Atrium | Aquilius et L. Decimus Subrius

  • Ein schlanker, junger Sklave mit sanften Gesichtszügen und wachen, blaufarbenen Augen führte den miles in das stilvolle Atrium der Villa Flavia - vorbei an den wächsernen Ahnenmasken, hinter welchen auch am Tag die Flammen kleiner Öllampen flackerten, vorbei an wohlproportionieren, milchig weißen Statuen, vorbei an bronzenen, mythischen Gestalten, welche als Halter für Lampen und Schalen dienten, bis hin zu einer kleinen Sitzgruppe, so dass er dort auf Aquilius konnte warten.

  • Subrius folgte dem Sklaven und schaute sich dabei um. Er war beeindruckt, versuchte aber, sich dies nicht anmerken zu lassen. Das Landgut, auf dem er aufgewachsen war, hatte diesen Luxus nicht gehabt. An der Sitzgruppe angekommen blieb er stehen und wartete geduldig auf Flavius Aquilius - und warten konnte er gut, denn Geduld ist so ziemlich das erste, was ein junger Miles lernt.

  • Es war kein guter Tag bis heute gewesen, und meine Laune war dementsprechend nicht die allerbeste - im Tempel war mir ein Kollege wieder einmal stundenlang in den Ohren gelegen, wie und ob er seinen Sohn endlich dazu bringen konnte, irgendeine reiche Plebejerin zu heiraten, obwohl er doch seine Lieblingssklavin liebte - mein Vater wäre bei so etwas sehr entschieden zu Werke gegangen, aber im Gegensatz zu meinem Vater war mein Priesterkollege weder durchsetzungsfähig noch entschlussfreudig, und so war ich in allen unerquicklichen Einzelheiten über seine familiären Probleme informiert. So war die Nachricht, als ich endlich glaubte, den unangenehmen Tag in meinem Arbeitszimmer hinter mir lassen zu können, nicht gerade erfreulich - was wollte die CU von mir?


    Ich konnte mich keines Gesetzverstoßes erinnern, und hätte irgendein wütender Ehemann Grund gehabt, mir auf den Leib zu rücken, wäre das sicherlich anders erfolgt. Seufzend - noch immer in der toga und mit der blütenweißen Tunika angetan, die ich zu meiner Arbeit im Marstempel trug - fügte ich mich in mein Schicksal und ging ins Atrium, um den Besucher in meinen Blick zu nehmen.
    "Salve, miles ..." Warum hatte man mir einen miles geschickt? Oder wollte er einen meiner Betriebe kaufen? Die Sache wurde immer verwirrender und so beließ ich es bei einem höflichen, aber distanzierten Lächeln. "Was kann ich für Dich tun?" Dem Sklaven bedeutete ich, noch stehen zu bleiben, immerhin galt es, auch beim einfachsten Besucher noch Stil zu bewahren, würde er länger bleiben, müsste ich ihm etwas anbieten lassen.

  • Subrius schaute sich den Flavier an. Anscheinend war dieser Priester und am heutigen Tag schlecht gelaunt - oder war er es gar dauernd, wie der Princeps Prior Bibulus? Deshalb versuchte er, Flavius Aquilius nicht zusätzlich zu reizen:


    "Es geht um das Edicti Praefectus Urbi vom ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLVII A.U.C. (17.8.2007/104 n.Chr.), in dem du aufgefordert wurdest, zwei Betriebe unverzüglich abzugeben, zu veräußern oder aufzulösen. Ist dies bis jetzt geschehen, und wenn nicht, warum nicht?"


    Die Frage war nur, um noch einmal sicherzugehen. Der Centurio hätte ihn wohl kaum hierhin geschickt, wenn sich die Betriebe nicht mehr in seinem Besitz befinden würden.

  • Edikt? Was für ein verdammtes Edikt? Ich blinzelte mehrfach und versuchte mich daran zu erinnern, ob mir ein solches in den letzten Wochen irgendwie untergekommen war - und ich konnte mich keines Momentes entsinnen, in dem ich über dergleichen nachgedacht hätte, geschweige denn davon erfahren. Dass dieser Mann sicher nicht zum Privatvergnügen hergekommen war, verriet der amtliche Ton samt Uniform. Innerlich seufzte ich. Ich hätte der Tagspolitik hier wirklich mehr Beachtung schenken müssen - und würde dies zweifelsohne auch in Zukunft tun müssen, um solche Sachen zu vermeiden.
    "Nun, Du kennst sicherlich die geschäftlichen Gegebenheiten in Roma - und auch, dass es bisweilen etwas länger dauert, einen Betrieb angemessen an den Mann zu bringen. Derzeit ist der Mark überschwemmt von ehemals patrizischen Betrieben, und obwohl ich sowohl zuerst versucht habe, im Bekanntenkreis und dann öffentlich meine Betriebe zu veräußern, geht dies doch leider nicht von heute auf nachher, wenn man nicht gerade mit großem Verlust an einen Preisdrücker verkaufen will. Ich achte das ausgegebene Edikt in jedem Fall, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der praefectus urbi dabei im Sinn hatte, die Patrizier per se zu enteignen. Wer mit zuviel Hast an ein Geschäft geht, verdirbt es meist. Kann ich Dir etwas zu trinken anbieten?" Mit einem leisen Zorn dachte ich an den unverschämten Caecilier, der, einer Schmeißfliege gleich, die Situation wohl auszunutzen gedachte, um meinen Betrieb unter Wert zu erwerben.

  • Subrius hörte dem Flavier zu, und er konnte auch seine Gründe verstehen. Nachdem er ihm angeboten hatte, etwas zu trinken, antwortete Subrius ihm auf seine Frage:


    "Wenn es keine Umstände macht, hatte ich gerne etwas Wein."


    Sicherlich würde es keine Umstände machen, immerhin war dies hier eine Patriziervilla mit Heerscharen von Sklaven. Doch dann sprach er weiter über das Edikt:


    "Ich kann deine Gründe gut nachvollziehen, und der Praefectus Urbi hatte sicher nicht vor, die Patrizier zu enteignen. Jedoch hatte mein Centurio die Befürchtung, einige Leute würden den Verkauf ihrer Betriebe so lange es geht herauszögern, um damit noch soviel Gewinn wie möglich zu machen. Deshalb muss ich dich bitten, die Betriebe

    Sim-Off:

    Sim-On

    solange zu schließen, bis sie verkauft sind."


    Er war gespannt, ob der Flavier damit einverstanden war oder nicht.

  • Ich nickte dem Sklaven zu, er möge meinem Gast seinen Wunsch erfüllen, und schon erhielt dieser einen Kelch Falerner eingeschenkt, dessen vollmundiges Aroma allein schon durch seinen Duft offenkundig war. Mir selbst ließ ich eine schwache Mischung bereiten, denn mein Tag würde noch lange nicht mit diesem Gespräch enden, und für die meisten ausstehenden Tätigkeiten brauchte ich einen klaren Kopf.
    "Das sollte kein Problem darstellen." Welche Betriebe auch immer geschlossen werden mussten, es würde mir nicht allzu sehr wehtun, auf die Einnahmen zu verzichten - allerdings musste ich bald herausfinden, worum es in diesem verdammten Edikt eigentlich ging. Manius würde sich totlachen, dachte ich, wüsste er, was mich gerade hier so kalt erwischt hatte - zweifelsohne wäre mein Vetter besser informiert gewesen.

  • Da Subrius bald wieder zurück zur Castra musste, trank er den Wein schneller, als er es eigentlich verdiente - immerhin ist der Falerner der beste Wein der Welt. Und da der Flavier versprach, die Betriebe zu schließen, sah er keinen Grund mehr, noch länger die Gastfreundschaft von Flavius Aquilius in Anspruch zu nehmen und hier zu bleiben. Deshalb und er auf und sagte:


    "Das war auch schon alles, weswegen ich hergekommen bin. Ich danke für den Wein und wünsche dir noch einen schönen Tag. Vale!"


    Er wartete einen Moment, ob ihn ein Sklave herausführt, sonst würde er auch alleine den Weg nach draußen finden.

  • "Dann danke ich für Deinen Besuch - möge Dein Tag ruhig vonstatten gehen, Decimus Subrius. Vale!"
    Ich nickte dem miles freundlich zu und erhob mich, als er aufbrach - ein weiterer Wink folgte, und der Sklave, der uns eben bedient hatte, führte meinen Besucher in Richtung der porta, auf dass er sein Tagewerk fortsetzen konnte. Und während der Decimer zweifelsohne wieder auf den Pfaden der Tugend weiterwandelte, trank ich in aller Ruhe meinen Wein aus und nahm mir vor, herauszufinden, was es mit diesem Edikt auf sich hatte, das mir einen Besuch der CU ins Haus gebracht hatte.

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