Alleine in der Taberna... oder auch nicht?!

  • Reatinus lächelte, als Pheaneas nach den Flausen der Legionäre fragte. Er musste diese Legionäre normalerweise zusammenscheissen, aber manchmal haben sie doch solchen Quatsch gemacht, dass der gebürtige Optio im Nachhinein darüber lachen konnte. "Hmm... alles Mögliche, würde ich sagen!", schilderte Reatinus scherzhaft, "Entweder sie machen Dreck, oder sie prügeln sich, oder sie peinigen die Rekruten, oder... ach, ich erinnere mich auch nicht mehr! Auf jeden Fall kriegen die dann einen Anschiss von mir, wie es sich gehört!". Es war eigentlich ein stinknormales Prinzip für den Optio: Machen sie Quatsch, kriegen sie einen Anschiss, wenn ein Offizier es merkt. Vielleicht war es einfach etwas, auf was die römische Disziplin baute. Das Prinzip schien zumindest zu funktionieren, sonst wäre Rom nicht so erfolgreich.
    Mit verstehendem Nicken lauschte Reatinus, wie Phaeneas ihm seinen Tagesablauf schilderte. Das klang nichtmal so eintönig, wie Reatinus es sich vorgestellt hatte. Vielleicht lag das aber auch nur an dem Herren des Mannes. Der Legat der Legio II... ein Mann, der wohl selbst viel zu tun hatte, weshalb auch ordentlich etwas auf die Sklaven zurückfallen konnte. Es wäre eine plausible Erklärung für Reatinus gewesen, der ja keine Erfahrung mit Sklaven hatte...
    Still saß Reatinus da und überlegte, was er denn überhaupt sagen wollte. Manchmal wollte ihm kein Gesprächsstoff einfallen, gerade dort, wo er ihn brauchte!


    Sim-Off:

    Sorry, hab den Thread verplant! -.^

  • Phaeneas überlegte: „Aber... du bist jetzt Optio. Du warst doch auch einmal einfacher Soldat. Hast du nicht solche Sachen angestellt?“ :]
    „...einen Anschiss von mir...“ Das konnte er sich nun schwer vorstellen, wie Raetinus, der fröhliche Raetinus, der die ganze Zeit schon so heiter wirkte, jemandem ernsthaft eine Standpauke hielt.
    Tja ... er wollte von einem Sklavenleben hören, also sollte er das auch. Phaeneas klang nachdenklich, als er die Worte wiederholte: „...peinigen die Rekruten...
    Das machen Sklaven auch manchmal, dass Neue oder Jüngere oder auch einfach Schwächere drangsaliert werden. Soll eine gute Methode sein, um Frust rauszulassen...“


    Phaeneas störte es nicht, dass sein Gegenüber erst einmal schwieg. Manchmal wusste man einfach noch nicht, was man auf etwas sagen wollte, oder man musste es erst noch einordnen, um überhaupt etwas damit anfangen zu können.
    Angst um fehlenden Gesprächsstoff brauchte sich Raetinus in diesem Moment aber nicht zu machen, schließlich stand die Rückfrage ja noch aus: „Und du, wie läuft bei dir in etwa ein Tag ab?“


    Sim-Off:

    Was ich prompt vergessen habe zu erwähnen:
    Jetzt versteh ich =)

  • "Natürlich habe ich das!", sprach Reatinus heiter und ein wenig nachdenklich wirkend, "Aber weißt du, die Legion ohne Offiziere, die Ordnung reinschaffen, stell dir das vor... sonst wären wir ja nur eine Saufgemeinschaft, die es nicht weit gebracht hätte!". Das war Reatinus Standpunkt zu dieser Geschichte. Manchmal machte er sich selbst Gedanken darum, wie die Legion wohl ohne Offiziere aussehen würde. Es gab ja schon Probleme, wenn man mal irgendetwas übersah. In der Legion war es nicht einmal so schwer, aus einem Regentropften ein Gewitter zu entfachen. Phaeneas schilderte dem Artorier, dass auch Sklaven sich gegenseitig schikanierten. Er blickte erstaunt auf. "Echt? Und euer Herr lässt das einfach so durchgehen?", fragte Reatinus, "Oder gibt es keinen bei euch, der nach dem Rechten sieht?". Klar, es waren Sklaven. Aber irgendjemand musste doch ein Auge auf sie werfen!


    Tja, Reatinus´ Tagesablauf... er war ein wenig anders, als der eines normalen Legionärs. Kaum verwunderlich, dass Reatinus das schätzte, denn es gab ja schonmal Abwechslung. "Mein Tagesablauf ist weder simpel noch kompliziert... morgens früher aufstehen als alle anderen, sich bereit machen, die Legionäre wachbrüllen. Danach auf den Exerzierplatz, Probati ausbilden, Legionäre trainieren und und und... nachdem das vorbei ist vielleicht ein wenig Organisatorisches und wenn dann noch ein wenig Freizeit bleibt, übe ich selbst, gehe raus - wie jetzt zum Beispiel - oder führe eine abschließende Stubenkontrolle durch. Oder ich bin kreativ und lasse mir was Neues einfallen.". Das waren eben die vielen Möglichkeiten eines Optios.

  • Na, eben. :] So wie Raetinus redete, könnte man schließlich fast glauben, er hätte seit jeher schon tadelloses Verhalten an den Tag gelegt.
    „Seltsam, nicht wahr, dass Menschen außerhalb jeglicher Kontrolle eher zum Chaos tendieren“, überlegte Phaeneas vor sich hin. „Ob da wohl ein Grundsatz dahintersteckt?“
    Huch, nun musste er erst einmal Raetinus’ Übereifer bremsen! „Halt, sei mal nicht so schnell mit dem Vermutungen anstellen. Ich wollte nur allgemein sagen, dass so etwas auch bei Sklaven vorkommt. Natürlich ist das nicht immer so. In unserer Familia“ – ach wie schön waren doch solche juristischen Begriffe! – „geht es friedlich zu.“ Das mit dem „nach dem Rechten sehen“ ließ er lieber mal beiseite... „Und wenn“ – die Betonung lag auf wenn„wenn jemand dergleichen praktiziert, dann macht derjenige es im Allgemeinen so, dass die Herrschaften es gleich gar nicht mitbekommen. Oft ist der Fall, dass ihnen andere Sklaven untergeben sind und das reizt natürlich fast dazu, diese Macht auszunutzen.“
    Weder simpel noch kompliziert ... das sagte viel :] Was Raetinus dann erzählte, hörte sich wirklich so an, als müsste er den ganzen Tag fast nur den Legionären hinterherlaufen. Und vor allem: es war ein Leben fast nur fürs Militär.
    Aber davon unabhängig fragte Phaeneas ganz vorurteilsfrei: „Und wie oft passiert es dann, dass du Freizeit hast?“

  • Soso, gab es unter Sklaven also auch Machtspielchen. Reatinus war sich nicht sicher, ob es sowas auch in der Legion gab. Sein Centurio zumindest war zwar grob zu den Legionären, aber er war ein normaler Offizier, wie er im Buche steht. Dagegen hat Reatinus schon einige Gerüchte von anderen Optiones gehört, dass die Centuriones sich zu korrupten Machtspielchen hinreißen ließen. Ach, wie klein war die Welt doch, dass man sowas so schnell herausfand!
    Reatinus musste schmunzeln, als Phaeneas ihm einen Einblick hinter die Kulissen des Sklavenlebens gab. Gut, da war er wohl ein wenig zu vorschnell. Es ist friedlich, aber gibt es Schikane, dann im Verdeckten. Warscheinlich weil man wusste, dass wenn einen der Herr erwischt, dann...
    "Naja, wer Macht - sei sie noch so klein - ausnutzt und seine Mitsklaven schikaniert, tut auch gut daran, sich nicht erwischen zu lassen, nicht?", meinte Reatinus ironisch lächelnd. Für ihn kam es so vor, als ob es jeden Menschen treffen könnte, aus jeder Schicht der Bevölkerung. Macht konnte jemandem schnell zu Kopfe steigen.
    Ach ja, die Freizeit... Reatinus konnte sich nicht beklagen, er hatte genug davon für sich selbst, so dass er nicht die antike Form dessen darstellen musste, was man viele, viele Jahrhunderte später wohl als "Work-aholic" abtun würde. :D
    "So selten passiert das nicht einmal... meistens habe ich Abends frei, wenn die meisten Aufgaben erledigt sind. Es passiert nur sehr selten, dass ich mal einen kompletten Tag ohne Freizeit durchschuften muss.". Also nicht gerade ein "Leben fast nur für´s Militär", wie Phaeneas eben dachte. Auch wenn ein Soldat einen großteil seiner 20 jährigen Dienstzeit für die Armee reservieren musste.

  • Tja, wie schön klang das, was Raetinus in seiner so unbekümmerten Art sprach, wie wünschenswert war das, was er sagte. Es klang nach einer vollkommenen Wahrheit, einem mehr als nur erstrebenswerten Zustand, der das Leben nach Phaeneas’ Ansicht um einiges ansprechender machen würde.
    Nur gab es da noch eine kleine Einschränkung, die die einfache Auflösung eines solchen Falles erschwerte:
    „Na ja, das kommt darauf an, ob es die Herrschaften interessiert, oder diejenigen, die in einer solchen Angelegenheit etwas zu sagen hätten.“


    In Sachen Freizeit musste man grundsätzlich nachhaken, denn so etwas hing meistens davon ab, dass man alles andere erledigt hatte, und war deshalb variabel. Ah ja, Feierabend war also die Regel.
    Zeit, in der man jeglicher Pflicht enthoben war, war etwas wichtiges. Phaeneas hatte es zwar seit jeher verstanden, sich Momente für sich selbst und seine Grübeleien zu verschaffen, aber seit sein Herr ihm die Möglichkeit dazu gegeben hatte, hatte er es allmählich zu schätzen gelernt, mit seiner Zeit anfangen zu können, was er wollte. Auch wenn er sich trotz dieses Umstandes einen ungefähren Zeitplan festgelegt hatte, konnte er jederzeit beschließen, dass er jetzt doch lieber etwas ganz anderes machen wollte. Diese Möglichkeit, ja fast nach Lust und Laune zu agieren, war schon etwas ... ziemlich faszinierendes.


    „Weshalb hast du dich eigentlich entschlossen, zur Legion zu gehen, Raetinus?“, erkundigte Phaeneas sich. Damit kamen sie nun auf ein Terrain, das ihn besonders interessierte – Beweggründe, Anlässe, mögliche Motive, die jemanden zu etwas veranlassten...


    Sim-Off:

    Das mit dem Workaholic ist echt gut! :D

  • Ach ja, die klassische Frage. Warum ist Reatinus zur Legion gegangen? Die Antwort auf diese Frage fiel ihm nicht allzu schwer, denn er dachte selbst oft nach: Warum trage ich diese Uniform? Warum bin ich in der Armee? Dies hat den heutigen Optio schon gekümmert, als er selbst noch ein Civis war und vor der Porta Praetoria stand, die sich bis heute kaum verändert hat. Da, wo er noch ziemlich klein und unbekannt war. Obwohl er damals noch ziemlich jung und so sorglos war, wie junge Leute es eben so sind, dachte er schon damals darüber nach. Tage und Nächte lang lag er auf der Pritsche, nur um sich selbst eine Frage beantworten zu können. Warum will ich zur Legion, was zieht mich dort hin? Es hatte etwas Faszinierendes. So auch für den kleinen Reatinus, der damals immer sagte. "Du Papa, ich will mal Legionär werden und dich vor den pösen Barbaren beschützen können!". Reatinus Vater war nun leider nicht mehr am Leben. Schade, er konnte seinen Kindheitstraum wohl doch nicht mehr erfüllen. Aber genug in der Vergangenheit gewühlt!


    "Ich...", fing Reatinus an, "... wollte meinem Leben einen Sinn geben. Und ich wollte treu für Kaiser und Volk meinen Dienst leisten, Rom schützen. Wenn nötig, mit meinem Leben.". Reatinus´ Überzeugung in diesen Belangen war sehr stark. Und letztlich war es seine Überzeugung, sein eiserner Wille, der ihn Soldat werden ließ. "Ich bereue meine Entscheidung bis heute nicht, Phaeneas!", setzte Reatinus noch lächelnd hinzu.
    Der Artorier redete sehr selten über diese Angelegenheit. Doch Phaeneas unerschütterlichen Neugierde hatte er zu verdanken, dass er wieder zu sich kam und darüber nachdachte, wer er doch eigentlich ist. Ein Soldat aus Überzeugung. Phaeneas Art und Weise, Kontakte zu knüpfen, gefiel Reatinus. Er wollte immer wieder etwas über Reatinus wissen, ohne aufdringlich zu werden. Er war ein ziemlich lockerer Mensch und schien mit seinem Leben gut klar zu kommen. Das schätzte Reatinus.



    Sim-Off:

    Danke :D

  • Als Phaeneas Raetinus’ Worte hörte, war er zuerst ein bisschen enttäuscht. Darauf hätte er auch selber kommen können, bei einem Soldaten...
    Dazu schien Phaeneas zu sehr in seiner Welt zu leben. Er, der er sich nichts weiter wünschte, als den nächsten Tag noch halbwegs friedlich zu erleben. Der er nie der Angreifer, wie auch nie der sich Verteidigende war, immer nur der, der zurücksteckte. Ehrenvolle Absichten gab es da nicht. Sich für andere einzusetzen, geschweige denn für andere zu kämpfen, war meistens herzlich sinnlos. So akzeptierte man schnell die Hilflosigkeit gegenüber dem Schicksal...
    Nachdem Phaeneas die leichte Enttäuschung verdaut hatte, machte er sich doch noch daran, noch einmal zu überlegen, was Raetinus eigentlich genau gesagt hatte.
    Sinn und Dienst ... das war es also, was ihn angetrieben hatte. Dienst für andere, wohl gemerkt. Schließlich schützte er das römische Imperium. Herrje, was diese Soldaten sagten, klang wirklich schrecklich ehrenvoll. Aber Phaeneas würde dem Militär gegenüber trotzdem misstrauisch bleiben.
    „Du glaubst also, deinen Sinn restlos gefunden zu haben?“, hakte Phaeneas nach.

  • "Ja, ich habe meinen Sinn gefunden. Wenn ich in einer Hand voll Jahren meinen letzten Schritt durch die Porta Preatoria setze, dann weiß ich, dass ich 20 Jahre lang gedient habe. Und dabei meinen Sinn hatte.". Natürlich wollte Reatinus abwarten mit solchen Spektulationen. Sein Beruf war nicht gerade ungefärlich, denn man wusste nie, wann und ob feindlich gesinnte Germanen von jenseits des Limes an der Tür klopften. Reatinus selbst war da aber nicht pessimistisch. Er hatte schon einige Jahre hinter sich, und jetzt sollte er mittendrin einfach drauf gehen? Nein, das wollte er doch irgendwie zu verhindern wissen. "Du wirst denken: Einer von Vielen. Aber unter diesen Vielen doch irgendwie einmalig... das ist jeder.", hängte Reatinus sichtlich überzeugt an.


    Nur fiel es ihm schwer, Phaeneas zu fragen, ob er seinen Lebenssinn hatte. Nicht, dass er wirklich Sklaven verachtete. Er fand diese gesellschaftliche Hierarchie sowieso unsinnig... trotzdem wollte er ihn nicht deswegen kränken. Reatinus sah, dass Phaeneas ein wenig enttäuscht war, als er ihm seine Überzeugung schilderte. Er schien ein wenig getroffen. So wie Reatinus (außerhalb des Exerzierplatzes) eben war, wollte er ihn aufheitern. "Zerbrich dir nicht den Kopf über das, was dich bekümmert. Wäre ich dein Herr, hätte ich dich frei gelassen."

  • Einer von vielen ... aber doch irgendwie einmalig. Dieser Satz gefiel Phaeneas. Das war etwas, was einen großen Teil seines Selbstbildes ausmachte. Einer unter vielen, aber trotzdem man selbst und deswegen grundsätzlich nicht mit anderen vergleichbar.
    „Das ist wahr“, nickte Phaeneas beipflichtend. „Selbst wenn man sich bemüht, es anderen gleichzutun, und so tut, als wäre da kein Unterschied, ist trotzdem immer etwas eigenes dabei und wird auf etwas eigenes hinauslaufen.“ Was Vorgesetzte und Besitzer manchmal vergaßen. „Man darf sich nur nie mit anderen gleichmachen lassen. Sonst wird man wirklich Teil der Menge und darin untergehen...“


    Und dann schlug Raetinus ein in Bezug auf Phaeneas prekäres Thema an: die Freilassung. Etwas, das er grundsätzlich nie auf sich bezog. Etwas, das der Bithynier fast schon fürchtete, ohne direkt zu wissen warum, einfach weil er ohnehin nie darüber nachdachte - und bemüht war, nie darüber nachzudenken.
    Aber in diesem Zusammenhang war diese Bemerkung fast eher schon goldig, also dementsprechend nicht direkt ernst zunehmen. Belustigt sah Phaeneas Raetinus an. Es war wirklich nett von ihm, dass er ihn aufheitern wollte, aber wenn Phaeneas sich über alles den Kopf zerbrechen würde, weswegen er sich mit gutem Grund Sorgen machen könnte, dann wäre er mit den Nerven schon längst am Ende.


    Tja, im Übrigen war Raetinus ein Soldat, er konnte schon leicht einem Sklaven, den er kaum kannte, die Freiheit versprechen, weil er ja im Castellum ohnehin keinen hatte. In einem großen Haushalt war das schon schwieriger.
    „Du würdest einen dir nur flüchtig bekannten Sklaven, dessen Arbeitshaltung du nicht kennst, von dem du nicht weißt wie er wirklich zu dir steht und ob er sich überhaupt je verdient gemacht hat, einfach so freilassen?“ Phaeneas klang amüsiert, während er sprach.

  • "Es gehört viel dazu, in der Menge unterzugehen. Solange jemand seinen eigenen Willen hat, ist er immer sein eigener Teil.", meinte Reatinus, während er mit den Fingern energisch auf den Tisch klopfte und freundlich nickte. Nicken war gut, das war nie misszuverstehen.
    Im Hintergrund verschwand sogar langsam ein Haufen der Gäste aus der vor einer Weile noch vollen Taberna. Nur wenige Nachteulen, wie es Reatinus zurzeit selbst war, waren noch zu finden. Und natürlich auch der Wirt, der brummig einige Geschirrstücke putzte und hoffte, dass die restlichen Gäste bald verschwanden. Vergaß Reatinus schon die Zeit? Naja, immerhin lohnte es sich.
    Komischerweise fühlte sich Reatinus zurzeit wie ein Lebensphilosoph, der versuchte, jemandem Tipps für das Leben einzutrichtern. Das war für ihn fast schon stupide, aber andererseits lernte er eine ganz neue Seite von sich selbst kennen. Ein anderer Reatinus als jener auf dem Exerzierplatz.


    Reatinus schmunzelte unweigerlich über den letzten Satz des Bythiniers. Das war eine gute Frage, die Reatinus´ Einstellung aus der Sicht ganz anderer Maßstäbe sah. Jetzt fiel es dem Artorier etwas schwer, zu antworten, was man ihm auch ansah. Sein Gesichtsausdruck beschrieb gedankliches Chaos, tausende Wortfetzen, die ganz vorsichtig den nächsten Satz des Optios formten. Und es war nicht einfach, jetzt den nächsten Satz wohl zu überlegen. Irgendwie schon skurril, wie Reatinus drein sah. Aber tatsächlich fand er nach einigem Nachdenken die richtigen Worte, obgleich ihm versehentlich seine soziale Einstellung ausrutschte. Da konnte Phaeneas ihm doch glatt mehr Informationen entlocken, als Reatinus hergeben wollte.


    "Gute Frage... im Prinzip schon, da ich diese gesellschaftliche Hierarchie in manchen Punkten als merkwürdig erachte und eigentlich wünschte, dass Sklaven bessere Rechte hätten... hoppla... so viel wollte ich garnicht sagen.". Reatinus sah sich sorgfältig um, ob er schon misstrauische Blicke erntete. Nichts. Puh, war das knapp! Langsam näherte er sich Phaeneas mit einem Zwinkern und flüsterte. "Du hast nicht gehört...".

  • Raetinus kannte seinen Sinn ... In der Tat bewundernswert, wie Phaeneas befand ... Denn sein Sinn war etwas, was der bithynische Sklave bisher noch nicht erkannt hatte.
    Für ihn war Sinn nicht etwas, was man hatte oder nicht hatte, für ihn erfüllt sich Sinn allein durch die Existenz desjenigen, egal ob man selber es wusste oder nicht. Nur ihn zu finden, das wäre eine wahrhaft spannende Angelegenheit ...


    „Ja, man müsste wirklich genau wie die anderen werden“, bestätigte Phaeneas Reatinus’ Einschränkung. „Nur oft reichen kleine Angleichungen, um eine Gewohnheit aus der Gleichheit werden zu lassen.“ Er überlegte und kam über Umwegen am genau anderen Ende an: „Aber es kann auch praktisch sein so wie die anderen zu scheinen - in Situationen, in denen man besser nicht auffallen sollte.“ Oh Mann, wieso kann man immer alles umdrehen? Nie kann man sagen, wie etwas ist, weil es gleichzeitig auch anders sein kann.
    Nachdem er Raetinus vorübergehend sichtlich aus dem Konzept gebracht hatte, sah Phaeneas seinem Gegenüber aufmerksam zu, wie er versuchte, das entstandene Durcheinander in seinem Kopf zu ordnen. Als er sich dann so verplapperte und vorsichtig umsah, musste Phaeneas schmunzeln, wie er ihm zuzwinkerte und flüsterte. „Nein nein, überhaupt nicht!“, versicherte Phaeneas sofort und fuhr dann, unbelauscht und ungesehen, fort.
    Und zwar gleich mit einer sehr provokanten Frage: „Du hältst es also auch für merkwürdig, dass du deinen Vorgesetzen gehorchen und ihren Befehlen folgen musst?“


    Phaeneas versuchte etwas zu vermitteln, Raetinus die Tiefe dieser Angelegenheit klar zu machen, und wandte deswegen ein: „Meinst du nicht auch, dass es manche geben könnte, die die Geschenke, die eine Freilassung mit sich bringen würde, gar nicht entsprechend schätzen würden?“
    Auch dem Bithynier fiel auf, wie sich die Taberna leerte. Davon abgesehen, dass es allseits bekannt war, dass Gespräche Zeit dauerten, war das nun ein allzu deutlicher Wink, dass es nun ebenfalls angebracht war aufzubrechen. Davon abgesehen, dass es für niemanden empfehlenswert war, war Phaeneas nach persönlicher Ansicht der Meinung, dass er ab einer gewissen Zeit nichts mehr auf den Straßen verloren hatte. Obwohl er die Nacht draußen eigentlich sehr mochte ... die Dunkelheit, die Schatten ... Auch wenn er ohnehin schon gern am Fenster stand, abends war es besonders einen Blick wert.

  • Irgendwie funktionierte es nie, eine Meinung so zu festigen, dass sie hundertprozentig richtig war, dachte sich Reatinus. Man konnte Gleichgesinnte finden, doch konnte man nie wirklich sagen, dass es so richtig sei. Immer konnte irgendjemand irgendetwas aus einem anderen Blickwinkel betrachten und einem Menschen zeigen, dass keine Tatsache, keine Meinung absolut und vollkommen war. Das war das Besondere an Tatsachen. Manchmal waren sie Tatsachen... und manchmal konnte man sie kritisch beleuchten und verdrehen. Reatinus lächelte, hatte Phaeneas doch mehr Grips, als er zunächst annahm. "Das ist eine Situation, in der man das tun sollte. Doch du kannst nie wie alle anderen sein. Du kannst nur so tun, als ob und den Schein wahren. Du selbst wirst aber nie der Fußgänger neben dir sein. Oder jemand anders."


    Die provokante Frage war eigentlich auch eine gute Frage. Als Optio war man gegenüber einem Legionär selbst schon Vorgesetzter, aber wenn man die anderen Offiziersränge inklusive Stabsoffiziere betrachtete, doch recht weit unten in der Karriereleiter. Trotzdem musste Reatinus schmunzeln. "Ich halte es für völlig normal. Irgendjemand muss die Befehle erteilen, denn wenn jeder Vollmachten hat, kollabiert alles.", erklärte Reatinus überzeugt, wie er es sah. "Oder nicht?", schmiss er gleich noch hinterher.


    Reatinus staunte nicht schlecht auf die Frage des Bythiniers. Als Sklave konnte man sich doch nichts Anderes wünschen als Freiheit... sein eigener Herr sein. Frei durch die Lande zu streifen. Das war in der Tat ein großes Geschenk. "Du meinst aus der Sicht eines Sklaven?", vergewisserte sich Reatinus, "Ich denke, es gibt keinen Sklaven, der die Freiheit nicht schätzt und anstrebt. Und wenn doch, möchte ich diesen Sklaven mal kennen lernen.". Oh, Reatinus hätte jetzt doch so gerne noch ein Vinum zu diesem guten Gespräch... aber er konnte nicht mehr. Er musste nüchtern bleiben und morgen ohne Muskelkater auf dem Exerzierplatz erscheinen.

  • „Wenn sich die Ziele der einzelnen unterscheiden, ja“, ging Phaeneas auf Raetinus’ Infragestellung seiner eigenen Aussage ein. Da fing die Weisheit an, beim Zweifel an eigenen Überzeugungen.
    Dachte Phaeneas sich’s doch, auf einmal war alles völlig normal. Genauso normal wie für ihn, dass es grundsätzlich noch jemanden in seinem Leben gab, der bei allem, was ihn betraf, mitzureden hatte. „Wie war dann das noch mal mit der gesellschaftlichen Hierarchie?“, fragte Phaeneas zurück. Beides konnte schließlich nicht unter einen Hut passen.
    „Natürlich, aus der Sicht eines Sklaven“, bestätigte er, auf Raetinus’ Rückfrage. Was er dann zu hören bekam, tja, das war das, was man als freier römischer Bürger denken mochte, was man erwarten konnte, was ein solcher dachte.


    Na ja, diesen Sklaven hatte Raetinus gerade kennen gelernt.
    Aber wie für Phaeneas üblich, behielt er diese Tatsache für sich und hielt sich selbst aus dieser Angelegenheit heraus. Phaeneas vermied es, sich öffentlich festzulegen. Denn es fing allein schon damit an, dass es weder gut war, ein aufmüpfiger noch ein guter Sklave zu sein. Und bei anderen Dingen genauso. Wenn man den Eindruck erweckte zu ersterem zu zählen, bekam man Schwierigkeiten mit seinem Herrn, bei zweiterem wurde man für andere berechenbar. Am allerklügsten war es, für alle Welt undurchschaubar zu bleiben ... Kein Wunder, dass kaum ein Außenstehender eine Ahnung davon hatte, was es hieß, Sklave zu sein.
    Phaeneas versuchte weiter zu vermitteln: „Stell dir vor, du müsstest alles aufgeben, was dein Leben bisher in den Grundzügen ausgemacht hat. Das, worin du bisher deinen Lebenssinn gesehen hast, das, was dein Leben bisher ausgefüllt hat; alles, was dir vertraut ist und was du kennst. Stell dir vor, du müsstest die gesicherten Verhältnisse, in denen du bisher gelebt hast, aufgeben, deinen Platz innerhalb der Gemeinschaft räumen, in der du aufgewachsen bist ...“

  • Reatinus musste seine Meinung nicht lange überdenken, als der Bythinier das mit der gesellschaftlichen Hierarchie hinterfragte. Da er aufgrund seiner Natur und wesentlichen Beiträgen der Legion kein Mensch war, der seine Meinung in "verdaulichen Häppchen" zurechtschnippelte, kam seine Antwort sogar blitzschnell. Allerdings hielt er sich im Flüsterton, obwohl nicht mehr viele in der Taberna anwesend waren. "Na dass die einen Leute besser sein sollen als die anderen. Ohne Reichtum währen Patrizier wiederum einfache Menschen. Würde es den Stand eines Sklaven nicht geben, wäre dieser auch ein einfacher Mensch. So sind wir als Menschen doch alle auf einer Schiene, egal wie sehr wir versuchen, uns in Stände und Gruppen einzuteilen. Das meine ich mit der gesellschaftlichen Hierarchie.". Ein wenig widersprüchlich war das ja schon. Er kämpfte doch in der Legion für das römische Volk, doch andererseits merkte er, dass er ja für jeden kämpfte, der im Imperium lebte. Sowohl für Plebejers als auch für Patrizier.


    Reatinus schmunzelte auf Phaeneas letzten Satz. Ein relativ denkbares Szenario, mit extrem geringer Warscheinlichkeit, da es doch irgendwie bedeutete, einfach alles zu verlieren, was man vorher hatte. Aber es war nicht unbedingt ein Weltuntergang. "Dann suche ich mir einen neuen Platz, einen neuen Lebenssinn, alles neu, was ich aufgeben musste. Oder ich hole mir alles zurück.", antwortete der Optio prompt. Fragend blickte Reatinus den Bythinier an, von dem er noch nicht ganz verstand, auf was er hinaus wollte.



    Sim-Off:

    Ist jetzt nicht allzu lang und kreativ, ich weiß. Aber besser überhaupt weitergemacht als das nicht gemacht zu haben! :)

  • Wenn man die zwei da sitzen sah, konnte man wirklich sagen, dass da zwei Gegensätze aufeinandergestoßen waren. Raetinus, die fröhlichere Natur, der jederzeit bereitwillig lächelte, und Phaeneas, der damit zurückhaltender war, lieber Worte statt Mimik sprechen ließ und sein Wohlwollen einzig dadurch zeigte, dass er seine Aufmerksamkeit ganz auf sein Gegenüber richtete.
    Kaum hatte Phaeneas fertiggesprochen, schlug ihm schon Raetinus’ Antwort entgegen. Auch wenn es gewagt war, vielleicht zu gewagt für Phaeneas’ Geschmack – aber gut, es waren ja nur flüchtig gesprochene Worte – hatte Raetinus eigentlich mit dem, was er sagte, recht und Phaeneas stimmte seiner Ansicht zu. Im Grunde waren Menschen auch wieder nur Menschen.
    Seine Herrn hatten alle möglichen Schwächen gehabt, mal absonderlicher, mal verständlicher. Und Lucianus war zum Glück auch nicht perfekt. Davon, dass “die da oben“ sonderlich besser wären, kann man also nicht wirklich reden. Dass Sklaven bewegliche, redende Gegenstände waren, erklärte sie auch nur schlecht. Und vor allem kam Phaeneas immer wieder an den Punkt, an dem er merkte, dass er zu mehr fähig war, als das, worauf man einen Sklaven beschränkte. Sprich, nur unter der Leitung seines Herrn lebens- und entscheidungsfähig zu sein.
    Aber das war die Theorie und theoretisch traute Phaeneas sich so manches zu denken.


    Wie es schien, hatte Raetinus nun den Zusammenhang verloren. Kein Wunder, wenn man diese Angelegenheit über Beispiele erklären wollte, wurde es auch etwas lang und möglicherweise umständlich. Dann war das jetzt der perfekte Zeitpunkt, um den Kreis wieder zu schließen.
    „Das kann eine Freilassung unter Umständen bedeuten, Raetinus“, erklärte Phaeneas. „Alles verlieren, was man kennt.“
    Das was das, was Phaeneas an der Freiheit am meisten fürchtete. Das Verlieren des Vertrauten und die Konfrontation mit dem Unbekannten.


    Sim-Off:

    Perfekt, ich bin zufrieden!
    Und lang ... wenn du solche Ansprüche an dich hast!

  • "Und doch verliert man nicht, sondern man tauscht nur... denn man gewinnt auch Einiges hinzu.", schoss es aus Reatinus heraus, fast sogar ohne nachzudenken. Schließlich war es doch so, dass man danach sein eigener Herr war, ungebunden an Befehle und jenen Personen, die sich als "Herren" über bestimmte Menschen bezeichneten. Reatinus wollte aus einem solchen Grund keine Sklaven haben. Und wenn es doch dazu käme, dass es sie vielleicht bräuchte, würde er dafür sorgen, dass es ihnen gut ginge! Das nahm sich Reatinus fest vor!
    Es war ein komisches Spiel mit dieser Sklavenfreilassung... jetzt verstand Reatinus´, warum so wenige Sklaven freigelassen wurden. Jene, die überhaupt so weit kamen, fürchteten sich vor dem Unbekannten danach. Vielleicht wussten sie auch nicht, wo sie hingehen sollten. Doch es war Freiheit. Grenzenlosigkeit! Reatinus konnte sich nicht vorstellen, dies als Sklave abzulehnen...


    So war es doch letztlich wieder ein Kreislauf, der das Große und Ganze abschloss... verlieren und gewinnen, schlecht und gut. Ohne das Eine konnte das Andere nicht sein, machte sich Reatinus bewusst. Er war neugierig, ob Phaeneas denn Angst hatte, wirklich alles zu verlieren was man kennt. Und ob er wusste, was er danach für Möglichkeiten hätte.


    "Du hast also Angst, etwas Bestimmtes zu verlieren?", fragte Reatinus ernst mit durchdringendem Blick, "Du gewinnst auch Freiheit. Und wenn du frei wärest, würde dir das Unbekannte schnell bekannt werden. Da bin ich mir sicher.". Dabei erinnerte sich Reatinus an seine ersten Tage in der Legion. Dort war ihm auch alles neu und unvertraut, die grobe Art der anderen Soldaten, die harte Arbeit und der schonungslose Drill... jetzt war das Castellum mittlerweile sein Zuhause geworden. Aus Unbekanntem wurde das Bekannte, Vertraute.

  • Was man dazugewann interessierte Phaeneas nicht, wer es haben wollte, bitte, aber er wollte es nicht.
    "Du hast also Angst, etwas Bestimmtes zu verlieren?" ... Bei allen Göttern, nun kamen sie an einen Punkt, der Phaeneas gar nicht gefiel. Mit ihm hatte das ganze schließlich gar nichts zu tun. Sie sprachen hier allgemein über ein Thema und Phaeneas hielt sich grundsätzlich aus so etwas heraus. Wovor er Angst hatte, ging diese Welt schließlich nur sehr beschränkt etwas an.
    So fiel auch Phaeneas’ Entgegnung aus: „Ich habe dir Beispiele gegeben, was für eine Freilassung zutreffen kann. Was sie dann letztendlich bedeutet, kommt auf den einzelnen Fall an. Wie schon gesagt, mein Leben ist anders als das eines anderen Sklaven. So wie jeder anders ist“, schob er ein, „ist auch jedes Leben anders.“
    Raetinus konnte ihn noch so durchdringend betrachten, er würde nichts sehen. Wenn Phaeneas es nicht wollte, konnte niemand etwas an ihm erkennen.
    „Was aber, wenn einem das alte so lieb ist, dass man es um keinen Preis eintauschen möchte, ganz egal was man dafür bekommt? Wieso ein neues Zuhause suchen, wenn man es längst hat, wofür nach einer Gemeinschaft suchen, die man schon lange daheim hat? Warum sich ein neues Leben aufbauen, wenn man das alte doch nur zu nehmen braucht?“ Ein abschließendes ‚Das ist doch unsinnig.’ lag Phaeneas noch auf der Zunge, aber er schluckte es hinunter. Schließlich sollten neutrale Argumente den Ausschlag geben, keine persönlichen Wertungen.

  • Phaeneas versetzte Reatinus mit seinen Argumenten nur bedingt ins Staunen. Ein wenig anders war seine Meinung ja schon, als er sich vorgestellt hatte. Und eben das schürte die Neugierde des Artoriers. Als Phaeneas beendete, wäre Reatinus beinahe ein verwundertes "Hat man das als Sklave?", herausgerutscht. Aber er ließ es noch rechtzeitig sein, noch bevor er Luft zu einer Antwort holte. Er verstand nicht ganz. Als Sklave galt man doch als Gegenstand, obwohl man Leben und ein Bewusstsein hatte, was ein lebloser Gegenstand nicht besaß. Allein der Gedanke an diese Tatsache ließ Reatinus schaudern, selbst ein solcher Sklave zu sein.


    "Selbst wenn man halbwegs gut lebt - ich vermute es mal bei dir - würde ich das zu keiner Rechtfertigung machen, dass man ein wandelnder Gegenstand ist. Ich könnte nicht damit leben. Aber unsere Sichten sind verschieden. Du hast dein Leben, ich habe meines. Bei so einer Diskussion ist es ohnehin schwierig, auf einen gemeinsamen Standpunkt zu kommen.". Schließlich waren sie ja zu verschieden dafür. Und da kam wieder die Tatsache, dass wirklich keine Meinung absolut war, egal wie viele zustimmen konnten. Dem Artorier lief ein kalter Schauer den Rücken runter, während er auf Phaeneas Reaktion wartete.
    Bedeutete die Tatsache, dass ein Sklave ein Gegenstand war nicht auch so, dass er manchmal als solcher behandelt werden würde? Wenn ein Gegenstand seinen Zweck nicht erfüllt, "kaputt" ist, was macht der Mensch mit ihm? Meistens schmeißt er ihn weg, wenn nichts zu retten ist. Und wenn ein Sklave also ein Gegenstand war...? Doch er verkniff sich eine solche Äußerung, wollte er dem Bythinier doch keine Schrecken oder Komplexe einflößen. "Was, wenn das neue Leben viel besser ist? Das neue Zuhause, die neue Gemeinschaft viel besser ist, als das, was man vorher gekannt hat?" fragte Reatinus. Er war der hitzigen Debatte verfallen und und vergaß das Drumherum in der Taberna.

  • Phaeneas vergaß das Drumherum, sprich die Zeit, nicht. Mit mittlerweile wachsend sorgenvollem Auge verfolgte er, wie sie verging.
    Raetinus vermutete richtig. Phaeneas lebte gut. Derzeit.
    Phaeneas war zufrieden, darüber, dass Raetinus ihm seine eigene Sichtweise zugestand. Dass er ihrer beider unterschiedlicher Leben akzeptierte. Und dass er nicht den akuten Wunsch verspürte, ihre Standpunkte zu ändern. Aber er führte Raetinus’ Gedanken fort:
    „Meine Güte, das ist die rechtliche Definition, Raetinus. Glaubst du allen Ernstes, dass so übermäßig viele so vollkommen davon überzeugt sind? Wenn sie sich nicht gerade überhaupt keine Gedanken über etwas machen, denken die meisten zuerst mit gesundem Menschenverstand und dann in gesetzlichen Festlegungen.“
    Besser, höher, schöner. Natürlich, das schien das Grundverlangen der Menschheit zu sein. Warum nicht einmal etwas so lassen, wie es ist? Warum musste krampfhaft immer alles anders werden?
    „Kann man’s denn immer vorher wissen? Es kann genauso gut das Gegenteil eintreten und sich der Schritt, auf das vorherige zu verzichten, als Fehler herausstellen. Nicht für jeden ist das gleiche gut“, erinnerte der Bithynier.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!