Am Rande der fruchtbaren Ebene von Harran und nahe der Bergketten in ihrem Norden, liegt das wohlbefestigte Edessa, die prachtvolle Hauptstadt der Satrapie Osroëne. Die Sage erzählt, dass in der Vorzeit Nimrod selbst, der gewaltige Jäger und mythische König von Assur, diese Stadt gründete.
Hier kreuzen sich Handelsstraßen, auf denen wertvolle Güter aus dem fernen Osten hin zum Euphrat, und weiter nach Syrien oder zur Mittelmeerküste gelangen, mit Verbindungen, die bis zum Schwarzen Meer oder zum Golf von Persien reichen. Unzählige Waren durchqueren täglich die Stadt, und haben ihren Herren, dem Königsgeschlecht der Abgariden einen beträchtlichen Reichtum beschert.
Der greise Satrap Narseh Abgar ist es, der hier schon seit Jahrzehnten die Zügel in der Hand hält. Wuchtig thront seine Zitadelle, aus sandfarbenem Stein auf dem steilen Burgberg erbaut, über den geschäftigen Straßen der Stadt. "Nimrods Throhn" wird sie auch genannt, und unvorstellbare Schätze soll sie in sich bergen: in Generationen gescheffeltes Gold, Edelsteine und Kunstschätze, edle Rösser und einen auserlesenen Harem. Vielbesungen wird auch die Schönheit der Enkelin und einzigen überlebenden Nachfahrin des Satrapen, Prinzessin Shirin, deren grausamer Liebreiz schon manch einen Mann in den Wahnsinn getrieben haben soll.
Den Bewohnern von Edessa sagt man nach sie seien tapfer und unverzagt, dazu zungenfertig und äußerst geschäftstüchtig. Böse Zungen behaupten, dass sie für klingendes Gold ohne mit der Wimper zu zucken ihre eigene Familie verkaufen würden.