Ein Bad für Callista

  • Die Ankunft der Claudia Callista verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Sklaven.
    Fiona erfuhr davon, als ein von Minna geschickter Sklave sie davon unterrichtete, sie möge ein Bad für die Herrin vorbereiten.
    Sie ließ mehr oder weniger alles stehen und liegen und begab sich ins Bad um alle Vorbereitungen zu treffen.
    Dort wartete sie auf die Neuangekommene.

  • [Blockierte Grafik: http://www.imgnow.de/uploads/benohfertig66fgif.gif]


    Ein melismisches Klimpern erfüllt den Gang. Durch die Tür zu dem Balneum tritt Benohé. Die Leibsklavin der Callista. Auf ihren samtig dunklen Händen trägt sie eine Kiste aus Elfenbein und Silberbeschlägen. Schwerelos sind ihre Schritte. Vor Fiona bleibt Benohé stehen und betrachtet sie eingehend. Doch das Gesehene scheint Benohé zufrieden zu machen. Ihr durchscheinendes Gewand raschelt leise. Benohé kniet sich neben das Becken und taucht ihre Hand in das warme Bad hinein. Stumm nimmt Benohé den Geruch in sich auf.
    Schlank und lang sind ihre Finger. Dabei gazellenhaft. Sie legen sich um eine violette Fiola aus der Kiste und öffnen den Glasdeckel. Weich fließt das Duftöl in das Wasser. Vermengt sich mit ihm, trennt sich und bildet kleine Seen aus feinem Wohlgeruch. Auch ein anderes Parfüm aus den Blüten Ägyptens findet seinen Weg in das Becken.
    Benohé erhebt sich und stellt die Kiste auf einen Tisch. Sie legt ihre Hände aneinander und neigt sanftmütig den Kopf.
    "Den Segen Brahmas wünsche ich Dir."
    Anmutig senken sich die Hände von Benohé. Die Armreifen aus feinem Gold gleiten an ihren schlanken Armen herunter.
    "Mein Name ist Benohé. Meine Herrin heißt Claudia Callista. Doch Du sprichst sie allzeit mit Herrin an."
    Sonor ist der Klang ihres Akzentes, jedennoch sehr fremdartig.
    "Sage ihr niemals die unverhohlene Wahrheit über ihre Person. Nicht wenn diese sie brüskieren könnte. Egal, was Du denkst. Gleichgültig, ob es ehrlich ist. Hofiere sie, lüge sie schamlos an und ohne es zu offenbaren. Bekomplementiere sie. Dann wird Callista Dich wohlmeinend behandeln. Kränkst Du ihre Eitelkeit, wird sie Dich grausam bestrafen."
    Nicht eine Gemütsregung zeigt sich bei Benohé.
    "Jedoch über die anderen Claudier offerierst Du die Antworten mit Wahrhaftigkeit und verheimlichst meiner Herrin nichts. Respondiere ihre Fragen mit reinem Gewissen, Lauterkeit und ohne Zögern."
    Gutmütig ist das Spiel von Benohés zart gefärbten Lippen.
    "Beachte meine Worte und Du musst keine Angst verspüren."



    "Es kam, es kam die Schwalbe,
    Sie bringt die schönen Tage,
    Sie bringt auch schöne Jahre,
    Am Bauche weiß,
    Am Rücken schwarz."

    Singend betritt Callista das Bad. Sie schließt die Augen und erschnuppert den Duft, der im Raum schwebt.
    "Sehr schön, meine Benohé. Die andere Sklavin soll vortreten."
    Deutlich mehr als in ihrer eigenen Villa trägt Callista hier in Rom an ihrem Leibe. Aber es ist dennoch nur eine dünnes Gewand aus roter Seide.
    Benohé deutet Fiona sich Callista zu nähern. Callista eignet ihr einen Deut Geistesgegenwart zu.
    "Wie ist Dein Name, Serva? Und wie lange dienst Du schon hierselbst?"

  • Sim-Off:

    Ich darf doch auch mitmachen? =)


    Kaum wahrnehmbar - nur eine leichte Silhouette war auf den ersten Blick zu erkennen - hielt sich Leah stets im Hintergrund. Sie war Fiona beim Herrichten des Bades für die neueingetroffene domina zur Hand gegangen. Allerdings war sie es gewohnt nach erledigten Aufgaben sich sofort in den Hintergrund zu schieben - auch bei der Ausführung der Aufgaben fiel sie nie ins Rampenlicht - und nicht weiter aufzufallen. Erst wenn man wieder ihre Dien-ste benötigte, würde Leah sich regen. Solange war ihr Körper und ihr Gesichtsausdruck erstarrt wie zu einer Maske. Sie verbarg ihre wahren Ansichten, die sie keinem verriet.


    Den langen Reden der Benohé folgte sie aufmerksam, trotz der Tatsache das dies all die Verhaltensregeln waren, die man als gehorsamer Sklave zu befolgen hatte. Zwar war Leah nicht immer gehorsam, doch diese wichtigen Grundregeln, die man ihr wie jedem anderen servus, den sie kannte, eingeprügelt hatte, beherrschte sie. Im Schlaf konnte sie diese aufsagen. Doch ihre Meinung, die sich hinter der starren Maske aus Stein verbarg, kollidierte oft mit dem Grundcodex für Sklaven.


    Die Ankunft der Claudia Callista verfolgte sie stumm. Sie verbeugte sich kurz, als diese eintrat, wie sie es gewohnt war. Trotz der demütigen Haltung mit gesenktem Haupt beobachtete und musterte Leah die neue domina genau. Man würde auf der Straße sofort erkennen, dass diese eine Patrizierin war. Sie strahlte eine unglaubliche Anmut und Eleganz aus, und ihre Kleidung war gut gewählt. Ob wohl Benohé, die Leibsklavin der Claudia Callista, dafür verantwortlich war, oder ob die domina selber auch ein ausgeprägtes Modebewusstsein besaß?

  • Fiona, die sich gerade noch mit Leah über die neue Claudierin unterhielt, fuhr erschrocken um, als sich pötzlich die Tür öffnete.
    Eine dunkelhäutige feengleiche Gestalt betrat den Raum. In den Händen ein Kistchen haltend, schritt sie auf Fiona zu und bertachtete sie eindringlich. Fionas Blicke folgten ihr dann verwundert, als sie dann das Badewasser überprüfte und eine wohlriechende Essenz hinzu schüttete.
    Erst dann wandte sie sich an Keltin und erläuterte ihr, wie sie sich Callista gegenüber zu verhalten hatte.


    Schließlich betrat die Claudierin selbst das Balneum und sprach sie an.
    Fiona trat vor und ergriff das Wort.
    "Mein Name ist Fiona, Herrin. Ich bin seit etwa einem halben Jahr in diesem Haus."
    Ihre Ton wirkte werde stolz, noch untertänig, sondern eher gleichgültig.
    Warum sollte es mit dieser Claudia anders sein, als mit den anderen Mitgliedern der Familie. Sie hatte sich anfangs aufgelehnt, doch sie mußte erfahren, daß sie immer den Kürzeren ziehen würde.
    Sie wirkte fast geistesabwesend.

  • Sim-Off:

    Leah: Zweifelsohne und mit Freude. :)



    Federnd und lautlos tritt die dunkelhäutige und feingliedrige Sklavin an die Seite ihrer Herrin. Callista hebt ihre Arme. Einem Vogel gleichend breitet sich ihr Gewand wie Flügel aus. Das Licht hinter ihr schimmert durch die rote Seide hindurch. Callista fühlt sich schmutzig und unreinlich durch die lange Reise von Ostia nach Rom. Das Salz des Meeres scheint noch an ihrem Körper zu haften.
    "Fiona? Das ist kein römischer Name."
    Sanft und lautlos öffnet Benohé ein rotes Seidenband. Der Stoff gleitet von Callistas Körper. Die sorgsamen Hände von Benohé fangen diesen auf.
    "Hast Du womöglich Deinen alten Namen behalten dürfen?"
    Callista missbilligt diese Sitte. Sie gibt ihren Sklaven stets neue Namen. Namen voller Schönheit und reinem Klang. Selbst wenn ihr Fiona gefällt. Die Sklavin hätte ihn nicht behalten dürfen. Zu viel erinnert ein Name an die Vergangenheit. Und als Sklave ist diese bedeutungslos. Das alte Leben eines Sklaven muss ausgelöscht werden. An dem Tag ihres Verkaufs. Nur so kann man aus Sklaven wahrhaftige Diener machen.
    "Oder liebt Dein Herr solche Namen? Wem gehörst Du?"
    Benohé tunkt einen weichen Schwamm in das warme Wasser. Wasser perlt von der goldsamtigen Haut der Patrizierin. Der Schwamm gleitet über ihren ranken, geradezu knabenhaften Leib. Callista seufzt leise.


    "Trete Du auch näher."
    Benohé sieht bei den Worten von Callista erstaunt auf. Sie hat Leah vordem nicht konstatiert. Callista hingegen sehr wohl. Schönheit sticht Callista allzeit ins Auge.
    "Wie nennt man Dich in dieser Villa?"
    Geschmack haben die Bewohner allermindesten. Bis anhin sind Callista nur schöne Sklavinnen begegnet. Ohne Hast schreitet Callista auf das Becken zu. Stufe für Stufe tritt sie in das Wasser hinein. Die Wärme umspielt ihre Knöchel. Dann ihre Waden und zuletzt taucht sie tief in das duftende Nass.
    Sie fühlt die schlechten Gerüche von sich abfallen. Leise plätschernd fließt das Wasser um ihre schmächtigen Schultern.
    "Benohé. Heute den Gesang."
    Callista hebt die Hand aus dem Wasser. Sie deutet auf Leah und Fiona.
    "Und ihr kommt in das Wasser."


    Blitzt in Benohés Augen Eifersucht auf? Doch sie schlägt die Augen nieder. Sie verbirgt es geschickt. Ohneweiters reicht sie den Schwamm an Fiona. Voller Anmut kniet die dunkelhäutige Sklavin neben das Becken auf den harten Steinboden. Sie legt ihre Hände aneinander. Ein sonorer Klang entweicht ihrer Kehle. Ein fremdartiger Gesang schallt im Bad wieder. Er erzählt von fremden Ländern. Vermag die Sonne des fernen Ostens zu beschwören. Callista lächelt. Ihre Hände schöpfen Wasser. Genüsslich lässt sie dieses über ihr Gesicht gleiten.
    "Wer lebt in dieser Villa?"
    Callista richtet die Frage nicht an eine bestimmte Sklavin.

  • Nach den Vorkommnissen in Ostia, bei denen sie sich nicht nur ihren rechten Arm gebrochen hatte, sondern auch zeitweise ihr Gedächtnis verloren hatte, schien Fiona völlig verändert. Ihr Arm war wieder veheilt, er schmerzte zwar ab und zu noch. Auch ihre verloren gegangenen Erinnerungen kamen stückweise zurück. Doch genau darin bestand Fionas Tortur. Stückweise die Gewissheit zu bekommen, daß alles verloren war, die Familie ausgelöscht und sie selbst versklavt war, nahm sie sehr mit und verursachte bei ihr gelegentlich depressive Zustände.
    Seit dem Tag, an dem sie wieder in die Villa zurückgekehrt war, schien sie ein anderer Mensch zu sein.
    In ihr brannte nicht mehr das Feuer von einst. Sie lehnte sich nicht mehr auf. Ihr war alles gleichgültig geworden. Sie verrichtete ihre Arbeit und versuchte, jedem Ärger aus dem Weg zu gehen.


    "Nein, Herrin, Fiona ist kein römischer Name. Er ist keltischen Ursprungs und bedeutet hell oder klar. Meine Eltern haben ihn mir gegeben."
    Kurz schien ein Glänzen in ihren Augen aufzukeimen, doch dies, sofern es überhaupt da war, ging gleich wieder verloren.
    "Ich gehöre Herius Claudius Menecrates, dem Neffen deines Vaters, Herrin. Er hat bislang nicht darüber entschieden, mir einen anderen Namen zu geben."


    Regungslos beobachtete sie, wie die Römerin von ihrer Leibsklavin entkleidet wurde und in das Becken stieg.
    Erst als deren Aufforderung kam, Leah und sie, sollten zu ihr ins Becken steigen, setzte sie sich in Bewegung, entkleidete sich selbst und stieg in das warme Wasser. Die Lebsklavin reichte ihr einen Schwamm.
    Fiona kam es so vor, als hätte sie so etwas, wie Eifersucht in ihren Blicken gesehen. Doch worauf sollte sie eifersüchtig sein? Fiona senkte ihren Blick und verharrte still im Wasser.

  • Sie hatte gehofft, dass man sie nicht mehr brauchen würde. Sie bleibt allgemein lieber im Hintergrund und erfasste das Geschehen, ohne dass den anderen anwesenden bewusst war, dass sie auch noch da war. Als man Leah anspricht, regt sie sich nicht, sondern hält weiterhin das Haupt gesenkt. Sie hält es nicht für nötig sich in den Vordergrund zu schieben. Erfürchtig wagt sie es nicht einen weiteren Blick auf die elegante domina zu richten. » Leah, domina. « Sie achtet darauf keine unnötige Information preis zu geben, die nicht direkt verlangt ist.


    Die Geräusche des Wassers entspannen Leah. Sie fühlt sich ... freier. Das leise Plätschern erfüllt ihren Geist mit dem Gefühl der Natur. Es erinnert sie an einen kleinen Wasserfall. Es verändert sich etwas in ihrem Blick. Sie wirkt nach außen hin anders. Einfach nicht so angespannt sondern gelassen. Kaum nimmt sie die Hand der Herrin wahr, wie diese auf sie und Fiona zeigt. Erst als dazu die Aufforderung folgt, reagiert sie und schreitet langsam und bedächtig, mit ihrem eleganten Gang in das Wasser.


    Den Gesang nimmt sie deutlich wahr. Er stimmt sie eher traurig. Sie entstammt dem Osten, und der Gesang erinnert sie zu sehr an ihre Heimat. Etwas verloren steht Leah, ohne ihre Kleidung, bis zur Hüfte im Wasser. Würde sie nun einen Mann dienen, würde sie versuchen diesen zu bezirzen. Ihre ausgeprägte Weiblichkeit übersieht normalerweise kein Mann. Ob ihre Herrin daran intressiert ist, kann sie überhaupt nicht einschätzen. Gedankenversunken blickt sie das Wasser an, dessen Ruhe durch die Anwesenheit mehrer Personen in ihm gestört wird. Deutlich sichtbare Wellen hatten sich gebildet. Diese Wellen spiegeln sich leicht in den in Gedanken versunkenen Augen wieder.

  • Sim-Off:

    Ähem, ich lad mich einfach mal selbst ein! Ich hoffe, das ist ok =)


    In der Zwischenzeit hatte Minna zusammen mit einigen anderen Sklaven in Windeseile ein Zimmer für die neue Patrizierin eingerichtet. Nachdem sie damit fertig waren, machte sie sich auf den Weg ins Balneum. Sie wollte nachsehen, ob im Bad alles in Ordnung ist und Callista zufrieden ist. Beinahe geräuschlos schritt sie die Gänge entlang bis sie vor der Tür des Balneums angekommen war. Sie überlegte, ob sie anklopfen sollte, aber dann entschied sie sich dafür, dass sie nur mal kurz reinschauen wollte ohne die Herrin bei ihrem Bad zu stören. Sicherlich wollte diese jetzt einfach nur ihre Ruhe nach der anstrengen Reise haben. Zudem war sie bestimmt rundum versorgt, da sie wusste das Leah und Fiona sich um sie kümmern würden und auf die beiden war Verlass. Dennoch wollte sie sich vergewissern, dass auch wirklich alles nach dem Rechten zuging und so beschloss sie nachzusehen ohne dabei von jemanden bemerkt zu werden.


    Sie umfasste den Türknauf und so leise es ging öffnete sie die Tür ein kleinen Spalt. Ganz vorsichtig linste sie durch die Öffnung und ließ ihren Blick durch das prunkvolle Bad wandern. Doch was sie dort zu sehen bekam, konnte sie kaum glauben. Sie musste zweimal hinschauen bis ihr klar wurde, dass dort tatsächlich Fiona und Leah zusammen mit der Patrizierin im Wasser saßen! Die dunkelhäutige Leibsklavin saß am Beckenrand und sang etwas in einer fremden Sprache. Was wurde denn hier bitte gespielt? Verwundert zog sie eine Braue hoch und betrachtete neugierig die Szenerie. Das war ja höchst interessant!

  • Sim-Off:

    Ebenso gerne und natürlich :)




    Die Marter der Reise scheint vorbei zu sein. Warm und wohltuend umschmiegt das Wasser des Bades die junge Patrizierin. Nicht die Schiffsreise ist ihr unangenehm gewesen. Callista hat die Schiffsreise mitunter am Angenehmsten empfunden. Ihr Leiden hat einen anderen Ursprung. Es ist die Einsamkeit. Callista braucht Menschen um sich herum. So sehr wie das Atmen selber. Ohne die Aufmerksamkeit vergeht Callista. Eine vertrocknende Blume wäre sie. Ihre Finger spielen mit dem warmen Nass. Ohne jedoch die Sklavinnen aus den Augen zu lassen. Schön. Ihre Ästhetik hat eine angenehme Wirkung auf Callistas Sinne.
    "Herius Claudius Menecrates. Mein Vetter?"
    Callista denkt nach. Der Name klingt vertraut. Und doch ist kein Gesicht vor ihren Augen. Das konfundiert sie. Aber eines weiß Callista bereits. Menecrates bevorzugt schöne und sinnliche Frauen. Ein Wesenszug, der ihr gelegen kommt. Einen solchen Mann kann Callista einschätzen. Glaubt sie. Zudem scheint Menecrates weichherzig zu sein. Warum sonst dürfen seine Sklaven ihre Namen behalten?
    "Ist Claudius Menecrates der Herr dieses Hauses? Oder ist das mein Vater?"
    Vor jeder Antwort taucht Callista in das Wasser hinein. Dunkel zeichnet sich ihr Schattenriss unter der bewegten Oberfläche ab. Das Wasser wölbt sich nach oben. Callistas dunkles Haupt durchbricht das Wasser. Tropfen spritzen in alle Richtungen. Mit beiden Händen streicht sich Callista ihre dunklen Haare zurück.
    In ihrer Villa hätte sie das nicht ohne weiteres in Gesellschaft getan. Auch in der von fremden Sklavinnen nicht. In den heimatlichen Gefilden trägt sie oft die Schönheitszeichen einer ägyptischen Frau. Die betörend undezente Schminke des Orients. Verlaufene Schminke sieht hässlich aus.


    Der Name der anderen Sklavin erweckt in Callista eine Erinnerung. Argwohn und der Hauch von Indignation keimt in Callista.
    "Leah? Ist das auch Dein ursprünglicher Name? Bist Du womöglich eine Christin?"
    Christen, Juden und alle ähnlichen Sekten wirft Callista gerne zusammen. Sie mag sie alle nicht. Aber insbesondere die Christen.
    Widerliche kleine Insekten sind sie.
    Zertreten muss man sie.
    Ausnahmsweise scheinen sich ihre inneren Stimmen in der Angelegenheit einig zu sein. Trüge Callista die Zeichen der Macht in ihren Händen. Kein Christ wäre mehr im Imperium sicher. Ohne Gnade würde sie alle jagen lassen. Sodann würden sie im Circus zur Freude der Römer nieder gemetzelt werden. Callista wäre sich sicher. Ihr geliebter Nero wäre hell auf begeistert.
    Zudem würde Callista niemals das Bad mit einer Christin teilen. Callista würde sich beschmutzt fühlen. Ohne zu zögern würde sie die Sklavin töten lassen. Und danach Menecrates entschädigen. Aber womöglich ist der Name der Sklavin auch gegeben worden. Allfällig von Menecrates selber? Ein Claudier und ein Christ? Undenkbar.
    Aber doch möglich.
    Callista erschaudert. Nicht wohlgefällig. Sondern mit echtem Schrecken. Ihre Haut offenbart dies. Nur kein Haar stellt sich auf. Denn Callistas Körper ist vollends glatt.


    Eine Bewegung an der Tür weckt Callistas Aufmerksamkeit. Ob es ihr kleiner Nero ist? Bestimmt fühlt er sich schrecklich einsam in der Villa.
    "Komme herein. Und schließe die Tür hinter Dir."
    Fröhlichkeit schwingt in Callistas Stimme mit. Die Frage um die Christenheit scheint ein Moment vergessen zu sein. Und die Sprunghaftigkeit von Callista offenbart sich erneut. Sie klatscht ihre Hände gegeneinander. Dabei verspritzt sie etwas Wasser.
    "Lasst uns ein Spiel spielen."
    Callista liebt Spiele. Jeglicher Coleur. Wobei sie die Grausamen bevorzugt.
    "Doch was?"
    Das Frage und Antwort Spiel ist langweilig. Sklaven müssen ihr ohnehin alles sagen. Callista hebt ihre Arme. Scheinbar erwartet sie etwas von den Sklavinnen. Nur flüchtig sieht sie zu dem Schwamm.
    "Womöglich habt ihr einen Einfall, Nymphen des Menecrates?"

  • Sie schien völlig in sich versunken zu sein, doch tatsächlich verfolgte sie alles Gesprochene. So antwortete sie auch ohne zu zögern auf Callistas Frage.
    "Ja, er ist der Herr dieses Hauses, Herrin!"
    Sofort verfiel sie wieder in Schweigen und versuchte, so wenig wie möglich aufzufallen. Die Tatsache, daß sie hier mit der Patrizierin im Wasser saß, ließ sie nicht wirklich entspannen. Die Römerin machte auf sie einen unberechenbaren Eindruck. Vielleicht war sie noch gefährlicher als Offella es war.
    Als sich plötzlich die Tür öffnete, blickte sie kurz auf und erkannte Minna. Doch sogleich senkte sie wieder ihren Blick.
    Überrascht ja fast erschrocken zuckte Fiona zusammen, als die Römerrin plötzlich in die Hände klatschte und sie zum Spielen aufforderte.
    Doch Fiona rührte sich nicht von der Stelle. Sie machte auch keine Anstalten, aktiv zu werden. Sie kannte keine Spiele. Die Zeit der Spiele endete an jenem Tag, an dem ihre Familie starb.
    Sie wollte auch nicht spielen!
    Apatisch beobachtete sie die Wellen des Wassers. Unvermittelt mußte sie an die Wellen des Meeres denken. Die Wellen, die gegen die Felsen an die Küste ihrer Heimat brachen. Diesem Schauspiel konnte sie stundenlang beiwohnen. Es war so beruhigend.
    Würde sie jemals wieder eine Welle zur heimatlichen Küste tragen? Mittlerweile hatte sie jegliche Hoffnung aufgegeben. Es würde nur noch eine Welle geben, die sie eines Tages nach Inys Affalach- die Insel der Unsterblichen, bringen würde. Dort würde sie auch wieder mit ihren Lieben zusammen sein.

  • Sim-Off:

    Vorweg mal eine Frage, reden wir hier von einem richtigen Becken (Swimming-Pool), oder nur von einer überdemensionalen Badewanne?


    Leah kann ihr Erstaunen nicht verbergen. Ofella hat nie Anstalten gemacht ihr einen neuen Namen zu geben. Vielleicht hat diese einfach eine Schwäche für exotische Namen? Sie wusste es nicht.
    Weiterhin beobachtete sie das unruhige Wasser. Es entspannt Leah sich in dem warmen Wasser aufzuhalten. Nicht oft hilft sie ihrer Herrin beim Baden. Eigentlich wollte sie das Sprechen lieber ihrer Mitsklavin, Fiona, überlassen. Doch leider lässt es sich jetzt nicht mehr vermeiden, dass sie ebenfalls das Wort ergreift. » Es ist mein Geburtsname, Herrin. « Dass ihre Mutter ebenfalls claudische Sklavin im Besitz von Ofella gewesen war, hält sie nicht für nötig zu erwähnen. Statt ihrer Mutter hat Ofella sie auch so genannt.


    Die zweite Frage überrascht Leah. Christin. Was ist eine Christin? Verzweifelt sucht sie in ihrem Gedächtnis nach diesem Begriff. Er ist ihr schon zu Ohren gekommen, aber sie verbindet nichts damit. Was soll sie jetzt antworten? Dem Ton der Herrin entnimmt sie, dass sie eher gegen Christen ist. Wahrscheinlich ist eine Verneinung der Frage erstmal besser. Später kann sie immer noch eine andere Sklavin fragen, was denn eine Christin ist. Hastig schüttelt Leah den Kopf. Sie macht einen etwas hilflosen Eindruck. Verspätet erfolgt dann die Antwort. » Nein, Herrin. «


    Leah bemerkt nicht, wie Minna durch die Tür, die diese anscheinend einen Spalt geöffnet hat. Dementsprechend überrascht ist sie auch, als Callista zum Eintreten bittet. Wer möchte das wohl sein? Fragend wirft sie einige Blicke zur Tür, gespannt darauf, wer nun eintritt.


    Spielen. Wieso will Callista jetzt auf einmal spielen? Sie hat anscheinend eine blühende Phantasie. Wenn sie spielen will, kann sie das schließlich mit ihrem Sohn machen. Außerdem kennt Leah ebenfalls keine Spiele. Zumindest keine, die sie jetzt nennen würde. Es klafft schließlich immer noch eine riesige Lücke zwischen den Ständen der Anwesenden Sklaven und Callista.

  • Ein Quell ergötzender Leutseligkeit und sprudelnder Fröhlichkeit sind die Sklavinnen nicht für Callista. Eingedenk unterzieht sie der Gestalt einer jeden Sklavin einer genauen Begutachtung. Doch sie sieht keine Peitschenspuren. Auch sonst keine Zeichen von körperlicher Strafe. Doch womöglich verbirgt das schummrige Licht die unschönen Male. Jene wären auch keine Entschuldigung gewesen. Eine Erklärung womöglich.
    Callista möchte jedoch unterhalten werden. Fröhliche Gesichter sollen sie umgeben. Insbesondere wenn sie diesen Frohsinn bedarf. Callistas schwarze Augen glühen gefährlich.
    Aber beschwichtigt ist Callista dennoch. Denn Leah hat sie beruhigt. Die Oberfläche ihres innere Vulkans glättet sich. Nur ist sie des Gesangs überdrüssig.
    "Meine Benohé, höre auf."
    Alsbald verstummen die Oden an die Heimat der Sklavin.
    "Schließe Dich uns an, meine Benohé."
    Ergeben erhebt sich Benohé. Sie streift sich den Hauch von einem Gewand vom Körper. Ihre nussbraunen Füße gleiten in das warme Wasser hinein. Ihr schlanker, athletischer Körper wird von dem Nass umspielt. Ohne Zaudern nimmt sie Fiona den Schwamm ab und tritt hinter ihre Herrin.
    Callista will einen Tadel über die Sprachlosigkeit der claudischen Sklavinnen aussprechen. Aber als der Schwamm über ihren Rücken gleitet vergisst sie diesen. Sie lächelt und legt den Kopf in den Nacken.
    "In Sicherheit."
    Das Flüstern wird durch den Raum getragen. Die Nebelschwaden verschlucken die Worte.


    "Ich weiß."
    Callista lacht heiter auf und sieht zu den drei Sklavinnen.
    "Ein musengleicher Funke erhellt meine Gedanken, meine Schönen."
    Originär ist das kein neuer Einfall. Demungeachtet glaubt Callista dies stets aufs Neue.
    "List und Lüge."
    Erwartungsvoll sieht Callista in die Gesichter der Frauen. Benohé kennt das Spiel bereits. So wirkt die Sklavin nicht überrascht.
    "Den Geschichten soll die Freiheit geschenkt werden. Jeder von uns darf frei sprechen. Und sorgt euch nicht. Hütet nicht eure Zungen. So die Seele und die Musen uns leiten. Eine Regel indes gibt es. Kein Wort darf der Wahrheit entsprechen. Nur die bunte und farbenprächtige Lüge soll die Fabel schmücken. Offeriert den boshaftesten Spott und die unverschämtesten Lügen. Ungeheuer, Kastelle in den Wolken, Götter in Menschengestalt, es ist alles erlaubt."
    Selbstredend erwartet Callista kein Einverständnis. Wohlig gurrt sie. Denn der Schwamm hüllt sie in Behagen. Lullte sie ein.
    "Meine Benohé. Du beginnst. Womöglich sind meine Worte für unsere schönen Nymphen sonst unverständlich."


    Zart lässt Benohé den Schwamm über den claudischen Rücken gleiten. Unzählige Male hat sie das Spiel bereits mitgestaltet. Sie schließt die Augen. Nachdenklich verharrt sie.
    "Mein Name ist Prinzessin Diamantenstaub. Bewandert in den vierundsechzig gesellschaftlichen Künsten bin ich. Doch boshaft ist meine Natur und mein Gemüt düstergrau.
    Einst herrschte ich auf der Insel Serendip. Tausend Stufen reichten bis zu dem Thron auf der Zinne meiner Himmelsfestung. Hundert Apsarasen dienten mir als Ganikas. Und tausend Gandharwas als himmlische Liebhaber. Indra selber wurde jedoch neidisch als er von Amarawati, der Stadt der Unsterblichen, meine tausend Mal schöneren Haine und Gärten betrachtete.
    Nachdem ich hundert und zwei Jahre über mein Land herrschte wurde er meines Übermutes überdrüssig. Er sandte seine acht Welthüter, um mich heraus zu fordern. Acht große Prüfungen sollte ich bestehen. Würde meine Klugheit und meine List mich zum Erfolg führen, wollte mir Indra die Unsterblichkeit schenken und mich zu seiner göttlichen Gemahlin machen.
    Ich bezwang den Windgott Waju, fing den Menschen fressenden Rakschasa ein und webte aus Gold einen himmlischen Sari. Alle sieben Prüfungen überwand ich. Doch die Letzte sollte meine Schwierigste werden."

    Benohés Finger gleiten durch die schwarzen Haare von Callista. Sanft verteilt sie einen wohlriechenden Duft in der Haarpracht.
    "Der weiße Elefant Airawata trug mich in ein fernes Land. Jenseits der Sonne und voller bedrohlicher Wunder. Dort sollte ich die Demut lernen. Einer hässlichen und krummbeinigen Wesenheit von garstiger Seele wurde ich als Dienerin übereignet. Scheußlich war ihr geifernde Stimme und hasserfüllt ihr Wesen. Grausamkeit und Wahn zeichnet ihr Naturell. Und so lernte ich nie die Demut und die Unsterblichkeit bleibt mir verwehrt."


    Callistas Augen blitzen zornig auf. Selbst im Scherz möchte sie nicht als grässlich und greulich bezeichnet werden. Indes dreht sie in Gedanken die Worte herum. Schließlich sollte es alles ein Schwindel sein. Gleichwohl ist Callistas Stimme schneidend.
    "Meine Benohé. Du hast gegen die Regeln verstoßen. Eine Dienerin bist Du wahrhaftig. Wo ist darin die Erfindung?"
    Demütig senkt Benohé den Kopf. Nicht alles ist gelogen. Benohé schweigt natürlich darüber. Wie immer.
    Sicherlich wird Callista noch ihre Sklavin für die Dreistigkeit strafen. Doch nun will sie sich nicht damit belasten, sondern schönen Geschichten lauschen. Vergnügt spritzt Callista mit dem Wasser um sich. Infantil wirkt ihr Gehabe.
    "Und wer möchte es von euch wagen? Meine schönen Neráida, sprecht frei und fürchtet euch nicht."

  • Sim-Off:

    Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, wenn ich mich in den Raum hineinschmuggle. ;)


    Aintzane hatte eigentlich anderes vorgehabt. Irgendeine langweilige Aufgabe, die darin bestand, in der Küche zu helfen. Küche! Wenn sie das Wort schon vernahm! Arbeit in der Küche hatte sie schon immer als monoton und langweilig empfunden, und sie würde es auch immer tun.
    Doch etwas ließ sie in ihrer Arbeit innehalten, als sie mit zwei schweren, nutzlosen Pfannen an einer Tür vorbeiging.
    Sie hörte einen Gesang, einen fremden Gesang von einer Sprache, die sie noch nie gehört hatte.
    Im dunklen Gang sah sie plötzlich Minna, die, ohne sie zu sehen, die Türe einen Spalt öffnete. Der Gesang wurde lauter, da das Hindernis der Türe nicht mehr die Musik abdämpfte. Eigenartig.
    Aintzane ging langsam zu Minna hin, nickte ihr wortlos zu und lugte dann ebenfalls durch den Spalt. Sie sah mehrere Frauen. Eine davon, Fiona, kannte sie bereits. Doch wer waren die drei anderen? Eine davon war, der Kleidung und dem Gehabe nach zu schließen, eine Römerin. Eine andere war eine zierliche junge Frau, die irgendwie schüchtern aussah. Aber vielleicht war das nur die Abwesenheit von Licht, welches den Raum erhellen könnte.
    Die dritte Frau sang. Sie war die eigenartigste von allen. Doch noch bevor Aintzane konstatieren konnte, was sie so eigenartig an ihr fand, befahl ihr die Römerin abrupt, mit dem Singen aufzuhören. Die Sklavin gehorchte und erzählte. Sie erzählte eine Geschichte, die ein Land beschrieb, wie es eigenartiger und fremder nicht sein konnte. Doch die Geschichte hatte etwas an sich. Aintzane mochte sie. Und der letzte Satz veranlasste sie zu einem belustigten Lächeln. Sie traute sich was, die Frau. Der Akzent klang ebenfalls irgendwie witzig.
    Was die Römerin nun sagte, verstand Aintzane nicht - es war einfach zu leise - , aber es klang abgehoben, auf eine merkwürdige Weise beruhigend und nicht unfreundlich.
    Also überwand sie ihre Scheu und trat aus dem Türspalt hinaus. Alles war besser, als Küchenarbeit zu machen. "Salvete.", grüßte sie brav. "Darf ich mich dazusetzen?"

  • Sim-Off:

    Aintzane, klar kein Problem :)


    Von Neugier erfüllt lauschte sie dem Gespräch zwischen der Claudierin und den beiden Sklavinnen und dem fremdartigen Gesang dieser dunkelhäutigen Sklavin. Fiona war sehr still und wirkte völlig teilnahmslos. Schon seit sie aus Ostia zurückgekehrt sind, verhielt sie sich ganz anders. Sie war seitdem wie ausgewechselt. Währenddessen schien Leah das Bad zu genießen, obwohl sie ebenfalls sehr zurückhaltend war. Irgendwie beneidete Minna die beiden Sklavinnen ein wenig. Zu gerne würde sie selbst so ein herrliches Bad genießen. Auf der anderen Seite jedoch befand sie die ganze Situation ziemlich dubios. Diese Römerin, sie machte auf Minna einen seltsamen und unberechenbaren Eindruck, ebenso ihre dunkle Leibsklavin. Sie konnte sie einfach nicht einschätzen. Und jetzt wollte Callista auch noch etwas spielen!


    Wie gebannt starrte Minna weiter hin. Ohne das sie es bemerkt hatte, stand mit einem Mal jemand hinter ihrem Rücken. Sie fuhr erschrocken herum, doch zum Glück war es nur Aintzane. Sie legte schnell ihren Zeigenfinger auf den Mund um anzudeuten. "Pssst." Mit einer leichten Kopfbewegung Richtung Bad zeigte sie ihr anschließend, dass sie sich das anschauen sollte, was dort geschah. Sie machte ihrer Mitsklavin ein wenig Platz, damit diese besser durch den Türspalt das Geschehen beobachten konnte.


    Plötzlich rief die Herrin sie herein. Man hatte sie also doch bemerkt! Eigentlich hatte Minna ja vorgehabt gleich wieder zu verschwinden, aber nun war es zu spät. Glücklicherweise klang die Römerin nicht verärgert oder dergleichen. Stattdessen bat sie Minna und Aintzane mit einer ruhigen Stimme einzutreten. Sie zögerte einen Moment lang. Unsicher trat sie hervor und schloss die Tür, nachdem Aintzane ebenfalls das Bad betreten hatte, und stellte sich dicht neben ihr. "Salve Herrin, entschuldigt die Störung. Ich wollte mich vergewissern, ob alles zu deiner Zufriedenheit ist." Ihre Wangen erröteten sich leicht. Sie fühlte sich ein wenig ertappt.

  • Ungeachtet dessen, daß Minna und Aintzane soeben auch das Bad betraten, begann Fiona ihr Schweigen zu brechen. Wie in Trance begann sie, scheinbar völlig teilnahmslos, zu sprechen. Doch sie entschied für sich und ihre Geschichte, eigene Regeln aufzustellen.
    "Es war einmal vor langer Zeit ein Mädchen, das lebte am Rande eines Feenwaldes. Ein Flüßchen floß in der Nähe ihres Hauses. Das Mädchen hatte noch eine Schwester und drei Brüder. Sie lebte glücklich und zufrieden, bis eines Tages ein roter Drache aus dem Feenwald heranrückte und alles mit seinem Feueratem um sich herum zerstörte. Der Drache tötete auch ihre Brüder und ihre Schwester. Doch sie wurde verschont. Statt sie auch zu töten, nahm er sie mit, tief hinein in den Feenwald und hielt sie gefangen in seiner dunklen Drachenhöhle. Dort mußte das Mächen bleiben und für den Drachen verschiedene Dienste verrichten. Sie hatte keinen schönen Tag mehr, denn sie kannte nur noch Nacht um sich herum. Immer und immer wieder mußte sie an ihre armen Geschwister denken, die der Drache getötet hatte.
    Doch in Wirklichkeit waren sie gar nicht tot! Nein, sie konnten sich retten, indem sie sich in den Fluß geflüchtet hatten, um den Flammen des Drachen zu entgehen. Der Fluß spülte sie ans Ufer einer Insel. Es war eine wunderschöne grüne Insel, auf der nur Apfelbäume wuchsen. Deshalb wurde diese Insel auch Inys Affalach, die Apfelinsel genannt. Dort ging es den Geschwistern gut, denn dort war jedermann unsterblich, doch auch sie vermissten sehr ihre Schwester. Also schickten sie eine Elfe los, um der Schwester eine Traumbotschaft zu senden.
    Eines Nachts, nachdem das Mädchen endlich eingeschlafen war, konnte die Elfe endlich die Botschaft der Geschwister in Form eines Traumes überbringen.
    Erst fürchtete sich das Mädchen vor dem Traum, doch dann begann sie zu überlegen, wie es ihr gelingen konnte, endlich aus den Klauen des Drachen zu entkommen. Sie wußte, daß es in der Höhle des Drachens einen tiefen See gab. Wenn man durch diesen See tauchte, konnte man aus der Höhle entkommen. Man mußte sich nur trauen, in den Abgrund hinuter zu springen. Doch das Mädchen war entschlossen, dem Drachen zu entkommen und so sprang sie hinab in den Abgrund. Das Wasser zog sie in die Tiefe und brachte sie schließlich auch aus der Höhle. Sie ließ sich einfach treiben und erreichte so die Apfelinsel. Dort lebt sie jetzt glücklich und zufrieden mit ihren Geschwistern."

  • Vereinsamung und Verlorenheit sind Callista ein Gräuel. Sie erträgt es nicht alleine zu schlafen. Zu keiner Stunde dürfen die umsorgenden Sklaven fehlen. Von der Stunde ihrer Geburt an ist Callista von Menschen umgeben. Ob zu der Zeit Lunas Glänzen oder wenn Sol die Erde beglückt. Eine vollkommene Stille um sie herum erschreckt Callista. Verunsichert sie zutiefst. Erst das Atmen eines anderen Menschen weiß sie wieder zu beruhigen. So blüht sie regelrecht der vielen Aufmerksamkeit wegen auf. Wonnetrunken taucht sie bis zu ihren Schultern in das Wasser. Sanft kräuselt sich die Oberfläche. Wasserringe breiten sich aus und verschmelzen an den Körpern der Sklavinnen. Callista lächelt. Indes ist sie erstaunt. Nicht die feinen Schritte ihres Sohnes sind zu hören. Auch erblickt sie nicht seine kleine, zierliche Gestalt. Oder das kränklich blasse Gesicht. Zwei Sklavinnen betreten den Raum. Die pietätvolle Art der Sklavinnen gefällt Callista hingegen. Ebenso ihr ansehnliches und gefälliges Aussehen.
    Nur schöne Frauen.
    Der Hausherr ist ein Ästhet, Callista. Oder ein Genussmensch.
    Callista erfreut die Vorstellung. Umso mehr es ihren Augen Wohlgefallen bereitet. Schemenhaft ist ihre Erinnerung an Menecrates. Doch wer wohnt noch in dieser Villa? Callista will es noch erfahren. Jener Augenblick ist aber noch den Geschichten geweiht.


    Infolgedessen legt Callista einen Zeigefinger auf ihre weichen Lippen. Gespannt hörte sie der keltischen Sklavin zu. Feen und Drachen sind für Callista fremdartig. Die Namen klingen rau und exotisch in ihren Ohren. Sie gefallen Callista.
    Feucht glänzen Callistas Augen. Der Tod der Geschwister erinnert sie an ihren geliebten Bruder. Auch er ist fern und scheint für immer verloren zu sein. Callistas Unterlippe erzittert.
    Dankbar greift sie sich an die Brust. Sie sind doch nicht tot!
    Zudem weckt die Sklavin mit ihrer Erzählung schlagartig ihr Interesse. Eine Insel der Unsterblichen? Ein Ort der ewigen Jugend und Schönheit?
    "Oh."
    Ungeteilt ist nun die Aufmerksamkeit von Callista. Ein Ungeheuer, ein gefährlicher See und eine Aufgabe. Das scheint Callista angemessen für den Preis der Unsterblichkeit. Sie selber würde das Wagnis eingehen für die Ambrosia und die immer währende Schönheit. Ebenso um mit ihrem Bruder vereint zu sein. Sofern er sich noch bei Callista entschuldigt.
    "Inus Avalacus?"
    Nicht einmal ansatzweise bringt Callista den fremdartigen Namen hervor.
    Doch was ist das? Ein strenger Geruch steigt in Callistas höchst empfindliche Nase. Ihre Nase kräuselt sich angewidert.
    "Wer verströmt diesen garstigen Odeur?"
    Kleine Wellen werden aufgeworfen als Callista an den Rand des Beckens tritt. Dort. Sie hat den ihrer Nase ungefälligen Duft ausgemacht.
    "Widerlich."
    Maßlos übertreibt Callista. Doch sie verbringt viele Stunden des Tages mit der Reinigung ihres Körpers. Selbiges erwartet sie von den Sklaven in ihrer Umgebung. Und Aintzane haftet noch der Geruch der Küche an.
    "Serva, gehe zu den Tinkturen meiner Sklavin. Entkleide Dich und werfe die abscheulichen Kleider auf den Gang. Dann nimmst Du die grüne..."
    Zögernd sieht Callista zu ihrer Leibsklavin.
    "Blau, Herrin."
    Das Zaudern entschwindet. Callista hebt herrisch ihr Kinn an.
    "...die blaue Fiola. Zerbreche nicht das ägyptische Glas. Damit reibst Du Deinen Körper von oben bis unten ein. Erst dann bist Du für meine Nase wieder erträglich. Dann darfst Du Dich zu uns begeben."


    Derartige Unpässlichkeiten in dem Ablauf verwirren Callista. Konfus sieht sie zu den anderen Sklavinnen. Hatte die blonde Schönheit sie nicht etwas gefragt? Callista legte den Kopf in den Nacken. Bunte Fresken stechen in ihre Augen. Mythische Gestalten tummeln sich über ihrem Haupte. Callista vermag sich nicht an die Worte von Minna zu entsinnen. Aber es ist kein claudischer Name, noch der ihres Vaters gefallen. Somit kann es nicht zu schlimm sein.
    "Schöne Najade, geselle Dich zu uns."
    Callista fühlt sich als Artemis. Um sie herum tummeln sich die schönen Nymphen. Callista liebt die Mythen. Zudem die Vorstellung eine Göttin zu sein. Niemals würde der Tod sie grausam anlachen.
    "Tochter des Nordens, was ist eine Elfe und ein Drache?"
    Vergessen ist Lüge und List. Begierig will Callista mehr von der Insel der Unsterblichkeit erfahren. Doch nur ihre Ohren sollen das vernehmen. Callista wird Benohé darauf ansetzen. Damit das Geheimnis flüsternd den schönen Mund verlässt und verschwiegen bis zu Callistas Ohren dringt.
    "Wohl getan hat der Herr dieser Villa. Seine Sklavinnen sind anmutig und elegant in Sprache und Auftreten. Getraut sich noch jemand einer solchen Fabel?"

  • Träumerisch sah die Frau zu Minna und Aintzane hin. Ihre Augen schienen zu strahlen, als die beiden Sklavinnen sich neben ihr in einer Reihe, fast schon soldatisch, hinstellten.
    In diesem Moment hörte Aintzane, dass Fiona, neben der Römerin, zu sprechen angefangen hatte. Andächtig hörte sie hin. Es war eine schöne Erzählung, die jede Anwesende hier im Raum weit weg versetzte, in ein fernes, kaltes und verregnetes Land, voller Magie, Träume und Wäldern, ein Land, in den die Elfen und Drachen omnipräsent waren.
    Es ging vor allem um eine Apfelinsel. Einen Apfel. Irgendwie sehnte sich Aintzane auf einmal danach, einen Apfel zu essen. Sie sah sich um, doch es gab keine Spur einer solchen Frucht. Sie nickte Fiona freundlich zu, als diese geendet hatte, und wollte gerade sagen, dass sie die Geschichte sehr gut gefunden hatte, da ließ die Römerin einen Kommentar los, der sich eindeutig auf den Geruch eines anwesenden Menschen bezog. Aintzane blickte auf sich hinunter. War sie etwa gemeint?
    Offenbar. Aintzane starrte die Römerin höchst erstaunt, eigentlich schon entgeistert an. Ihr Gesichtsausdruck verdunkelte sich eindeutig, als Callista "Widerlich." meinte und ihr befahl, sie solle sich mit irgendeiner Tinktur einreiben.
    Die Baskin wollte ihren Ohren nicht trauen. Garstig? Widerlich? Stinkend? Was waren das für Worte? Doch sie war klug genug, nicht darauf einzugehen. Immerhin hatten die Worte der Frau einen Effekt - sie konnte diese kratzigen Kleider ausziehen und sie war hiermit offiziell vom Küchendienst befreit.
    "Zu Befehl, Herrin.", meinte Aintzane mit einem gewissen beleidigten Unterton in ihrer Stimme.
    Doch gerade, als sie nach hinten ging und die Phiole suchte, fiel ihr auf, dass sie keine andere Kleidung hatte. Also wandte sie sich an die Frau. "Herrin, erlaube mir, in meinem Kleiderschrank ein angemessenes Kleid zu suchen. Anschliessend werde ich anfallende olfaktorische Unpässlichkeiten bereinigen.", meinte sie zu der Frau, in der Hoffnung, dass es ihr erlaubt sein würde, etwas zum Umziehen zu holen. Das grüne Kleid würde sie sich holen, dachte sie sich. Das passt sicher zur Färbung des Wassers in jener Halle.

  • Erfreulicherweise war die Herrin nicht verstimmt darüber, dass die beiden Sklavinnen ihr Bad störten. Stattdessen schien es ihr sogar angenehm zu sein, dass sich noch mehr Sklavinnen um ihr Wohlbefinden kümmerten.


    Schöne Najade? Meinte sie etwa Minna? Sie war sich erst nicht sicher, aber da die Römerin in diesem Moment nur sie anguckte, deutete sie dies als Anrede. Ihr Eindruck eine äußerst merkwürdige Römerin vor sich zu haben, verstärkte sich in diesem Augenblick massiv.
    Schüchtern trat sie an das Badebecken heran, hielt dann aber für einen Moment lang inne. Sie fragte sich, wie die Herrin ihre Gesellschaft sich vorstellte. Sollte sie ebenfalls ins Wasser steigen? Da sie keine genaue Anweisung bekommen hatte, zog sie es vor, sich an den Beckenrand zu knien, so wie es ihre Leibsklavin tat.


    Wohlbesonnen lauschte sie nun Fionas Geschichte. Sie klang wunderschön. Es erinnerte sie ein wenig an ihre weit entfernte Heimat, die sie so schmerzlich vermisste. Allmählich versank sie in ihren Gedanken und sah die Bilder aus ihrer eigenen Erinnerung vor sich. Am meisten in Erinnerung war das Bild von ihrem jüngeren Bruder... und da plötzlich traf es sie wie ein Schlag. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, worüber Fiona tatsächlich redete. Nein, das war keine Lüge. Ihre Geschichte erzählte von sich und ihrer Familie! Von dieser Erkenntnis erschüttert, sank Minna leicht in sich zusammen. Was musste die arme Fiona nur Schreckliches durchmachen! Bestürzt schaute sie ihre Freundin an, doch sie konnte nicht lange ihren Blick standhalten und senkte langsam ihren Kopf. Je mehr sie von ihrer Erzählung schilderte, desto trauriger wurde Minna. Unaufhaltsam rollte eine einzige Träne ihre Wange entlang. Die anderen Tränen unterdrückte sie mit aller Kraft, doch es war schwer. Zu groß war ihr Mitgefühl. Das Ende der Fabel beunruhigte sie noch mehr. Was wollte sie damit nur sagen? Sie konnte Fionas Worte nicht richtig deuten, aber sie machten ihr Angst.


    Sie hatte sich gerade ein wenig beruhigt, da pikierte sich Callista plötzlich darüber, dass Aintzane angeblich nach Essen riechen würde. Minna konnte es kaum fassen, als sie das hörte.Verwundert starrte sie die Claudierin an. Was erwartete die denn? Sie waren schließlich Sklavinnen und konnten sich nicht den lieben langen Tag mit kostbaren Düften beträufeln. Abgesehen davon konnte sie keinen Geruch feststellen, aber wahrscheinlich fehlte ihr dazu das feine römische Näschen.

  • Leah hielt sich unauffällig im Hintergrund, möglichst weit entfernt von Callista, um nicht als nächste auserkoren zu werden, die eine Fabel zum Besten geben musste. Es war ihr etwas peinlich, dass sie hier zusammen mit einigen Sklaven und auch noch der Herrin unbekleidet im Bad weilen musste. Sie war es nicht gewöhnt ihre intimen Seiten anderen Sklaven oder gar Herrschaften preiszugeben. Noch einmal würde sie sich nicht freiwillig bereit erklären mit dieser Frau in ein Bad zu steigen.


    Sie atmete auf, als Fiona begann eine Geschichte zu erzählen. Leah verfolgte den Verlauf aufmerksam, ließ sich dabei aber immer entspannter mehr ins Wasser gleiten, bis nur noch wenig von ihr zu sehen war. Am Ende der Geschichte hatte sie sich schon mehr in Gedanken verloren und hörte gar nicht mehr richtig zu. Kein Wunder, dass sie überhaupt nicht den Zusammenhang verstand, als Callista begann von einer Inseln zu reden.


    Geschockt über die äußerst pikierte Herrin, die anscheinend eine weit empfindsamere Nase hatte als die anderen Anwesenden im Raum, blickte sie Callista etwas ungläubig an. Erst einige Augenblicke später merkte sie, dass auch Minna etwas erstaunt schaute. Noch nie hatte Ofella ihren Sklaven erlaubt etwas von ihren Ölen zu benutzen. Wenn sie Leah dabei erwischen würde - Leah vergriff sich nämlich manchmal an den Utensilien ihrer Herrin - würde das bestimmt nicht ohne Folgen bleiben.

  • Offenbar hatte Callista nicht den Kern ihrer Gesichte verstanden, nein, ihr gefiel sie sogar. Sicher wäre die Römerin sehr verärgert darüber gewesen, hätte sie zwischen den Zeilen lesen können.
    Natürlich konnte sie von keinen der Anwesenden verlangen, sich mit der Mythologie ihres Volkes auszukennen. Keine von ihnen gehörte einem keltischen Volk an. Doch Minna schien zu begreifen, was Fiona mit Inys Affallach meinte.
    Doch sie wollte die Fragen der Patrizierin nicht unbeantwortet lassen.
    "Eine Elfe ist ein Lichtwesen, ein Naturgeist. Mein Volk glaubt, daß göttliche sei in Flüssen, Quellen oder Bäumen verborgen, Herrin."
    Sie schwieg einen Moment. Sollte sie ihr wirklich sagen, was der Drache zu bedeuten hatte? Sicher würde sie sie dafür strafen. Der Drache war sie und ihresgleichen, der Drache war Rom. Doch völlig emotionslos sprach sie weiter.
    "Der Drache ist ein echsenartiges Tier, welche gelegentlich auch Feuer spucken kann. Er kann sowohl gutes als auch böses verkörpern."
    Sie hielt kurz inne. Dann sprach sie weiter.
    "Inys Affallach ist ein Ort, an dem es weder Hunger, noch Tod, noch Krieg gibt. Es ist die Anderswelt- das Totenreich, Herrin."
    Daraufhin verstummte sie wieder und verfiel erneut in Lethargie.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!