Victor und Falco bei einem Krug Wein

  • Zum verabredeten Zeitpunkt traf ich mich mit Gaius Octavius Victor vor der Taverna Aspicia. Nachdem wir uns begrüßt hatten, betraten wir die Schenke. Der Raum lag im Halbdunkel und war um diese Zeit nur mäßig besucht. Es würde später sicher noch voller werden.


    Wir suchten uns einen Tisch in einer Nische, wo wir nicht gleich von jedem Neuankömmling gesehen werden konnten. Wir zogen uns zwei Holzschemel heran und und ich bestellte den ersten Krug Wein und zwei Becher dazu.


    Ich sah mich um. Die Tische in unserer Nähe waren alle unbesetzt. Beste Bedingungen also für ein vertrauliches Gespräch. Zudem war mir das Gespräch mit Victor hier lieber, als im Castra Praetoriae, wo man doch mehr auf die militärischen Rangunterschiede zwischen uns hätte achten müssen. Hier konnten wir derartige Gesichtspunkte unberücksichtigt lassen und als Gleichrangige miteinander sprechen.


    Und bei einem guten Tropfen Wein spricht es sich sowieso viel gemütlicher. Das sahen wir beide so.

  • In letzter Zeit war Victor immer öfter in der Taverne gewesen. Das musste langsam etwas reduziert werden, sonst würde seine Leber bald wie sein Geldbeutel aussehen: klein und verschrumpelt.


    Aber heute war halt mal eine Ausnahme, schließlich ging es nicht darum sich hoffnungslos zu besaufen.


    "Dann schieß mal los Falco. Was liegt dir auf dem Herzen?"

  • Ich lachte kurz auf: "Du hast eine direkte Art, Victor. Das gefällt mir. Laß mich Dir aber zuerst berichten, welche Fortschritte ich bei meiner Aufnahmeprüfung für die CU mache. Glaub mir, der Praefectus Urbi wird nicht schlecht gestaunt haben, als ich ihm heute 5 Schriftrollen mit meinen Antworten in sein Büro anliefern ließ. Ich denke, das meine Beantwortung der Prüfungsfragen zu seiner Zufriedenheit ausgefallen ist und sehe daher meiner alsbaldigen Aufnahme in die Reihen der CU mit großer Zuversicht entgegen."


    Also fing ich an zu erzählen, von meinen Ideen, meinen Vorstellungen über meine Arbeit bei den Cohortes Urbanae. Vieles davon wußte er schon aus meinem Brief, den ich ihm aus dem Castellum der Legio I geschrieben hatte. Ich sprach trotzdem noch einmal davon, weil es auch wichtig für das andere war.


    Ich berichtete Victor von meiner Arbeit als Investigator, in der ich tiefe Enblicke in die Schattenseiten des römischen Lebens gewonnen hatte, das in letzter Zeit immer mehr um sich greifende Bandenwesen, das Stärkerwerden skrupelloser krimineller Elemente.


    "Als ich dann erfuhr, das die CU gegenwärtig auf der Suche nach einem Mann sind http://www.imperium-romanum.info/forum/t...9927#post19927, welcher die Fähigkeiten und Möglichkeiten hat, die Hintergründe dieses Bandenwesens aufzuklären, wußte ich sofort das ich dieser Mann bin. Ab diesem Zeitpunkt betrieb ich meine schon langersehnte und geplante Versetzung von der Legio I zu den CU auf das intensivste, damit keine Zeit verloren geht."


    Ich machte eine kurze Pause und konnte die Frage förmlich spüren, die ihm auf den Lippen brannte. "Victor, bitte frage mich nicht wie ich von den Ermittlungen der CU Wind bekommen habe. Schon in meiner Tätigkeit als Investigator war es mein oberstes Prinzip, niemals einen Informanten preiszugeben. Nur soviel, gehe davon aus das dieses Geheimnis bei mir sehr gut aufgehoben ist." Er nickte kurz.


    Ich beugte mich über den Tisch, näher zu ihm hin, um meinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. "Victor, ich bin der besten Überzeugung das ich den CU und der Sicherheit unserer Stadt am meisten nütze, wenn ich zur Lösung dieses Problems eingesetzt werde. Selbstverständlich stehe ich auch für andere Aufgaben der CU zur Verfügung, aber ich benötige die nötige Zeit und die nötigen Freiräume, um dieses Problem anzugehen. Und es wird sicher einige Zeit, Wochen, ja vielleicht sogar Monate in Anspruch nehmen."

  • Da unsere Becher inzwischen wieder geleert waren, goß ich uns aus dem bereitstehenden Krug Wein nach.


    Victor erklärte mir erwartetermaßen, das er meinen Argumenten zustimmt und sein möglichstes dazu tun wird, das mein Einsatz bei den CU in dieser Richtung erfolgen wird. Er betonte aber ausdrücklich, das er als Princeps Prior nur seine Empfehlung dahingehend abgeben könne und die letztendliche Entscheidung dazu Hungaricus treffen müsse. Damit hatte er natürlich völlig recht und mir war es vor allem darum gegangen, ihm die Hintergründe meines Ansuchens näher zu bringen, als mir dies in meinem Brief möglich gewesen war.


    Zufrieden mit dem bisherigen Verlauf unseres Gesprächs, welches in einer angenehmen Atmosphäre verlief, beschloß ich gleich zu meinem zweiten Anliegen überzugehen.


    "Victor, ich danke Dir für Deine bisherige Unerstützung meiner Vorhaben und würde mich freuen, wenn Du mir auch bei meinem nächsten Anliegen Hilfe und Rat gewähren könntest."


    Er schaute mich fragend und leicht belustigt an. "Nun mach schon, Falco." sagte er.


    "Wie ich Dir bereits in meinem Brief schrieb, haben wir eine gemeinsame Bekannte, welche mir auch den Rat gab mich wegen der Versetzung zu den CU zunächst an Dich zu wenden. Dieser gemeinsamen Bekannten bin ich zu Dank verpflichtet und sie äußerte daher eine Bitte an mich."


    Da meine Kehle vom vielen Reden schon wieder trocken war, trank ich an dieser Stelle einen Schluck Wein und fuhr dann fort: "Unsere gemeinsame Bekannte sorgt sich sehr um das Wohl eines Freundes, welcher ebenfalls seinen Dienst in den CU verrichtet."


    Ich sah Victor an, das er inzwischen schon etwas unruhig war, weil er endlich wissen wollte, worum es mir ging. Vielleicht hatte er auch schon eine Ahnung.


    "Victor, bei diesem Mann handelt es sich um Gaius Flavius Catus, Deinem Kollegen als Princeps Prior der Cohortes Urbanae."

  • Victor war fuuuurchtbar überrascht, das es um Catus ging. Eine geminsame Freundin, dann war ja schon klar wer gemeint war.


    "Catus? Was möchte Messalina denn über ihn wissen? Ich hatte mich doch schon mal mit ihr über das Thema unterhalten."

  • "Nun, Victor, wie gesagt, Messalina macht sich sehr große Sorgen um Catus. Genauer gesagt, sie fürchtet um sein Leben. Daher bat sie mich, wegen meiner einschlägigen Erfahrungen auf diesem Gebiet, ihn vor möglichen Gefahren zu beschützen. Ich habe ihr versprochen, dies zu tun. Und es liegt ja auch im Interesse der CU selbst, das einem der Unseren" - ich fühlte mich längst zugehörig - "kein Leid zustößt."


    Ich machte eine kurze Pause, um einen Schluck von meinem Wein zu trinken. Das viele Reden machte einen echt durstig und der Wirt konnte mit unserem Umsatz zufrieden sein. Der Wein würde auf meine Rechnung gehen, beschloss ich. Ich war Victor dankbar, das er soviel Geduld mit mir hatte und hoffte, das wir uns anschließend noch einen gemütlichen Abend machen könnten, um über angenehmere Dinge zu plaudern.


    "Mein Problem ist nun, Messalina konnte mir fast gar nichts über die Gefahren berichten, welche Catus drohen. Er selber schwieg dazu auch gegenüber ihr, vermutlich um sie nicht unnötig zu beängstigen. Vielleicht befürchtete er auch, das sie selbst in Gefahr geraten könnte, wenn sie zu zuviel weiß."


    Es war in diesem Fall, wie es eigentlich immer war. Meine Auftraggeber statteten mich mit spärlichsten Informationen aus und ich konnte dann zusehen, wie ich zurecht kam.


    "Um Catus wirkungsvoll beschützen zu können, benötige ich jedenfalls Hinweise - und wenn es erstmal nur Vermutungen sind - welche Gefahren und vor allem Namen, von wem ihm Gefahr drohen könnte. Mal abgesehen von der Gefährdung, die jeder Angehörige der CU sowieso schon hat. Aber es muß in Catus´ Fall mehr als das sein, möglicherweise viel mehr."


    Jetzt kam ich zu meinen Fragen.


    "Victor, da Ihr beide eng zusammen gearbeitet habt und euch wohl auch sonst gut verstanden habt, bitte ich Dich, gründlich nachzudenken, welche Anhaltspunkte Du mir geben kannst, wo ich ansetzen kann. Was hat Catus vor seinem Dienst in den CU gemacht? Welche konkreten Aufgaben hatte er bei den CU? Und vor allem, wo ist er jetzt?"


    Ich fügte noch hinzu: "Er soll ja seit einiger Zeit verschwunden sein..."

  • "Aha! Also Catus war vor seinem Dienst in der CU Camillus, das dürfte dir aber auch schon bekannt sein. Davor kam er aus irgendeiner der römischen Provinzen nach Rom. Was er vor seiner religiösen Laufbahn allerdings gaemacht hat kann ich dir nicht sagen; ich weiß es schlichtweg nicht. Aber wenn ich jetzt mal alleine von seinem Erfahrungsschatz bei Vorlesungen innerhalb der Cu denke, dürfte es etwas gewesen sein, was nicht so ganz dem Pfad der Legalität gefolgt ist, wenn du verstehst was ich meine...


    Wo er jetzt ist kann ich dir nicht beantworten! geheime Mission ist nun mal eine geheime Mission! Tut mir leid."

  • Ich dachte darüber nach, was mir Victor gerade gesagt hatte. Es war nicht viel, verglichen mit dem was ich sonst bei meinen Befragungen erfuhr, aber schon eine ganze Menge und vor allem glaubhaft. Er war schließlich ein Mann vom Fach.


    Das Catus vor seinem Dienst bei den CU Camillus war, hatte ich natürlich schon gewußt. Ebenso, das er erst vor nicht allzu langer Zeit in Rom aufgetaucht war. Immerhin schien es nicht Italia gewesen zu sein, sonst hätte Victor nicht gesagt, aus irgendeiner der Provinzen. Aber welcher?


    Wichtig war der Hinweis, auf den reichen Erfahrungsschatz Catus´. Er wußte offenbar einiges über die von Geestzesbrechern angewandten Mittel und Methoden. Nun, das war für Catus bei seiner Tätigkeit für die CU sicher von Vorteil.


    Und Victor hatte meine Vermutung bestätigt, das sich Catus auf einer geheimen Mission befand. Das er sich hier in der Taverne und nachdem wir uns erst seit kurzem kannten, nicht dazu hinreißen ließ mir darüber mehr zu erzählen, dafür hatte ich volles Verständnis. Damit hätte er seine dienstliche Schweigepflicht auch grob verletzt. Und ich hatte ihn von vornherein als pflichtbewußten und zuverlässigen Offizier der Cohortes Urbanae eingeschätzt. Schließlich war ich auch noch nicht offiziell in die Reihen der CU aufgenommen. Wenn dies geschehen war und ich erst einmal meine eigene Zuverlässigkeit und Verschweigenheit unter Beweis gestellt hatte, würde er mich sicher als vertrauenswürdiger einstufen.


    Bis dahin würde ich den von Victor gelieferten Ansatzpunkten nachgehen. Die Arbeit eines Investigators ist ein mühevolles Geschäft und verlangt viel Geduld.

  • Etwas nachhaken mußte ich aber schon noch.


    "Victor, selbstverständlich verstehe und respektiere ich, das Du hier und jetzt mir gegenüber nicht über dienstliche Belange der CU reden willst. Schließlich steht mein offizieller Eintritt in die CU noch aus. Aber machte Catus in privaten Gesprächen zwischen Euch vielleicht einmal Andeutungen, über Gefahren, welche ihm drohen könnten? Nannte er eventuell sogar Namen?"

  • "Namen? Nein, die hat er nie genannt, nicht mal Orte. Nur, hmm... Kurz bevor er zu seiner Mission aufgebrochen ist redete er davon mit mir in die Subura zu gehen und irgendwas zu untersuchen. Aber was, das weiß ich beim besten Willen nicht.

  • Die Subura, ja ich war überzeugt, das dort der Schlüssel für vieles lag. Nicht nur für Catus´Geheimnisse.


    Ich hatte das Gefühl, das Victor mir zu Catus alles erzählt hatte, was er wußte bzw. was er mir sagen konnte, ohne seinene Dienstpflichten zu verletzen.


    Aber Schluß jetzt mit dem Grübeln, dachte ich. Es waren inzwischen einige Stunden vergangen, seitdem wir in die Taverna eingekehrt waren. Die Schenke war inzwischen gerappelt voll und für eine ernsthafte Unterredung war es mittlerweile fast zu laut.


    "So, Victor, jetzt haben wir schon viel zu lange über ernsthafte Dinge geredet. Ich danke Dir für Deine Bereitschaft, mir Auskunft zu erteilen. Laß uns jetzt den Abend genießen, noch ein paar Becher Wein leeren und uns vergnügen."


    Ich goß uns Wein nach.

  • Mit ziemlicher Schrägseite steuerte ich nach meinem gemeinsamen Zechabend mit Gaius Octavius Victor meine Wohnung in der Brunnenpromenade an, die immer noch gleichzeitig mein Büro darstellte.


    Es war noch ein lustiger Abend geworden. Nach dem Genuß einiger weiterer Krüge des übrigens ausgezeichnet mundenden Weins hatten wir die Besucher der Taverna zu später Stunde mit unseren Gesangseinlagen unterhalten. Zum Schluß sang dann die ganze Schenke derbe Trinklieder und wir scherzten ausgiebig mit den Schankweibern.


    Unser Nachhauseweg führte uns später noch ein gutes Stück zusammen durch die nächtlichen Straßen Roms. Uns gegenseitig stützend, beschlossen wir den nächsten gemeinsamen Umtrunk in nicht allzuferner Zukunft stattfinden zu lassen.


    Nachdem wir uns wortreich voneinander verabschiedet hatten, wankte jeder von uns allein nach Hause.

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