Das Haus des Consuls

  • Es kam mir vor, als sei es gestern erst gewesen, als ich das erste Mal hierher gekommen war, mit einer Menge Illusionen über das Leben eines Politikers und vor allem über den dabei zu erntenden Ruhm. Letztlich gewann man vor allem Erfahrung, und die war, wie es die Philosophen nie müde wurden zu betonen, unbezahlbar. Aber ich hätte auch nicht gewusst, was ich mir sonst hätte kaufen sollen. So hatte ich mich am Abend nach einem längeren Tag im Tempel wieder einmal zum Haus des Seppius Septimus tragen lassen, und einer unserer irgendwie stets austauschbar aussehenden Haussklaven klopfte höflich, aber nicht zu leise an die porta der durchaus ansehnlichen villa. Dass der Hausherr anwesend sein würde hielt ich im Anbetracht der Tatsache, dass derzeit noch Kandidaturen verkündet werden durften, für recht wahrscheinlich.

  • Die Wahrscheinlichkeit wurde noch dadurch gesteigert, dass der Consul in diesen Zeiten einmal mehr ein gefragter Mann war und daher nahezu jeden Abend Gäste zu empfangen pflegte und dazu verständlicherweise auch selber anwesend sein musste. Genau diese Tatsache brachte es allerdings auch mit sich, dass der Besucher zunächst mit dem Ianitor und dann mit dem Maiordomus vorlieb nehmen musste.


    "Welches Anliegen führt dich her?"

  • Nach seinem Gespräch mit Purgitius Macer, kam Modestus wieder in Begleitung seines Sklavenjungen Callicratus zum Haus des Consuls. Er trug noch immer seine beste Toga, die angemessen für den Besuch bei einem Consul war. An der Porta wartete schon ein anderer Mann. Nach kurzem erkannte er seinen früheren Kollegen Flavius Aquilius und begrüßte ihn freundlich.


    >Salve, Flavius Aquilius. Möchtest du auch deine Kandidatur bekannt geben?<


    fragte er den Flavier obwohl die Antwort auf der Hand lag.

  • Mein Sklave setzte sich mit dem ianitor des consuls auseinander, während ich ein Stück zurück blieb und auch prompt angesprochen wurde.
    "Mein Herr, Flavius Aquilius, gewesener vigintivir des letzten Jahres, möchte den consul sprechen, wegen einer Kandidatur für das folgende Jahr." Die Sklaven waren unter sich, einer, der sich wiohl dergleichen den ganzen Tag anhören musste, und der meinige, der den ganzen Tag einen der unsrigen ankündigen musste - sie waren Profis auf ihrem Gebiet, und ich wollte sie ungern stören, so wandte ich mich dem Annaeer zu.
    "Salve, Annaeus Modestus! Ja, genau deswegen bin ich hier - wir scheinen wohl beide nicht aus den erschreckenden Erfahrungen unserer ersten Amtszeit gelernt zu haben," sagte ich mit einem leichten Grinsen. Er hatte, wie ich es gehört hatte, im Münzamt gute Arbeit geleistet, und ihn als Kollegen zu bekommen, war sicherlich auch keine schlechte Sache.

  • Während Modestus bei dem Flavier wartete und ein wenig mit ihm plauderte, ging Callicrates zur Porta des Hauses, um seinen Herrn anzumelden.


    >Salve, mein Herr der derzeitige Tribunus Laticlavus der Legio Prima und ehemaliger Vigintivir würde ebenfalls gerne den Consul sprechen, um seine Kandidatur bekannt zu geben.<


    sagte er zu dem Ianitor als er sicher war den Sklaven des Patriziers nicht zu unterbrechen.


    >Richtig erschreckend war die Amtszeit nur für mein Vermögen. Und das obwohl ich jeden in Gold und Silber hätte baden können.<


    meinte Modestus und grinste ebenfalls. Er war mit seinem Posten in der Münzprägeanstalt zufrieden gewesen und wenn er daran dachte, dass es zu den Aufgaben von Aquilius gehört hatte Leute hinzurichten, war er sogar noch erfreuter darüber, dass man ihm die Münze zugeteilt hatte.

  • Während die zwei hohen Herren munter miteinander plauderten, machten ihre Sklaven derzeit die wahre hohe Politik, in dem sie ihre Herren anmeldeten und sehr nett und lieb zum ianitor der Villa sein mussten. Denn nur widerwillig und mit säuerlichem Gesicht öffnete dieser die porta, um die Kandidaten hinein zu lassen.


    Ein anderer Sklave wurde vom ianitor zum Consul geschickt und meldete die Herren an, die ihrerseits vom ianitor, noch immer mit säuerlichem Gesicht, ins Atrium gebeten wurden.

  • "Mit der Politik ist es doch wie mit allen Vergnügungen, sie kommen einen meistens recht teuer zu stehen," sagte ich mit einem Grinsen in die Richtung des Annaeers. Mir selbst wäre sein Amt wohl zu langweilig gewesen - ich hatte noch nie wirkliches Interesse für Geld und alles damit zusammenhängende aufbringen können, ich hatte es nur stets ganz gekonnt ausgegeben - aber solange er damit zufrieden gewesen war, konnte diese Wahl nicht falsch gewesen sein.
    Als die Sklaven mit ihrem Gespräch fertig waren, wurden wir hineingebeten, und so schritt ich gemeinsam mit Annaeus Modestus ins Innere der villa - dafür waren wir schließlich hier - und wappnete mich innerlich bereits dem, was unvermeidlich kommen würde. Aber wenigstens konnte ich dieses Mal auf eine gute Amtszeit zurückblicken und war nicht mehr ganz ein blutiger Anfänger. Ein halb blutiger Anfänger nun eher. Ob der consul schon anwesend war? Ich sah mich im atrium um, das sich seit dem vorletzten Jahr nicht wesentlich verändert zu haben schien.

  • Modestus lächelte und ging zusammen mit Flavius Aquilius ins Innere der Villa. Die Politik ein Vergnügen? Eine interessante Ansicht, die er sich merken musste. Während er wartete betrachtete er das Atrium und die verschiedenen Verzierungen. Solch ein Haus wollte er auch irgendwann sein eigen Nennen. Irgendwann wollte er auch noch heiraten, Prätor werden und einige Zeit auf einer eigenen Yacht durch das Mittelmeer segeln und sich einen Landsitz in Baiae gönnen. Irgendwann...

  • Nicht irgendwann, aber doch erst nach einer gewissen Zeit kam der Consul, Seppius Septimus, ins Atrium hereinspaziert, so dass die Besucher Muße genug hatten, das Interieur gebührend zu besichtigen und zu bewundern.


    "Salvete. Ihr möchtet mich sprechen?" Schon fast salopp begrüßte der Consul seine Gäste.

  • An den Senat von Rom


    Forum Romanum
    Curia Iulia


    z. H. des Consuls


    Betreff: Provinz Germania



    Salve ehrenwerte Väter Roms,


    anderst als vielleicht nach dem Tode des Augustus Lucius Ulpius Iulianus erwartet gibt es in der Provinz Germania keine Anzeichen von Unruhen.


    Der Legatus Augusti Pro Praetore hat so weit ich weiß alle militärischen Einheiten den Eid auf den neuen Augustus ablegen lassen aber dies hat er euch mit Sicherheit auch selbst schon mitgeteilt und ist somit nichts Neues.

    Die Germanen verhalten sich ruhig und ich kann euch freudig mitteilen das unsere Verbündeten unter ihnen (Stamm der Mattiacer) auch unter dem neuen Augustus ihre Treue zum römischen Volk beteuern so wie sie es schon unter dem verstorbenen Iulianus taten. Was wieder ein Grund zur Sorge weniger ist.


    Außerdem gab es in Mogontiacum große Feierlichkeiten welche zu Ehren und dem Andenken des verstorbenen Augustus abgehalten wurde.
    Das Volk nahm in großer Anzahl zum Gedenken an den verstorbenen Imperator daran teil.



    Mogontiacum, ID MAI DCCCLVIII A.U.C. (15.5.2008/105 n.Chr.)



    Quintus Germanicus Sedulus

  • "Salve, consul Seppius," sagte ich höflich und neigte den Kopf wieder einmal vor ihm (langsam kam ich mir vor, als sei ich in einem sich immer wiederholenden Zirkel der Ereignisse gefangen, denn er sah auch noch fast genau so aus wie damals).
    "Um dem werten Annaeus Modestus," ich machte eine leichte Geste zur Seite, zu meinem Begleiter hin, "nicht zu weit vorzugreifen, Dir aber Zeit zu sparen, muss ich vermelden, dass uns dasselbe Anliegen zu Dir führt - die Anmeldung der erneuten Kandidatur unsrigerseits zum cursus honorum." Dem mochte der Annaeer noch hinzufügen, was es seiner Ansicht nach hinzuzufügen galt, ich wusste schließlich nicht, ob er nicht noch ein anderes Anliegen mit sich zur villa des consuls geschleppt hatte.

  • >Salve, Consul Seppius Septimus. Die Kandidatur für die Quaestur.<


    fügte Modestus noch hinzu und freute sich über den unerwarteten Reim. Er hatte kein Problem damit, dass Flavius Aquilius bereits sein Anliegen auch erwähnt hatte. Nur das "erneuten" im Zusammenhang mit dem nicht genannten Amt klang für ihn sehr nach einem erneuten Vigintivirat. Er war sich zwar nicht ganz sicher ob der Flavier wegen seiner Quaestur da war, doch bei ihm war es der Fall. Ein zweites Vigintivirat war ja nur eine unnötige Verschwendung von Zeit und Geld.

  • Der Consul fand es niedlich, dass die beiden Herren vor ihm glaubten, dass er sich noch an sie erinnern könnte. Nur in den seltensten Fällen interessierten ihn Vigintiviri und davon gibt es immerhin 20 jedes Jahr. Nur gut, dass ihm sein Sklave die Namen mitgeteilt hatte, sonst wäre es jetzt ein wenig peinlich geworden, und da der eine als Annaeus betitelt wurde, musste der andere wohl der Flavius sein.


    "Verstehe ich richtig? Beide wollt ihr zur Quästur kandidieren? Habt ihr auch die erforderlichen Voraussetzungen?"

  • "Ich bin wegen der Kandidatur zur quaestur hier," sagte ich mit fester Stimme - so lehrreich das vigintivirat auch gewesen war, nochmal musste das alles nun wirklich nicht sein. Irgendwann wollte ich schließlich auch einmal mehr sein als eins von unzähligen Rädchen im Getriebe des Kaiserreichs. Wobei mir nicht in den Sinn kam, der consul könnte sich nicht an mein Gesicht erinnern - aber welcher aufstrebende Politiker wollte auch daran denken, dass sein Gesicht in einer mehr oder minder anonymen Masse untergegangen war? Einzigartig wollte doch ein jeder sein.
    "Die Voraussetzungen sollten erfüllt sein." Zumindest fiel mir jetzt nichts ein, was ich vergessen haben könnte.

  • >Ja, ich denke auch, dass ich die nötigen Voraussetzungen erfülle.<


    meinte Modestus, denn er erinnerte sich an nichts, was dagegen sprechen könnte. Er war im Ordo Senatorius, hatte einen bestandenen Cursus Res Vulgares vorzuweisen, hatte sein Vigintivirat abgeleistet und leistete im Moment noch die letzten Tage seines Militärtribunats ab. Einen Cursus Continuum hatte er zwar nicht, aber den brauchte man sowieso nur für die höheren Ämter.

  • Na, wenn sie es sagten, dann wollte der Consul dies auch nicht in Frage stellen, zumal er in diesem Moment ohnehin keine Möglichkeit hatte, die Wahrheit ihrer Aussagen zu überprüfen.


    "Nun gut, dann werde ich euch auf die Liste setzen. In den nächsten Tagen werdet ihr beim Senat vorsprechen." Abwartend sah er sie an, vielleicht stellten sich noch Fragen oder sie hatten auch noch andere Anliegen.

  • >Ich danke dir für deine Zeit, Consul. Ich bin mir sicher, dass du noch andere, wichtigere Dinge zu erledigen hast. Daher will ich dich auch nicht mehr länger stören. Vale.<


    Modestus verabschiedete sich, aber er ging noch nicht sondern wartete auf Flavius Aquilius, da er noch auf Wunsch seines Patrons, der auch der Patron des Flaviers war, mit ihm sprechen wollte.

  • "Meinen Dank für Deine Zeit, consul," sagte ich ebenso höflich und nickte ihm zu, sicherlich hatte er noch viel zu tun und noch mehr Besucher zu erwarten, gewiss würden der Annaeer und ich nicht die einzigen Bewerber sein, die dieser Tage durch die villa Seppia flanierten. So verabschiedete auch ich mich und ging mit meinem Mitbewerber hinaus - noch länger im atrium herumzulungern wäre auch kaum angebracht gewesen. Als wir wieder auf der Straße angelangt waren, atmete ich tief durch und sah zu Modestus: "Na, die erste Hürde haben wir genommen - ich bin sehr gespannt, ob wir wieder gemeinsam im Amt sein werden. Hast du Dir schon überlegt, welches Quaestorenamt Du zu erreichen versuchst?"

  • >Genau darüber müssen wir noch sprechen.<


    meinte Modestus lächelnd, als er neben Flavius Aquilius auf der Straße stand. Sein Sklave folgte ihm inzwischen auch wieder.


    >Mein Patron und damit auch dein Patron wünscht, dass wir uns deswegen absprechen.<


    meinte er immernoch sehr freundlich aber doch etwas ernster.


    >Nun ich wollte eventuell am Ulpianum mitarbeiten. Außerdem habe ich gewisse Verpflichtungen in Roma, weshalb ich gerne einen Posten in der Stadt hätte. Wenn es sein muss würde ich mich aber auch mit einem Posten in einer der Provinzen begnügen, aber nur ungern. Und wie sieht es mit dir aus ?<

  • Irgendwie hatte ich mir fast schon gedacht, dass er seinen Weg in die Kaisernähe suchen würde - aber wer hätte das nicht getan? Es war wirklich unpraktisch, dass der letzte Kaiser ausgerechnet dann gestorben war, als ich begonnen hatte, in sein Gesichtsfeld zu rücken, umso leichter wäre es nun, dasselbe mittels eines Amtes beim neuen Kaiser zu erreichen.
    Andererseits - man war dann ein besserer Kaisersekretär, nicht sehr viel mehr, die wirkliche Arbeit, die einem einen Einblick in das politische Geschehen gestattete, fand woanders statt.
    "Ah, der senator hat Dich auch zum Klienten erwählt," sagte ich in freundlichem Ton, auch wenn mir nicht ganz in den Sinn wollte, was der Annaeer mitbringen konnte, das ihn dafür interessant machte - wahrscheinlich das Familienprestige und der Wille, für den Aufstieg zu arbeiten.
    "Bisher habe ich mir da noch nicht so viele Gedanken gemacht - alle drei Variationen würden mich reizen, und ich denke, ich werde es dem Senat überlassen zu entscheiden, welchen Posten sie am geeignetsten halten. Letztendlich wird jeder das Maß an Erfahrungen erfüllen, das ich mir zu machen erhoffe."

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