Alleine in der Taberna... oder auch nicht?!

  • Reatinus fände alles besser, als ein Sklavendasein, doch auch dies wollte er dem Bythinier nicht offen eingestehen. Wie viele von der gesetzlichen Definition eines Sklaven überzeugt waren, vermochte Reatinus ebenfalls nicht zu sagen. Es gab wohl die einen und die anderen. So war es schon damals und sollte es wohl knapp zwei Jahrtausende später auch sein. ;)
    Reatinus hatte schon von Sklaven gehört, denen es gut ging. Sie hatten Heim und Essen im Gegenzug für absolute Ergebenheit gegenüber dem Hausherren und dem Gegenstandsein. Dabei waren das die Glücklichen, denen ein Dasein erspart blieb, als wären sie Dreck. "Nicht jeder Menschenverstand ist gesund.", meinte Reatinus ernüchtert, "Es gibt genügend Menschen, die Gesetze den moralischen Werten vorziehen. Sowas muss nicht immer Hand in Hand gehen.".


    Die Angst vor Veränderung schien aus Phaeneas zu sprechen. Warum durfte es nicht anders werden? Veränderung gehört doch zum Leben. Alles verändert sich mit der Zeit...
    "Das kann ich nicht sagen.", fand Reatinus tatsächlich keine Argumente mehr, "Doch wenn ich wüsste, dass mein Schritt richtig und besser für mich ist, würde ich mir den Ruck geben. Oder mit meiner Entscheidung leben.".

  • Phaeneas’ größter Alptraum wäre, eines Tages vor dem Nichts zu stehen. Vor etwas, was ihm vollkommen unbekannt war. Nicht zu wissen, wie er mit dem umgehen sollte, was das Leben ihm abverlangte, bzw. gleich gar nicht zu wissen, was überhaupt von ihm erwartet wurde. Sein eigenes Leben kannte er, er wusste, womit er zu rechnen hatte und wie mit den meisten Situationen umzugehen war. Der bithynische Sklave hatte die Erfahrung gemacht, dass das Leben gefährlich war und man deswegen alle Gefahren kennen musste. Mit seinem bisherigen Leben war er vertraut, er kannte die Tücken, aber in einer völlig neuen Lebenssituation wäre er möglicherweise hilflos ausgeliefert.


    „Per Iovem*, da hast du recht“, stellte Phaeneas fest und war tief beeindruckt von diesen schlichten, treffenden Worten. Man konnte wirklich nicht selbstverständlich davon ausgehen, wahrlich nicht.


    Na ja, gerade hatte er sich zurechtgelegt, sich jetzt gleich von Raetinus zu verabschieden – manchmal musste ein Gespräch derart rabiat unterbrochen werden - , aufzustehen und zu gehen. Gerade hatte er vorgehabt, zu tun, was zu tun war, da sagte Raetinus etwas in Phaeneas’ Ohren sehr seltsam klingendes.
    „Bitte, mit deiner Entscheidung leben?“, fragte Phaeneas erstaunt zurück, „Wieso denn wenn es besser wäre?“ – und blieb weiter sitzen.


    Sim-Off:

    * „Bei Juppiter“ ~ „Donnerwetter“

  • Phaeneas schien sich schon bereit gemacht zu haben, jeden Moment zu gehen, bis er sich doch anders entschied und schnell wieder von dem Gespräch gefesselt wurde. Dies gab Reatinus zu denken, wie lange sie wohl schon diskutierten und ob er morgen wieder fit wäre, die Soldaten zu trainieren. Na hoffentlich, er musste es tun, ob er nun fit war oder nicht. Es war garantiert schon sehr spät in der Nacht und das Gespräch war gefühlt sehr schnell, doch zog es sich unheimlich in die Länge. Aber Reatinus ließ keine Fragen offen, vor allem nicht jene berechtigte Frage, die Phaeneas nun doch noch stellte, als er sitzen blieb.


    "Nun... ich meinte eigentlich, dass ich damit lebe, wenn meine Entscheidung falsch war. Die richtigen Entscheidungen bereichern unser Leben. Falsche Entscheidungen sind uns eine Lektion.", erklärte Reatinus, wie er die Dinge sah. Reatinus´ Blick wandte sich kurz. Jetzt war er schon eine Weile ohne Vinum ausgekommen und zu verführerisch war der Gedanke an noch einen Becher. Doch er war niemand, der seinen Sold versaugen ging, weshalb er sich enthielt. Stattdessen erhallte ein Ruf nach einem Schluck Wasser durch die Taberna. Oder besser gesagt Zwei. Mit irgendetwas musste man sich die Kehle ja anfeuchten!


    "Wirrrt! Zwei Becher Wasser!".


    Eine Frage aus Neugierde fiel Reatinus nun doch noch ein...


    "Sag, stelle dir vor, du würdest freigelassen werden und sogar gehen. Was würdest du tun? Wo würdest du hingehen?".
    Obwohl ja das eigentlich das Problem sein sollte, weshalb der Bythinier auf eine Freilassung verzichtet hätte, wäre ihm die Möglichkeit geboten.

  • Ach so, Raetinus hatte schon um zwei Schritte weitergedacht. „Ja, sicherlich, das ist nur zu wahr“, antwortete der Sklave sinnierend und wandte dann aber doch noch ein: „Aber eine Entscheidung in diesem Ausmaß!“ Die Emotionen, die damit einhergingen – aufgewühlte Ungläubigkeit - , waren unverkennbar. Zumindest, dass Phaeneas eben dieser Entscheidung, die vor einer Freilassung anstand, eine hohe Bedeutung zumaß, war offenkundig.
    Phaeneas verfolgte Raetinus’ Blick. Als der noch eine Bestellung aufgab, machte sich in Phaeneas in Hinblick auf die späte Stunde Befangenheit breit. „Nicht doch, der Wirt wird dich für verrückt erklären“, warf er unsicher ein.


    Dann verlangte Raetinus etwas zu wissen, was zu erfragen ihm eigentlich kein bisschen zustand.
    Diesen Tag würde es nie geben.
    Und vor allem: Die ehrliche Antwort auf diese Frage jedenfalls müsste eigentlich „Keine Ahnung, ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht!“ lauten. Aber – wenn man sich doch nur einmal die Situation ansah: Phaeneas saß hier in der Taberna und zwar Raetinus gegenüber, den er gerade erst seit heute kannte, der ihm letztendlich – ein Fremder war. Warum also sollte der Bithynier seine neue Bekanntschaft etwas derartiges wissen lassen?
    Phaeneas schüttelte leicht den Kopf. Und bat im Folgenden – auch wenn die Worte sehr diplomatisch klangen – letztendlich darum, dieses Thema auszuklammern. „Bei manchen Dingen ist es sinnvoller sich erst darüber Gedanken zu machen, wenn es so weit ist.“
    Sprich nie. So wie sich Phaeneas allgemein noch nie Gedanken über die Freiheit gemacht hatte, zumindest nicht darüber, was sie für ihn bedeutete, er war immer nur damit beschäftigt gewesen aufzuzeigen, dass sie auf sein Leben sowieso keinen Einfluss hatte. Und Phaeneas war wahrlich froh darüber, sich nicht mit dem Freiheitsgedanken belasten zu müssen.

  • Innerlich schüttelte Reatinus den Kopf, dass man ein Leben als Sklave, Gefangener und Unbedeutender so leichtfertig in Kauf nahm, nein, sogar einem freiem Leben derart vorzog. Aber der Mann musste ja wissen, was letztendlich besser für ihn war, wobei sich Reatinus an seiner Stelle bei der besten Gelegenheit aus dem Staub gemacht hätte. An seiner Stelle... doch er kannte bis jetzt nur sein eigenes, sein militärisches Leben. "Hätte die Entscheidung kein Ausmaß, wäre sie wenig bedeutend.", erwiderte Reatinus selbstsicher und lehnte sich ein wenig zurück, während der Wirt das Wasser vorbeibrachte. Reatinus wusste als Optio mit Entscheidungen umzugehen... und er er würde lügen, wenn er sagen würde, dass er noch nie eine Falsche getroffen hätte. "Er hätte recht!", warf Reatinus lachend zurück, "Wäre ich nicht verrückt, wäre ich jetzt Zivilist!".


    Nunja, am Ende merkte Reatinus, dass Phaeneas auf seine Frage gekonnt versuchte, auszuweichen. Etwas, was Reatinus ihm nicht übel nehmen konnte, denn wenn man bedachte... sie kannten sich erst seit einem Abend! "Du scheint es mir nicht sagen zu wollen. Kann ich verstehen.", nickte Reatinus und ließ die Frage auf sich beruhen, bevor sie dem Bythinier zu schaffen machte.

  • „Ja, das stimmt. Und spätestens dann wäre es auch nicht mehr so wichtig, wie man sich entscheidet ...“
    Raetinus hatte gut lachen. „Na, das beruhigt mich ungemein!“ Der Wirt kam auch schon, wie ein unentrinnbares Schicksal, und schob ihnen die zwei Becher Wasser hin. Na ja, jetzt war es auch schon egal. Phaeneas nahm etwas zögernd seinen Becher. „Dann bedanke ich mich, Raetinus“, ergriff er erneut das Wort. Vorsichtig nippte er daran. Die weit fortgeschrittene Zeit war ihm unangenehm. Außerdem nahm er ungern etwas an.
    Raetinus nahm seine Wote hin. Worum Phaeneas letztendlich froh war. Das erleichterte ihm und Raetinus einiges. Raetinus machte sich keine Hoffnungen auf etwas, wovon der Bithynier sowieso kaum wusste, was er sagen sollte, und der Sklave brauchte sich nicht die Mühe zu machen, ein verdecktes Spiel mit ihm zu spielen geschweige denn ihn anzulügen.
    Somit beließ auch er es dabei, nichts zu antworten, und trank weiter ein paar Schlucke Wasser, von dieser wundersamen Flüssigkeit, die so schlicht war und Phaeneas doch jedes Mal so bemerkenswert fand.
    „Wir sollten uns dann langsam aufmachen, um auch eines Tages wieder nach Hause zu kommen ...“, bemerkte er. „Denn sonst wird uns der Wirt nicht mehr nur für verrückt erklären, sondern bald sehr deutlich loshaben wollen.“ Ein wenig verschmitzt wirkte Phaeneas doch dabei.

  • Reatinus nickte und spürte langsam am eigenen Leibe, wie es war, stark zu ermüden. Seine Sicht verschlechterte sich etwas, seine Augen fühlten sich wie zwei schleimige Klumpen im Kopf an, die sich einfach nur ausruhen wollten. Wie spät mochte es jetzt wohl sein?
    Aber den Becher Wasser wollte der Soldat noch unbedingt leer trinken. Außerdem gebührte es sich nicht gerade, den Mann hier einfach sitzen zu lassen - immerhin hatte er ja Reatinus zuerst angesprochen. "Nichts zu danken.", entgegnete der Artorier ähnlich lässig wie am Anfang der Begegnung und ließ den Bythinier ungestört an seinem Wasser nippen.
    Leider war auch für Reatinus Wasser oder gar Wein ein Gut, welches man nur außerhalb des Militärlagers bekam. Dieses merkwürdige Gesöff in der Legion war Wasser mit ein wenig Essig ergänzt und sehr selten auch normales Wasser. Aber dieses war auch nicht immer das Wohlschmeckenste und das Sauberste schon gar nicht! Dagegen war ein Becher Vinum in der Taberna für Reatinus das, was dieser importierte falerne Wein für die Reichen und Vermögenden war.
    "Da will ich dir nicht widersprechen.", stimmte Reatinus zu und warf einen Blick zu dem Wirten. Dieser sah die beiden so an, dass Reatinus sich glücklich schätzen konnte, dass Blicke doch nicht umzubringen vermochten. "So wie der guckt...", schmunzelte Reatinus. "Nun, ich muss jedenfalls noch bezahlen.".

  • Phaeneas nickte Raetinus auf dessen vielleicht etwas zu bescheidene aber dafür umso bewusster gesprochene Erwiderung zu und wandte sich seinem Getränk zu.
    Dabei ließ den Abend noch einmal Revue passieren. Auch wenn das ganze etwas ungewöhnlich und vielleicht unter nicht unbedingt optimalen Umständen zustande gekommen war, war es doch eine angenehme Begebenheit gewesen.
    Ein Soldat war Raetinus, ja, aber Phaeneas beschloss ihm das großzügig zu verzeihen, schließlich konnte man sich privat sehr schön mit ihm unterhalten.
    In einem letzten Zug leerte der Bithynier seinen Becher. Er stellte ihn wieder auf dem Tisch ab und schob ihn ein wenig in die Mitte hin zu.


    Gemeinsam betrachteten sie den Wirt, wie er zu den beiden herübersah. Es war wirklich ein wenig zum Erschrecken, aber Phaeneas war heute so ziemlich alles egal – na ja gut, das war für den Bithynier nichts wirklich neues, aber heute perlte wirklich jede unerfreuliche äußere Gegebenheit an ihm ab, es war ja schließlich eh schon egal.
    Der Wirt starrte jedenfalls mürrisch zu ihnen herüber und sie schauten zurück. „Dem steht, glaube ich, nichts entgegen“, meinte Phaeneas. „Der wartete nur auf deinen Wink.“


    Sobald Raetinus gezahlt haben würde, stand dann jedenfalls der Heimweg an. Mit Schaudern dachte der bithynische Sklave an die Kälte, die ihn draußen erwartete. Doch im gleichen Augenblick ging ihm auch auf, dass es in Hinblick auf die späte Stunde draußen auch dunkel sein musste – und in Germania war Dunkelheit noch einmal etwas ganz eigenes. Phaeneas hatte also allen Grund sich auf genau den Moment zu freuen, in dem ihn die Finsternis umfangen würde

  • Natürlich wollte der Artorier keine weiteren unangenehmen Blicke seitens des Wirts riskieren, weshalb er ihn (selbstverständlich mit seiner Rechnung) herbeiwinkte. Der Soldat zog seinen weder mager noch prall gefüllten Geldbeutel zum Vorschein und ihm fiel dabei positiv ein, dass er sich vor solchen Kosten nun nicht mehr fürchten musste. Als Optio verdiente man das Doppelte des einfachen Legionärs... und er fragte sich mal wieder, womit er sich das eigentlich verdient hatte.


    "34 Sesterzen.", brummte der Wirt mit einer schrecklich rauchigen Stimme und erwartete mit verschränkten Armen und einem hochnäsigen Gesicht seinen Betrag. "Na wenn das alles ist.", dachte Reatinus und fischte aus seinem Geldbeutel die verlangte Geldmenge heraus, welche er dem Mann wortlos überreichte. Die magische Wirkung des Geldes ließ den Wirten auf einmal höflicher klingen.
    "Danke.".
    "Bitte".


    Reatinus blickte zu Phaeneas und grinste. Jetzt mussten sie wohl wieder ihres Weges gehen. Und Reatinus beschloss - wenn er eines Tages auf Sklaven angewiesen sein sollte, so würde es ihnen sehr gut gehen.

  • Der Wirt war erwartet schnell da, wusste auch gleich, was er wollte, mit wenigen Worten war das geklärt. Phaeneas verfolgte die Szene, so wie er oft stiller Beobachter war. Das Geld wechselten seinen Besitzer, dafür hatten sie davor die Getränke gehabt.
    Manchmal fand Phaeneas diese Welt ein wenig absurd. So ziemlich alles, was das Leben deren, die Geld besaßen, auszumachen schien, schien etwas zu kosten. Phaeneas’ Leben verlief so jenseits jeden Geldes. Er selbst, er kostete, ja. Aber das, was sein Leben für ihn ausmachte, wirklich ausmachte, dafür hatte er noch nie Geld gebraucht. Deshalb hatte er auch nie den Ehrgeiz gehabt an welches heranzukommen und vielleicht damit zu wirtschaften. In der Hinsicht war er ein fauler Sklave, weil er kein bisschen Ambitionen hatte, über seine Pflicht hinaus etwas nützliches aus seinem Leben zu machen. Die einzigen zwei Dinge, die ihn im Leben je dauerhaft kümmerten, konnte er sich durch Ehrgeiz auch nicht zu erhalten: sein Frieden und die Unversehrtheit seines Körpers.


    Ein zufriedener Wirt verließ den Tisch und kehrte an seinen Tresen zurück, aber nicht ohne die zwei späten Gäste weiterhin aufmerksam anzublicken. Übersetzt: „Dass ihr mir auch ja nicht vergesst zu gehen!“
    Phaeneas stand auf und warf einen Blick zur Tür. „Na dann, Raetinus, raus hier aus der warmen Stube, in die Kälte, wo der Wirt uns hinjagt.“ Seine Worte waren in erster Linie spöttisch und dementsprechend nicht ernst gemeint.
    Die letzten schön warmen Schritte, das, weswegen er überhaupt hereingekommen war, draußen empfing den Bithynier ein Schaudern und er fröstelte. Er wandte sich an seinen Weggenossen für eben diese letzten Schritte: „Vale, Raetine, einen guten Heimweg und ... genieß dein Leben.“ Die Betonung lag auf ‚dein’. Sofern es in einem Leben überhaupt etwas zu genießen gab. Jedenfalls war das eine abschließende Anspielung auf ihre vorherige Diskussion.


    Sim-Off:

    Edit: Im Lateinischen nicht ganz optimal ...

  • "Er lässt uns ja keine andere Wahl.", spöttelte Reatinus mit und folgte dem Bythinier unauffällig. Angst vor Dunkelheit hatte der Artorier nur als Kind gehabt, jetzt hatte er sie nicht mehr. Natürlich war es ihm schauderlich, wenn er des Nachts mutterseelenallein im Wald umherspuken musste, doch so jagte ihm die Dunkelheit keinen Schrecken ein. Was nicht hieß, dass sie Reatinus nicht wachsamer werden ließ, als zur Tageszeit.


    Reatinus trat mit Phaeneas heraus, wo ihn die Kälte wie ein eiskalter Windstoß empfing. Reatinus lief es kalt den Rücken runter, was jedoch nur an den Temparaturen lag. Er liebte den Sommer, welcher hier in Germanien leider viel zu kurz war. "Vale, Phaeneas. Und genieße auch du deines!".
    Sein Leben genießen, das war gut... Reatinus genoss sein Leben, so lange er niemanden töten musste. Die Beigesterung für den Kampf verlor der Artorier nach den ersten Menschen, die er unter die Erde geschickt hatte. Nach den ersten Kindern, die ihre Väter verloren hatten, nach den ersten Witwen. Soldat zu sein brachte jemanden auch in einen Teufelskreis.

  • Der Licht der Taberna leuchtete noch ein Stück weit in die Finsternis, schien aus Fenstern und Türschlitzen und erhellte den Bereich unmittelbar vor der Taberna. Phaeneas blickte nach oben. Mitten in einen pechschwarzen Himmel gebettet glitzerten die Sterne. So ließ es sich aushalten: Dunkelheit vor der Nase, zum Greifen nah, und über einem der nächtliche Himmel. Für Phaeneas ein seltener und dafür umso mehr genossener Augenblick. Auch wenn er ihn eigentlich gar nicht erleben dürfte ... Nur noch besser wäre es, wenn es nicht so kalt wäre. Der Bithynier verschlang sofort die Arme.


    Was Phaeneas in jedem Fall genoss, war was das Leben ihm zur Zeit bot: ruhig und friedlich war es, niemand, der immer neu etwas forderte, vor dem man sich ständig verantworten musste, vor dem man jedes Mal wieder auf dem Prüfstand stand. Keine Bedrohung von allen Seiten, nicht Missgunst und gegenseitiges Belauern unter seinen Mitsklaven. Jeden Morgen ein geregelter Tag ohne unangenehme Überraschungen oder spontane Wendungen, ein Herr, der nicht Welten entfernt, sondern erreichbar war, sogar für einen Sklaven.
    Aber Phaeneas hatte eine stille Art zu genießen - es brauchte ja niemand zu wissen, dass es da so manches gab, woran er momentan sehr hing. Phaeneas jedenfalls sah es so.


    So trennten sich Soldat und Sklave, jeder in eine andere Richtung, wie gesagt in ein anderes Leben. Dunkelheit empfing den Bithynier, als er aus der Reichweite des Lichts trat, empfing ihn wie eine vertraute Empfindung, wie ein flaumig weiches Element, das alles umgab, eine flauschige Decke, nur bestehend aus fehlender Helligkeit.
    ‚Also auf, zur Regia!’, meinte Phaeneas zu sich selbst und es kam mehr einer Schelte gleich.
    Bestimmten Schrittes entfernte sich Phaeneas, stapfte weiter in die Nacht hinaus und genoss dabei das angenehme Gefühl, von Finsternis ganz umfangen zu sein, ein Schatten in der Nacht zu sein, der ganzen Welt zugehörig und doch nur ganz für sich allein. Das Auge glaubt alles zu sehen und sieht doch nichts, man glaubt alles zu hören, obwohl kein Laut die Stille durchdringt ... zumindest nicht da, wo der bithynische Sklave seinen Weg heimwärts nahm.

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