• Es ging eine Veränderung mit ihr vor und Ursus konnte nicht sagen, warum. "Was ist los? Habe ich Dich irgendwie verletzt?" Sie war auf einmal nicht mehr fröhlich, das könnte selbst ein Blinder nicht übersehen. Selbst ihre vorhin noch strahlenden Augen waren auf einmal dunkel.


    Wenigstens antwortete sie auf eine seiner Fragen. Die Augenbraue! Natürlich, dieses elende, verräterische Ding! "Ah... das ist Dir also auch schon aufgefallen. Dabei versuche ich, mir das abzugewöhnen! Es ist furchtbar, damit verrate ich viel zu viel. Das ist nicht gut, wenn man in die Politik will. Du magst recht haben, daß es typisch für mich ist, aber mir wäre lieber, wenn Du etwas anderes finden würdest. - Was ist nun mit Dir und Deiner Geste?" Zum wievielten mal fragte er das? Drittes oder viertes mal? Warum war ihr diese Frage so unangenehm? War es das am Ende, was ihr die Laune so verdorben hatte?

  • Sie schüttelte zwei ganze Mal mit dem Kopf, winkte ab. Sie wollte nicht über die Sache mit dem Messer reden. Plötzlich fand sie es auch nicht mehr gut, dass er Wein trank. Tilla bemühte sich ruhig zu bleiben, versteckte ihre Sorgen hinter der verschlossenen Miene, die sie aufgesetzt hatte. Immer noch schwirrte ihr der Satz, den er über das Messer gesagt hatte, im Kopf herum. Ihr Gedächtnis stolperte immer wieder über das Wort Werkzeug, ein Messer als Werkzeug benutzen und dann machte ihr Herz einen Hüpfer als wollte es plötzlich aufhören zu schlagen. Sie kratzte mit den Fingernägeln übers Schlüsselbein, zog die nackten Beine an ihrer Brust heran.


    Kurz war das Lächeln, welches sie zu seinen Worten über seine Augenbraue, erwiderte. Ganz still auf der Bank sitzend sah sie ihn an, musterte seine Kleidung, dachte nach. Mhm, ich weiss nicht recht.. jetzt fällt mir nichts ein. Sie liess den Blick weiter wandern, versuchte sich Ursus so vorzustellen, als ob er jetzt gerade nicht bei ihr wäre. Sie musste nachdenken.


    Mit den Händen probierte sie ein paar Gesten aus, mit denen sie ihn anderen gegenüber beschreiben würde. Mann. Bart. Augenbraue. Große Hände. Strenges Gesicht. Lesen. Weise. Letzteres stand eher für das was er hatte versucht ihr beizubringen: nämlich kürzere Gebärden. Hand. Langsam hellte sich ihr Gesicht auf, langsam kam sie der Geste schon näher. Hand. Reden. Sie hielt die rechte Hand wie einen Schnabel vor ihrem unbewegten Mund, bewegte die Hand wie einen schnatternden Entenschnabel. Mit fragender Miene sah sie Ursus an. Ursus-Enten-Schnabel? Sie zog die Tafel heran, begann zu schreiben. *Ich bezeichne dich nicht als Ente. Die Geste hat nichts mit dem Tier Ente zu tun, eher mit dem Schnabel der Ente. Der Schnabel steht für Reden, er steht für Sprechen, für etwas was ich nicht mehr tun kann.* Langsam schob sie ihm die Tafel zu, entweder sie gefiel ihm oder sie gefiel ihm nicht.

  • Sie war schon wieder irgendwie verängstigt. Nicht ganz so wie am Anfang. Aber trotzdem sprach Angst aus ihrer Körperhaltung. Ursus seufzte. Und beobachtete sie weiter. Wieder ging sie nicht auf die Frage nach einer Geste für sie selbst ein. Sie verweigerte die Antwort zum wiederholten mal und das ärgerte ihn schon irgendwie.


    "Also, Entenschnabel finde ich auch nicht sonderlich nett, auch wenn es eigentlich für reden stehen soll. Warum bleiben wir nicht vorerst beim U? Und wenn Du mir nicht sagen willst, was für eine Geste für Dich steht, werde ich mir eben eine ausdenken, ja? Und ich glaube, für heute ist es genug. Ich habe Dir mit irgendwas Angst gemacht, das ist nicht zu übersehen. Da Du nicht damit rausrücken willst, was es ist, schlage ich vor, wir machen morgen weiter, wenn Du Dich etwas beruhigt hast. - Ich lasse Dich dann rufen." Er blickte sehr ernst drein, als er das sagte. Nicht zornig oder beleidigt. Aber doch auch nicht so fröhlich wie vorhin noch.

  • Tilla gefiel der Entenschnabel, aber wenn er das 'U' behalten wollte, war es ihr auch recht. Schliesslich wollte sie ihn nicht verärgern. Achja... ihre eigene Namensgeste. Vor lauter Überlegen und Nachdenken über Ursus Zeichen, hatte sie dies gar nicht erst beantwortet. Sollte sie es wirklich zeigen? Seine Mimik sprach Bände.. und sie sollte von ihm fortgehen, bis er sie wieder rufen liess. Dann hatte sie aber nichts zu tun.. und würde sich wieder langeweilen. Diese Aussicht war unbehaglich.


    Mit einem tiefen Atemzug gab sie sich einen Ruck, liess die angezogenen Beine wieder zu Boden sinken, setzte sich aufrecht hin. Tilla erfasste eine eigene schwarze Strähne, wickelte sie sich um den Finger und zog den Finger nach unten, damit die Haarsträhne von selbst wieder abrollte. Locke. Löckchen. Beinahe schon wehmütig sah sie zu, wie die Haarsträhne sich zusammenzog, auf und ab hüpfte. Sie liebte ihre Locken sehr, die Namensgeste stammte noch aus der Zeit, wo sie hatte sprechen können. Einmal mehr zog sie die Tafel heran, nahm sie an sich zum mitnehmen, falls er sie fortschickte. Sie ertrug seine ernsten Gesichtsausdruck nicht, es veranlasste sie dazu, den Srift zu nehmen und zu schreiben. *Tut mir leid, falls ich die Stimmung verdarb. Du sagst, Messer ist ein Werkzeug. Für mich sind Messer viel mehr als Werkzeuge die durch die Hand meines Herren dazu dienten durch ihre Klingen meine Stimme wegzunehmen.* In ihr schrie alles danach aufzustehen und wegzulaufen, den Erinnerungen zu entfliehen, doch sie blieb stocksteif mit gesenktem Kopf sitzen.

  • Ursus sah zwar, daß seine Worte Enttäuschung hervorbrachten. Doch es war besser, als wenn er sie unabsichtlich noch mehr verletzte. Er betrachtete das Mädchen. Sie war so schüchtern, so verletzlich und empfindsam. Es war wirklich nicht leicht, mit ihr umzugehen. Hoffentlich legte sie das im Laufe der Zeit ab. Wenn sie erst begriffen hatte, daß sie hier nicht mißhandelt wurde.


    Sie machte diese Geste mit ihrer Haarsträhne und Ursus brauchte einen Moment, um zu begreifen, daß das ihre Namensgeste sein sollte. "Das bist Du? Haar... nein, Locke..." Er nickte und ahmte die Geste nach. Gut, das war eine leicht zu merkende Geste.


    Dann schrieb sie etwas auf ihrer Tafel. Neugierig nahm Ursus die Tafel und las sie. Er wurde merklich blasser. Sein Gesicht wurde starr und er schüttelte den Kopf. "Jetzt will ich Dir mal was sagen, Tilla. Es gibt einen Unterschied zwischen Werkzeug und Folterinstrument. Ein Werkzeug ist ein Hilfsmittel, um eine Arbeit zu erledigen. Ein Folterinstrument ist etwas, womit man Menschen quält. Dann gibt es noch Mordinstrumente, auch Waffen genannt. Die sind dafür da, um zu töten. Gut, in all diesen Kategorien gibt es Messer. Und doch gibt es da himmelweite Unterschiede, oder? Also, lerne, nicht mehr die Messer zu hassen oder das Wort Werkzeug. Sondern Deinen früheren Herr. Denn kein Schwert, kein Messer, kein Speer ist böse. Nur die Hand, die eine Waffe führt, kann böse sein. Denk mal daran, daß auch Ärzte Messer benutzen. Auch sie schneiden damit ins Fleisch. Aber sie tun es, um zu heilen... - - Du bist jetzt hier. Und hier wird nicht gefoltert oder verstümmelt!"

  • Tilla nickte langsam und wiederholte ihre Namensgeste noch einmal, da er so unsicher geklungen hatte. Jetzt nahm er die Tafel.. ein wenig hiob sie den gesenkten Kopf an, um mitanzusehen, wie er blass wurde. Waren ihre geschriebenen Worte nicht gut? Sie wollte sich doch nur ausdrücken, mitteilen was in ihr vorging. Die letzten Jahre auf der Straße hatte sie alles, was sie gesehen und erlebt hatte, für sich behalten. Und jetzt.. jetzt wollte es irgendwie aus ihr heraus.


    Ursus sprach ganz lange auf sie ein, erzählte seine Sicht über das Messer, was es tun konnte, wenn es geführt wurde. Tilla blickte zu Boden, dachte über seine Worte nach. Also musste sie die Hände hassen.. aber eben Hände waren es, die ihr halfen sich zu verständigen. Sie steckte in einer Zwickmühle. Wieder sagte er zu ihr, dass hier in diesem Hause anderen nicht mehr wehgetan wurde.


    Mit einer Bewegung zog sie die Tafel zu sich, wischte das geschriebene weg. *Ich weiss nicht, wer meine Eltern sind. Ich bin meinem Herren als Baby vor die Tür gelegt worden. Er behielt mich und zog mich als seine Sklavin auf. Schon früh musste ich mit ansehen, wie jeder Fehler bestraft wurde. Keiner durfte dem anderen helfen. Derr Herr stand über allen. Er sah es, wenn man den Kopf wegdrehte oder die Augen zumachte, um nichts sehen zu müssen. Darum meldete ich mich zum Botengänge machen und Einkaufen mit der Kochgruppe, weil wir da vom Haus weg waren. Sein Majordoromus überwachte die Gruppe.* Tilla stockte immer wieder beim Schreiben. *Nur er durfte mit Messer hantieren. Er liebte es... zu schlachten... vor allem dann.. wenn wir auf seine Anweisung zusahen... und wenn er getrunken hatte. Danach.. nach.. dem Messer.. mit elf.. bin ich abgehauen...* Sie schob die Tafel weg, kauerte sich zitternd zusammen.

  • Sie sah irgendwie niedergeschmettert aus, als habe Ursus ihr mit seinen Worten irgendeinen Halt weggenommen. Dabei hatte er ihr nur helfen wollen. Was wohl gründlich schief gegangen war.


    Wieder schrieb sie etwas auf ihre Tafel. Es dauerte eine Weile, bis sie damit fertig war und ihm ihre Tafel zu lesen gab. Mit ernstem Gesichtsausdruck las er ihre Worte. Und blickte dann zu ihr herüber. "Es ist traurig, daß Du Deine Eltern nicht kennst. Doch ungewöhnlich, gerade für Sklaven, ist es nicht. - Es mag ein schlechter Ersatz sein, doch Du bist nun hier zuhause. Die hier lebenden Menschen sind jetzt Deine Familie. Sicher mußt Du hier arbeiten und das mag nicht immer schön sein. Aber in gewissem Sinne arbeiten wir alle. Und wir alle tun es für die ganze Familie. Zum Teil sogar für ganz Rom." Er wollte ihr damit nur klarmachen, daß jeder hier ein Teil eines Ganzen war. Und das jeder Teil irgendwie wichtig war für das Funktionieren des Ganzen. Selbst eine Sklavin wie sie.


    "So ein Mensch wie Dein bisheriger Herr ist krank. Und er wird nie Glück oder auch nur Zufriedenheit in seinem Leben finden, denn er wird ja von allen gehaßt. Und wenn er nicht schon in diesem Leben für seine Grausamkeit bestraft wird, so werden die Götter ihn dafür strafen, wenn er stirbt." Das stand ja auf jeden Fall fest. Die göttliche Gerechtigkeit war etwas, worauf man sich verlassen konnte. Nur auf den Zeitpunkt, wann sie eintraf, konnte man nicht wetten.


    Vorsichtig streckte Ursus seine Hand aus und legte sie sanft auf ihren Arm. Er wollte sie nicht erschrecken, er wollte ihr nur zeigen, daß sie nicht allein war. "Die Erinnerungen, die Du mit Dir trägst, sind furchtbar. Und vermutlich werden sie Dich nie verlassen. Im Moment werden sie noch schwarz und rot und schmerzhaft sein. Aber irgendwann, wenn Du genug schönes erlebt hast, wird das Leuchten der neuen Erinnerungen die schrecklichen alten immer mehr verblassen lassen. Dafür mußt Du nur eines tun, was allerdings nicht ganz leicht ist: Du muß das Leuchten der schönen Dinge, der schönen Momente in Dein Herz lassen."

  • So wie sie da saß mit angezogenen Beinen, die sie mit den Armen umklammerte konnte man ihr nur zu ansehen, dass es ihr nicht gerade gut ging. Das eingenommene Essen lag plötzlich schwer im Magen. Immer noch wollte sie wegrennen.. doch sie tat es nicht. Tilla behielt seine großen Hände im Auge und wartete darauf, das er wieder zu sprechen anfing. Nun.. sie sollte hier zu Hause sein? Die Leute hier waren so ganz anders als sie von ihrem Herrn kannte. Arbeiten tat sie sowieso.. wenn auch nicht im Moment. Die Arbeit war für die Familie.. für das Haus.. für die Stadt? Ursus gab ihr einen ganz neuen Blick auf diesen Aspekt. Sie würde darüber nachdenken.


    Mit einem Nicken stimmte sie ihm zu den Worten über ihren ehemaligen Herren zu, lauschte seinen Worten. Ein klein wenig zuckte sie über die ungewohnte Berührung durch seine Hand zusammen. Irgendwie.. tat es gut, seine Hand zu spüren und er sprach immer noch weiter. Tilla betrachtete sie aus der Nähe, stupste zaghaft seine Fingerspitzen an, rutschte über die Knorpel seines Handrückens. Ein schwacher winziger Versuch, ein Band des Vertrauens zu Ursus zu knüpfen. *Ja, rot und schwarz, furchtbar, schlimm und schrecklich... wie meine Alpträume. Oft wird mir alles zu viel. Schöne Erinnerungen hole ich mir im Garten: Kaninchen auf dem Rasen zugucken. Schmetterlinge von Blume zu Blume beobachten. Möwen und Adlern am Himmel nachschauen.*


    Abermals zog sie die Tafel wieder zu sich. *Ja, er ist krank. Das sagten viele der anderen. Keiner hat sich gewagt gegen ihn aufzulehnen. Ein kranker Sklave hat sein Leben riskiert mich wieder gesund zu pflegen. Er hat gesagt, es ist besser, ich soll gehen und ihn zurücklassen. Seine Zeit sei ohnehin gekommen. Die Träne ist von ihm. Die gab er mir mit.* Tilla zuppelte den weissen Anhänger mit blauen Kristallen in Form einer Träne hervor, den sie um den Hals trug.

  • Ursus zog seine Hand nicht weg, als sie mit ihrer Hand nun nach der seinen tastete. Auch wenn er mit solchen Dingen im Grunde keine Erfahrung hatte, so merkte er doch, daß er sie jetzt nicht zurückstoßen oder gar verlassen durfte. Sie war in diesem Moment noch viel verletzlicher als vorhin, als sie vor ihm so viel Angst gehabt hatte.


    "Ein Sklave kann und darf sich gegen seinen Herrn nicht wehren, Tilla", sprach Ursus ruhig und fast sanft. "Ein Sklave kann Pech haben, wie Du mit Deinem vorherigen Herrn. Oder Glück. Wie Du jetzt. Hier wird Dich niemand quälen. Du bekommst zu essen und gute Kleidung. Und einen ordentlichen Platz zum schlafen. Und wenn Du fleißig und gehorsam bist, wirst Du bestimmt auch mal belohnt. - Diese Träne..." Er hob seine zweite Hand, um das ungewöhnliche Schmuckstück zu berühren. "Diese Träne solltest Du immer in Ehren halten. Denk nicht in Trauer an ihn. Sondern daran, daß er Freude daran hatte, Dir ein besseres Leben zu ermöglichen. Damit gab er seinem Leben einen Sinn. Du gibst seinem Leben einen Sinn. Und meinst Du, er wollte, daß Du traurig bist und von Deinen Erinnerungen gequält wirst? Ich bin sicher, er wollte, daß Du lächelst. Und er wollte, daß Deine Augen strahlen wie vorhin, als wir gemeinsam neue Gesten gesucht haben. Denke an ihn, wenn Du diese Träne siehst. Und lächle dann. Ihm zuliebe."


    Wenn sie so viel Freude am Garten hatte, vielleicht sollte er Dina dann sagen, daß sie Tilla möglichst viel zu Gartenarbeit einteilen sollte? "Würdest Du gerne hier im Garten arbeiten, Tilla? Wenn Du so gerne hier bist und hier so viele schöne Dinge entdeckst?"

  • Ein Sklave kann und darf sich gegen seinen Herrn nicht wehren. Sie nickte.. sie waren so viele Sklaven gewesen, da hätte man auch gemeinsam etwas gegen machen können. Die Angst vor dem Herrn war größer gewesen. Sie sah Ursus von der Seite her an. Ja, sie hatte wirklich viel Pech gehant.. und jetzt hatte sie das Glück auf ihrer Seite. Hier war es um einiges angenehmer als auf der Straße. Die Sorgen und Gedanken um die nächste Schlafmöglichkeit, ob sie was zu essen oder wärmere Kleidung auftreiben würde, waren nicht mehr so arg präsent.


    Tilla folgte seiner Hand, die ihr imme rnäher kam und liess ihn die Träne ergreifen. Unbewusst umklammerte sie die Hand, die sie schon bei sich hatte etwas fester und hielt sich daran fest. Und meinst Du, er wollte, daß Du traurig bist und von Deinen Erinnerungen gequält wirst? Wieder schüttelte sie daraufhin den Kopf. Ein paar Tränen tropften aus ihren Augen, sie knetete mit den Zähnen ihre Unterlippe. Ausgerechnet jetzt sprudelten ihre Gefühle in Form von Tränen über. Mit der anderen Hand wischte sie die Tränen fort. Ich wollte zuerst nicht gehen.. aber er hat gesagt ich muss. Er hat mich bis vor die Tür gebracht, mir die Träne in die Hand gedrückt und gesagt. 'lLauf, so schnell du kannst! Lauf in die Sonne hinein. Da ist dein neues Leben.' Schniefend zog sie die Nase hoch, wischte die Tränen beiseite. Als ich stehenblieb und zurück sah war die Tür schon zu. fügte sie hinzu. Sein Vorschlag zu einer Arbei im Garten ging völlig unter...

  • Jetzt weinte sie auch noch! Um der Götter Willen! Noch nie konnte ein Mann mit den Tränen einer Frau umgehen! Nicht zu dieser Zeit und nicht zu irgendeiner anderen Zeit. Er ließ ihren Halsschmuck los und griff dafür nach dem Tuch auf dem Tablett. Es war eigentlich dafür da, sich die Finger sauber zu wischen beim essen. Zum Glück war es noch relativ sauber und so tupfte er damit ihre Tränen von den Wangen und gab ihr anschließend das Tuch.


    Hilflos rang er nach den richtigen Worten. Leider hatte er kaum etwas von dem verstanden, was sie ihm hatte sagen wollen. Es hatte etwas mit Laufen und der Sonne zu tun. Es war wohl etwas, was dieser Sklave ihr gesagt hatte. "Und hatte er nicht recht?", fragte Ursus schließlich und hoffte, damit nicht ganz und gar daneben zu liegen. Wenn sie doch nur aufhören würde zu weinen!

  • Immer noch weinend und leise schniefend, liess sie es geschehen, dass Ursus ihr die Tränen aus dem Gesicht wegtupfte und nahm das Taschentuch dankbar in die Hand, um dies selbst fortzusetzen. Sie liess seine große Hand los und prustete ins Taschentuch. Tilla musste jetzt ganz schrecklich verheult aussehen.. aber was konnte sie schon für ihre übersprudelnden Gefühle? Es tat gut das alles zu sagen bzw zu gebärden, damit sie es einmal los wurde. Heftig nickend bestätigte sie seine Frage und prustete noch einmal ins Taschentuch hinein. Mit verweintem Blick ergriff sie die Wachstafel.*Ja, würde ich echt gerne... die Kaninchen brauchen einen Stall für sich, weil die Mama bekommt bald Kinder. Ihr Bauch ist schon soooo dick. Wenn ich ganz langsam näher komme und mich still hinlege, ißt sie Klee und Löwenzahn.. und die Möhren. Niki sagt dauernd zu mir, ich soll die Möhren essen, aber die Hasenmama braucht doch auch Möhren.* Schniefend zog sie die Wachstafel rüber, doch ein schwaches Lächeln zeigte, dass sie dabei war sich erneut zu beruhigen.

  • Na, wenigstens versiegten die Tränen langsam und sie wechselte das Thema. Hoffentlich dachte nicht irgendwer, er hätte dem Mädchen was getan, wenn sie so verweint zu den anderen zurück ging. Das wäre wirklich schlimm, denn er war ja noch nicht lange genug hier, daß die Sklaven ihn kennen könnten.


    "Das mit dem Stall läßt sich sicher einrichten." Obwohl sie dann sicher traurig wäre, wenn die Kaninchen nach und nach in die Küche wanderten. Aber das war der Lauf der Dinge und das mußte sie eben auch lernen.


    So wie sie sich über die Kaninchen äußerte, wirkte sie sehr kindlich. Aber sie war ja auch fast noch ein Kind und durfte auf der Straße sicher nicht kindlich sein. Im Umgang mit den Tieren holte sie dies nun nach. Und warum sollte man ihr die Freude nicht lassen? Von den Tieren würde sich sicher niemals verraten werden.


    "Du solltest trotzdem Möhren essen. Es sind ja genug da, daß sie für Dich und das Kaninchen reichen. Also, dann wirst Du im Garten arbeiten. - Kennst Du Dich schon ein wenig mit Gartenarbeit aus? Hast Du sowas schon mal gemacht?" Er mußte doch wissen, ob er sie noch anlernen lassen mußte, bevor sie durch Unwissenheit den herrlichen Garten ruinierte.

  • Huch.. sie musste sich verhört haben. Hatte Ursus wirklich dem Stall für die Hasen zugestimmt? Das schwache Lächeln wurde breiter, die verschlossene Miene weicher, ihre dunklen Augen heller. Tilla wischte sich ganz schnell die Tränenspuren aus dem Gesicht und klatschte in die Hände. Auja.. und du musst mir helfen. Bitte, Ursus. bettelte sie, wandte sich ihm zu. Du bist wirklich weise, Ursus. Tilla nickte mit dem Kopf. In Ordnung, dann esse ich die Möhren, aber nur, weil du es gesagt hast. Zum wiederholten Male akzeptierte sie eine Anweisung, die von ihm stammte. Auch wenn er ein Mann war, der ihr beim ersten Aufeinandertreffen noch ziemlich Angst gemacht hatte.


    Die Aussicht, die Kaninchen weiterhin betreuen zu dürfen war wirklich toll. Ich hab mal geholfen, Heu zusammenzurechen, wenn die Wiese gemäht wurde. Nüsse pflücken und Weintrauben ernten gehörte zum Garten. Und oh.. der Fischteich, ganz viele Fische und Frösche mit dem Netz herausangeln. Sie stand bereits vor der Bank, versuchte mit erklärenden Bewegungen die Tätigkeiten darzustellen. Rosen zurückschneiden. Laub zusammenkehren. Mit geröteten Wangen beendete sie ihre Gesten, sah ihn an.

  • Ursus schüttelte entschieden den Kopf. "Beim Bau des Stalls? Sicherlich nicht. Dafür haben wir hier Sklaven, die sich wirklich mit so etwas auskennen." Das klang nun wahrhaft patrizisch. Soweit kam es noch, daß er einen Hasenstall baute! Aus dem Alter war er nun wirklich schon heraus!


    Von ihren Gesten zur Gartenarbeit verstand er wieder nicht alles. Doch ihre Kenntnisse schienen eher rudimentär zu sein, wenn er es recht verstand. "Es wird Dir jemand zeigen, was hier zu tun ist. Und nach einer Weile weißt Du dann von alleine Bescheid. - Achja, und die Fische hier sind nicht zum fangen. Die sind zur Zierde." Nicht, daß sie anfing, die bunten Zierfische herauszufischen.


    Wie sie aussah! Eifrig gerötete Wangen zu den völlig verweinten Augen! Sie war ein hübsches Mädchen, aber im Moment sah sie wirklich ein wenig mitgenommen aus, auch wenn sie endlich wieder etwas fröhlicher schien.

  • Och... warum wollte er nicht helfen?? Jetzt hatte sich alles wieder umgekehrt. Er belehrte sie und sie musste gehorchen. Och... Nur kurz trübte sich Tillas Miene. Dann frag ich eben die Dina, ob sie mir hilft. Oder Brix. Ich gehe sie gleich fragen... erwiderte sie, zeigte die Anfangsbuchstaben der anderen beiden Sklaven vor. Du kannst es mir doch auch beibringen. Du bist doch auch ein Lehrer, du sagst so viel weises.


    Ihre verweinten Augen wurden groß. Wie? Er dachte, sie würde die Fische herausholen? Es gibt wirklich einen Fischteich? Wo ist er denn? Ich dachte immer Dina beliebt zu scherzen. Zeigst du ihn mir? Tilla drehte sich, spähte in alle Richtungen des Gartens, verdrängte regelrecht, dass sie reichlich erschöpft vom ganzen Auf und Ab ihrer Gefühle war. Ursus.. wo ist denn der Teich? Gibst dort Kaulquappen? Frösche?

  • "Ein Lehrer?", staunte Ursus und war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. "Nein, ich bin kein Lehrer. Ganz im Gegenteil, ich lerne noch. Abgesehen davon, daß man immer lernt, lerne ich auch noch als Schüler, verstehst Du? Und vom Bauen eines Stalles habe ich wirklich keine Ahnung. Ja, frag Brix, der kennt sich damit vielleicht aus."


    Ihre großen Augen gaben ihr wieder einen sehr kindlichen Ausdruck. Staunend und mit dem Wunsch zu glauben, was immer er sagte. "Den Fischteich findest Du schon, jetzt wo Du weißt, daß es ihn gibt. Es ist doch viel schöner, wenn es noch etwas zu entdecken gibt, oder? Und nein, Frösche gib's da nicht. Auch keine Kaulquappen." Das Gequake wollte schließlich niemand haben, da die Biester ja vor allem nachts Lärm machten.

  • Oh doch, du bist ein Lehrer. wiederholte Tilla ihm gegenüber beharrlich. Als Lehrer kannst du doch auch lernen. Nickend zeigte sie das 'B' für Brix vor, tippte sich selbst auf die Brust und deutete zur Villa rüber. Ist ja gut. ich gehe ihn fragen, wenn du nicht willst.


    Sie sah sich um. Na gut, dann suche ich den Fischteich. Die Kaninchen habe ich auch alleine gefunden. Aber du darfst den anderen aber nichts davon sagen, dass die Hasenmama einen dicken Bauch hat. Sonst kommen sie her, stören sie und nehmen ihr die Babys weg. Dann wird die Hasenmama ganz traurig. Für 'traurig' deutete sie unsichtbare Tränen an, die sie fiktiv über die Wangen rollen liess. Vor wenigen Momenten hatte sie selbst bittere Tränen geweint. Versprochen? Wie sie es mal gesehen hatte, kreuzte sie den Zeigefinger über dem Mittelfinger. Ganz gespannt und mit schiefgelegtem Kopf sah sie Ursus an. Nie und nimmer hätte sie sich erträumt ihn sowass zu fragen und auch abzunehmen. Und wenn es ihr einer gesagt hätte, dass ihr 'Gespräch' so aussgehen würde. Sie hätte ungläubig den Kopf geschüttelt. Tilla trat aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. Bald wollte sie den Fischteich suchen gehen.

  • Es war ihr wohl nicht auszureden, daß er kein Lehrer war, also ließ er es. Sollte sie es doch glaube, das schadete doch niemandem. Und es sorgte dafür, daß sie ihm Respekt zollte. Auch das war gut, denn eigentlich war er schon viel zu persönlich mit ihr umgegangen. Nicht, daß sie es noch falsch verstand.


    Aber bisher hatte er den Eindruck, daß sie eher kindlich an ihn heranging. Und das war ihm im Moment auch ganz recht. Bat sie ihn da gerade, Schweigen über das schwangere Karnickel zu bewahren? Das ließ ihn schmunzeln, was widerum eine ganz und gar untypische Regung für ihn war. Irgendwie brachte dieses Mädchen ihn dazu, viel sanfter und freundlicher zu sein, als sonst.


    "Ich werde sie nicht verraten. Und bald bekommt sie ja einen Stall, dann ist sie sicher. Brix ist bestimmt der richtige Mann dafür. Und wenn nicht er, dann weiß er, wer es kann." So gut kannte er sich mit den Fähigkeiten der Sklaven auch nicht aus, dafür war er einfach zu lange fort gewesen.


    "Geh nur", lächelte er und nickte ihr auffordernd zu. "Ich lasse Dir morgen dann Bescheid sagen, damit wir den Unterricht fortsetzen, ja?"

  • Tilla wagte einen kurzen Blick in seine Augen, um zu schauen, ob erwirklich schweigen würde. denn noch nie hatte sie Hasenbabys aufwachsen sehen.. und darum würde es eine interessante Beobachtung sein. Sie klatrschte in die Hände und hob den Daumen. Prima, ich freu mich. Wenn du mich nicht im Hause in Dinas Nähe findest, bin ich ganz bestimmt schon im Garten. verriet sie ihm mit einem Lächeln. Dann endlich drehte sie sich um, trabte los und machte sich auf die Suche nach dem mysteriösen Fischteich.. Wo war er denn blos?

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