Atrium | Aquilius, Bridhe, Severus - Der Auftrag - oder: Mission possible

  • Es war an der Zeit, die Sache mit der Brautwerbung richtig anzufangen - und ich war, obwohl es mich wieder einmal an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte, einkaufen gewesen, um etwas passendes herauszusuchen, das einer Frau gefallen konnte. Schwierig war es zum einen dadurch geworden, dass ich ihre Vorlieben nicht besonders gut kannte und daher vermuten musste, was ihr vielleicht gefallen würde - andererseits war sie Patrizierin und das machte die Sache noch ein bisschen heikler, denn die meisten Patrizierinnen hatten einen nicht nur teuren, sondern auch noch erlesenen Geschmack. Glücklicherweise hatte ich dadurch Hilfe gehabt, dass ich durch den vorherigen Einkauf mit Claudia Antonia einige gute Läden kannte - und so hatte ich mir das Ganze mitsamt langatmigen, verkaufstüchtigen Erklärungen der Ladenbesitzer noch einmal angetan.


    Einem Sklaven des Hauses hatte ich aufgetragen, sowohl Bridhe als auch Severus aufzutreiben, wo auch immer sie stecken mochten zur Mittagsstunde - und so wartete ich gelassen im atrium, die Beine hochgelegt, eine Schriftrolle auf dem Schoß, in der ich las, während die Zeit des Suchens verstrich. Es war ein besonderer Auftrag, den die beiden auszuführen hatten, und dafür schienen sie mir auch am Besten geeignet - zudem hatte ich nur diese beiden Sklaven hier im persönlichen Besitz, die Auswahl war also begrenzt. Aber im Grunde war ich mir sicher, dass ihnen ein bisschen Zeit außerhalb der villa gefallen würde.

  • Ich war ziemlich verzweifelt, denn zum Einen würde heute Abend das Samhainfest beginnen,welches ich eigentlich mit meinen neu gefunden Freundinnen zu feiern gedachte. Zum Anderen wußte ich immer noch nicht, wie ich unbemerkt aus dieser Villa kommen sollte. Es war wirklich verzwickt! Dementsprechend war dann auch meine Stimmung. Wenn heute nur noch einer mit einem dummen Spruch kommen sollte, würde ich wahrscheinlich in die Luft gehen!
    Völlig appetitlos stocherte ich in meinem Essen herum, was nicht nur an meiner schlechten Laune lag.
    Und dann kam tatsächlich einer! Einer der unzähligen Sklaven, die es hier gab, kam und störte mich. Alleine die Art, wie er mich ansah, brachte mich fast zum Kochen. Eisig sah ich ihn an und richtete nur einige warnrnde Worte an ihn.
    Paß auf, was du sagst!
    Völlig irritiert schaute der arme Kerl mich an und meinte ganz eingeschüchtert, daß Aqulius mich im Atrium sehen wollte.
    Mit einem Seufzer erhob ich mich dann und machte mich auf den Weg. Das Essen, oder wie immer man das auch nennen wollte, ließ ich stehen.
    Im Atrium lag er und las. Ich stellte mich vor ihm auf und wollte nachfragen, was er von mir wollte.
    Du hast mich rufen lassen, dominus!
    Ich hatte keine Ahnung, was er auf dem Herzen hatte. Aber auch für ihn galt insgeheim paß auf was du sagst!

  • Es hatte ein wenig gedauert, bis man Severus hatte auftreiben können. Er war nämlich in der Bibliothek gewesen und hatte sich im Buchstabieren geübt. Mit leichter Literatur, sogenanntem "Schund". Das waren ja spannende Geschichten, in der zerfledderten alten Schriftrolle, die ihm Mago naserümpfend überlassen hatte! Dieser Gaius, der war echt gewitzt. Und seinen Freund, den Gladiator, den fand der Germane richtig gut. Leider war er nicht über die ersten Sätze hinausgekommen, und auch das nur mit Hilfe des Bibliothekars. Der war heute relativ guter Laune gewesen, und hatte ihn sogar mal mit Tinte schreiben lassen. Seine Finger hatten dabei einige tiefblaue Flecken abbekommen, aber es hatte ihn doch sehr fasziniert, so sehr, dass er dabei das Mittagessen vergessen hatte.
    Mit einem sonnigen "Salve!" trat er nun in das Atrium, schenkte erst mal Bridhe ein strahlendes, völlig vernarrtes Lächeln. Warum nur sah seine Liebste denn heute so gereizt aus?
    Fröhlich nickte er dann Aquilius zu, der es sich mit einer Schriftrolle bequem gemacht hatte, und erkundigte sich neugierig:
    "Was gibt es?"

  • Kurz nachdem ich im Atrium eingetroffen war, erschien auch Severus,
    strahlte mich an wie der helle Tag und ließ ein überschwengliches Salve über seine Lippen kommen. Doch es kam noch besser, seine Fröhlichkeit kannte heute wohl keine Grenzen! Selbst Aquilius nickte er fröhlich zu. Mir kam da nur ein Gedanke, Junge, was haben sie dir heute ins Essen getan?
    Diese Fröhlickeit war echt widerlich! Genervt nickte ich ihm zu und schaute dann wieder, fast gelangweilt, zu Aquilius hinüber. Ich hoffte, es gäbe einen wichtigen Grund, weswegen man mich beim Trübsal blasen und Selbstbemitleiden, gestört hatte.

  • Ich hob den Blick, als die beiden das atrium betraten - und amüsanterweise boten sie mir einen ausgesprochen ianusgefälligen Anblick. Severus bestens gelaunt, und Bridhe ein wandelnder Schatten. Haderte sie immernoch mit der Strafe, die sie berechtigterweise erhalten hatte? Nun, Frauen ihres Volkes sagte man seltsame Stimmungsschwankungen nach, was wunderte es mich also. Ich beschloss, auf diese üble Laune nicht einzugehen - zudem war ich zu erfreut über Severus' anscheinendes Bemühen, sich mit Schrift und Sprache vertraut zu machen, seine tintenfleckigen Finger verrieten den Eifer - und nickte den beiden wohlwollend zu.


    "Ihr erinnert euch sicher an die Feierlichkeiten in der villa der gens Aurelia," hob ich an und verbannte die Erinnerung an dieses furchtbare Theaterstück in den hintersten Winkel meiner Gedanken. "Ich habe diese Einladung nicht ohne einen Hintergedanken angenommen, denn für mich wird es, wie für einen jeden Römer in einem gewissen Alter, Zeit, mir eine angemessene Braut zu suchen, die an meiner Seite alle Pflichten wahrnimmt, die uns Patriziern auferlegt sind." Lange Rede, kurzer Sinn, dachte ich mir. Begann ich mich jetzt schon bei eigenen Reden zu langweilen? Keine gute Aussicht für einen angehenden Politiker.


    "Ich möchte, dass ihr beide heute zur villa Aurelia geht und dies hier," damit deutete ich auf einen Holzkasten, der mit Perlmuttintarsienarbeiten und Schnitzereien reich verziert war und auf einem Beistelltischchen lagerte, "an Aurelia Prisca übergebt, als ein Zeichen meiner Aufmerksamkeit ihr gegenüber. Bridhe, Du wirst diese Aufgabe übernehmen und ihr zudem einen Brief von mir übergeben - Severus, Du wirst für Bridhes Sicherheit sorgen. Der Inhalt ist wertvoll, und ich fände es ausgesprochen unangenehm, einen von euch oder das Geschenk selbst an irgendein Gesindel in den Straßen Roms zu verlieren." Damit legte ich die Schriftrolle beiseite, löste von meinem Gürtel einen Beutel mit klimperndem Inhalt - hundert Sesterzen - und warf ihn in Severus' Richtung. "Den Rest des Tages könnt ihr beide euch frei nehmen, das Geld hier könnt ihr ausgeben, wie ihr möchtet."


    Die Hände ineinanderlegend, blickte ich die beiden einige Momente lang ernst an. "Es ist ein wichtiger Auftrag und ich möchte, dass ihr das ernst nehmt. Entgleisungen wie die auf dem Fest sollte es diesmal nicht geben, denn das Ansehen der gens Flavia darf unter solchen Dingen nicht leiden. Wenn diese Verbindung zustande kommt, wird es eine der wichtigsten Hochzeiten des Reiches werden, da sie zwei lange Zeit sehr voneinander entfernte Familien zusammenführen wird - eine politische Verbindung. In sofern tut euer Möglichstes, einen guten Eindruck bei Aurelia Prisca und dem Haushalt der villa Aurelia zu hinterlassen."

  • Warum noch mehr Salz in meine Wunden streuen? Natürlich konnte ich mich nur zu gut an diesen Abend erinnern! Der Abend an dem ich die zwei britannischen Frauen kennengelernt hatte. Mit ihnen hatte ich darüber gesprochen, wie schön es wäre, zusammen Samhain zu feiern. Schön! Heute Abend würde Samhain beginnen! Und ich hatte keine Möglichkeit, zur Villa Aurelia zu kommen! Oder doch!
    Endlich kam er mal zu Sache und klärte uns über unseren Auftrag auf.
    Wohin sollten wir gehen? Was? Er wollte heiraten?
    Ich konnte mein Glück kaum fassen! Ich würde hier raus kommen! Ich würde Cadhla und Fiona treffen können! Ich würde Samhain feiern können! Und Severus wäre auch mit dabei! Konnte es etwas schöneres geben?
    Wir hätten sogar etwas Geld zu unserer Verfügung. Damit könnten wir uns noch ein Paar wichtige Dinge kaufen, die man so für ein Samhain Fest eben brauchte!
    Die letzten Sätze, die er an uns richtete, hörte ich schon gar nicht mehr, denn eine überschwängliche Freude machte sich bei mir breit.
    Doch ich versuchte, mir nicht allzuviel anmerken zu lassen, sonst hätte er vielleicht noch Verdacht geschöpft.


    Ja, wir werden deinen Wünschen entsprechen!


    Dann sah ich zu Severus hinüber und konnte es mir nicht nehmen lassen, ihm fröhlich zu zuzwinkern.

  • Aquilius warb um eine Braut? Interessant. Und diese Mission klang mal nach etwas Abwechslung. Allerdings war der Germane, wenn er an die bizarr herausgeputzten Prinzesschen auf dem aurelischen Fest dachte, sehr froh, dass Bridhe und nicht er den schmucken Kasten übergeben sollte. Er nickte unternehmungslustig, streckte dann automatisch die Hand aus und fing den Beutel aus der Luft, den Aquilius ihm zuwarf - und das mit einer so großspurigen Geste, dass der Germane, trotzdem er blendend gelaunt war, den Beutel am liebsten wieder zurück, und Aquilius an den Kopf geworfen hätte.
    Diesen ungesunden Impuls unterdrückend, murmelte er nur "Danke.", und fragte sich, was in aller Welt in den Flavier gefahren war, dass er auf einmal mit Sesterzen und Freizeit um sich warf. War das Bridhes Charme? Oder war er verliebt in diese Aurelia? Es war auf jeden Fall eine angenehme Entwicklung, allerdings traute Severus ihr noch nicht so ganz.
    "Ja", antwortete er treuherzig auf die Ermahnungen, die er vor allem an sich gerichtet sah, "ich versteh schon."
    Und er nahm sich vor, am besten gar nichts zu sagen, wenn er einer Aurelierin oder einem Aurelier gegenüberstand. Oder vorher immer erst mal auf zehn zu zählen.
    "Gut."
    Er nickte zu Aquilius, ernst, denn dass das eine wichtige Sache war, war ja deutlich geworden. Dann nahm er den Kasten, grinste Bridhe zu, als ihm so vergnügt zuzwinkerte und zwinkerte zurück. Schnell den Auftrag erledigen und sich dann in der Stadt vergnügen - der Tag würde phantastisch werden!
    Und kurz darauf zogen die beiden los.

  • Severus kam mir wie verandelt vor - der sonst so aufsässige Germane schien in Bridhes Gegenwart zahm wie ein Lämmchen, nunja, fast die meiste Zeit über jedenfalls - und ich empfand diese Verwandlung als nicht unangenehm. Letztendlich brachte zumeist eine neue Liebe andere Schwerpunkte in das Leben eines Mannes, und auch hier schien die uralte Macht der Venus wieder ihr Übriges getan zu haben. So nickte ich den beiden einfach nur zufrieden zu und griff, nachdem sie beide hatten, was sie brauchten, wieder nach meiner Schriftrolle und meinte dann: "Genießt den Abend, ihr beiden," bevor sie sich aufmachten, den Auftrag auszuführen. Schnell war ich wieder in der Welt der Schriftstücke versunken, die es immer wieder schafften, meine Aufmerksamkeit zu fesseln - und alle Gedanken an eventuell schief gehende Dinge bei dem Auftrag ließen sich damit auch hervorragend unterdrücken.

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