• Auch wenn der Tod für die Soldaten eine sehr ernste Sache war und ein gefallener Kamerad immer auch ein verlorener Freund war, hatte Priscus keine Ahnung, was mit der geborgenen Leiche passiert war. Von einer Bestattung hatte er jedenfalls nichts mitbekommen. Andererseits war er sich sicher, dass niemand eine Leiche mitnehmen würde, wenn es nicht gerade die vom Legaten oder Kaiser war. Wofür hoffentlich niemals Bedarf bestehen würde.


    "Ich schicke den Signifer", antwortete Priscus und nahm an, dass dieser bei Bedarf einen Soldaten aus dem betroffenen Contubernium einfach mitbringen würde.


    Aufgehalten fühlte sich der Optio von dem kurzen Bericht nich, immerhzin würde er das wohl in den nächsten Tagen häufiger so machen müssen. Der Centurio machte keinen guten Eindruck. Wenn sie Glück hatten, würde er deshalb vielleicht dafür sorgen, dass die ganze Centurie ein paar ruhigere Aufgaben in den hinteren Reihen bekam. Wenn nicht, würde Priscus ihn wohl ziemlich weit vorne ersetzen müssen. "Danke", erwiderte er angesichts dieser Ahnung daher nur auf den Dank des Centurio und grüßte, bevor er das Zelt verließ.

  • Zitat

    Original von LUCIUS ULPIUS IULIANUS
    (...)
    "Es war dein Anliegen, den diplomatischen Weg nicht völlig außer acht zu lassen und ich hätte dich nicht mitgenommen, wenn ich diesem Ansinnen nicht zustimmen kann. Nun stehen wir vor Edessa und man möchte uns offenbar in einer Feldschlacht entgegen treten. Wohlbemerkt, weit vor den Toren der Stadt. Was meinst du? Ist dies ein Zeichen dafür, dass sich Stadt und Heer uneins sind? Sollten wir die Stadt nach einem Sieg auf dem Feld wieder diplomatisch an uns zu binden versuchen?"[/B]


    Aelius Qurto bedachte seine Antwort gut. Deshalb spannte er den Kaiser ein wenig auf die Folter, bevor er sprach:
    “Imperator Caesar Augustus, ich bin kein großer Soldat. Aber diese Frage, wie mit den Städten des Feindes umzugehen ist, stellt sich wohl jedem Eroberer irgendwann. Soll er Milde walten lassen, in der Hoffnung das ihm das Sympathien einbringt und die Tore weiterer Städte öffnet? Oder soll er ein Exempel statuieren um durch die Verbreitung von Angst und Schrecken dasselbe Ziel zu erreichen?
    Denn letztlich geht es doch darum lange Belagerungen zu vermeiden.


    Wenn eine Stadt dem Heer ihre Tore öffnet, dann sollte man sie verschonen und Milde zeigen. Verweigert sie sich und müssen ihre Mauern erstürmt werden, dann werden einem die Götter nicht zürnen wenn man das Blut der Stadtbewohner vergießt. Nein, es ist sogar die Pflicht eines umsichtigen Anführers dies zu tun. Er muss dafür Sorgen, dass so viel Schrecken und Unglück die Uneinsichtigen trifft, dass alle anderen zu Einsicht kommen.


    Nach unserem Sieg solltest du der Stadt Edessa genau diese beiden Möglichkeiten offerieren: Schonung wenn sie uns die Tore öffnen und uns jeden Mann ausliefern dessen Auslieferung wir verlangen, oder Zerstörung, Feuer und Tod wenn sie es nicht tut.


    Unabhängig davon wird der weitere Verlauf des Krieges erweisen was das langfristige Schicksal der Stadt sein wird und das gilt für jede Stadt und jedes Dorf das in unsere Hände fällt.
    Wir werden das Partherreich niemals vollständig erobern können...“


    Oder glaubte der Kaiser genau das? Aelius Quarto schaute verunsichert zu Ulpius Iulianus.


    “...das kann niemand. Dafür ist es zu groß, zu fremd und dafür sind weite Teile des Landes zu wüst und leer.
    Das... dass weißt du gewiss...


    Ein Sieg bedeutet am Ende vor allem, dass du dem Partherkönig deine Bedingungen für den Frieden aufzwingen kannst. Bestimmt ist es ein erstrebenswertes Ziel das Land Osroene mit seinen großen Städten Edessa, Carrhae und Nisibis unter unsere Kontrolle zu bringen. Aber das wäre ein hoher Preis den der Partherkönig nur dann akzeptieren wird wenn seine Lage verzweifelt ist.
    Das wir jetzt hier stehen, damit hat er gewiss nicht gerechnet, als er seine Hände nach Armenia ausgestreckt hat. Es wundert mich, dass uns seine Unterhändler nicht schon längst aufgesucht haben. Die Orientalen kämpfen gewöhnlich nur wenn alles Feilschen um den Frieden vergeblich war. Das er nicht verhandelt kann ein Zeichen der Stärke sein, aber es kann auch bedeuten das seine Macht im Reich bereits schwindet.


    Ob die Einwohner von Edessa dem Partherreich zugeneigt sind oder uns, dass spielt bei all dem nicht die wichtigste Rolle. Es wird von beiden Sorten welche geben, aber den meisten wird es gleichgültig sein. Denn die Bewohner des Ostens sind wechselnde Herren gewohnt. Standhaftigkeit und Treue zählen hier wenig.“


    Wie viele Römer hatte Quarto ein recht festgefügtes und klischeehaftes Bild von den Menschen des Ostens, und das, obwohl er vor und auch noch während des Feldzuges viel über sie gelesen hatte.

  • Zitat

    Original von Gaius Tiberius Andronicus
    ...Dort angekommen nahm er vor den dort postierten Wachen Haltung an und meldete sich und sein Anliegen an: "Probatus Tiberius Andronicus. Ich will den Centurio Flavius sprechen."


    Ein Soldat lungerte vor dem Zelt herum und wartete darauf, daß sein Kamerad zurück kommen würde. Damit sie endlich weiter würfeln konnten. Ein Schatten fiel auf ihn im Licht der späten Abendsonne. Blinzelnd sah er den jungen Mann vor sich an. Der Name war ihm gänzlich unbekannt, doch das sollte nicht viel bedeuten.


    „Moment.“


    , brummte er und trat auf das Zelt zu. Leise Gesprächsfetzen, nicht wirklich verständlich, drangen nach draußen. Dann kehrte der Soldat bereits wieder zurück. Mit einer Hand hielt er die Öffnung zum Zelt offen. Mit der Anderen deutete er einladend auf den Eingang.


    „Kannst eintreten. Der centurio erwartet Dich.“


    Geräumig war das Zelt. Wenn man es mit dem Zelt eines normalen Soldaten verglich. Jedoch nicht, wenn man sich ein Zelt eines Tribuns oder Legat vor Augen führte. Ein Lager war zur rechten aufgebaut. Eine große Holztruhe diente in der Mitte als Tisch und mehrere Schemel waren darum aufgestellt. An einem saß centurio Flavius Aristides. Bei seiner liebsten Beschäftigung - dem Essen. Er sah von seinem Teller mit reichlich Lammfleisch auf und musterte Andronicus. Da auch Marcus den jungen Mann nicht einordnen konnte, nahm er an, einen Boten vor sich stehen zu haben.


    Salve, probatus. Bringst Du eine Nachricht?“

  • Andronicus trat in das, im Vergleich zu dem Zelt seines Contuberniums, durchaus prunkvolle Zelt seines Centurios ein und nahm Haltung an. "Centurio, nein ich bin kein Bote. Ich bin gekommen um mich von deiner Einheit abzumelden. Man hat mich zur Reitereis versetzt, Centurio", gab er militärisch korrekt und so kurz gefasst wie nur möglich von sich.

  • Saftig mundete Marcus das Stück Fleisch. Eingetaucht in eine reichliche fette und salzige Soße war es, genüßlich mampfte Marcus und wartete darauf, was für eine Nachricht der Soldat bringen würde. Er hörte die Worte wohl, aber irgendwie ergaben sie bei Marcus keinen Sinn. Marcus kaute langsam zu Ende und starrte den junge Mann vor sich mehr verblüfft an. Der Satz war kurz genug, daß Marcus ihn immer wieder im Geist hin und her wälzen konnte. Es dauerte so einen Moment. Marcus schluckte herunter und war nicht minder verwirrt, konnte genauso wenig die Worte wirklich einordnen. Schweigend lehnte sich Marcus zurück und stützte den Rücken am Pfahl seines Zeltes ab, wobei eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen erschien.


    „Du bist hier, um Dich von meiner Einheit abzumelden? Du wurdest versetzt?“


    , wiederholte Marcus deutlich. Als ob er es sich noch mal selber verdeutlichen wollte, was Andronicus wirklich von ihm wollte. Denn Marcus war sich nicht ganz sicher, ob der junge Mann wirklich hier an richtiger Ort und Stelle war.


    „Fangen wir doch erst Mal von vorne an. Du bist Probatus Tiberius. Seit wann bist Du bitte in meiner Einheit? Und warum hast Du Dich nicht bei mir gemeldet? Wer hat Dich zu meiner Einheit befohlen? Und wann?“

  • Es waren die schnellen, schweren Schritte von drei Männern und einem Luchs, die sich auf das Zelt des Aelius Quarto zu bewegten. Knapp grüsste Tiberius Vitamalacus jeden Posten, den er auf den Weg begegnete, Titus, der ihm im kurzen Abstand folgte, blickte diese nur grimmig an und der Scriba des Tribuns wirkte nur gehetzt, wie immer, wenn er seinem Dienstherren folgen musste.


    Am Zelteingan blieb der Tribun stehen, nahm seinen Helm ab und meldete sich mit kräftiger Stimme an.


    "Senator Aelius Quarto, auf ein Wort."

  • Der Kaiser lauscht den Ausführung von Senator Aelius Quarto bis zum Ende, auch wenn er sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sie zumindest zum Teil an der Frage vorbei gehen.


    "Natürlich werde ich Edessa vor diese Wahl stellen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie diese Wahl haben und ob wir sie überhaupt wählen lassen wollen. Ihr Heer empfängt uns zwei Tagesmärsche vor der Stadt und es wird diesen Kampf nicht gewinnen, dessen bin ich mir sicher. Der Weg nach Edessa wird frei sein und die Stadt wird keine Kraft haben, sich lange zu verteidigen. Eine Belagerung wäre kurz, aber selbst diesen Zeitverlust will ich nicht eingehen. Du hast nämlich vollkommen Recht, dass sich der Krieg nicht an Edessa entscheiden wird. Die Frage ist, wie man es in Edessa sieht. Wird man eine parthische Niederlage auf dem Schlacht dort als eigene Niederlage akzeptieren oder wird man mit uns verhandeln wollen, als wären wir einfach so zu ihnen gekommen?"


    Die Gesichtszüge des Kaisers machen deutlich, dass sein persönliches Interesse an langwierigen Verhandlungen gering ist.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    ...[/COLOR]


    Der Tiberier blickte den Centurio verwundert an und antwortete zögernd und daher ein klein wenig unsicher: "Centurio, nun ja eigentlich bin ich noch in der Ausbildungscenturia des Optios Sextus Saufeius Simplex, aber man hat mich auch deiner Einheit zugeteilt. In Zeugma war´s, das man mich versetzt hat." Schon langsam kamen ihm Zweifel ob er sich da bei der richtigen Einheit abmeldete. Vielleicht hätte er zu dem Menschenschinder Simplex gehen sollen? Sicher wusste Andronicus nur, dass er vergessen hatte die Medlung korrekt zubeenden. "Centurio!", ließ er daher verlautbaren.

  • Zitat

    Original von LUCIUS ULPIUS IULIANUS
    Der Kaiser lauscht den Ausführung von Senator Aelius Quarto bis zum Ende, auch wenn er sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sie zumindest zum Teil an der Frage vorbei gehen.


    "Natürlich werde ich Edessa vor diese Wahl stellen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie diese Wahl haben und ob wir sie überhaupt wählen lassen wollen. Ihr Heer empfängt uns zwei Tagesmärsche vor der Stadt und es wird diesen Kampf nicht gewinnen, dessen bin ich mir sicher. Der Weg nach Edessa wird frei sein und die Stadt wird keine Kraft haben, sich lange zu verteidigen. Eine Belagerung wäre kurz, aber selbst diesen Zeitverlust will ich nicht eingehen. Du hast nämlich vollkommen Recht, dass sich der Krieg nicht an Edessa entscheiden wird. Die Frage ist, wie man es in Edessa sieht. Wird man eine parthische Niederlage auf dem Schlacht dort als eigene Niederlage akzeptieren oder wird man mit uns verhandeln wollen, als wären wir einfach so zu ihnen gekommen?"


    Die Gesichtszüge des Kaisers machen deutlich, dass sein persönliches Interesse an langwierigen Verhandlungen gering ist.


    Quarto kratzte sich am Bart, wie er es oft tat, wenn er angestrengt nachdachte.
    “Wissen wir wer das feindliche Heer anführt? Ist es der örtliche Satrap, oder wurde uns aus Assur ein Feind entgegen geschickt? Wenn in Edessa ein hoher Würdenträger sitzt, vielleicht sogar ein Satrap, dann wird er feilschen wollen, denn die Orientalen kennen es nur so. Vielleicht wäre er sogar bereit seinen König zu verraten, aber das zu erreichen kostet Zeit.
    Ist Edessa nach unserem Sieg aber kopflos, dann wird man uns die Tore öffnen. Zumindest dann, wenn wir wie die sicheren Sieger dieses Krieges aussehen.
    Wir sollten nicht nur diese Schlacht gewinnen. Wenn wir anschließend vor die Stadt ziehen dann müssen wir auch siegreich und unbezwingbar aussehen.“

  • Prüfend musterte Marcus den jungen Mann. Ausbildungseinheit? Was war denn bitte das? Marcus verstand nicht, was der Tiberier damit meinte. Und der optio sagte Marcus auch nichts. Zumindest war er keiner der Zenturien, mit deren centuriones Marcus bekannt war. Kopfschüttelnd griff Marcus nach einer Kiste und öffnete sie. Mit Links natürlich. Denn sein rechter Arm steckte immer noch in der Schlinge und seine rechte Schulter war dick verbunden. Papyrus raschelte und Marcus holte die Musterungsrollen hervor. Seine Augen wanderten über die Liste hinweg, die der probati. Marcus konnte ihn nicht finden. Zumindest nicht auf den Listen. Grübelnd starrte er darauf. Tiberius...Tiberius Andronicus. Irgendwo her kam ihm der Name doch bekannt vor. Grübelnd fixierte Marcus weiterhin die Schriftrolle, dann sah er wieder zu dem Tiberier. Ein Geistesblitz. Marcus holte eine andere Liste hervor.


    „Aha!"


    Mit Mühe unterdrückte Marcus ein Grinsen. Es gelang ihm sogar ein todernstes Gesicht zu ziehen. In der Hand hielt Marcus einen Ausschnitt der acta. Lange sah er Andronicus an und meinte dann.


    „Bist Du nicht tot, probatus? Tote können leider nicht versetzt werden. Tut mir leid.“


    Die Erheiterung währte jedoch nicht lange. Marcus legte Liste und acta auf den Tisch. Unschlüssig spielte er mit dem Löffel auf der Holztruhe. Schob den Becher hin und her und ebenso die Gedankengänge in seinem Kopf.


    „Also, probatus. Wer hat Dich zu meiner Einheit versetzt? Wer hat den Befehl erteilt? War das der aus dem Rekrutierungsbüro? Und warum hast Du Dich kein einziges Mal bei mir gemeldet, wenn Du zu meiner Einheit versetzt wurdest? Und wer hat Dich jetzt zur Reiterei versetzt?“

  • "Was?", entfuhr es Andronicus. Tot? Eigentlich fühlte sich der Tiberier noch recht lebendig. Sollte das etwa ein Scherz sein. Er blickte auf die, auf dem Tisch liegende Liste und tatsächlich da stand sein Name, unter den Namen der Gefallenen! Andronicus sah aber auch den Namen des Centurios, Marcus Flavius Aristides, auf dieser Lieste und war schon drauf und dran eine dahin gehende Bemerkung zumachen, verkniff sie sich aber im letzten Moment.
    "Centurio, wer genau mich versetzt hat, kann ich dir leider nicht sagen. Ich nehme an einer der Stabsoffiziere." Er machte eine kleine Pause und blickte leicht beschämt zu Boden. "Das ... äh ... muss ich wohl vergessen haben. Zur Reiterei wurde ich jedenfalls von Tiberius Iulius Numerianuns, dem Kommandanten der Reiterei der Prima versetzt, Centurio"

  • Verblüfft blinzelte Marcus. Hörte er richtig? Was war denn das für ein Durcheinander? Herrje, als ob die Arbeit eines centurios nicht so schon schwierig genug war. Und dann auch noch das. Marcus reichte dem jungen Mann die acta weiter.


    „Schreib mal lieber Deinen Verwandten. Sie glauben sonst, Du wärst verstorben. Das willst Du ihnen sicherlich nicht antun, hm?“


    Marcus stob die Luft durch seine Nase. Und schüttelte ein weiteres Mal den Kopf. Mit einer Hand deutete Marcus auf einen Schemel. Denn scheinbar würden sie wohl noch länger darüber sprechen müssen. Das Knäuel mußte entwirrt werden und der gordische Knoten zerschnitten.


    „Bist Du also nicht vom Rekrutierungsbüro aufgenommen worden, probatus? Kann Dein Verwandter - Tiberius Vitamalacus - damit zu tun haben?“


    Marcus legte die Musterungslisten zurück. Wahrscheinlich ist einfach vergessen worden, dem jungen Mann ein Versetzungsbefehl zu geben. Aber wo hat der Tiberier bis jetzt geschlafen? Wo gegessen? Was war sein contubernium? Warum hatte Marcus ihn bis dahin noch nie gesehen? War er ihm einfach nur entgangen. Vielleicht sollte er mal seinen optio fragen.


    „Warst Du schon die letzten Tage mit in meiner Zenturie untergebracht? Weiß optio Tallius von Dir wenigstens?“


    Kopfschüttelnd registrierte Marcus die Art der Versetzung. Das war ja noch schöner, daß sich der Iulier erdreistet hatte über die Männer der Infanterie zu bestimmen. Das war gewiß nicht sein Aufgabenbereich und auch nicht einen centurio zu übergehen. Bei Mars, Sitten waren das! Selbst wenn Krieg war.


    „Der tribunus kann Dich gar nicht einfach so versetzen, probatus. Du hättest zuerst zu mir kommen müssen. Hat Dir Dein Ausbilder etwa nicht gesagt, daß der Dienstweg vom optio zum centurio geht. Und nicht gleich zu den oberen Rängen? Hast Du ihn angesprochen oder hat der Tribun Dich von sich aus versetzt? Oder hat abermals Dein Verwandter damit zu tun?“

  • Auch tief im Feindesland funktionierte die römische Postverbindung, und für die Boten der Prätorianergarde stellte es keine allzugroße Schwierigkeit dar Schreiben der kaiserlichen Administration und Militärführung relativ zeitnah zuzustellen.


    Einer dieser Boten erreichte nun das Feldlager und ließ sich zur Unterkunft des Kaisers bringen um dort ein Schreiben aus Rom abzugeben.



    [Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.…um/CP/Occultissimus01.gif]


    An
    das Feldbüro des Imperator Caesar Augustus
    Parthia

    z.Hd des Imperator Caesar Augustus

    Von
    Praefectus Praetorio
    Gaius Caecilius Crassus
    Roma


    Mein Kaiser,

    da ich im letzten Brief durch aktuelle Geschehnisse abgehalten wurde, dir Informationen zu den Ermittlungsständen zu geben, so möchte ich dies hiermit nun nachholen und dich im letzteren Teil des Briefes um drei private Sachen bitten.
    Doch zu erst einmal zu den neusten Entwicklungen:
    Nach dem Anschlag auf den Praefectus Urbi und dem Bekanntwerden des selbigen in der Bevölkerung, kam es weder zu Ausschreitungen, noch zu irgendwelchen Unruhen. Das Volk nahm die Ereignisse mit einer Gleichgültigkeit hin, die ich nicht im geringsten erwartet habe. Natürlich bin ich froh darüber dass es zu keinen Unruhen gekommen ist, dennoch ist dies ungewöhnlich, so dass ich weiterhin wachsam sein werde.
    Um noch kurz bei dem Anschlag auf dem Praefectus Urbi zu bleiben: die Ermittlungen wurden selbstverständlich sofort aufgenommen, zeigten bisher jedoch leider keine gewünschten Erfolge oder verwertbare Erkenntnisse, auch nicht bezüglich des Anschlages auf den ehemaligen Consul. Denn bis jetzt haben die Ermittlungen ergeben, dass der Bauer, welcher den Angriff durchgeführt hat und direkt danach von der Leibwache des Praefecten umgebracht wurde Octavius Victor wegen der allgemeinen schlechten Lage, die angeblich auf dem Land herrsche, angegriffen hat. Unmittelbare politische Motive lassen sich bisher nicht erkennen. Die Ermittlungen werden natürlich weitergeführt, es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich die gewonnene Erkenntnis noch ändern wird.

    Schon kurz angesprochen, der Anschlag auf den Consul. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen zwar noch, aber bisher leider ohne größeren Erfolg. Wie es scheint ist für den Anschlag nur eine extrem kleine Gruppe Menschen verantwortlich die absolut loyal ihrer Sache gegenüber ist. Dadurch fällt es äußerst schwer Informationen zu gewinnen, da es schon Fortunas starke Mithilfe bedarf, gerade zufällig einen dieser Eingeweihten zu erwischen.
    Ich werde in den folgenden Tagen eine größere Durchsuchung in dem Viertel trans tiberim unternehmen und hoffe, dass dort neue Indizien oder Beweise ans Tageslicht kommen.

    Ansonsten ist es in Rom ruhig, und alles geht seinen geordneten Gang.

    Nun noch zu den privaten Anliegen, bei denen es sich allesamt um Erhebungen handelt.

    Zu erst zu Tiberius Caecilius Metellus. Er ist mein Neffe und einer meiner engsten Vertrauten. Er leitet derzeit meine finanziellen Geschicke, womit mein Vertrauen in seine Person deutlich wird, wie ich denke. Du wirst ihn womöglich kennen, da er den Kommentar zu dem umstrittenen Absatz der lex mercatus geschrieben hat, der derzeit in dieser Hinsicht wohl die oberste Richtlinie bildet.
    Er gehört dem Ordo Equester an und war Scriba Personalis des ermordeten Consuls. Bei diesen Aufgaben hat er viel über die römische Verwaltung gelernt und besitzt in dieser Hinsicht auch einiges an Geschick. Ich denke, er wird dir als Ritter einer der Männer sein, die sich in einigen Jahren in deinem engsten Umfeld befinden können. Deshalb möchte ich dir gerne seine Erhebung ans Herz legen. Den nötigen Census kann er schon heute aufweisen.
    Nun zu der nächsten Erhebung, dieses mal allerdings geht es um einen Senator-Anwärter. Die Rede ist von Octavius Avitus. Er ist, wie dir zweifellos bekannt sein wird, der jüngste Sohn des Octavius Anton und derzeit Tribun bei den Urbanern. Zuletzt hat er das Amt des tribunus plebis besetzt und dieses, wie schon davor als quästor urbanus, mit Auszeichnung wieder abgegeben. Darüber hinaus ist er auch als edler Spender bekannt, denn er hat eine nicht unbedeutende Summe für die Renovierung des Marstempels beigesteuert. Ich denke, er wäre im Senat eine nicht unbedeutende Stimme. Dies kann ich behaupten, da ich ja in letzter Zeit sein Vorgesetzter war und nur positiv von seinem Einsatz und Wille sprechen kann. Den Census kann er ebenfalls aufweisen.




    Und nun noch zu einer militärischen Entscheidung, mein Kaiser.
    Octavius Dragonum, dürfte dir ein Begriff sein, er war lange Zeit Tribun bei den Urbanern. Er ist derzeit Ritter und hat das erste Examen an der Militärakademie abgeschlossen, strebt aber schon das zweite an. Sein Verwandter und mein Klient Octavius Detritus, bat mich darum, für ihn eine passende Stelle zu suchen. Da bei den Vigiles, meiner Meinung nach, etwas frischer Wind ganz gut wäre, habe ich mir gedacht, mein Kaiser, dir vorzuschlagen ihn als Offizier bei den Vigiles einzusetzen. Meiner Einschätzung nach als Tribun und Chancen auf das Amt des Subpraefectus. Die nötige Erfahrung dazu hat er meiner Meinung nach. Ich schlage nur deshalb nicht direkt die Erhebung zu dem Subpraefectus vor, damit er sich erst wieder nach seiner Abwesenheit, an das Soldatenleben gewöhnen kann und wir noch einmal seine Arbeit und Loyalität prüfen können, an der man bisher allerdings nie zweifeln konnte.

    Zu allen Dreien habe ich noch einen ausführlichen Lebenslauf im Anhang, damit du dir, falls du es wünscht, noch ein genaueres Bild von ihnen machen kannst.

    Ich hoffe, dass ich mit diesen Anliegen nicht zu einem unpassenden Zeitpunkt dich störe und bete dafür, dass die römische Sache weiterhin gut verläuft.

    In ewiger Treue




    Anhang:
    Lebenslauf des Caecilius Metellus
    Lebenslauf des Octavius Avitus
    Lebenslauf des Octavius Dragonum

  • Zitat

    Original von Quintus Tiberius Vitamalacus
    Es waren die schnellen, schweren Schritte von drei Männern und einem Luchs, die sich auf das Zelt des Aelius Quarto zu bewegten. Knapp grüsste Tiberius Vitamalacus jeden Posten, den er auf den Weg begegnete, Titus, der ihm im kurzen Abstand folgte, blickte diese nur grimmig an und der Scriba des Tribuns wirkte nur gehetzt, wie immer, wenn er seinem Dienstherren folgen musste.


    Am Zelteingan blieb der Tribun stehen, nahm seinen Helm ab und meldete sich mit kräftiger Stimme an.


    "Senator Aelius Quarto, auf ein Wort."


    Der Zeiteingang wurde von einem Sklaven Quartos zurückgeschlagen und dann erschien der Senator selbst.
    “Quintus Tiberius Vitamalacus... ähm... Salve! Ja, natürlich... komm' doch bitte herein.“

  • Der Tribun gab Titus ein Zeichen, das er vor dem Zelt warten sollte, dann trat Tiberius Vitamalacus ein, sein Scriba folgte ihm. Und während dieser probierte, so etwas anzunehmen, was einer Haltung nahe kam, die einem einfachen Miles in der Gesellschaft zweier Senatoren entsprach, stand der Tiberier wie immer da. Den Helm hielt er unter den linken Arm, die Rüstung war, für die staubige Umgebung erstaunlich blank, seine Haltung war absolut militärisch. Und auch wenn er so stand, wirkte er dennoch nicht verspannt, ganz im gegenteil, es war einfach die Haltung, die tu ihm passste.


    "Ein Bericht der Poststelle ist auf meinen Tisch gelandet," begann er ohne umschweife, wie es sein Art war, "einige Miles haben Post in Erbschaftssachen bekommen, mit einer Frist, sich in Rom zu melden, welche einzuhalten ihnen nicht möglich ist. Der Weg der Post ist einfach zu lang."


    "Scheinbar wurde in Rom vergessen, das wir weit hinter der Grenze stehen. Der Imperator hat in diesen Tagen wichtigeres zu tun, als sich um solche dinge zu kümmern, daher wende ich mich an dich. Wenn diese Frist nicht aufgehoben, oder zumindest deutlich verlängert wird, könnte bei den Miles, die ihr Leben für das Imperium zu opfern bereit sind, der Eindruck entstehen, das der Staat an ihnen bereichern will. Und das könnte verhehrend sein."

  • Aelius Quarto hörte sich die Beschwerde des Tribuns an. Dann strich er sich nachdenklich durch seinen Bart und meinte:
    “Ich nehme an das diese Briefe von einem einfachen Scriba der Basilica Ulpia verfasst wurden? Diesen Männern mangelt es bedauerlicherweise oft ein wenig an Fantasie und Weitsicht. Wir können von unseren treu kämpfenden Soldaten natürlich nicht erwarten, dass sie sich unter diesen Umständen auch noch um solche Dinge kümmern. Es ist für die Moral vermutlich schon schlimm genug, im Angesicht des Feindes vom Tod eines geliebten Verwandten zu erfahren, selbst dann, wenn er einem etwas vererbt hat.
    Ich werde mich mit deiner Erlaubnis dieser lästigen Sache annehmen, nach Rom schreiben und auf ein Aussetzen aller Fristen drängen, bis dieser Krieg vorüber ist.“

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    ....


    Dankbar nahm Andronicus die Acta entgegen, doch welchen Verwandten sollter er schreiben? Sein Bruder war sowieso hier in Parthien und sollte eigentlich zuverlässigere Quellen als die Acta zu verfügen haben und mit den Verwandten in der Urbs Artenna hatte er schon länger keinen Kontakt gehabt. Schließlich war er zuerst drei Jahre auf Studienreisen in Athen gewesen und danach war er sofort nach Antiochia aufgrebrochen.
    Auf die Frage des Flaviers bezüglich der Rekrutierung des Andronicus kam prompt eine Antwort:
    "Ceturio, ja. Die Rekrutierung ist über meinen Bruder, äh ich meine den Tribunus Laticlavius Tiberius Vitamalacus gelaufen, Centurio"
    Scheinbar war bei siener Versetzung einiges schief gelaufen, ob das an dem alten Menschenschinder Saufeius Simplex lag? Vorstellen konnte Andronicus es sich jedenfalls gut.
    "Centurio, Ich war in einem Contubernium deiner Centurie untergebracht, Centurio"
    Dann die nächste Frage:
    "Centurio, ich weiß nicht ob meine Versetzung zur Reiterei etwas mit dem Tribunus Laticlavius zu tun hat, aber mein Ausbilder schien mit der Versetzung einverstanden zu sein, denn der Tribun ist während meiner Ausbildung zu mir gekommen, um mich zu fragen ob ich denn auch zur Reiterei wolle und der Optio Saufeius hat nicht widersprochen."
    Das der Sadist Simplex nur nicht widersprochenen hatte, weil der Tribunus und Kommandant Iulius sein Vorgesetzter war, konnte sich Andronicus einfach vorstellen.

  • Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto
    Quarto kratzte sich am Bart, wie er es oft tat, wenn er angestrengt nachdachte.
    “Wissen wir wer das feindliche Heer anführt? Ist es der örtliche Satrap, oder wurde uns aus Assur ein Feind entgegen geschickt? Wenn in Edessa ein hoher Würdenträger sitzt, vielleicht sogar ein Satrap, dann wird er feilschen wollen, denn die Orientalen kennen es nur so. Vielleicht wäre er sogar bereit seinen König zu verraten, aber das zu erreichen kostet Zeit.
    Ist Edessa nach unserem Sieg aber kopflos, dann wird man uns die Tore öffnen. Zumindest dann, wenn wir wie die sicheren Sieger dieses Krieges aussehen.
    Wir sollten nicht nur diese Schlacht gewinnen. Wenn wir anschließend vor die Stadt ziehen dann müssen wir auch siegreich und unbezwingbar aussehen.“


    "Soweit ich weiß, führt der Satrap von Edessa seinen Truppen selber ins Feld. Wer in der Stadt derzeit das Sagen hat, entzieht sich meiner Kenntnis."


    Genau diese Konstellation ist es, die den Kaiser nachdenklich werden lässt.


    "Ich kann jedoch nicht ausschließen, dass der Satrap die Schlacht nicht überlebt, um danach noch zu feilschen. Er soll schon recht alt sein."

  • Mit dem Löffel malte Marcus einige Muster in die Soße des Fleisches. Da er das gute Essen- schließlich bekam auch er freilich nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller- nicht kalt werden lassen wollte, nahm er den nächsten Bissen und aß ihn langsam, ließ dabei den Blick auf dem jungen Mann ruhen. Über die Verwandtschaft? Von daher kam wohl das Chaos. Appius war ein Ordnungsfanatiker, wenn er auch ein völliges Ekel war und in Marcus Augen kein richtiger Soldat- so ein Verwaltungsbürschchen eben. Ein „Hm!“ war die einzige Reaktion von Marcus auf die Aussage zu Vitamalacus. Ein „Aha!“ erntete Andronicus mit der Erwähnung des contubernium. Immerhin: Dann war der Junge wenigstens nicht obdachlos gewesen in den letzten Tagen. Daß Andronicus einigen Fragen auswich, das fiel sogar Marcus auf. Doch er hatte den Mund erneut voll und ließ es deswegen auf sich beruhen. Genüßlich aß Marcus weiter und schwieg, gab höchsten mal ein Grummeln oder Brummeln von sich. Schließlich:


    „Dieser optio gehört nicht zu meiner Einheit. Er hat nicht zu bestimmen, ob eine Versetzung rechtmässig ist oder nicht- wenn es die Soldaten meiner Zenturie betrifft. Wenn, dann hättest Du Dich an optio Tallius wenden müßen. Aber ich sehe schon, die Strukturen der Legion scheinen Dir nicht erklärt worden zu sein. Kannst Du dann nicht ahnen. Aber der Tribun kann es eigentlich wißen. Hast Du den Befehl bereits schriftlich erhalten? Und ist es überhaupt Dein Wunsch versetzt zu werden?“

  • Zitat

    Original von LUCIUS ULPIUS IULIANUS
    "Soweit ich weiß, führt der Satrap von Edessa seinen Truppen selber ins Feld. Wer in der Stadt derzeit das Sagen hat, entzieht sich meiner Kenntnis."


    Genau diese Konstellation ist es, die den Kaiser nachdenklich werden lässt.


    "Ich kann jedoch nicht ausschließen, dass der Satrap die Schlacht nicht überlebt, um danach noch zu feilschen. Er soll schon recht alt sein."


    “Ein lebender Satrap wäre uns gewiss nützlicher als ein toter. Unterwirft er sich nach unserem Sieg, dann könnte seinem Beispiel die ganze Satrapie folgen. Bleibt er starrsinnig, dann könnte man an ihm ein öffentliches Exempel statuieren und so den Widerstand gegen uns erschüttern. Sein heldenhafter Tot in der Schlacht würde uns hingegen keinen Vorteil verschaffen.“, gab Aelius Quarto zu bedenken.
    Wenn er gewusst hätte, wer denn nun in Edessa den scheinbar mutigen, vielleicht auch leichtsinnigen Satrapen vertrat, dann hätte er es dem Kaiser offenbart. Aber Quarto wusste es natürlich auch nicht.

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