• Lange hatte es gedauert bis sie endlich eingeschlafen war. Zu viele Dinge belasteten ihren Geist. Seit der Rückkehr aus Ostia war alles anders geworden.
    Bruchstückhaft kehrten die Erinnerungen zurück. Schreckliche Erinnerungen waren es, voller Blut und voller Tränen.
    Selbst in ihren Träumen konnte Fiona ihren Geistern der Vergangenheit nicht entgehen. Sofern sie denn einschlafen konnte, waren sie immer wieder da, diese von Blut getränkten Bilder.
    Unruhig war ihr Schlaf. Wie im Fieberwahn, wälzte sie sich hin und her.


    Sie war wieder zu Hause. Es war noch früh am Morgen. Die ersten zarten Stahlen der Sonne kündigten einen schönen Frühjahrsmorgen an. Vater, Dylan und Merin waren draußen im Hof und bereiteten alles für die bevorstehende Jagd vor. Wie gerne wäre sie auch dabei gewesen, doch auf Drängen ihrer Mutter sollte sie heute im Haus bleiben. Ich kann dich einfach nicht verstehen! In einem halben Jahr wirst du verheiratet sein und das einzige, wofür du dich interressierst, ist die verdammte Jagd! Dein Mann wird sicher nicht sehr entzückt sein, wenn du nicht einmal kochen kannst! Wie immer in letzter Zeit, stritt sie mit ihrer Mutter. Hatte sie es früher toleriert, wenn Fiona mit ihren Brüdern unterwegs war, legte sie nun Wert darauf, daß sich Fiona nun endlich auch mit den hauswirtschaftlichen Dingen beschäftigte. Schließlich sollte aus ihr eine gute Ehefrau werden. Aber was wußte sie schon! Allawn mochte sie, so wie sie war!
    Die schlechte Stimmung, die zwischen Mutter und Tochter herrschte, wurde plötzlich durch ein Schreien, welches vom Hof kommen mußte, zerstreut. Beunruhigt liefen die beiden Frauen zur Tür und schauten, was passiert war. Mehrere bewaffnete Reiter näherten sich dem Hof und metzelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Ihr Vater und die Brüder hatten keine Chance. Die beiden Frauen rannten wieder zurück ins Haus und versuchten sich zu verstecken. Wo war nur
    Gwynn? Bevor sie ein Versteck finden konnten, wurde auch schon die Tür aufgebrochen. Zwei Soldaten drangen in das Haus ein.
    Trotz bitten und betteln, wurde ihre Mutter vor ihren Augen niedergestreckt. Warum hatten die beiden sie nicht auch getötet? Stattdessen zerrten sie sie nach draußen. Dort war auch ihre Schwester Gwynn. Die beiden wurden gefesselt und fort geschleppt. Einige Tage später wurden die Schwestern an einen Sklavenhändler verschachert.

    Seitdem die Fragmente ihrer Erinnerungen wieder zurückkehrten, schien es so, als müsse sie alles Geschehene noch einmal durchleben. Im Schlaf rief sie den Namen ihrer Schwester.
    "Gwynn, Gwynn!"

    Leider war Gwynn nicht so stark, wie Fiona. Auf dem Weg nach Italia, gehetzt von den Handlangern des Sklavenhändlers, wurde sie krank. Von Tag zu Tag wurde sie schwächer. Als der Sklavenhänlder dies bemerkte, verweigerte man ihr die Nahrung. Das alles sei Verschwendung, meinte er. Einige Tage später war Gwynn tot.

    Tot. Tot sein. Wie oft hatte sie darüber in den letzten Tagen und Wochen nachgedacht. Es wäre sicher eine Erlösung.

  • Sie erkannte die Gestalt eines Mädchens, die am anderen Ufer des Sees stand und ihr scheinbar zuwinkte. Ihr loses Haar flatterte im Wind. Sie rief sie bei ihrem Namen. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Es war lange her, doch sie erkannte die Stimme.
    Eine unbekannte Kraft schien sie in den See zu treiben. Das Wasser benetzte bereits ihre ledernen Schuhe. Kühles frisches Wasser. Das Wasser ihrer Heimat. Vorsichtig setzte sie einen Schritt vor den anderen. Das Wasser sog sich in den Stoff ihres wollenen Gewandes.
    Noch einmal blickte sie zum anderen Ufer hinüber. Sie erschrak, als sie erneut die Gestalt betrachtete. Das bleiche Gesicht, die eingefallenen Wangen, die fahlen Augen, das struppige Haar, der leblose Körper.


    Schweißgebadet und einen kurzen Schrei ausstoßend erwachte Fiona erneut aus ihrem Alptraum. Immer wieder begegnete sie ihrer toten Schwester im Traum, die sie scheinbar zu sich rufen wollte.
    Keuchend richtete sie sich auf um wieder zu sich zu kommen. Es war still und dunkel um sie herum in der Sklavenunterkunft.

  • Minna schlief wohlbesonnen, als sie plötzlich durch irgendetwas aufgeweckt wurde. Hatte sie gerade nicht jemanden reden gehört? Sie wartete einen Augenblick und horchte angestrengt in die finstere Dunkelheit. Aber sie hörte nur das ruhige, gleichmäßige Atmen der anderen schlafenden Sklaven. Hatte sie das vielleicht nur geträumt?


    Doch einen Moment später vernahm sie einen kurzen Schrei. Minna erschrak und war auf der Stelle hellwach. Das war doch Fionas Stimme! Beinahe geräuschlos kletterte sie von ihrem Schlaflager und schlich zu ihrer Freundin rüber."Fiona?" Sie klang besorgt. "Sh ganz ruhig.... was ist denn los? Hast du schlecht geträumt?"

  • Fiona erschrak, als sie die Flüsterstimme hörte.
    "Gwynn, ble ach?"
    Aber nein, dies konnte nicht Gwynn sein. Gwynn war tot. Es mußte die Sklavin sein, die ihr in Ostia geholfen hatte und von sich behauptete, sie wäre ihre Freundin. Sie konnte sich bislang nicht recht erinnern, ob dies der Wahrheit entsprach. Doch sie wollte sie nicht kränken und ging deshalb freundschaftlich mit ihr um.
    "Minna? Oh, es geht schon, äh ich habe nur schlecht geträumt."
    Schlaflos lag sie in ihrem Bett und starrte in die Dunkelheit.

  • Gwynn? Wer das wohl war? Es musste jemand sein, der Fiona sehr nahe stand. Vielleicht jemand aus ihrer Familie. Minna war sich nicht sicher. Sie überlegte, ob sie Fiona danach fragen sollte, aber dann entschied sie sich, es zu einem anderen Zeitpunkt zu versuchen. Sie schien in diesem Moment emotional zu sehr aufgewühlt und Minna wollte diesen Zustand durch ihre neugierigen Fragen nicht verschlimmern.


    "Ja, ich bin es, Minna. Hab keine Angst." Sie wollte sie beruhigen. Doch als Fiona versuchte sie zu beschwichtigen, verharrte sie einen Augenblick. Irgendetwas stimmte nicht. Was war nur mit ihr los? Sie merkte doch, das sie etwas bedrückte. Wieso nur vertraute sie sich ihr nicht mehr an? "Fiona... ist wirklich alles in Ordnung? Irgendetwas scheint dich doch zu belasten. Du weißt doch, dass du mir alles erzählen kannst." Sie wartete ab und hoffte inständig, Fiona würde ihr ein wenig Vertrauen entgegenbringen.

  • Sollte sie Minna wirklich vertrauen? Hatte sie das früher immer getan? Waren sie wirklich Freundinnen?
    So raffte sie ihren letzten Lebensmut zusammen un begann ich ihr anzuvertrauen.
    " Minna, es tut mir leid, doch meine Erinnerungen sind nur bruchstückhaft. Ich kann mich nicht so recht erinneren, wie es früher zwischen uns war. Bitte verzeih mir, wenn ich vielleicht abweisend wirke. In den letzten Wochen und Tagen erlebe ich auf´s neue, was mit mir und mit meiner Familie passiert ist. Es kommt mir so vor, als ob ich alles noch einmal durchmachen müßte. Die Geister der Toten suchen mich heim und rufen mich."
    Es fühlte sich gut an, darüber zu reden. Es war wie ein Ventil, aus dem die Luft entweichen konnte, um wieder Platz zu schaffen.

  • Es tat zwar gut, darüber zu sprechen, doch als sie sagte, die Geister der Toten würden sie rufen, waren die Bilder wieder in ihrem Kopf.


    Neben dem Mädchen am anderen Ufer des Sees, hatten sich jetzt auch noch andere Gestalten dazugesellt. Sie alle schienen etwas zu rufen. Doch sie konnte es nicht verstehen. Wieder versuchte sie einen Schritt in das Wasser zu gehen, doch irgendetwas hielt sie zurück. Es war, als sei sie gefangen auf dieser Seite des Sees. So versuchte sie genau zu horchen, was die Gestalten riefen. Doch sie konnte nur Fetzen von dem erhaschen, was sie ihr zuriefen....Höhle....Abgrund.....Insel... Sie konnte nicht verstehen, was sie damit meinten. Ihre Sehnsucht steigerte sich ins unermessliche. Sie wollte auf die andere Seite des Sees.


    Sie schwieg einen Moment. Dann entschloß sie sich, sich Minna zu öffnen.
    "Minna, ich... ich ...kannst du mir helfen?"
    Fragend schaute sie in die Dunkelheit. Vielleicht wäre sie die Rettung.

  • Wie Fiona so sprach, überkam Minna eine große Traurigkeit. Seit ihrer Amnesie schien sie sich nicht mehr an ihre enge Freundschaft zu erinnern. Das war ein harter Schlag für Minna, auch wenn sie jetzt den Grund für ihre Melancholie kannte. "Das tut mir leid, dass du so viel Schlimmes durchmachen musstest." Mehr brachte sie nicht heraus und schwieg. Sie fühlte sich elendig. Zu gerne wollte sie nach ihrer Familie fragen. Sie wollte mehr über ihre Familie erfahren. Und: sie wollte wissen, wer Gwynn war. Das alles traute sie sich aber nicht zu fragen. Sie hatte zu große Angst, dass sie damit alte Wunden aufreißen würde. Andererseits würde es ihr vielleicht helfen den Schmerz zu verarbeiten, wenn sie darüber mit jemanden spricht.


    Doch dann, öffnete Fiona sich schließlich ihr doch endlich, indem sie um Hilfe bat. Minna fühlte sich ein wenig erleichtert. Gleichzeitig erschrak sie jedoch darüber, dass ihre Freundin so verzweifelt klang. Sonst war sie es immer gewesen, die sich nicht unterkriegen ließ und einem Mut zusprach.
    "Ja natürlich werde ich dir helfen! Zusammen werden wir es schon irgendwie schaffen das durchzustehen. Vielleicht können wir eines Tages sogar fliehen. Weißt du noch, wie wir schon einmal darüber gesprochen hatten?" Ihre Stimme wurde zum Schluss hin immer leiser. Außer ihnen musste ja niemand etwas von diesem Gespräch bemerken.

  • Fiona konnte ihren Ohren nicht trauen. War das wirklich wahr. Wollten sie wirklich einmal fliehen?
    "Was sagst du da, fliehen? Du und ich? Wir wollten fliehen?"
    Sie konnte es immer noch nicht glauben. Der Gedanke an eine Flucht ließ die marternden Bilder in den Hintergrund verschwinden. Doch irgendetwas mußte passiert sein, weswegen sie nicht geflohen waren.
    Krampfhaft versuchte sie sich an die Zeit vor ihrem Unfall zu erinnern. Doch je mehr sie sich anstrengte, desto weniger hatte sie Erfolg damit. Die Erinnerungen kamen nicht auf Befehl, nein sie kamen ganz willkürlich. Manchmal hatte sie Probleme damit, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen. Aber an einen Fluchtplan konnte sie sich nicht erinnern. Warum waren sie eigentlich nicht geflohen? War irgendetwas passiert?
    Am Besten wäre es, wenn sie Minna danach fragen würde.
    "Minna,warum sind wir nicht geflohen? Warum haben wir es nicht getan?
    Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß dies doch ein sehr brisantes Thema war, welches man am ehesten unter vier Augen besprechen sollte.
    "Minna, laß uns morgen weiter erzählen. Es ist schon spät und die Nacht wird für uns bald vorüber sein."
    Sie war auch sehr vorsichtig und mißtrauisch gegen jeden geworden, da sie nicht wußte,wem sie vertrauen konnte.
    "Vielleicht finden wir morgen etwas Zeit, um unsirgendwo zu treffen, damit wir uns weiter unterhalten können."
    Fiona legte sich wieder hin. Minnas Worte beschäftigten sie noch eine ganze Weile. War das vielleicht ein Ausweg?

  • Selbst an eine gemeinsame Flucht konnte sie sich also nicht erinnern! Minna war erschüttert. "Ja, wir haben darüber geredet. Aber wir sind nicht dazu gekommen, einen genauen Plan zu machen. Noch nicht... . In der letzten Zeit haben sich die Ereignisse überschlagen, es hat sich so vieles geändert. Aber ich werde eine Flucht immer im Hinterkopf behalten."


    Als Fiona vorschlug, an einem anderen Zeitpunkt darüber zu sprechen, nickte Minna, auch wenn Fiona es wahrscheinlich nicht in der Dunkelheit sehen konnte. "Du hast recht. Lass uns ein anderes Mal das Thema besprechen. Irgendwie schaffen wir das schon! Also, schlaf gut und mach dir nicht so viele Sorgen." Kaum hatte sie das gesagt, schlich sie sich ganz leise auf Zehenspitzen zu ihrem Schlafplatz und legte sich wieder hin. Einschlafen konnte sie aber noch lange nicht. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf.

  • Eines war an diesem Morgen anders, als an den anderen Morgen gewesen. Ihr Schwermut war einer gewissen Ausgelassenheit gewichen. Jedem der sie in den letzten Wochen erlebt hatte, mußte es aufgefallen sein.
    Ständig schaute sie nach Minna, um einen passenden Augenblick abzuwarten. Dieser war dann endlich am Nachmittag gekommen. In der Nähe der Küche hatte Fiona eine Gelegenheit gefunden, Minna beiseite zu nehmen.
    "Minna, können wir reden?"
    Erwartungsvoll blickte sie zu ihr.
    "Das, was du mir heute nacht gesagt hast, war sicher kein Traum, nicht wahr?"
    Wäre eine Flucht tatsächlich die Lösung, für das, was sie die ganze Zeit bedrückt hatte. Aber was, wenn die Flucht tatsächlich gelänge? Wo sollten sie hin? Ihre Familie war ausgelöscht.
    Doch wo wollten sie hin, als sie vor Monaten eine Flucht geplant hatten?

  • Minna, schwer beladen mit einem Korb voll Äpfel und Birnen, war gerade auf den Weg in die Culina, als sie plötzlich jemand von hinten an ihre Schulter packte. Erschrocken drehte sie sich. "Ach du bist es, Fiona! Natürlich können wir reden." Sie lächelte sie an. Fiona wirkte nicht mehr so freudlos als in den letzten Wochen zuvor. Als sie sie jedoch auf das Gespräch von letzter Nacht ansprach, wurde Minnas Blick ernster. Vorsichtig blickte sie sich um. Gut, es war keiner weit und breit zu sehen. Sie nahm Fiona zur Seite und guckte sie dabei verschwörerisch an. "Du meinst das mit der ...Flucht? Nein, das war kein Traum!" Der Korb wurde ihr langsam schwer und sie stellte ihn erst einmal ab. Dann fuhr sie fort. "Fiona, ich mein es ernst. Ich kann das hier nicht ewig machen. Weg, ich will einfach nur weg von hier. Ich möchte wieder ein freier Mensch sein!" Wie oft hatte sie daran schon gedacht? Auch wenn sie sich so langsam in der Villa eingelebt hatte und sogar manchmal glaubte, sie könnte sich mit ihrem Schicksal abfinden, immer wieder flammte die Sehnsucht nach Freiheit in ihr auf. "Ich glaube daran, dass wir das schaffen können, wir brauchen nur einen guten Plan." Einen wirklich guten Plan, sonst sah es für sie beide ziemlich schlecht aus. Was Sklaven erwartet, wenn sie davonlaufen und geschnappt werden, wusste sie genau. "Ich habe mir schon so viele Gedanken gemacht, aber eine gescheite Lösung ist mir noch nicht eingefallen. Ich verzweifle bald noch daran!" Sie schaute ihre Freundin eindringlich an.

  • Fiona versuchte zu lächeln, den sie konnte sich nicht wirklich darüber freuen, daß das Gespräch mit Minna und deren Fluchtpläne kein Traum waren. In der letzten Zeit kam es ihr so vor, als ob sie Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden konnte.
    "Dein Vorhaben klingt interessant, doch..."
    Plötzlich kam sie ins Stocken. Statt weiter zu sprechen, begann sie zu schluchtzen und ihr kullerten einige Tränen über die Backen.
    "Ach Minna, ich fühle mich so schrecklich. Ich würde dir bei einem Fluchtplan sicher nur im Weg stehen. Manchmal wünschte ich, ich wäre tot! War die alte Fiona auch so?"
    Sie fühlte sich so schwach und es schien, als hätte sie allen Lebensmut verloren.

  • Hinter den beiden Sklavinnen konnte man plötzlich ein Lachen hören. Es war jenes feine, ein bisschen spöttische Lachen, das Minna und Fiona sicher schon ein paar mal gehört hatten. Doch die von einem herben Akzent gefärbte Altstimme, die nun erklang, und der Anblick seiner Besitzerin, die aus dem Halbdunkeln, welches hinter einer Ansammlung von Körben herrschte, hervorkam, ließ jeden Verdacht, dass es sich hier um jemand anderen als Aintzane handeln konnte, schwinden.
    "Eine Sesterze für eure Gedanken. Eure Gedanken, wie ihr diesen Plan umsetzen wollt.", lächelte Aintzane. "Weg von hier. Wie oft habe ich mir das schon gedacht?" Sie schüttelte den Kopf. "Es ist unmöglich. Wenn du aus der Villa heraudkommst, sind da die Mauern, wenn die Mauern überwunden werden, ist man in unserem Viertel, das - im Gegensatz zu anderen Vierteln von Rom - von Wachen durchsetzt ist. Doch wenn man es schafft, dort harauszukommen, ist man in der Subura, und wenn man das übersteht, ist man in Italia, auf weiter Flur, wo es angeblich professionelle Sklavenjäger gibt. Wie soll das bewerkstelligt werden?" Sie schwieg einen Moment, dann setzte sie hinzu: "Tschuldigung fürs Belauschen und die Unterbrechung. Aber ich will euch nur sagen, dass ich es auch schon probiert habe und es bisher immer vergebens war.

  • Erschrocken blickte Fiona auf, als sie dieses Lachen hörte. Es war diese Sklavin , die mit ihr aus Ostia zurück nach Rom gekommen war. Aintzane hieß sie. Mißtrauisch beäugte sie die Baskin. Konnte man ihr wirklich trauen? Offensichtlich hatte sie ihr Gespräch belauscht.
    "Ach, was du nicht sagst! Du hast es also schon probiert! Na siehst du Minna, wenn sie es schon probiert hat, dann brauchen wir uns erst gar nicht an die Arbeit zu machen!"
    sagte sie in einem sehr unfreundlichen und schnippigen Ton.
    Eigentlich wollte sie gar nicht so unfreundlich zu ihr sein, denn im Grunde genommen, kannte sie sie ja kaum. Doch es wurmte sie, daß Aintzane sie einfach so belauscht hatte.
    "Na dann erzähl doch mal, wie du es angestellt hast!"
    Auffordernd schaute Fiona sie an.

  • Sim-Off:

    Das spielt ja vor Callistas Gemeinheiten, oder?


    Der letzte Rest von Lachen verschwand von Aintzanes Gesicht. "Ich habe es versucht." Fiona schien nicht alllzu begeistert zu sein, dass Aintzane sie belauscht hatte. Aintzane waere das sicher auch nicht gewesen, das musste sie sich eingestehen. Doch es war ihre feste Ueberzeugung, dass die beiden drauf und dran waren, etwas nicht sehr Kluges zu tun. Und sie dachte fuer sich, dass die Empoerung der Keltin nicht nur mit der Belauschung zu tun hatte. Sondern auch damit, dass das, was Aintzane zu sagen hatte, das Potential besass, ihre Traeume zu vernichten.
    Betont sachlich, um nicht noch mehr Missmut bei ihren Schicksalsgenossinnen zu erzeugen, fing sie an: "Ich habe versucht, im Garten ueber die Mauer zu kommen. Sie ist zu hoch. Und ausserdem gibt es ueberall im Haus Wachen. Aus dem Haus auszubrechen geht nur mit Gewalt, so, wie es Spartacus getan hatte. Doch ich kann keine Waffe handhaben.
    Ich habe auch versucht, mich bei einer Roemerin einzuschleimen, auf dass sie mir helfen wuerde... es funktionierte nicht. Die Frau begann auf einmal herrisch und unfreundlich zu werden, als sie bemerkte, dass ich ihr naeher kam... Roemer kann man nicht zur Mithilfe ueberreden. Da hebt eher ein Berg vom Boden ab.
    Dann gibt es die Moeglichkeit, bei einer Einkaufstour durch Rom zu verschwinden. Ich habe Geschichten gehoert. Es dauert kaum je laenger als 10 Minuten, bis sie dich wieder haben. Ausser jemand hilft dir, dich zu verstecken. Deshalb habe ich das nicht probiert.", schloss sie ab. " Also, entkommen kann man nur mit Gewalt... oder mit Hilfe von aussen. 2 Arten zu entkommen... An andere Wege kann ich nicht denken. Was nicht ausschliesst, dass es einen gibt... aber ich habe ueber den Sachverhalt schon 14 lange Jahre nachgedacht. Doch ich habe weder Hilfe von aussen noch die Staerke, Gewalt anzuwenden. Das einzige, was ich zu bieten habe...", sie blickte sich vorsichtig um, "...befindet sich in meiner Truhe im Sklavenquartier, in einem meiner Kleider versteckt. Vier Karten. Eine von Rom, eine von Ostia, eine von Tarraco und eine von Nordhispania." Ihre Augen senkten sich zu Boden. "Ein Weg nach Hause... ein Zuhause, von dem ich nicht weiss, ob es ueberhaupt noch existiert."

  • Sim-Off:

    Richtig! ;)


    Aufmerksam hörte Fiona dem Bericht Aintzanes zu. Mittlerweile tat es ihr schon wieder leid, daß sie so unfreundlich zu ihr war.
    Die Baskin hatte wohl schon mehrmals versucht, zu fliehen. Hatte man sie jemals dabei erwischt?
    Der letzte Teil ihrer Rede, ließ Fiona aufhorchen. Sie hatte Kartenmaterial um nach Hause zukommen! Nach Hause! Aber was bedeutete das, nach Hause zu kommen? Auch ihr Zuhause gab es nicht mehr. Auf brutalste Art und Weise war dieses Zuhause ausgelöscht worden. Genau das erlebte sie ja jede Nacht wieder auf´s Neue.
    Völlig niedergeschlagen antwortete sie.
    "Du hast Recht, Aintzane. Es ist äußerst dumm, über eine Flucht nachzudenken! Sie werden es sicher zu verhindern wissen, daß unsere Flucht gelingt und wir jemals wieder...!
    Bei ihrem letzten Satz stockte sie und hielt sich vor lauter Entsetzen die Hände vor ihr Gesicht, so als ob sie etwas schreckliches gesehen oder erlebt hätte. Still begann sie zu weinen. Sie wandte sich von den beiden Sklavinnen ab, damit diese nicht ihre Tränen sehen konnten. Doch es war für alle offensichtlich, was gerade geschah.

  • Aintzanes Worte trafen sie hart. War es wirklich so aussichtslos, wie sie behauptete? Waren sie wirklich nur zwei hoffnungslose Optimisten? Minna wollte es nicht wahrhaben. Es musste doch irgendeine Möglichkeit geben diesem erbärmlichen Leben zu entfliehen.
    Doch dann erwähnte Aintzane etwas, was Minna besonders interessant fand. "Karten, sagst du? Wo hast du die denn her?" Ihre Augen fingen an zu funkeln. Sofort keimte wieder etwas Hoffnung in ihr auf. Vielleicht würde man damit auch nach Norden kommen, in ihre Heimat! Sie lächelte siegessicher, allerdings erstarb ihr Lächeln so schnell wie es entstanden ist. Erst jetzt bemerkte sie, dass Aintzane immer leiser sprach und den Blick von ihnen wandte. Sie konnte es gut nachvollziehen, wie sie sich fühlte. Die Unkenntnis darüber, ob die geliebte Heimat noch existiert, war auch für sie besonders schlimm. Schon oft kam ihr dieselbe Frage auf, doch sie versuchte dann immer diese trübseligen Gedanken zu verdrängen.
    Schweigend sah sie Aintzane an. Sie wollte sie trösten, doch sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Aber vielleicht war es auch besser so. Minna war sich sicher, Aintzane würde ihre Anteilnahme auch so verstehen.
    Auch Fiona schien das alles sehr mitzunehmen. Ein weiteres Mal überkam sie eine tiefe Trauer. Völlig entmutigt wandte sich sie von ihnen ab um ihre Tränen zu verbergen. Minna trat einen Schritt auf sie zu und nahm sie behutsam in den Arm. "Nicht doch... du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es nicht leicht fällt. Ich bin mir ganz sicher, gemeinsam werden wir das eines Tages schaffen!"

  • Minnas Worte waren tröstlich, doch Fiona halfen sie nicht. Sie machte sich keine Illusionen mehr. Für sie gab es kein Happy End! Zuhause wartete niemand sehnsüchtig auf sie und hoffte, sie würde bald kommen. Die die auf sie warteten, waren die Schatten, die sie allnächtlich heim suchten.
    Für Fiona gab es nur einen Fluchtweg: hinab in den Abgrund. Das würde ihr Stärke und Mut abverlangen. Fähigkeiten, die ihr noch nicht abhanden gekommen waren.
    Fiona wischte die Tränen ab, versuchte wieder zu lächeln und wandte sich ihren Freundinnen zu, die sicher dachten, Minnas Worte hätten sie wieder aufgebaut. Doch in Wirklichkeit, hatte Fiona jetzt in diesem Augenblick eine Entscheidung getroffen. Sie war nun bereit, in den Abgrund zu springen. Doch diese Entscheidung sollte Minna und Aintzane bis auf weiteres verborgen bleiben.
    "Ja, wir werden es schaffen, eines Tages! Jeder muß seinen Weg gehen. Ich bin bereit meinen zu gehen! Dessen bin ich mir jetzt bewußt!"


    Lächelnd und zuversichtlich blickte sie zu ihren beiden Schicksalsgenossinnen. Das sie in diesem Moment den Tod für sich gewählt hatte, konnte niemand erahnen. Stattdessen gab sie sich neugierig, auf das von Aintzane erwähnte Kartenmaterial.

  • Ehrlich gesagt, war Aintzane recht schockiert über die Verzweiflung, mit der ihre Worte aufgefasst wurden. Schon machte sie sich Vorwürfe, dass sie den Traum der Sklavinnen so zerplatzen hatte lassen. Doch sie hatte die von Höhenflügen beseelten Frauen einfach wieder auf den Boden bringen müssen. Krampfhaft versuchte Aintzane, ein tröstendes Wort für Fiona zu finden. "Ach, Fiona...", fing sie an, "schau, ich habe es immer alleine versucht... vielleicht schaffen wir es zusammen...", versuchte sie einen halbwegs überzeugenden tröstenden Satz zustande zu bringen. Da bemerkte sie, dass sie das Wort "wir" verwendet hatte. Für Fiona, Minna und sie selbst. "Ja, wir.", wiederholte sie. "Allein habe ich keine Chance, keine von uns hat das... doch gemeinsam wird es gehen!", fast war Aintzane bereit, ihren Worten selber zu glauben... aber nur fast. Doch Fiona schien sich wieder von jenem schweren Schlag zu erholen. Fast schon zuversichtlich sah sie Aintzanes Meinung nach aus. Oder... gab es da nicht doch noch etwas? Etwas viel... Dunkleres?
    "Also, die Karten!", versuchte sie auf ein anderes Tema zu kommen. "Ich habe sie in meiner Kiste. Woher ich sie habe, nun... ich habe sie einem alten Kartenhändler am Trajansmarkt abgeluchst... dem Mann habe ich nur ein bisschen Honig um den Mund schmieren müssen, und schon hat er mir alles gegeben, was ich wollte.", meinte sie mit einem verhaltenen Lachen.

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