Salutatio (Klienten und Bittsteller können direkt hier erscheinen)

  • "In Ordnung. Ich hätte nichts dagegen, wenn du in unser beider Namen einladen würdest. Wir könnten uns auch gern bei mir zu Hause treffen, möglicherweise in Verbindung mit einer Cena."


    meinte Durus. Immerhin war es nicht unüblich, dass Contiones im Hause des Magisters stattfanden! Durus war zwar nicht wirklich der Magister (und auch nicht sicher, ob er sich zu diesem wählen lassen sollte), aber in seinem Hause würde das ganze ein wenig gemütlicher werden als im Tempel der Concordia.

  • Der Flavier nickte beflissentlich. “Das scheint mir eine feine Idee zu sein. Bei dir zu Hause, sagst du? Ja, sicherlich, wenn es dir nichts ausmacht.“ Durus steckte wohl seinen Claim ab. Piso, nicht Gedanken lesen könnend, fand sich schon mit dem Gedanken ab, dass Durus seine Kandidatur zum Magister der Arvalbrüder mit großem Trara in seiner Villa verkünden würde. Wenn nicht, dann würde sich vielleicht Piso selbst dran versuchen. Aber mal schauen, was so passierte.
    “Deinem Adoptivsohn werde ich wohl nichts schreiben müssen – er wohnt ja bei dir. Und meinem Neffen sage ich es selber... dann bleiben... mhm... gut... ja, sicher, das mache ich. Am besten lade ich ein zum ANTE DIEM XIV KAL DEC DCCCLX A.U.C.*, damit kannst du hoffentlich leben.“


    Sim-Off:

    *kleines Fantasiedatum

  • Er sah fragend zu seinem Sekretär hinüber, der knapp nickte.


    "In Ordnung! Machen wir es so!"


    antwortete er daher und lächelte Piso freundlich zu. Der junge Mann steckte wirklich voller Energie!

  • “Sehr wohl, dann wird es so sein! Wir sehen uns am abgemachten Tag!“, machte Piso. “Vale!“ Er lächelte Durus noch einmal zu, dessen freundlichen Gesichtsausdruck entgegnend, bevor er sich schwungvoll umdrehte und abdampfte.


    Sim-Off:

    Machst du dann das neue Thema auf?

  • Axilla war nervös. Sie hatte sich einen etwas privateren Rahmen gewünscht als eine Salutatio. Einen etwas sehr viel privateren Rahmen. Vor allem gefiel ihr nicht, dass Tiberius Durus sie wie eine Bittstellerin zur Salutatio überhaupt einlud. Sie war mit einem Aelier verheiratet gewesen und hatte im Palast gelebt, verdammt nochmal. Und wenn sie das bevorzugt hätte, wer hätte sie als Witwe von dort verwiesen? Der Kaiser lebte schon seit Ewigkeiten auf seinem Landgut, und sein Bruder mit ihm. Sie war sich sehr sicher, dass sie auch weiterhin dort hätte leben können, wenn sie nur gewollt hätte. Nungut, vielleicht nicht sehr sicher, aber ziemlich sicher. Ein bisschen sicher. Mit einem kleinen großen Vielleicht.
    Und so hatte sie sich heute hübsch gemacht, allerdings nicht zu hübsch. Sie wollte keineswegs wie eine Bettlerin erscheinen, aber sie musste mit ihrem Auftreten den Tiberier ja auch nicht gleich anspringen. Der Mann war alt, vielleicht echauffierte er sich über ein wenig nackte Haut zuviel? Sie kannte ihn nicht, und ihr war das zu wichtig, als dass sie das Risiko eingehen wollte. So trug sie ein gutes Kleid, der winterlichen Temperatur angepasst aus dunkel grün gefärbter Wolle, und nur ein wenig Schmuck. Ihre Frisur war auch einfach hochgesteckt ohne Spielereien und Firlefanz wie Spangen oder Blüten – die es im Winter sowieso nur zu horrenden Preisen gab.
    Und dann wartete sie. Nervös. Sich beherrschend. Immer wieder schaute sie zu den anderen Herren im Raum, die etwas von ihrem Patron wollten. Axilla kam sich schrecklich fehl am Platz vor. Durus war ja nicht ihr Patron. Und sie in dem Sinne keine Bittstellerin. Sie hatte nur keine Wahl, als um Hilfe zu bitten, weil sie alleine schlicht nicht mehr weiter kam. Hoffentlich besaß der Mann wenigstens die Gnade, sie zum Schluss dranzunehmen, wenn die übrigen Leute hier schon gingen. Was gab es unangenehmeres, als über einen juristischen Sachverhalt zu reden, wenn zig fremde Leute es hören konnten?

  • Für den Tiberier war es hingegen überhaupt nichts ungewöhnliches, wenn sich auch Bürger unter seine Klienten mischten, die nicht gerade zu seiner Grex Togata gehörten. Wer etwas von ihm wollte (besonders juristischen Beistand, was ja traditionell die edelste Pflicht des patrizischen Patrons war), der war gezwungen, hier zu erscheinen. Aber es stellte sich zumindest bald heraus, dass der Nomenclator die einzelnen Bittsteller, die mehr als ein Stück Brot oder einen Korb mit Getreide erbetteln wollten, zu Durus in das Tablinium gebeten wurden, wo man ungestörter reden konnte.


    Und genau dorthin wurde auch die Iunierin geleitet, als die wichtigeren Klienten abgearbeitet waren. Im Tablinium schließlich wartete Manius Tiberius Durus auf seinem Stuhl, umrahmt von Sekretären und dem Nomenclator, der hinter seinem Herrn seinen Posten eingenommen hatte.

  • Irgendwann war Axilla dann an der Reihe und wurde ins Talinum geleitet. Nicht, dass die Warterei etwas an ihrer Nervosität geändert hatte, im Gegenteil. Es war eigentlich nur eher schlimmer geworden. Dass hier nun neben dem Hausherren noch einige Scribae und ein Nomenclator waren – beides Dinge, die durchaus zu erwarten gewesen waren – machte es auch nicht einfacher. Aber Axilla nahm sich zusammen, so gut es eben ging, und versuchte ein freudiges Lächeln, als sie auf den älteren Senator zuging. Am liebsten wäre sie jetzt weggelaufen, aber sie wusste, dass das kindisch war. Sie musste jetzt erwachsen sein und versuchen, zu tun, was eben in ihrer Macht stand. Viel anderes blieb ihr ja auch nicht mehr übrig, wenn sie nicht einfach kampflos aufgeben wollte.


    “Salve, Tiberius. Danke, dass du einen Moment deiner Zeit für mich findest.“ Die Begrüßung war doch noch ein wenig Sicherheit. Noch hatte sie sich nicht total lächerlich gemacht, noch konnte sie zurückrudern und irgendwas kleines erfinden. Wenn sie aber gesagt hatte, was sie wollte, dann hatte sie es gesagt, und all die Leute hier im Raum hätten es gehört. Axilla widerstand dem drang, sich verlegen am Arm zu kratzen, und biss sich nur ganz leicht auf die Unterlippe. Sie war so furchtbar nervös.

  • Der Nomenclator flüsterte Durus den Namen des Mädchens zu, das heute erschienen war. Er kannte sie nicht, konnte sich auch nicht erinnern, sie jemals irgendwo gesehen zu haben (wobei sein Gesichter- und Namensgedächtnis ohnehin nicht das beste war). Deutlich war jedoch, dass sie sehr nervös war - was wohl der Grund dafür war?


    "Salve, Iunia! Wie ich hörte, benötigsten du juristischen Beistand?"


    begrüßte er sie gleich mit dem Thema, das der Nomenclator ihm ebenfalls eingeflüstert hatte. Die Nervosität des Mädchens überging er dabei einfach - das würde sich im Laufe des Gesprächs sicherlich legen, abgesehen davon war es doch immer wieder beruhigend, dass er doch dem einen oder anderen doch noch einen gewissen Respekt einflöste!

  • Weg. Es war einfach weg. Axilla hatte noch geübt, was sie sagen wollte, und wie sie ihre Argumente aufbauen wollte, welch sprachliche Finesse sie in ihre kleine Rede legen wollte, und nun – puff, alles weg. Als wär da nie etwas da gewesen. Verdammte Nervosität auch.
    Einen Augenblick sprachlos stand sie also da und sammelte ihren verbliebenen Mut. Sie stand jetzt immerhin hier, das war sozusagen ihre Front, und ein Römer wich nicht zurück! Genau! “Ja, das ist richtig. Es ist so...“
    Kurz huschten ihre Augen durch den Raum, aber auch dort war nirgends ihre perfekt vorbereitete Rede zu finden. Also trat sie einfach einen Schritt nach vorn – hauptsächlich, um für sich selbst dadurch ein Zeichen zu setzen, dass es nun vorwärts ging und Rückzug ausgeschlossen war.
    “Wie dir vielleicht bekannt ist, war mein Mann Aelius Archias.“ Axilla hatte keine Ahnung, ob der Tiberier das wusste. Auf jeden Fall wusste er es nun. “Und nun ist es so, dass dieser vor seinem Tod wohl den Praefectus Urbi beleidigt haben soll. Über genaueres hierzu habe ich keine Informationen, und mir wär auch nicht bewusst, dass er jemals öffentlich gegen Potitus Salinator das Wort geführt oder ähnliches getan hätte, aber...
    Naja, nun ist es so, dass an dem Tag, an dem mein Mann... verstarb“
    Die genauen Umstände hatte der Tiberier sicher wie alle anderen auch in der Acta gelesen. Es kam ja nicht alle Tage vor, dass sich ein Aelier vom tarpejischen Felsen stürzte. ... da kam eine Cohorte in das Domus Aelia, mitten zur Aufbahrung, und hat seinen gesamten Besitz beschlagnahmt. Also das gesamte Erbe, meine Dos, die Sklaven...alles.“
    Axilla wollte weder Mitleid heischen, noch wollte sie jammern. Und sie konnte nur hoffen, dass sie nicht diesen Eindruck vermittelte. Sie bemühte sich redlich um eine aufrechte und stolze Haltung, aber so ganz mochte es ihr wohl nicht gelingen.
    “Ich habe versucht, einen Termin mit ihm zu bekommen, um das ganze aufzuklären. Aber ich werde nicht zu ihm vorgelassen. Ich habe auch dem Kaiser geschrieben. Immerhin war mein Mann mit ihm verwandt. Aber ich habe keine Antwort erhalten.“
    Soviel zu dem, was bislang geschehen war. Auch wenn Axilla einige Teile ausgelassen hatte. Die Dinge, die sie erzählt hatte, waren schon peinlich genug. Da musste sie nicht davon reden, dass sie glaubte, dass Archias geistig nicht so ganz auf der Höhe gewesen sei.
    “Und ich weiß nun nicht, was ich noch tun kann, und erhoffe mir deinen Rat, weil ich mich damit nicht auskenne. Ich dachte, mit dem Tod einer Person erlischt seine Schuld? Ich dachte, das Vermögen eines Ritters – und ein solcher war mein Mann – kann nur eingefordert werden, wenn er statt einer Todesstrafe, die bei Beleidigung sicher nicht verhängt wird, das Exil vorzieht?“ Axilla hatte davon wirklich nur eine sehr, SEHR rudimentäre Ahnung. Sie hatte bislang ja auch nie Ahnung haben müssen.
    “Du bist Senator und Pontifex. Darüber hinaus Patrizier, was meine Gens auch einst war.“ Auf dieses Erbe beriefen sich die Iunii schon seit je her. “Daher fiel meine Wahl auf dich, weil du sicher über genug Wissen und Weisheit verfügst, mir Rat zu erteilen. Ich weiß, dass man den Praefectus Urbi nicht so einfach verklagen kann.“ Zumindest nicht, wenn man gerne weiterleben mochte. Und Axilla hatte keine so mächtigen Verbündeten oder gar Familienmitglieder, als dass sie es darauf anlegen konnte. “Und ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte.“ Der Tiberier hingegen könnte sicher entweder mit dem Kaiser oder dem PU reden. Zumindest stellte Axilla sich das so vor. Sofern er denn überhaupt gewillt war, das für sie zu tun.

  • Der Fall ihres Mannes war Durus tatsächlich nicht bekannt. Er konnte sich überhaupt nicht daran erinnern, diesen Aelius Archias einmal getroffen zu haben. Was sie allerdings schilderte, klang verdächtig nach Rechtsbeugung und Willkür. Allerdings war der Betroffene hierbei ein Mann, der letztlich über dem Gesetz stand - zumindest solange Valerianus ihn stützte!


    Daher musste der alte Tiberier erst eine Weile nachdenken, ehe er vorsichtig antwortete:


    "Du hast Recht, theoretisch erlischt die Schuld mit dem Tod des Beklagten. Allerdings sind sich die Juristen dabei uneinig. Es wäre also durchaus möglich, eine Anfechtungsklage einzureichen."


    Er machte eine kurze Pause.


    "Ob sie allerdings sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Da du allerdings noch nicht einmal in Erfahrung bringen konntest, was der Grund für die Beschlagnahmung ist, könnten wir vorerst auch eine Feststellungsklage anstrengen. Dadurch wäre Vescularius Salinator gezwungen, die Grundlagen seiner Handlungen offenzulegen und er würde sich vielleicht nicht so angegriffen fühlen wie bei einer aggressiven Klage gegen ihn."


    Möglicherweise war dies wirklich die bessere Variante, denn Salinator war nicht gerade dafür bekannt, mit sich reden zu lassen...

  • Eine Feststellungsklage, um herauszufinden, was überhaupt passiert war. Das klang sinnig und gut. Und definitiv vielversprechender, als ihn darauf zu verklagen, ihr Erbe herauszurücken. Allerdings wusste Axilla nicht sicher, ob sie das wirklich wissen wollte. Und sie wusste auch nicht, ob sie das 'wir' des Tiberiers so interpretieren durfte, dass dieser gewillt war, ihr zu helfen. Immerhin legte er sich dadurch auch mit dem mächtigsten Mann in Rom an.
    “Das klingt gut, nur... ähm...“ Axilla schaute kurz zu den Schreibern. Sie wusste nicht, ob sie den Tiberier wirklich bitten konnte, diese hinauszuschicken. Und selbst wenn, wusste sie auch nicht, wer sonst noch zuhören würde. Allerdings wollte sie nicht, dass ein paar Dinge ihren Mann betreffend von allzuviel Leuten erfahren würden.
    “Mir wäre auch daran gelegen, wenn es nicht gar so öffentlich wäre. Ich meine, ich will ja auch gar nicht... Schwierigkeiten machen. Es ist nur... ich meine... du verstehst sicher, dass ich meine Dos auch wieder brauche.“ Das wiederum sollte jeder, der nicht auf den Kopf gefallen war, verstehen. Sie war noch keine zwanzig und schon Witwe, natürlich musste sie wieder heiraten und brauchte ihre Dos, um auch einen angemessenen Mann zu finden. Sie hatte zwar sicher eigenes Vermögen genug, aber dennoch war ihr Erbe auch nicht gerade klein und würde ihr Vermögen entsprechend vermehren.
    “Und es gibt... Dinge... also, über meinen Mann, die nicht unbedingt... in aller Öffentlichkeit ausdiskutiert werden müssten.“ immerhin war Archias nach wie vor Aelier und würde daher sicher auch Gespräch sein. Aber wie sollte Axilla sagen, dass Archias den PU sicher nicht beleidigen hatte wollen, es aber vielleicht nur getan hatte, weil er ein paar Wahnvorsellungen hatte?
    Ob der Tiberier den Fall übernahm, wusste sie nach wie vor nicht, aber sie traute sich noch nicht ganz, ihn das so direkt zu fragen.

  • Die nunmehrige Erklärung beleuchtete die Angelegenheit in einem ganz anderen Licht - offensichtlich war die Einziehung des Vermögens nicht vollkommen grundlos gewesen. Nachdenklich rieb sich der alte Tiberier das Kinn.


    "Natürlich ist eine Dos jederzeit prinzipiell einklagbar. Allerdings ist der Ehegatte selbstverständlich Eigentümer der Dos, folglich kann er unter Umständen auch mit diesem Eigentum haften. Allerdings haftet dein Ehemann für die Herausgabe der Dos, sodass du natürlich auch schlicht die Aelii wegen der Herausgabe verklagen könntest."


    In diesem Fall war Durus sich ziemlich sicher, dass sich dabei durchaus ein Erfolg herstellen ließe. Allerdings gab es einen Haken:


    "Allerdings würde wohl auch unter diesen Umständen eure schmutzige Wäsche gewaschen werden, denn letztlich gibt es ja offensichtlich keine Erben deines Mannes, sodass sie darauf pochen könnten, dass sie nicht für Strafen eines verstorbenen Familienmitglieds haftbar zu machen sind."


    Der Tiberier hoffte, dass er sich nicht allzu kompliziert ausgedrückt hatte. Allerdings war die Juristerei eben ein kompliziertes Geschäft, insbesondere in diesen Fragen, die weniger durch Gesetze als Mos Maiorum geregelt und somit in Teilen umstritten waren.

  • So langsam fing es an, dass Axilla verwirrt war. Wieso sollte sie die Aelii verklagen, wenn Salinator doch derjenige war, der das ganze Zeug beschlagnahmt hatte? Für sie war das so, als würde sie ihr Problem nur auf andere Schultern abwälzen, und irgendwie war das ja auch nicht das, was sie wollte. Da hing ja so viel mit dran an der ganzen Sache, Seiana, die Betriebe, die Sklaven, selbst Flavius Piso... Da konnte sie doch nicht einfach zum Kaiser gehen und verlangen, dass der sie auszahlte? Oder besser zu seinem Bruder, der Kaiser war ja nominell ein Ulpier.
    “Mein Mann hat ein Testament hinterlassen. Aber darin erbt Flavius Piso seinen Landbesitz und ich den Rest.“ Zumindest in etwa. Der Großteil dessen, was im Testament stand, konnte nicht umgesetzt werden und sprach wohl eher für Axillas Theorie, dass ihr Mann nicht so ganz bei sich war. Und sie hatte keine Ahnung, ob das Testament überhaupt gültig wäre, sollte ihr Mann offiziell für wahnsinnig befunden werden...
    “Ich denke nicht, dass ich die Aelii verklagen möchte. Würdest du mir denn helfen, Salinator dazu zu bringen, erst einmal zu erklären, aus welchen Gründen er das Erbe denn überhaupt an sich geri... genommen hat?“ Axilla sah bei diesen Worten nicht auf. Sie wollte nicht betteln, aber sie wusste, sie würde ihn flehentlich anschauen, wenn sie aufsah. Und sie wollte ihm auch nicht ins Gesicht sehen, wenn er nein sagte.

  • Nachdenklich kratzte Durus sich am Kopf und runzelte die Stirn. Das Mädchen machte sich die Sache wohl etwas einfach, während sie zugleich versuchte, irgendetwas geheim zu halten. Doch wenn der Tiberier nicht wusste, wie die Sachlage tatsächlich war, war es kaum möglich, ihr einen guten Rechtsrat zu geben - also musste er weiterfragen.


    "Könntest du dir Gründe vorstellen?"


    Um zu erklären, dass er dies nicht aus reiner Neugierde fragte, fügte er einen Augenblick später rasch hinzu


    "Nicht, dass es mich persönlich interessieren würde, aber ich fürchte, dass Salinator nicht freiwillig seine Gründe darlegen wird, sonst hätte er auf deine Anfrage wohl ein Reskript gefertigt."


    In Zeiten des göttlichen Iulianus war dies tatsächlich die üblichste Klärung von Rechtsunsicherheiten gewesen. Doch seitdem Valerianus seine Amtsgeschäfte nicht einmal wahrnahm...

  • Er hatte weder zu noch abgesagt, sondern fragte erst einmal noch weiter. Und brachte Axilla damit in eine kleine Zwickmühle. Wenn sie woltle, dass er ihr half, kam sie wohl nicht darum herum, ihm mehr zu erzählen. Allerdings konnte dieses „mehr“ genausogut dazu führen, dass er nein sagte. Und sie kannte ihn nicht und wusste nicht, wie vertrauenswürdig er denn letztendlich war.
    Was sie aber definitiv wusste, war, dass ihr zu viele Leute hier im Raum waren. “Würde es dir etwas ausmachen, deine Scribae hinauszuschicken? Es ist einfacher, einem Mann zu vertrauen, als einem Dutzend.“

  • Ein Mann wie Durus konnte es sich kaum leisten, eine Bitte um Hilfe einfach so abzulehnen. Daher hielt er es auch nicht für nötig, dies direkt zu sagen. Daher gab er seiner Neugier nach und fragte einfach weiter. Dass er allerdings seine Scribae herausschicken sollte, hielt er definitiv für unnötig.


    Anstatt zu antworten, bedeutete er ihr mit einer Geste, ihm ihr kleines Geheimnis ins Ohr zu flüstern.

  • Er winkte ihr leicht zu, und einen Moment blieb Axilla unschlüssig stehen. Meinte er das ernst? Sie sollte es ihm ins Ohr flüstern? Kurz zögerte sie mit einem reichlich fragenden Gesichtsausdruck, dann, langsam und stockend, kam sie auf ihn zu. Er meinte das wirklich ernst. Axilla kam sich reichlich albern vor, aber... der Senator meinte das wirklich ernst.
    Als sie dann nah genug war – und froh, frisch gebadet zu haben, bevor sie hergekommen war. Wer hätte schon denken können, dass sie dem Tiberier so auf die Pelle rücken würde? - kam sie sich noch ein wenig alberner vor. Und der Tiberier irgendwie weniger furchteinflößend. Während sie sich ihm näherte, hatte sie ausgiebig Gelegenheit, ihn zu studieren. Er hatte schon ein paar Falten. Also, so richtige. Und sein Haar sah lustig aus mit diesen hellgrauen Stellen überall. Das Kind in Axilla wollte es am liebsten anfassen, wo sie sich aber doch beherrschen konnte. Aber lustig war es alle Mal.
    Was dazu führte, dass Axilla, statt zur Sache zu kommen, einen Moment in unsicheres Schweigen verfiel und den Tiberier auffällig unauffällig musterte. Sie musste sich regelrecht einen Ruck geben, um ernst zu werden. Angesichts der Tatsache, dass sich am Grund ihres Besuches hier nichts geändert hatte, ging das glücklicherweise recht rasch.
    “Also, mein Mann, er war ein wenig... verwirrt. Er hat sich Dinge eingebildet, manchmal, die so nicht waren. Und er war sehr eifersüchtig. Es ist so...“
    Vielleicht war es ein wenig viel, um das alles zu flüstern, aber ein wenig musste sie das wohl erklären. “Auf der Hochzeit von Aurelius Ursus und ...ähm... Tiberia Septima“, die ja mit ihm verwandt war, wie Axilla gerade erschreckt feststellte “hat er meiner Begleitung eine Schüssel Süßspeise über den Kopf gekippt und später geschworen, er hätte das getan, weil mein Begleiter mich hätte umbringen wollen. Und später... ich hab ein Kind verloren, wo er dann meinte, das sei umgebracht worden. Solche Dinge eben.“ Axilla war es peinlich, davon zu reden. Ihr Blick war nicht mehr auf das eben noch amüsante, graue Haar gerichtet, sondern beständig zu Boden ins Nirgendwo und ihre Stimme nur ein zartes Wispern.
    “Ich könnte mir vorstellen, dass er auch so eine Phantasie in Bezug auf Salinator hegte und ihn deshalb beleidigt hat. Etwas schlimmeres als Worte kann ich mir nicht vorstellen. Aber es muss an dem Tag gewesen sein, an dem er auch vom tarpejischen Felsen gesprungen ist, davor kann es nicht gewesen sein. Wir waren eben erst aus Ravenna zurück und davor ist bestimmt nichts vorgefallen. Dafür kann ich mich verbürgen. Aber an diesem einen Tag... ich war nicht zuhause, ich war in der Casa Iunia. Ich weiß nicht, was da vorgefallen ist.“
    Ein weiterer Gedanke kam Axilla, aber den traute sie sich nicht zu äußern. Wenn es wirklich an diesem Tag geschehen war und Archias wirklich Salinator beleidigt hatte, vielleicht war er ja gar nicht gesprungen. Vielleicht war er gesprungen worden...

  • Offensichtlich war diese Iunia nicht es gewohnt, Consularen etwas ins Ohr zu flüstern - zumindest deutete ihr Stocken darauf hin. Als sie sich dann jedoch überwunden hatte, erklärte sie kurz die Sachlage, welche dem Tiberier relativ kompliziert erschien.


    Ehe er antwortete musste er kurz rekapitulieren: Die Iunia wünschte ihre Mitgift zurück, ihr Ehemann war wohl verrückt geworden und hatte aller Wahrscheinlichkeit nach den Stellvertreter des Kaisers beleidigt. Dies konnte durchaus als Verunglimpfung betrachtet werden, wenn auch nur mit sehr viel Missgunst. Vermutlich ließ es sich ebenso als simple Beleidigung betrachten.


    "Nun, ich muss dir eines klar sagen: Sollte es zu einem Prozess kommen, werden diese Hintergründe zweifelsohne thematisiert und öffentlich werden.


    Freiwillig wird der Vescularier meiner Einschätzung nach die Dos allerdings nicht herausgeben, da er wohl eher ein nachtragender Charakter ist.


    In Anbetracht dieser Tatsache hielte ich es an deiner Stelle allerdings für am sinnvollsten, eine Feststellungsklage einzureichen. Möglicherweise wird die Beleidigung bekannt, alle anderen Hintergründe können Salinator allerdings kaum bekannt sein. Und sollte dies der Fall sein, werden die Chancen zur Herausgabe deiner Dos - weißt du übrigens, wie viel die Cohortes Urbanae eingezogen haben?"


    Angesichts der relativ niedrigen Strafgelder für Beleidigungsdelikte würde dies möglicherweise ebenfalls eine Möglichkeit sein, jede Diskussion über die Gültigkeit der Dos als Teil von Strafsummen im Vorfeld zu verhindern.

  • Gleich mit den ersten beiden Sätzen zerschlug Durus Axillas Hoffnung, das ganze möglichst unauffällig zu einem für sie positiven Ende zu bekommen. Natürlich war ihr bewusst, dass Salinator wohl nicht alles gleich wieder zurückgeben würde, nur weil ein Consular ihn mal nett – oder auch weniger nett – fragte. Und schon gar nicht wegen einer Iunia, die keinen Senator oder Feldherren in der unmittelbaren Verwandtschaft hatte. Dennoch war da diese vage Hoffnung gewesen, dass sie vielleicht nicht erklären müsste, ihr Mann habe nicht mehr alle Amphoren auf dem Regal gehabt.


    Durus erklärte weiter, und brach dann mitten drin ab, um nach der Höhe des beschlagnahmten Besitzes zu fragen. Axilla blinzelte kurz und überlegte einen kurzen Moment. Es war viel gewesen, was eingezogen worden war. Sehr viel.
    “Die Besitzurkunden für 2 Salti Ackerland nahe Ravenna, die Besitzurkunden für seine Betriebe – ein Architekt, ein Fernhandel, ein Mosaikenleger und ein Obstbauer, nebst all den Waren und Sklaven, die dort gearbeitet haben. Bestimmt ein Warenwert von 100 Aurei. Daneben dasselbe in bar aus der Truhe des Hauses. Und mindestens fünf gut ausgebildete Sklaven, von denen ich weiß. Und welche ich auch wiederhaben möchte.“ Axilla überlegte noch einmal kurz, ob sie etwas vergessen hatte, aber sie glaubte, das waren die wichtigsten Punkte. Der Rest waren Kleinigkeiten, die auch nicht weiter interessierten und angesichts der Menge an waren und Gold auch wirklich zu vernachlässigen waren. Salinator hatte nicht mal eben nur eine Beleidigung geahndet, für die man vielleicht 10 Aurei Strafe hätte zahlen müssen. Vielleicht auch 20. Nein, er hatte sich ganz außerordentlich bereichert, und das auf Axillas Kosten.
    “Das ist jetzt inklusive meiner Dos“, ergänzte Axilla kurz noch erklärend, als ob das einen großen Unterschied machen würde.

  • Was die junge Dame da aufzählte, war tatsächlich eine ganze Menge. Der Tiberier versuchte währenddessen kurz zu addieren, welcher Gesamtwert hier wohl vorlag. In jedem Fall war es viel mehr, als das Gesetz vorsah. Genaugenommen sogar viel mehr, als überhaupt irgendeine Geldstrafe betragen durfte (zumindest in den üblichen Fällen).


    "Diese Einziehung ist in jedem Fall rechtswidrig. Natürlich ist es trotzdem fraglich, ob der Stellvertreter des Kaisers nicht eine Verurteilung verhindern kann."


    Wie er ja inzwischen wusste, hatte er auch bei Decimus Livianus seine Finger im Spiel gehabt.


    "Wir können also durchaus versuchen, es vorerst noch einmal im Guten zu versuchen. Wenn er darauf nicht reagiert, bleibt uns aber auch nur eine Klage."

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