare starrten Timokrates weiterhin an, durchdringend, frostig, teils empört und III Paare im höchsten Maße belustigt. Die drei Köpfe wurden abermals zusammengesteckt und die kleinen Greise flüsterten heftig miteinander, gestikulierten und wedelten mit ihren Gehstöcken hin und her, die zahlreiche Goldintarsien aufwiesen und einer sogar einen leuchtend roten Rubin am Knauf trug. Und erneut drangen mehr unverständliche Worte und einige Verständliche, wie: „Chuzpah!“ oder erneut „Gannav“, bei einem deftigem „Zebel!“ zuckten einige der Männer, die bis dahin eisern schwiegen zusammen und murmelten einige Worte. „Nabal!“, folgte einem Fetzen, was wie „Ezah“ klang und bei dem Wort „Jawan*!“, nickten alle drei einige. Abermals sahen sie auf und ihre Blicke bohrten sich in Timokrates. „Chaver, Jawan, willkommen im Haus des Jahwe. Ich bin Rabbi Jochebed. Du suchst sicherlich den Rat weiser Männer und Du hast sie gefunden. Sprich, Jawan, und wir werden aus unserer gesammelten Weisheit und dem Wissen der Schrift Dir Antwort auf Dein Suchen geben.“ Die zwei anderen Männer unterdrückten ein heiteres Glucksen, Jochebed verblieb dieses Mal jedoch 'würdevoll'.





    *Dem kundigen Leser der hebräischen Schrift wird natürlich sofort klar sein, dass es sich dabei um das Wort für 'Grieche' schlicht handelt. Nur, angemerkt, war es auch ein Schimpfwort, was auch Gauner heißen konnte.

  • Nicht sonderlich interessiert schaut Timokrates dem Schauspiel im Raum zu. Er versteht kein Wort Hebräisch und nur ein paar Brocken Aramäisch und darüber hinaus traut er diesen vor sich hinfaulenden Männern eh nicht mehr zu, irgendwas von Wichtigkeit und Interesse von sich zu geben. Als das Wort "Jawan" fällt, muss er sogar grinsen: Hebräische Händler benutzen es als wenig schmeichelhafte Bezeichnung für ihre griechischen Handelspartner, die in jüdischen Kreisen den Ruf notorischer Schwindler und Betrüger genießen. Er denkt zwar, dass es durchaus auch wenige ehrbare griechische Händler gibt, aber für sich und Seinesgleichen findet Timokrates diese Bezeichnung durchaus zutreffend und als gewisse Ehre.
    Als die Alten endlich fertig sind mit ihren kehligen Gebrabbel und das Wort an ihn richten, antwortet er, immer noch im selben Ton wie vorher:


    "Naja, der Rat weiser Männer ist mir heute ehrlich gesagt nicht so wichtig - ein andermal vielleicht. Vielmehr wollte ich mich mich ein wenig über ein paar Änderungen die Delta-Phyle betreffend mit euch unterhalten, von denen ich mir dachte, dass sie euch vielleicht interessieren könnten..."

  • Das fröhliche Glucksen, was sich immer wieder aus den Kehlen der drei Männer heraus winden wollte und es auch tat, verstummte abrupt. Ihre vergnügten Äuglein funkelten nicht mehr, sondern wurden eisigkalt. Auch die frostigen Blicke der Anderen wurden sogar noch kühler und man könnte meinen, sie wären nicht mehr im heißen Alexandria, sondern im tiefsten Winter auf einem Gletscher in den Alpen, während um sie herum Schneegestober und Eisbrocken herab regnete wie auf die Elefanten des Hannibal. Womöglich hatte Timokrates einen ähnlich schweren Gang in diesem Gotteshaus. Natürlich alles nur im metaphorischen Sinne gesehen. Doch erst Mal legte sich Schweigen über den Raum. Die hohen Kerzen, die dem Raum eine besondere Note von einer heiligen Mysterie verleihen sollten, flackerten unstet hin und her. Das Sonnenlicht fiel durch schmale und hohe Fenster in den Synagogenraum und tanzte über viele graue Bärter, die statuenhaft Timokrates zugewandt war. Eine Weile später meinte Rabbi Jochebed schließlich: „So? Du möchtest mit uns Dinge des jüdischen Viertels und unseres Bezirkes besprechen. Warum kommt ein Mann der griechischen Verwaltung dann hierher? Aber sprich, worum geht es?“ Jegliches "Freund" oder "Grieche" war aus der Anrede verschwunden.

  • Zufrieden bemerkt Timokrates, dass der Sanhedrin auf einmal verstummt, nachdem er den Grund seiner Ankunft genannt hat. Endlich kann man sich als Grieche mal so aufführen, wie die Rhomäer sich gegenüber den Griechen aufführen. :]


    "Naja, ich dachte, es wäre netter, wenn ich euch erst einmal von den Plänen berichte, anstatt sie euch einfach per Dekret aufzudrücken..."


    Vor allem will er wissen, wie der Sanhedrin das Dekret auffassen würde. Und vor allem will er einen Rückhalt in der jüdischen Bevölkerung schaffen, damit es leichter fällt, dem noch ahnungslosen Koinon gleich mit vollendeten Tatsachen zu kommen.


    "Die geplante Neuordnung der Stadtbezirke würde nämlich wie gesagt auch für euch einiges ändern. Die Änderungen euch betreffend wären die, dass die Delta-Phyle in Zukunft ausschließlich Iudäern zur Besiedlung freigegeben wird, das heißt, ihr hättet nun wirklich ein nettes Plätzchen ganz unter euch, und zum anderen wollte ich dabei auch die Rechte des Sanhedrin stärken, indem er vollkommene Autorität über das Viertel genießt - Natürlich unter dem "Schutz" der Polis und des Basileus. Na, wie klingt das für euch?"

  • Einige Stühle scharrten unruhig hin und her und alle Blicke, die eben noch starr auf den Eindringling in der Synagoge gerichtet waren, wandten sich auf den alten kleinen Mann, der auf der Straße kaum aufgefallen wäre und womöglich an andere Stelle Spott und Witze gehört hätte, doch hier in den heiligen Räumen der gläubigen Gemeinde hohes Ansehen und viel Ehrung erfährt. Dieser spitzte die Lippen und fuhr sich mit seinen, von Altersflecken bedeckten, knorrigen Händen, über seine Unterlippe, strich sich seinen Bart glatt und sah Timokrates abschätzig, ja berechnend an. In den Augen des alten Mannes funkelte es voller vitaler Energie, was so manch ein junger Mann nicht ausstrahlen konnte. Jegliche Altersnarratei war aus seiner Haltung verschwunden.


    „So?“, gab er erst zur Antwort und musterte Timokrates still, ohne weiter zu sprechen. Erst einige Momente später durchdrang seine dünn klingende Stimme, die dennoch gut hörbar war, den Raum. „Du sagst, es wird sich viel ändern? Da musst Du einem alten Mann wie mir Deine Pläne noch ein wenig mehr erläutern. Denn im Moment sehe ich keine großen Änderungen in diesen.“ Ein feines Lächeln huschte über sein Gesicht und er drehte den Stab mit dem auffallend großen Rubin in seinen Händen hin und her. Ein Sonnenstrahl fiel auf den Rubin und ließ einen rotfunkelnden Lichtreflex erscheinen.


    „Das Viertel ist doch bereits mehr oder minder in unserer Hand. Es leben fast ausschließlich Juden hier und die es nicht sind, bemühen sich, sich gut mit uns zu stellen. Zudem haben wir bereits weitgehende Autokratie in dem Viertel, kümmern uns um unsere Angelegenheiten selber, entscheiden in Rechtssachen und halten die Kriminalität geringer als im übrigen Alexandria. In diesem Viertel herrscht Ruhe und Frieden, wegen uns.“ Die anderen Männer nickten zustimmend. „Unter dem Schutz der Stadt? Nenne mich einen alten, misstrauischen Narren, aber mir scheint das mehr noch ein Beschneiden unserer momentanen Rechte. Willst Du uns womöglich noch mehr zum Lakaien eurer Verwaltung machen? Willst Du uns mit Deinen schönen Reden über Rechte und Freiheiten gar Sand in die Augen streuen?“ Der Rabbi lächelte dabei freundlich, schaffte es sogar eine großväterliche Güte aus zustrahlen. Wenn da nicht dieses Glitzern in seinen Augen wäre, das einem Halunken gut zu Gesicht stehen würde...

  • Spöttisch blitzt es in Timokrates Augen auf. Dann setzt er eine lehrmeisterische Mine auf: "Ich werde dich keinen alten, misstrauischen Narren nennen. Mir fällt da ein ganz anderer griechischer Begriff ein, der meiner Meinung nach besser passt: idiotes! Bist du wirklich verdreht genug, um anzunehmen, ihr könntet in "eurem" Viertel tun und lassen was ihr wollt?
    Soweit meine Archive mir erzählen, sprach Basileios Vespasianus davon, dass Juden sich in keinen anderen Viertel als im Delta niederlassen dürfen. Er sprach nicht umgekehrt davon, dass kein Nichtjude sich im Delta niederlassen durfte. Und das einzige "Recht", das die Gemeinde besitzt, ist die, nicht dem Kaiserbild opfern zu müssen."
    Und alte und nutzlose Schmarotzer wie euch durchzufüttern, denkt er sich, behält es aber für sich. "Alles andere konntet ihr nur so lange machen, wie es die Stadt oder den Kaiser nicht interessierte. Und in allen Belangen müsst ihr euch an die Stadt wenden, die entscheidet, wie ihr lebt, wo ihr lebt und in welchen Verhältnissen ihr lebt.

    Und euer Viertel soll sicher sein? Glaubst du, du kannst mir was vormachen? Glaubst du, ich weiß nicht von euren inneren Streitigkeiten, von den Kämpfen zwischen Hellenisten und Traditionalisten, von den Alteingesessenen und den Zuwanderern aus Palaestina und von der wachsenden Problematik der Messiassekten wie dieser Christianer in euren Reihen?
    Um ganz ehrlich zu sein: Wegen genau dem Punkt bin ich hierher gekommen: Ich weiß, dass bei euch was in der Luft liegt, ich verstehe es nur nicht genau. Wie könnte ich auch? Ich bin Grieche. Ich kenne eure Sitten und Bräuche nicht. Ich will nur dieser Stadt dienen und zwar in ihrer Gesamtheit. Ich will, dass Griechen, Juden und Ägypter friedlich miteinander leben. Ich will mir zum Beispiel nicht vorwerfen lassen können, dass irgendein Trupp fanatischer Messianer die ganze Innenstadt anzündet und römische und griechische Bürger aufknüpft, so wie es einige von euch verlangen und ich will umgekehrt nicht, dass das Selbe umgekehrt passiert. Deswegen habe ich mir gedacht: Gib jedem Volk in dieser Stadt die eigene Verwaltung und alle sind zufrieden. Ist das jetzt klar?"

  • Ein empörtes Gemurmel breitete sich unter den anwesenden Männern aus, doch Jochebed wackelte einige Male mit dem Kopf und legte ihn etwas zur Seite, dabei hob er seinen Gehstock an und klopft kurz auf den polierten Steinboden, der blaurote Mosaikmuster aufwies. Das Gemurmel erstarb gleich darauf und die Männer lauschten der Rede von Timokrates. Der ausgedünnte Bart und das dürre Köpflein von Jochebed ruckelte noch einige Male hin und her ehe er meinte: „Verehrter Jawan, Du hättest es nicht treffender ausdrücken können. Natürlich bin ich ein Idiotos.“ Er lächelte verschmitzt. „Schließlich nehme ich nicht an eurer Volksversammlung teil.“


    Noch einmal klopfte er kräftig auf den Steinboden. Ein junger Mann löste sich aus dem Schatten und der Rabbi murmelte einige Sätze auf Hebräisch zu dem jungen Mann, der darauf hin nickte und entschwand. „Aber einem derart dipolomatischen und ausgesprochen höflichen Vertreter der Stadt Alexandria, unserer geliebten Heimat, gegenüber möchte ich doch nicht brüsk erscheinen. Nein, niemand soll behaupten die Söhne Abrahams sind keine guten Gastgeber. Bitte setze Dich doch.“ Der Rabbi deutete auf einen freien Stuhl im Kreise der Männer. „Streitigkeiten, Zwist und Hader? Aber Chaver, das ist doch weit übertrieben. Wenn ein ehrbarer Mann und sein Weib einen Ehestreit führen, ist dann gleich das Bündnis ihrer Liebe und ihrer Ehe in Gefahr? Du solltest Dich nicht von Gerüchten und von Vorurteilen täuschen lassen. Wir sorgen schon für Ruhe und Ordnung im Delta.“


    Der Rabbi lächelte und man sah dem alten Mann die faustdicke Lüge tatsächlich nicht an. Zudem nickten die anderen Männer bestätigend, um wohl die Einigkeit gegenüber einem Außenstehenden zu betonen. „Aber dennoch können wir höchst erfreut sein, wenn Du derart besorgt um unser Wohl zu sein scheinst und möchten Deine Ideen natürlich gerne genauer in Augenschein nehmen. Inwiefern möchtest Du jedem Volk eine eigene Verwaltung geben? Wird es auf die Stadtteile ausgeweitet werden? Wie weit wird die Befugnis dieser sein und wie wird diese besetzt werden?“

  • Die Idee mit dem Idioten und vor allem die zynische Antwort gefällt Timokrates außerordentlich gut und hebt seine Stimmung nur noch mehr. :] Gemütlich begibt er sich zu den angewiesenen Stuhl und flezt sich sofort bequem in ihn rein. Lässig nach hinten gelehnt und mit überschlagenen Beinen antwortet er.


    "Na, wenn ihr in der Lage seid, für Ruhe und Ordnung zu sorgen umso besser..."


    Auf die Frage nach den "anderen Vierteln" stutzt er kurz. Hat er sich etwa verplappert...? Naja, kann vorkommen, ist auch nicht so schlimm...


    "Was das erste anbelangt: Natürlich wird jedes Volk die Art von Regierung kriegen, wie es traditionell festgelegt ist. Was mich zum Zweiten bringt: An welches Gremium denkt ihr wohl, hatte ich denn gedacht, wenn ich von der Verwaltung von Delta spreche? Meint ihr, ich habe vor, hier irgendwelche Messianer zu platzieren? Meint ihr, ich besuche euch hier zum Spaß?"


    Dass er an der Befugnis an sich in Wirklichkeit nicht viel ändern will, verschweigt er mal lieber.

  • Sim-Off:

    [SIZE=7]*hust* Verzeihung noch mal.[/SIZE]



    Viele Augenpaare folgten jeder einzelnen Bewegung von Timokrates. Jochebed hob die dürre Hand und strich sich seinen langen, ausgedünnten Bart glatt, der sich am Ende zu einem lustigen Kringel hoch wandte. Sein Köpfchen, schrumpelig und alt, dennoch mit einem aufmerksamen, höchst gewitzten Augenpaar beseelt, deutete eine zustimmende Geste an. Noch mal, befand Jochebed, musste er nicht auf die Sicherheit und die Sorgfalt, womit sie dafür sorgten, eingehen. Denn wenn er es allzu oft sagte, würde es sich als das enttarnen, was es auch war. Eine halbseidene Lüge. Seine beiden Hände stützten sich auf dem Kopf seines Gehstocks ab. Er beugte sich nach vorne und richtete sein rechtes Ohr auf Timokrates, damit er ihn besser vernehmen konnte. „Aha...mhm...oho...aha!“, waren seine Kommentare, die gleich darauf von so manch einem der Juden im Ältestenrat aufgegriffen wurde. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen schließlich. „Was für ein wundervoller Humor. Diese spinnigen Irrgeister in unserem Viertel. Vortrefflich.“ Ein gackerndes Lachen löste sich aus seiner Kehle. Die meisten Anderen sahen den Rabbi nur etwas erstaunt an. Doch die beiden ebenso alten Herren an dessen Seite kicherten ebenfalls vergnügt.


    Der junge Mann kam zurück in den großen Versammlungraum. Mit sich trug er ein silbernes Tablett, auf dem ein ein einzelner silberner Pokal ruhte. Mit einem Neigen seines Kopfes bot er diesen Timokrates an. In ihm glänzte ein dunkelrot glitzernder Wein, der (einmal in den Mund genommen) bittersüß schmeckte, würzige Kräuter enthielt (allesamt koscher versteht sich) und von einer durchdringenden Intensität war. „Greift zu, Chaver, greift nur zu.“ Zufrieden lehnte sich Jochebed zurück und verengte seine kleinen Äuglein. Einen Augenblick schien er nachzudenken, sein Kopf wackelte unablässig dabei, schließlich spitzte er die Lippen und deutete eine interessierte Miene an. „Das klingt natürlich interessant. Also wird es in Zukunft in unserer Hand liegen, wer die Verwaltung des Deltaviertels besetzen wird?“ Fragend sah er in die Runde. Manche schienen wohl eine Finte hinter Timokrates Angebot zu erkennen, andere nickten wiederum mit einem gewissen Wohlwollen. „Wie weit werden die Befugnisse dieser Verwaltung sein? Sind damit alle administrativen Handlungen des Delta betroffen? Von den Baugenehmigungen bis hin zur Marktkontrolle?

  • Zuerst etwas misstrauisch, dann aber doch mehr neugierig, nimmt Timokrates den Kelch und nimmt einen kräftigen Zug. Entweder können diese Hebräer keinen Wein herstellen oder man kredenzt ihn den billigsten Pansch, wahrscheinlich trifft beides zu. Auf jedem Fall verkneift sich Timokrates seinen angewiderten Gesichtsausdruck, zumindest so gut es geht. Es geht nicht sonderlich gut. "Öhm... *hust* vortrefflich!" meint er mit rauher Kehle. Dann holt er weiter aus: "Die Baugenehmigungen ja, das Marktrecht wohl kaum." Letzteres liegt ja auch nicht wirklich in der Hand der Polis.

  • Ein Tuscheln geht durch die altehrwürdigen Männer, die manche das Greisenalter schon längst weit überschritten hatten. Andere wiederum wirkten noch recht fidel. So auch die Beinahemumie Jochebed zumindest von seiner Stimme. „Nun, Chaver...“ Doch dieses Mal wurde er unterbrochen. Ein Mann auf dem Zenit seines Alters, dickleibig und mit langen schwarzen Locken beugte sich vor. „Ja, warum denn nicht die Marktrechte? Das ist doch wieder Augenwischerei.“ Ein Mann ihm gegenüber zog seine buschigen, weißen Augenbrauen zusammen. „Hah, Alon. Ich weiß schon, warum Du die gerne haben willst.“ Alon, der dickliche Mann, grunzte wütend. „Tust Du das? Immerhin werde ich das weise nutzen. Und nicht um meinen Vettern alles zu zuschustern, Du...“ Ehe die Beleidigung ausgesprochen werden konnte, aber schon einige empörte Männer sich in den Streit einmischen wollte, schlug Jochebed kräftig mit seinem Gehstock auf den Boden. Das dürre Hutzelmännlein rief erstaunlich laut und dröhnend: „Ruhe!“ Widerwillig kamen die Männer dem nach. Jochebed musterte die Streithähne scharf, dann lächelte er wieder leutselig. „Wo waren wir stehen geblieben? Ah, ja. Du, Chaver, wolltest uns noch die weiteren administrativen Privilegien und Rechte erläutern.“

  • Timokrates wird langsam ungeduldig Er hat genug von dem Gelaber der alten Säcke. Mit schwer zusammengekniffenen Zähnen meint er: "Ich glaube, ihr habt mein Anliegen nicht verstanden. Ich bin nicht hier, um euch zu sagen, "ihr kriegt jetzt die und die Rechte", denn darüber entscheidet immer noch die Polis, ich bin eher hier um euch mitzuteilen, dass Timokrates Kyrenaikos bereit ist, euch erweiterte Rechte zuzugestehen und diese vor Koinon, Ekklesia und Eparchos zu vertreten. Bedenkt man diese Tatsache und nimmt man noch dazu, dass ich mich in eurer Sache an euch gewandt habe und nicht umgekehrt, dass ich eurem Rat zu der ganzen Geschichte einfordere, dass ich um eure Unterstützung in der Verbesserung eurer Situation anflehen muss, dann -"


    Er stockt kurz. Ja was, dann?


    "- dann finde ich das seltsame Verhalten des Syondions äußerst fragwürdig und unkooperativ. Im Grunde genommen sehe ich nicht mehr ein, warum ich miich von euch so zum Affen machen lassen muss. Ich glaube, es wäre besser, jetzt zu gehen.


    Und übrigens: Was die Marktrechte angeht: Die Polis kann euch nicht gewähren, was nur der Basileus allein euch gewähren kann."


    Und so macht er sich demonstrativ auf dem Weg. In Echt spekuliert er natürlich darauf, von irgendeinen Vernünftigen aufgehalten zu werden.

  • Timokrates konnte sich der vollen Aufmerksamkeit der dreiundzwanzig Männer im Rat sicher sein. Denn nachdem die Wogen des Streites gelegt waren und Jochebed die Frage gestellt hatte, sahen alle Männer wieder aufmerksam zu Timokrates. Und seine Rede führte zu gänzlich unterschiedlichen Reaktionen bei den Männern. Die Ältesten unter ihnen verzogen empört ihr Gesicht, aber immer wieder schienen so manche der Männer durchaus von den Worten beeindruckt zu sein. Zumindest wollten diese es sich nicht mit Timokrates gleich verscherzen. Einer der jüngsten Männer, er war erst um die vierzig Lenze alt, sah eindringlich zu Jochebed. „Rabbi, wir sollten...“ Jochebed hob sein dürres Händlein und wischte jeden Einwand zur Seite. „Aber...“, setzte der 'junge' Mann noch mal an. Erneut winkte Jochebed ab und sah mit verengten Augen zu Timokrates. Jochebed, so kurios er wirkte und zerstreut er manches Mal war, war ein stolzer Mann. Früher noch mehr, dafür heute mit noch mehr Dickkopf gesegnet. „Mošæ betrat den Berg, um Rat bei Jahwe zu suchen. Du bist hierher gekommen. Du hast die Vorschläge offenbart. Ist es verwunderlich, wenn wir wissen möchten, was in Deinem Überraschungssack steckt? Wie sagt ihr Hellenen noch gerne? Wer kauft schon gerne die Katze im Sack.“ Jechobeds dünne Brauen zogen sich tatsächlich ärgerlich zusammen. Die beiden alten Männer an seiner Seite kicherten nicht mehr. Auch der Rest des Rates war nun verstummt und sahen auf Timokrates Rücken. „Aber bitte, Chaver. Die Tür steht Dir offen. Niemand hindert Dich zu gehen.“ Jochebed stützte sich auf seinem Gehstock an und sah intensiv auf Timokrates Rückseite. Jochebed bluffte auch, aber er hatte die Geduld von einem alten Mann. Wenn Timokrates jetzt gehen würde, dann wäre an einem anderen Tag noch die Gelegenheit die Gespräche fortzusetzen. Oder auch nicht. Dennoch war Jochebed etwas angespannt.

  • Erneut brandete empörtes Murmeln bei einigen der Männer auf. „Unverschämt.“, blaffte einer der Männer vernehmlich. Doch Jochebeds Augen funkelten gewitzt und ein Lächeln stahl sich auf seine schmalen Lippen unter dem dichten weißen Bart. Er breitete die Arme aus. „Aber Chaver, warum sagst Du das nicht gleich?“ Er lachte als ob ein Missverständnis nur zwischen zwei guten, alten Freunden ausgebrochen war und nun belegt werden könnte. „Du kommst also um von uns die Tafeln beschreiben zu lassen. Wenn dem so ist, natürlich. Da wollen wir uns nicht sträuben, mein Freund. Setzt Dich doch wieder.“ Jochebed deutete (scheinbar) freundlich auf den Stuhl, wo Timokrates eben noch gesessen hat. Es glitzerte jedoch weiter hin in den Augen des alten Mann gerissen. „Gut, dann wollen wir doch mal mit dem produktiven Teil beginnen, statt uns wie Kinder um den heißen süßen Brei herum zu drücken.“ Die beiden Männer an seiner Seite glucksten wieder vergnügt. Einige der Männer im Rat schienen jedoch nicht derart begeistert zu sein. „Erster Vorschlag: Die Administration des Delta liegt in den Händen des Sanhedrin. Wir fertigen eine Liste mit den jeweiligen Männern an, die in die Verwaltung für unser Viertel berufen werden sollen. Diese schicken wir der Verwaltung der Polis. Einverstanden?“

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