• Nach beinahe vierzehn Stunden Schlaf war ich mit bester Laune aufgestanden. Hinter mir lagen Wochen der Recherche. Ich hatte viele Stunden in meinem officium verbracht und war oft außer Haus gewesen, um tabularium oder Vestalinnen aufzusuchen oder mich mit meinen Kollegen zu treffen. Jene würden später am Tag zu einem kleinen Gastmahl hier eintreffen.


    Ich hatte mich ankleiden lassen und jemandem den Auftrag gegeben, mir ein verspätetes Frühstück in den Garten bringen zu lassen. Im Sonnenschein saß ich nun also auf dem xystus, kniff die Augen ob des hellen Lichts ein wenig zusammen und ließ mir das erste Mahl des Tages kredenzen. Dina, welche mich bedient hatte, trug ich auf, mir die neue SKlavin zu schicken. Ich hatte bisher nicht die Zeit gefunden, mich mit ihr zu beschäftigen. Zu viel war zu erledigen gewesen. Dina verbeugte sich und huschte davon, während ich es mir schmecken ließ. Käse und moretum machten das ientaculum zusammen mit nur leicht gesalzenem Brot zu einer schmackhaften Frühstück. So wartete ich denn darauf, dass Dina zurück kam und die neue Sklavin mir vorstellig werden würde.



    Sim-Off:

    Tilla? Und später vielleicht Ursus? :D

  • Der Herr wollte sie sehen! Es war soweit! Mit zitternden Fingern strich sie ihre saubere kirschfarbene Tunika glatt und überprüfte im blauschillernden Wasserbecken ihre Frisur, die sie zu einem dicken Zopf geflochten hatte. Einige schwarze Strähnen hingen ihr seitlich herunter, aber nur, weil sie noch zu kurz waren, um richtig hinter die Ohren gestrichen werden zu können. Von Spangen, Haarklammern oder ähnliches wusste sie nichts, zu selten verliess sie das Haus.


    Dina schenkte ihr einen aufmunternden Blick und drückte auch ihre schmale Schulter. Tilla verliess an ihrer Seite das Haus, näherte sich mit kleinen Schritten der Terrasse und beobachtete Marcus beim Frühstücken. Die Tafel und Schreibzeugs hatte sie mit, hielt es fest an ihre Brust gedrückt. Beim Anblick der Käsewürfel wurde ihr Mund ganz trocken. Erst neulich hatte sie von dieser Leckerei probiert. Käse war unheimlich lecker.. und sättigend. Tilla schluckte und blieb in respektvoller Entfernung kurz vor ihrem Herren stehen. Ein scheues, schüchternes Lächeln zierte ihre Mimik, wie immer, wenn sie auf Menschen stiess, die ihr noch fremd waren, auch wenn sie bereits mit ihnen unter einem Dach lebte.

  • Während Dina sich darum kümmerte, dass die neue Sklavin herbei kam, aß ich in aller Seelenruhe weiter. Caecus fächelte einige vorwitzige Wespen beiseite, die auf den Honig aufmerksam geworden waren, und lächelte Tilla aufmunternd zu. Auch ich bemerkte nun, dass die gewünschte Sklaven zugegen und in einigem Abstand stehen geblieben war. Zum ersten Mal musterte ich sie eingehender. Die Sonne ließ die frische tunica leuchten und ihre helle Haut seidig schimmern. Ihr Haar schien mehr zu glänzen als noch vor ein paar Tagen auf dem Markt.


    Eben noch hatte ich im Kauen inne gehalten, doch jetzt setzte ich es fort und widmete mich für einige Sekunden wieder ganz dem Frühstück. Ein weiteres Stück Käse fand seinen Weg in meinen Mund., nachdem ich es kurz zwischen Daumen und Zeigefinger gedreht hatte. Erneut sah ich Tilla an und meinte an ihrem Blick zu erkennen, dass sie dem Käse nicht abgeneigt war. Schmunzelnd und ohne den Blick von ihrer Erscheinung zu nehmen, griff ich erneut nach einem Käsewürfel und hielt ihn ihr entgegen. Die Sklavin erinnerte mich an eine ängstliche Stute, die man locken musste, ehe sie etwas sagte. Dass sie stumm war, hatte ich bereits wieder vergessen - es war als Nichtigkeit schlicht im Strudel der wichtigen Dinge untergegangen. Ohne Worte und mit leicht gebeugtem Arm wartete ich, dass die Sklavin näher trat.

  • Sie erkannte einen weiteren Mann der bei Marcus stand und der machte etwas mit einem komischen Ding, das er auf und ab bewegte. Interessiert sah sie dem sich bewegenden Ding zu, bis sie sich daran erinnerte wo sie war. Errötend darüber, dass sie sich so schnell ablenken liess, sah sie zu Boden, blickte aber wenige Sekunden zu ihrem Herren wieder auf.


    Dieser hielt ihr jetzt ein Stück Käse entgegen und blickte sie auch noch unverwandt an. Tilla wackelte mit den Zehen, schluckte abermals. Mhm, was sollte sie tun? Immer noch hielt sie die Tafel fest. Sie trat ein, zwei Schritte vor, stand dann aber noch zwei Schritte zu weit weg, um den Käsewürfel einfach so anzunehmen. Wollte er etwas gegen den Käse haben? Sie setzte eine fragende Mimik auf. Ah.. sie hatte eine Idee. Tilla nestelte einen ihrer Lederbeutel auf und zog eine kleine Schachtel hervor, deren Deckel mit ganz vielen Löchern übersät war. Diese Schachtel legte sie auf ihre flache Hand und hielt sie ihm entgegen. Käsewürfel gegen zwei lebende rot-schwarze Marienkäfer? Tilla sah immer noch fragend drein, klemmte die Schreibtafel unterm Arm fest.

  • Während ich, noch kauend, darauf wartete, dass die serva das ihr dargebotene Stückchen italischen Hartkäses annahm, schien sie immer noch unschlüssig zu sein, was ich von ihr wollte. So zumindest sah es aus. Ich machte eine kleine Geste mit dem Käse, die ihr verdeutlichen sollte, dass ich darauf wartete, ihn loszuwerden. Doch sie sah mich weiterhin nur fragend an, bis sie eine Idee zu haben schien. Ich war bereits im Begriff, die Hand mit dem Käse sinken zu lassen, als sie eine löchrige Schachtel irgendwo aus einem Beutel hervorholte und mir entgegen hielt. Überrascht und skeptisch zugleich betrachtete ich die Schachtel und ließ den Käse derweil ganz sinken. "Was ist das?" fragte ich sie schließlich. Ich legte das Käsestück auf ihre Handfläche neben die Schachtel und nahm selbige dann zur Hand. Ehe Tilla protestieren konnte, hob ich den Deckel an. In der Schachtel saß ein kleiner roter Käfer mit schwarzen Punkten. Ein Grinsen zeigte sich auf meinem Gesicht. Im gleichen Moment breitete der zweite Käfer, welcher unter dem Deckel gesessen hatte, seine kleinen Flügel aus und flog davon. Vermutlich war er froh, endlich wieder frei zu sein.


    Ich wandte den Kopf und sah die Sklavin erneut an, indes schloss ich den letzten Marienkäfer wieder in seinem Gefängnis ein und legte die Schachtel zwischen ihr und mir auf den Tisch. "In diesem Haus musst du nichts gegen Essen eintauschen. Du wirst bekommen, was du benötigst. Die Köchin heißt Niki, sie kümmert sich um eure Verpflegung", erklärte ich sodann und brach erneut ein Stück Brot. "Setz dich", forderte ich die Sklavin auf und deutete auf einen der drei freien Stuhl. "Erzähl mir etwas von dir."

  • Sie konnte ihm die Frage nicht beantworten... doch sie sah ihm an, dass er die Schachtel von selbst aufmachen würde. Geduldig wartete sie und freute sich über das Grinsen, welches da über sein Gesicht huschte, sowie über den Käse, den sie auf die Hand gelegt bekam. Na, es ging doch alles gut. Stumm sah sie dem wegfliegenden Marienkäfer nach, aß den Käsewürfel auf und sah asbald wieder zu Marcus rüber. Der legte soeben die Schachtel auf den Tisch.


    Tilla trat die restlichen zwei Schritte näher und nahm ihren Schatz wieder an sich. Sie musste nichts gegen Essen eintauschen? Ja, das war ihr klar. Nur, sie hatte gedacht, dass Marienkäfer gegen Käsewürfel kein schlechtes Geschäft waren. Mit der Schachtel in der Hand nahm sie auf einem Stuhl Platz und legte die Tafel auf die Knie. Jetzt sollte sie erzählen. Nur einen kurzen Moment kaute sie auf dem Griffel herum, bevor sie anfing zu schreiben. *Tilla bin ich. Von der Straße komm ich her. Ich bin stumm, keine Stimme und Zunge mehr hab. Tafel und Stift ersetzen das Verlorene. Gebärden für eine Zeichensprache lernte ich von den Straßenkindern.* Tilla legte die Tafel auf den Tisch und schob sie Marcus rüber. Danach öffnete sie die Schachtel und liess auch den zweiten Marienkäfer frei.

  • In den wärmenden Strahlen der Sonne glitzerten die auf dem Tisch stehenden Flüssigkeiten geheimnisvoll und einladend. Ich ließ mir kühles Wasser nachschenken und betrachtete die bläulichen und roten Lichtreflexe, welche die Sonne durch das ägyptische Glas und den wässrigen Inhalt auf den Tisch zeichnete. Die Tatsache, dass die Sklavin meiner Aufforderung nicht nachkam und zu sprechen begann, sowie das Geräusch eines stilus auf Wachs lenkten meine Aufmerksamkeit schließlich neuerlich auf das Mädchen, was indes herangekommen war und sich gesetzt hatte. Mein Blick fiel auf die Tafel, und dann fiel mir ein, dass der Händler gesagt hatte, die Kleine könnte nicht sprechen. Ein Seufzer kam über meine Lippen, und ein Stück saftiger Pfirsich fand seinen Weg in meinen Mund, während ich das Mädchen beim Schreiben betrachtete.


    Sie schien sich geraede mitten im Reifungsprozess zu befinden und würde gewiss einmal eine ansehnliche Frau werden. Ich winkte Caecus näher heran, damit er mehr Luft fächelte. Dann ergriff ich die Tafel, welche mir die Sklavin entgegen geschoben hatte, und las die wenigen, darauf befindlichen Worte. Mit erhobener Braue legte ich die Tafel wieder fort und musterte das Mädchen. Tilla hieß sie also. Nur wie sollten wir miteinander kommunizieren? Nachdenklich kratzte ich mich hinter einem Ohr. Ich hatte kein Interesse daran, irgendwelche Handzeichen zu lernen und wollte auch nicht bei jeder Anweisung ewig lange warten müssen, bis sie ihre Worte in das Wachs geritzt hatte. Ob ich sie zu Niki in die Küche schicken sollte? Die Köchin hatte ohnehin darüber geklagt, dass sie mit den Küchenklaven bei Gastmählern und Feiern nicht hinterher kam mit dem Zubereiten und Anrichten der Speisen. Andererseits hatte ich das Mädchen gekauft, damit sie ein Auge auf die femdländischen Gewächse hatte, welche ich im Garten sammelte. Nachdenklich musterte ich die Kleine, die den Marienkäfer frei ließ und dabei so unschuldig wirkte, dass sie mich unwillkürlich an Sisenna erinnerte....was mich zu der Frage brachte, wie alt die Sklavin war.


    "Hm. Du kannst also nicht sprechen, das hatte ich vergessen. Das macht natürlich einiges nicht gerade leichter. Handhaben wir es vorerst so, dass du nickst, wenn du verstanden hast, und den Kopf schüttelst, wenn du etwas nicht verstehst oder nein sagen möchtest. In Ordnung?" fragte ich Tilla.

  • Der freigelassene Käfer flog einmal um sie herum, dann auf den Mann zu, der das Ding bewegte und unter ihm hinweg.. dann war er fort. Tilla schloss die leere Schachtel, sah zu Marcus herüber, der scheinbar erst jetzt wieder auf sie aufmerksam wurde.


    Mit einem Nicken bestätigte sie seine Worte und zog die Wachstafel wieder zu sich, um sie sauber zu wischen. Mit den Fingerspitzen säuberte sie den Griffel, legte ihn hin. Nun ruhten ihre Hände auf der Tischkante. Die Füße verschränkte sie ineinander. So war es bequem zu sitzen. Mit schief gelegtem Kopf beobachtet sie das Ding und spitzte ihre Ohren. Es machte ein Geräusch... beinahe klang es wie Wind. Dabei war es gar nicht windig. Egal... es schien ihrem neuen Herren sehr wohl zu gefallen, was der Mann mit dem Ding machte. Unbewusst kratzte sie an einem Mückenstich herum, der sich am Ellenbogen befand. Vielleicht sollte sie sich mal ein Insektennetz 'besorgen'. Tillas Blick wanderte zu den Getränken auf dem Tisch. Vorhin hatte sie selbst noch Orangensaft getrunken...

  • Ihr Nicken war die einzige für mich verwendbare Geste, bedeutete sie doch Bestätigung im Verständnis meiner Worte. Wenn sie gar den Kopf geschüttelt hätte, so wäre sie ohne Umschweife als weitere Magd in die Küche gekommen, meine Zeit hätte ich dann nicht weiter vergeudet. So aber, da sie des Lateinischen im Sprechen, Schreiben und Lesen mächtig war, bot sich vielleicht noch andere Verwendung für die Kleine.


    Ich köpfte ein hartgekochtes Ei und löste die Kalkschicht, während ich fortfuhr. "Sehr gut, dann wäre das geklärt. Der Händler pries dich als begabt an, was Pflanzenpflege und das Musizieren betrifft. Ich hoffe doch sehr, dass es nicht nur hohle Worte waren, denn ich suche schon seit einiger Zeit eine Sklavin sowohl für meine Nichte als auch für meine Sammlerpassion, obwohl du vom Alter her besser zu meiner Base zu passen scheinst. So zeige mir denn, Tilla, wie alt bist du? Welche Fähigkeiten beherrscht du in jener Güte, die einen Gast nicht verschreckt?" fragte ich das Mädchen. Anschließend aß ich ein Stück Ei und deutete Caecus kauend, mir Wasser nachzuschenken. Der Tisch war angefüllt mit Köstlichkeiten, und während ich schon überlegte, was ich als nächstes Essen wollte, wartete ich auf die Antworten des Mädchens, die zweifelsohne wieder in Schriftform kommen würden.

  • Schon kam die nächste Frage aus seinem Mund. Tilla überlegte ob sie die Tafel nehmen sollte. Sie konnte aber auch die Hände nehmen. Um nichts falsch zu machen, beschloß sie lieber auf die Tafel zu schreiben. Vielleicht gab es dann noch ein Stück Käse?! Nur einen Moment lang sah sie mit an wie er sich über das Ei hermachte.


    *Ich bin 15 Lenze jung, werde bald 16. Man sagte mir, immer dann, wenn es auf dem Markt Kürbisse zu kaufen und Kürbissuppe gibt, werde ich älter. Nun, Blumen giessen und im Garten helfen kann ich ganz gut. Vom Musizieren wurde ich oftmals zu meinem Bedauern abgehalten. Ich kann Schreiben, Lesen, Einkaufen, Botengänge erledigen.* Ihren Hang zu Diebstählen, verriet sie lieber noch nicht, auch wenn es ihr des eine oder andere Mal in den Fingern juckte. Die übrigen Talente behielt sie ebenfalls für sich, jedenfalls das, was die sogenannten 'Straßenfertigkeiten', Selbstverteidigung, Klettern, Rennen, Reiten betraf. *Verzeiht meine Frage, Herr, ich kenne noch nicht alle Bewohner in diesem Hause. Wer ist denn eure Nichte und eure Base? Was ist eure Sammlerpassion? Ich mag die blühende Natur und Tiere.* Kaum fertig mit dem Schreiben lag die Wachstafel wieder vor ihrem Herrn. Tilla wagte ihn schwach lächelnd anzusehen, versuchte den juckenden Mückenstich zu ignorieren.

  • Ich nahm die Tafel und las, was Tilla darauf geschrieben hatte. Allerdings runzelte ich die Stirn. Kürbisse und Kürbissuppe? Sie musste den Flaschenkürbis meinen, den aber konnte man doch das ganze Jahr über erwerben? Ich schüttelte leicht den Kopf, um die Irritation loszuwerden, dann las ich weiter. Blumen gießen und im Garten helfen konnte sie also wirklich, musizieren eher nicht. Ich seufzte. Vielleicht konnte Prisca dennoch etwas mit ihr anfangen. Nachdenklich sah ich kurz in den Garten, ehe ich die Frage las.


    Schmunzelnd blickte ich sodann auf. "Prisca ist meine Nichte. Ich gehe nicht davon aus, dass du sie bereits gesehen hast. Und meine Cousine heißt Sisenna. sie ist fünf Jahre alt", erklärte ich. "Du wirst beide noch kennenlernen. Nachher wirst du aber erst einmal gezeichnet werden, damit dich jeder als aurelischen Sklaven erkennen kann", fuhr ich fort. Unvermittelt erhob ich mich sodann. "Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen", forderte ich Tilla sodann auf und verließ den Frühstückstisch, um auf einem schmalen, mit Natursteinplatten ausgelegten Gartenweg eben jenen zu betreten. Ich steuerte eine Gruppe dreier mickrig wirkender Bäumchen an, die in der vollen Sonne lagen und dennoch nur wenige Blätter besaßen. Ein Sklave harkte gerade den Boden um die Bäumchen. "Das dort sind Sykomoren aus Africa, die leider nicht gedeihen wollen. Sie brauchen besondere Pflege und die richtige Menge an Wasser", erklärte ich im Näherkommen. Verträumt hoppelte ein Kaninchen fort, das zuvor an einem jungen Trieb gekaut hatte. Ohne dass es einer Aufforderung bedurft hatte, ergriff der Sklave nun seine Harke und setzte dem Tier nach. "Kaninchen sind eine Plage", sagte ich. "Es ist mir immer wieder ein Rätsel, wie sie es bis nach Rom hinein und in unsere Gärten schaffen. Selbst die Hunde werden ihrer nicht Herr. Nun ja. Eine deiner Aufgaben wird sein, dein Können an diesen Pflanzen zu beweisen. Sie sind nicht die einzigen Exoten in diesem hortus, aber dich sollen vorerst nur die Sykomoren beschäftigen." Nun wandte ich mich wieder um und machte mich auf den Weg zurück zum Frühstückstisch. Man würde ja sehen, wie gut die Sklavin ihr Handwerk beherrschte. Vorerst aber musste sie sich zeichnen lassen. Der Tätowierer war eben eingetroffen, richtete mir Caecus aus, nachdem ich mich wieder gesetzt hatte. "Sehr gut", entgegnete ich. "Tilla, gehe mit Caecus ins Peristyl. Alles weitere klären wir dann später, wenn du wieder hierher kommst."

  • Sie konnte in seiner Mimik sehr gut lesen, irgendwie schien er wenig befriedigt über ihre Antwort zu sein. Das Schmunzeln auf seinem Gesicht beruhigte sie. Aufmerksam hörte sie zu. Zu einer Begegnung mit Prisca schüttelte sie den Kopf, ein breiteres Lächeln bestätigte, dass sie Sisennas Stimme zumindest mal gehört hatte. Fünf Jahre erst war die Kleine? Eifrig nickend stimmte sie dem Vorschlag zu, die beiden kennenlernen zu wollen.


    Da erhob er sich. Tilla folgte ihm nach in den Garten. Was waren denn das für seltsame Bäume? Sie hob eine schmale Hand, berührte die Rinde, befühlte die Blätter. Da war einer anwesend, der sich um die Erde kümmerte. Tilla nickte Marcus zu und weitete entsetzt die Augen, als der andere plötzlich dem Kaninchen nachjagte. Heda.. das Tier hatte doch gar nichts getan. Ihr Herr sollte froh sein, dass die Kaninchen wenigstens den Rasen 'mähten'. Sie schickte dem Kaninchen-Jäger einen bösen Blick hinterher und folgte innerlich grummelnd zum Tisch zurück.


    Tilla hatte gar keine Zeit zur Wachstafel zu greifen, um zu schreiben, denn Marcus schickte sie wieder fort. Tätowierer? Zeichnen? Hatte sie was überhört? Ihr blieb nichts anderes übrig, als gehorsam zu nicken und Caecus ins peristyl zu folgen. Was bloß würde die Zeichnung sein? Sie war doch schon mit ihrer Stummheit gezeichnet. Ein kleiner Schauer rann ihr trotz der Sonne über den Rücken. Langsam nahm sie die Tafel an sich, trat zurück vom Frühstückstisch.

  • Hanno, der Tätowierer, wartete bereits. Am frühen Morgen hatte er noch eines der letzten Fläschchen Tinte ergattert, zu einem horrenden Preis, da das Zeug langsam knapp wurde. Hatte die acta ja auch geschrieben. Gerade legte er sich seine Utensilien zurecht, als die Sklavin heran kam. "Bist du die, die ich zeichnen soll?" fragte er das Mädchen. Die war bestimmt nicht älter als achtzehn, wenn überhaupt, dachte er. Ab und an pustete er in das kleine Becken mit den glühenden Kohlen. Das Eisen, in der er die Nadeln zu den richtigen Buchstaben zusammenstecken wurde, musste erhitzt werden. Auf diese Weise minimierten sich Geschwüre und Ausschläge, die später von der Tatowirung ausgehen würden. Hanno drehte das Eisen herum. "Wo sollst du es hin haben, Nacken, Schulter, Ohr?" fragte er in geschäftsmäßigem Tonfall.

  • Caecus führte sie zu einem anderen Mann rüber und bedeutete ihr vorzugehen. Sie merkte nicht, dass er ihr den Fluchtweg versperrte. Tilla wurde den Utensilien, dem Becken mit den Köhlen gewahr. Sofort schnappte sie nach Luft, als sie die Eisenspitzen und Nadeln sah.


    Ohne nachzudenken, was ihre Antwort auslösen konnte, nickte sie. Jetzt fragte er sie auch noch wo sie die Zeichnung hin haben wollte. Hatte sie jemals eine Wahl gehabt? Die Panik ergriff sie. Unbewusst rieb sie sich den bloßen Nacken, wich nicht gerade wenige Schritte vor Hanno zurück, bis sie direkt gegen Caecus stiess. *Nein.. ich will das nicht.* gestikulierte Tilla atemlos, schüttelte mit den Kopf. Doch dieser brachte sie wieder zurück. Er war auch noch stärker als sie. Sie konnte sich seinem eisernen Griff an den Schultern nicht entwinden. Mittlerweile höchst aufgeregt zappelnd versuchte Tilla sich loszureissen, um dem Kommenden zu entkommen... *Nein.* bettelte sie.

  • Hanno tauschte einen missmutigen Blick mit Caecus. Jener sah Tilla entschuldigend an und sah zu ihr hinunter. Er hielt sie sanft fest, als sie in Panik geriet. "He... Du hast Angst, nicht?" fragte er sie und drehte den Kopf, um ihr seinen Nacken zu zeigen, der unterhalb der tunica ebenfalls tätowiert war. M. Aurel. Corv. stand dort. "Fürchte dich nicht, es tut nur kurz weh, dann ist alles vorbei." Davon, dass die kleinen Stichwunden etwas schmerzen und anschwellen würden, sagte er nichts. "Ich bleibe bei dir und passe auf. In Ordnung?" fragte Caecus und blinzelte Tilla freundlich an. Hanno rollte mit den Augen. "Kann ich jetzt endlich anfangen oder was?" fragte er und nahm das Eisen zur Hand, in das er bereits die Nadeln gesteckt hatte, die den Namen des Besitzers ergeben würden. "Du kannst dich auch auf dem Arm zeichnen lassen, Tilla. Da ist die Haut dicker als am Nacken oder über dem Ohr, und es tut nicht so weh", schlug Caecus vor. An der Innenseite des Unterarms waren in letzter Zeit zwar keine Sklaven mehr gezeichnet worden, aber Tilla war noch jung und hatte Angst, also warum nicht?

  • Tilla nickte auf Caecus Antworten und sah mit schreckensgeweiteten Augen auf die Dinge, die Hanno in seinen Händen hielt. Ihr Blick wanderte auf Caecus Nacken, wo sein Brandmal zu erkennen war. Die Buchstaben waren sehr kurz und die Wörter recht knapp gehalten. Sie fürchtete sich so, trotz des Zuspruchs. Immer noch panisch vor dem Feuer-Becken zurückweichend musterte Tilla den großen Mann und schielte zu Hanno rüber. Die Tätowierung konnte auch an den Arm? *Nein* erwiderte sie gestikulierend. Denn sie brauchte ihre Arme zum Schreiben und am Ohr wollte sie es wirklich nicht... Sie liebte ihre langen Haare. Vielleicht konnte sie dem Kommenden noch entkommen? Tilla versuchte sich an Caecus vorbeizumogeln, wobei sie tief im Inneren wusste, dass sie kein Chance hatte. Ich will das nicht.* versuchte sie es erneut.

  • Caecus indes ließ nicht zu, dass Tilla sich verdrückte. Er hielt sie fest, blieb dabei aber so behutsam, wie es ihm möglich war. "Ich denke, wir nehmen den Oberarm. Den linken", sagte er zu Hanno. Das war eine Stelle, an der das Tätowieren nicht ganz so schmerzhaft war. Caecus rollte die tunica ein wenig weiter auf und sagte zu Tilla: "Schau nicht hin. Wenn man hinschaut, tut es nur noch mehr weh." Er würde Tilla nicht loslassen. Und Hanno hatte indes die Nadeln in der richtigen Reihenfolge angeordnet und war bereit. Auf ein Nicken Caecus' hin drückte er die groben, etwa anderhalb Zentimeter vorlugenden, heißen Nadeln mit aller Kraft in die unversehrte Haut Tillas. Caecus hielt sie fest. Dann zog Hanno die Nadeln aus dem Fleisch und legte das Marterwerkzeug fort. Augenblicklich bildeten sich Bluttropfen in den Einstichstellen. Hanno nahm einen Becher zur Hand, in der sich tiefschwarze Tintenfischtinte aus dem Rotmeer befand. Mit einem Läppchen rieb er die Flüssigkeit in die eben verursachten Wunden ein. Es musste höllisch brennen, würde in einigen Stunden aber nachlassen und spätestens morgen verschorft sein. Und sobald der Schorf abgefallen war, würde jeder an Tillas Oberarm erkennen, welchem Hause sie angehörte.

  • Caecus war nicht nur ein freundlich, er war auch sehr vorsichtig mit seiner Kraft. Tilla gab es auf zu entkommen und liess es ergeben zu, dass er sie festhielt. Jetzt entschied er für sie wo das Mal hinkommen sollte. Unbewusst aber stemmte sie sich mit den Füßen gegen den Mann, sah wie aufgefordert nicht hin und ignorierte Hannos Werkzeug so gut sie eben konnte. Nein! Nein!


    Sie liess einen lautlosen Schrei ab, als die Nadeln sich in ihren Arm bohrten. Schon schossen die Tränen wie Sturzbäche über ihre Wangen und heftige Schluchzer machten es ihr schwer zu atmen. Da eine winzig kleine Pause in hannos Tun herrschte, blickte Tilla doch noch hin.. was sie da sah gefiel ihr nicht.. Es tat so weh! Plötzlich machte Hanno weiter. Tilla zuckte regelrecht zusammen. Ihr wurde schwindelig vor Schmerz. Allmählich begann sie zu zittern, machte sich ganz schlapp. Mit verweinten Augen sah sie Caecus an, schickte einen stummen Hilferuf, bevor sie bewusstlos wurde. Sie sackte einfach in sich zusammen, schickte sich selbst in die endlose Schwärze hinein. Einige wenige Tränen kullerten hinter ihren geschlossenen Lidern hervor.

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