Eines der Nebengebäude | Die Räumlichkeiten des Doros von Pelusium

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Man könnte schon meinen, dass der junge Arzt die Farbe der Wand hinter sich an nahm und seine Augen weiteten sich vor Schreck noch ein wenig mehr, sein Blick irrte flackernd durch den Raum als ob sich dort ein Ausweg für ihn bot, er begegneten den dunklen Augen seines Sklaven, der auch etwas unruhig wirkte, aber an seinem Platz stehen blieb und sich nicht in das Gespräch zwischen Nikolaos und Doros einmischte. „Gleich öffnen? Ausgeschlossen...so arbeite ich nun mal nicht, ich brauche meine Ruhe dafür!“, sprudelte es ungewöhnlich hastig aus Doros Mund hervor und er holte tief Luft, sah vom toten Körper zum (ihn sehr durchdringend ansehenden) Strategos zurück. Doros leckte sich schnell und in einer nervösen Geste über die Lippen und atmete noch mal tief durch die Nase ein, schließlich raffte er seine Gestalt, suchte danach seine Mimik und die Bestürzung über das Ganze unter Kontrolle zu bringen. „Ein Opfer, aber natürlich. Aber dafür sollten wir einen Tempel aufsuchen...oder wie wäre es, wenn Du das Opfer vollführst und ich kümmere mich um die Arbeit hier?“ Doros merkte im selben Moment, dass das keine sonderlich kluge Antwort war, aber scheinbar wollte er den Strategos schnell aus den Raum bekommen.



  • Nikolaos Mund verzog sich zu einem Lächeln. Die plötzliche Unbeherrschtheit des Arztes gefiel ihm. Oder spielte Doros ihm vielleicht nur etwas vor? Nikolaos beobachtete ihn nun noch viel aufmerksamer. Erbleichen kann man niemandem vorspielen, dachte er. Der Arzt schien wirklich um Fassung zu ringen. Nikolaos beschloss, das Spiel noch etwas weiter zu treiben.
    "Das ist bedauerlich, werter Doros. Da die Priesterschaft des Apollons und der Musen sicher großes Interesse daran haben wird, dem verstorbenen obersten Priester so rasch wie möglich eine würdige Ruhestätte zukommen zu lassen, glaube ich kaum, dass ich sie warten lassen kann. Doch sicher lässt sich ein anderer Künstler* finden, der das Innere des Leibes auch in Eile gut untersuchen kann. Du darfst dieser Untersuchung selbstverständlich beiwohnen... ." Nikolaos lächelte harmlos und scheinbar unbedarft und zwinkerte dem Arzt freundlich zu. Innerlich hätte er am liebsten laut gelacht. "Werter Doros, dein Vorschlag wäre ein ausgezeichneter, wenn er nicht einen Fehler hätte. Ich bin nur Schüler des Museions, ich darf das Heiligtum nicht betreten. Du aber bist ein Priester der Musen und des Apollons." *"Künste" waren in der Antike nicht nur die so genannten schönen Künste (also bildende Kunst, Literatur, Schauspiel etc.). Der Begriff wurde allgemein auch für komplexere Fähigkeiten aller Art verwendet (zumindest im Lateinischen, welches Wort es dafür in Attisch gab ,weiß ich leider nicht ;), so auch für die Kunst, eine Leiche zu öffnen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Stumm lauschte Doros den Worten des Strategos, er wurde mit jedem Satz noch etwas blasser und hielt sich an dem Tisch (auf dem der Tote lag) fest. Doros atmete tief ein und aus und hinter seiner Stirn schien es zu rumoren, er war wohl dabei nach Ausflüchten oder anderen Entschuldigungen zu finden. Etwas, womit er Nikolaos Entscheidung abwenden konnte und seinen Hals aus der Schlinge ziehen. Doch etwas vernünftiges schien dem jungen Arzt nicht mehr einzufallen. Hilflos wandte sich Doros an seinen Sklaven, der mit der Schulter zuckte und eindeutig nicht so beunruhigt wirkte wie Doros. „Vielleicht sagt ihr es ihm einfach, Herr!“ Doros Mund öffnete sich und schloss sich wieder, wie bei einem Fisch. Seine Schultern sackten herunter und er nickte resigniert. „Ja...“, murmelte er leise und drehte sich zu Nikolaos um. „Ich bin auch kein Priester, Strategos. Das sind andere aus meinen Reihen. Aber was den Toten angeht und die Leichenöffnung...“ Doros schwieg einen Augenblick lang und leckte sich nervös über die Lippen. „Das ist unnötig, denn es ist bereits geschehen.“ Tonlos war die Stimme von Doros, sein Blick war zwar auf Nikolaos gerichtet, aber es wirkte, als ob er durch den Strategos hindurch sah.







    Edit: téchne ist der griechische Ausdrück für Kunst. Im lateinischen Ars genannt.



  • Nikolaos blickte den Arzt streng an. Als dieser seine Tat zugab, wurde sein Blick noch ernster. "Du weißt, das dies als Frevel angesehen werden könnte?", fragte er eindringlich. Sein Blick schien den Gelehrten durchbohren zu wollen. "Was übrigens hast du mit dieser Leichenöffnung bezweckt, was hast du herausfinden können? Im übrigen würde es mich interessieren, wie weit du den Körper aufgeschnitten hast. Bitte zeige mir doch die Nahtstelle."

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    „Ein Frevel...absurd...[SIZE=7]absurd[/SIZE]...“, murmelte Doros abweisend und verschränkte die Arme vor der Brust, immer noch weiß im Gesicht und mit einem Flackern in den Augen, die sonst doch so selbstsicher wirkten, fast sogar ein wenig überheblich. Aber die Arroganz und das selbstgefällige Gehabe, was manche bei Doros zu entdecken glaubten, war gänzlich verschwunden, auch die launischen Worte, die er sonst immer einwerfen konnten, kamen ihm nicht mehr in den Sinn. Doros presste die Lippen aufeinander und sog die Luft tief durch seine Nase. Widerwillen verspürte der Arzt gegenüber der Offenbarung seines Tuns, aber ganz offensichtlich hatte er keine Wahl. „Ich bin Iatros. Das gehört nun mal zu meiner Profession. Und an Schweinen zu arbeiten, das reicht mir einfach nicht.“ Gab Doros mit einer kühlen Stimme, in der ein wenig Sorge mit schwang, als Antwort. „Zudem habe ich dadurch sehr viel besser erkennen können, warum der Epistates gestorben ist. Schließlich bin ich kein Hellseher und von den Lippen kann ich auch nicht die Gifte erriechen.“ Doros drehte sich um und trat zu dem Leichnahm, griff vorsichtig an das Leinentuch, was den Korpos verdeckte. „Ich habe ihn noch nicht zugenäht, das hatte ich noch vor.“ Er schlug mit einem Ruck das Tuch zur Seite. Zwei große Schnitte zierten den alten und welken Körper des Epistates. Einmal vom Sternum bis unter dem Bauchnabel und dann noch unterhalb der Rippenbögen. Seltsam deformiert sahen auch die Rippen aus, als ob jemand versucht hatte sie zur Seite zu drücken, womöglich es auch getan hatte. „Willst Du in sein Inneres sehen?“ Die Kälte schlich sich nun auch in die Augen des Arztes und er sah den jungen Strategos fast heraus fordernd an.





  • Nikolaos Blick kühlte sich weiter ab. Seine Augen schienen Giftspritzer oder Funken zu sprühen. Er lächelte, und sein Lächeln schien im Gesicht zu gefrieren. Dann schien ein warmer Zug durch die Haut seines Gesichts zu fahren. "Du scheinst ein sehr eifriger Forscher zu sein, Dore.", sagte er, nicht ohne sich eine leichte Bissigkeit in der Stimme verkneifen zu können. Zwar war Nikolaos in diesem Moment auf der Position des Stärkeren, dennoch hatte er gegenüber Doros eine gewisse Furcht, weil er ihn nicht durchschauen konnte, soviel er sich darum auch bemühte. Was ging in diesem Mann vor? War er wirklich erschrocken über die Aufdeckung seines Frevels, oder nicht Frevels, je nach Ansicht, oder spielte er dem Strategos ein Schauspiel vor? Nikolaos ließ sich davon aber nichts anmerken.
    Er betrachtete den Leichnahm ausgiebig. Wie ein Schlachter schien der Iatros den Toten ausgeweidet zu haben. Nikolaos erschauderte. Aus den Innereien stiegen ihm stinkende Miasmenwolken in den Kopf und machten ihn benommen. Doch gegenüber Doros wollte Nikolaos keine Schwäche zeigen.
    "Ich bitte darum, werter Doros. Wenn sich schon deine Tat nicht mehr ungeschehen machen lässt, wird es das Beste sein, aus ihr den größten Nutzen für die Wahrheit zu ziehen.", sagte er in einem nichtssagenden Tonfall. Dann erkannte er die Asymmetrie der Rippen. "Hattest du versucht, auch den Brustkorb zu öffnen?", fragte er, im selben ausdruckslosen Ton.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Ein Schnauben war von Doros zu hören. „Natürlich bin ich begierig darauf, die Wolken der Unwissenheit zu vertreiben und das Licht des Wissens auf die Welt zu bringen. Warum sollte ich mich von der Ignoranz ungebildeter Menschen aufhalten lassen, wenn es doch um größere und bedeutende Dinge geht.“ Doros ging langsam um den Tisch herum, um auf der gegenüberliegenden Seite von Nikolaos stehen zu bleiben. Er hob eine Hand, was der dunkelhäutige Sklave, mit dem wachen und klugen Blick, sofort verstand und ihm ein Instrumentarium reichte. Einem metallenen Stab, der am oberen Ende etwas verdickt war, damit hob Doros einen der Hautlappen an, die durch die Schnitte gebildet worden waren, um Einsicht in das Innere des Toten zu gewähren. Er schob die Haut zurück, die Fettschicht und offenbarte darunter die Gedärme des Tychios, die an dem Gekröse im Inneren befestigt waren und sich in vielen Schlingen in dem Bauchraum hindurch zogen. Tatsächlich wurde der Geruch und die Ausdünstungen aus dem Bauch stärker, Doros hob den Blick und musterte den Strategos mit einer genüßlichen Neugier und Häme, war dann etwas enttäuscht, kein entsetzten Blick bei dem anderen jungen Mann zu entdecken. „Natürlich, den größten Nutzen. Danach strebe ich stets!“, gab Doros zur Antwort, lächelte dünn und kühl. „In der Tat, ich habe das Brustbein in der Mitte gebrochen, um die Organe unter dem Rippenbogen zu betrachten. Aber um mir auch besser Leber und Milz ansehen zu können. Den Magen habe ich ebenfalls geöffnet...“ Doros wanderte mit der 'Sonde' am Körper nach oben, ließ sich etwas wie eine Zange reichen und hob die Haut unter dem Rippenbogen an, an der Stelle, wo sich das Kreuz der beiden großen Schnitte traf. Der Processus xiphoideus, der untere Teil des Sternums, wurde sichtbar, und gleich darunter der Magen, der einem Wasserschlauch nicht unähnlich war (kein Wunder, machte man solche Schläuche doch gerne aus den Mägen). Ein großer Schnitt prangte in dem muskulären Hohlorgan. „Teile seines Mageninhaltes habe ich in einer Schüssel. Möchtest Du sie sehen?“




  • Der Gestank von Verwesung und Fäulnis (diese war vor allem in den innenliegenden Teilen des Körpers des Epistates fortgeschritten, dort, wo wenig Luft das zerfallende Fleisch erreichte) legte sich wie ein Schleier auf Nikolaos Sinne und ließ ihn schwer atmen und schwer denken. Eine kurze Zeit lang schwankte Nikolaos, ihm wurde beinahe schwarz vor Augen. Er wusste genau, dass er diesen Anblick eigentlich nicht ertrug und dass es das Beste wäre, den Raum so schnell wie möglich zu verlassen, ansonsten liefe er Gefahr, in Bewusstlosigkeit zu fallen. Er stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab, ohne hinzuschauen, und musste anschließend feststellen, dass er in eine Lache aus Säften des Körpers gefasst hatte. Benommen zog er die Hände wieder weg. Sie waren mit stinkendem Saft besudelt. Schnell ließ er die Hände wieder sinken als kümmere ihn dieser Umstand nicht. Er wollte vor Doros, der wohl sehr oft mit bloßen Händen die verfaulenden Bestandteile des menschlichen Körpers berührte (Nikolaos hatte das Gefühl, dass Doros schon selbst nach Fäulnis und Verwesung stank) nicht sein Gesicht verlieren. Die Hände vonsichstreckend, um seine Kleidung nicht zu beschmutzen, stand Nikolaos über den Tisch gebeugt und betrachtete die Innereien. Für ihn gab es dort nicht viel zu erkennen, für ihn waren dies alles nur seltsame Formen der Natur, deren Zweck er nicht kannte, obgleich er in ihm selbst seine Wirkung trug.
    "Sehr gerne, werter Doros.", antwortete Nikolaos auf die Frage des Iatros und lächelte, als könne er sich wirklich nichts angenehmeres vorstellen. Gleichzeitig musste er mit Übelkeit und Schwindel kämpfen.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Von den Innereien des Leichnams sah Doros auf und musterte prüfend das Gesicht des jungen Strategos. Ein süffisantes Lächeln trat auf die Züge des Iatros, die gewohnte Selbstsicherheit des Arztes und Draufgängers kehrte langsam zurück, nun, wo sie sich wieder auf einem Feld bewegten, was ihm mehr als vertraut war. Der menschliche Corpus (die Ars corporem). Er schob die Gedärme mit seiner Sonde zur Seite und ignorierte erst mal die Antwort von Nikolaos. „Der menschliche Körper ist schon ein Wunder der Götter. Ein Mysterium, das es noch zu ergründen gilt. Wusstest Du, dass große Forschungen hier an diesem Ort getätigt wurden, vor nicht all zu langer Zeit? Vielleicht ist Dir der Name Herophilos ein Begriff...?“ Vor nicht all zu langer Zeit war dementsprechend etwas fragwürdig, wenn man vierhundert Jahre als eine kurze Zeitspanne bezeichnen wollte. „Er hat großartiges geleistet. Hier...siehst Du diesen Teil des Schlauches, durch den der Nahrungsbrei geht, aus dem Blut und Galle gebildet werden? Herophilos hat ihn schon benannt...Duodenum...und er glaubt zudem an die Unterschiede gewisser Stränge im Körper, weiche und harte Gefäße...und was er über das Auge geschrieben hat oder das Gehirn, wo der Schleim gebildet wird.“ Doros geriet schon ins Schwärmen, wusste aber, dass auf einen Laien solche Erkenntnisse mehr abschreckend oder langweilig wirkten. So ließ Doros die Sonde herunter sinken und sah zu dem Sklaven. „Reiche mir die Schale aus der Kammer!“ Der Sklave neigte den Kopf und eilte davon. „Einst waren die Zeiten anders am Museion. Herophilos hat an Menschen seine Forschungen betrieben. Manche behaupten sogar, an Sklaven, die noch lebten, um so die Wahrheit ans Licht zu bringen. Es ist bedauerlich, dass wir in die barbarischen Zeiten zurück gekehrt sind, in denen die Wahrheitsliebe dem Aberglauben weichen mussten“ Der Sklave kehrte zurück und reichte Doros eine Schale aus Blei und Silber, die Doros gleich an Nikolaos weiter reichte. Ein undefinierbarer Brei, der widerlich säuerlich stank, lag in der Schale.



  • Der Schwindel wurde stärker, während Doros sprach. Nikolaos hörte seinen Ausführungen kaum zu. Ihn interessierten die Errungenschaften durch diesen Herophilos wenig. Starr hielt er seinen Blick auf den Leichnahm gerichtet. Das Rauschen in seinen Ohren wurde stark, so stark, dass er alles andere beinahe nicht mehr hören konnte. Seine Hände zitterten, als er die Schale mit dem Mageninhalt entgegennahm. Er hoffte, er würde sie nicht fallen lassen. Er umklammerte sie, als hielte er sich an ihr fest. Sie war schwer, sie schien Nikolaos hinabzuziehen.
    "Sage mir, was es in diesem Brei zu erkennen gibt.", forderte Nikolaos den Iatros auf. Seine Stimme war etwas brüchig, er hatte Mühe, sie daran zu hindern, dass sie ihm ihre Dienste versagte. Schweißtropfen rollten seine Stirn hinunter und verfingen sich in den schmalen, geschwungenen und mit Kohle nachgeschwärzten Büschen seiner Augenbrauen. Nikolaos Wangen färbten sich gelblich, er sah nun seinerseits beinahe aus wie ein Toter. Er hoffte, die Erklärung des Doros würde kurz sein und sich auf das Wichtigste beschränken. Säuerlicher Gestank erreichte seine Nase, drang tief in ihn ein und schien seinen ganzen Körper zu infiltrieren.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Kalt richteten sich die Augen von Doros auf den Strategos, der überhebliche Ausdruck kehrte auf sein Gesicht zurück. Ein Funken von Interesse zeigte sich in den Augen des Iatros als er Nikolaos musterte und den Wechsel seiner Gesichtsfarbe, die Haltung und das schnellere Atmen, zudem das leichte Zittern der Hände beobachtete. Zwei Augenbrauen, die von Doros, zuckten einen Moment bei der Anweisung des Nikolaos. Er wandte seine Augen von der Jünglingsstatur des Nikolaos ab und richtete sie stattdessen auf die Masse in der Schale. „Im Grunde ist es nicht sehr aussagekräftig. Nur, dass der Epistates vor seinem Tod noch gut gespeist hat. Fleisch, sehr viel Fleisch und ähnliche deftige Sachen. Ob er währenddessen oder danach vergiftet wurde, konnte ich aber weniger erkennen.“ Doros ergriff die Schüssel wieder und stellte sie auf den Tisch neben den Leichnam. „Ein paar Reste eines möglichen Giftes habe ich durchaus gefunden. Eisenhut.“, griff Doros das Gesagte von dem Anfang ihrer Untersuchung auf.




  • Immer schwächer werdend folgten Nikolaos Augen den Bewegungen des Iatros. Immer häufiger schoben sich Flecken und Schleier auf das Bild. Nikolaos zwang sich, die Schale zu betrachten. Er konnte nichts darin erkennen außer einem stinkenden Brei.
    "Zeige mir diese Reste", forderte Nikolaso den Iatros auf, da er ihm nicht traute. Anschließend müsste er sofort diese Räume verlassen. Der Strategos Alexandrinos zitterte. Er stützte sich am Tisch ab, auf dem der Leichnahm lag. Er wusste, dass er nun sein Unwohlsein nicht mehr verbergen konnte. Dennoch wollte er stark bleiben, zumindest bis Doros ihm die Eisenhutreste gezeigt hätte. Sauer stieg eine Substanz in Nikolaos Hals auf, hinauf bis zur Kehle, dann bis zum Gaumen, die ähnlich der in der Schale vor ihm war.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Der Sklave des Doros trat einen Schritt näher an den Strategos, stoisch in der Mimik seines Gesichtes, aber durchaus besorgt, ob der junge Mann nicht im nächsten Moment aus seinem Schuhwerk kippte. Darum hielt sich der dunkelhäutige Sklave bereit notfalls Nikolaos aufzufangen. Doros kümmerte das herzlich wenig, im Gegenteil, ein amüsiertes Lächeln huschte über seine Lippen, verflog jedoch gleich darauf wieder. „Die Reste? Nun gut!“, murmelte er und griff nach der Schale um mit der Sonde etwas den Inhalt zu teilen. Er deutete mit dem metallenen Rund auf etwas, was man eventuell noch grün nennen konnte, gezackt war und zur Hälfte unerkenntlich. „Das ist ein Blatt von der Pflanze! Aber als Beweis wird das Ganze hier wenig tauglich sein. Du wirst wohl auf meine Expertise vertrauen müssen...oder nicht, aber mehr Anhaltspunkte kann ich Dir nicht geben.“



  • Es wäre übertrieben, zu behaupten, Diagoras sei auf dem Weg zu Doros von Pelusion ein Mensch begegnet; er nahm nicht den Weg durch die Bibliothek, sondern ging schnurstracks und zielstrebig zunächst in die falsche Richtung und - als er seinen Fehler bemerkte - denselben Weg zurück, über den richtigen Hof zum richtigen Nebengebäude.


    Trotz dieser unfreiwilligen Verlängerung der Möglichkeit, jemandem zu begegnen, dem er wenigsten ein stillevertreibendes Grunzen hätte entlocken können, wurde diese Möglichkeit von niemandem erkannt und entsprechend auch nicht wahrgenommen. Im Grunde war es Diagoras dann doch einerlei, denn er setzte große Hoffnung auf die spitzbübische Geschwätzigkeit des jungen Arztes, den zu konsultieren ihm bei seinem ersten Besuch nicht vergönnt gewesen war.


    Diagoras schaute sich um. Niemand. Nichts. Er räusperte sich, das Räuspern war zu hören. Wenigstens etwas.


    Mit schnellen, leicht dahingeworfenen Bewegungen klopfte er an die Tür.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Etwas Gutes hatten diese Feiertage, Doros hatte seine Ruhe und konnte ungestört dem nachgehen, was er gerne trieb. Die Triebe, die (Ess-) Lust, die Neigung und die Forschung, natürlich nicht alles auf einmal, so forsch war selbst Doros nicht, oder sagen wir mehr, so geschmacklos. Einer Neigung ging er auch gerade nach, ließ sich ganz in seinen Freuden treiben als er von draußen ein lautes Pochen hörte. Mit der festen Absicht es erst zu ignorieren macht er fröhlich weiter in seinem Treiben, doch eine leise Stimme meldete sich zu Wort. „Doros...es hat jemand geklopft, so mag ich nicht!“ Doros stockte und sah die junge Frau an, mit der er gerade das Bett teilte. „Hm? Hm!“, grummelte der Iatros und Forscher. Leise vor sich hin fluchend erhob er sich aus dem Bett, griff nach ein paar Kleidungsstücken und tapste über den kalten Steinboden aus dem Zimmer, nicht ohne die Tür hinter ihm zu zu ziehen. Auf dem Weg zog er seine seinen Lendenschurz an und war bereits an der Tür angelangt. Womöglich nur ein Sklave, geschickt von einem der alten Knochen, die ihn an seine religiöse Pflicht erinnern wollten. Leider hatte Doros an jenem Tag seinem Sklaven frei gegeben, um ungestört zu sein heute. So öffnete Doros höchst persönlich die Tür zu seinen Wohn- und Forschungsräumen, nur mit einem Lendenschurz um die Hüfte und einer Leinentunika in der Hand. „Was gib's?“, meinte Doros und blinzelte dann. Natürlich erkannte er Diagoras sofort wieder, der Mann mit dem höchst gewitzten Geist, Humor und Scharfsinn war Doros in lebhafter Erinnerung geblieben. „Oh, Khaire...Diagoras, nicht wahr?“


    Selbst wenn es zu einem ungünstigen Zeitpunkt war, Doros hatte nichts gegen eine derart interessante Störung, darum öffnete er die Tür. „Tretet doch hinein!“, meinte der Iatros und deutete einladend auf den großen Wohnraum, der an diesem Tag nicht so unordentlich wie noch vor Wochen und Monaten wirkte. Zwei Klinen standen unter dem geöffneten Fenster (die Fensterläden standen weit offen und ließen die Sonne herein fallen). Auf dem Tisch aus Nussholz standen Schalen mit Essen und eine dickbäuchige Karaffe. Die meisten Schalen waren noch mit Essen gefüllt, das sogar noch dampfte, aber die zwei Teller und Becher waren benutzt worden, wenn auch spärlich. Doros ging Diagoras voraus und nutzte die wenigen Schritte, um sich seine Tunika über den Leib zu streifen. „Etwas Wein womöglich? Oder lieber Feigensaft?“



  • Wenn wir annehmen, daß Diagoras aufgrund seiner Reise durch die halbe Welt und seinen unfreiwillig überlangen Kuraufenthalt im fernen Samosata (weiß eigentlich zum Kuckuck jemand, wo das liegt? Genau - agegen ist das rauhe Kilikien ein Rentnerparadies.) ein neuer Mensch geworden ist, sind wir entweder so dämlich wie schon vor Monaten oder einfach nur Gutmenschen.


    "Chaire, lieber Doros, Du Geschenk der Götter, daß ich Dich hier antreffe!" rief Diagoras erfreut aus. Daß er Doros in Doros' Zimmer antraf, war keineswegs verwunderlich, umso verwunderlicher hingegen, daß sich jener an diesen, also Doros an Diagoras noch erinnern konnte. "Ich bin's - in der Tat und ich hoffe, ich störe nicht" setzte unser Held mit dem Hauch einer rhetorischen Frage nach. Daß man den jungen Arzt kaum bekleidet, vielmehr kaum bekleidet nennen konnte, fiel Diagoras nicht auf - und wenn, dann nicht ins Gewicht.


    Er folgte der Einladung und ins Zimmer. Kreatives Chaos wie eh und je, ein hoher, sonnendurchflutetet und von einem leichten Lüftchen durchzogener Raum, vor dessen Fenster erstaunlicherweise Vögel zwitscherten. Bei Doros war alles anders. Lag es an ihm oder am Raum selbst?


    Diagoras sah sich im Raum um und schnüffelte. "Wirklich ganz reizend, Danke!" Dann verfiel er in sekundenlanges neugieriges Schweigen. "Wie? Oh, ja: Wein wäre wirlich willkommen", lächelte er nach innen gekehrt, die Augen weiter nach außen alles aufsaugend, um es dann in seiner eigenen schmalen und kümmerlichen Kammer wie ein Bild an die Wand projezierend wieder von sich zu geben. Diagoras' Magen meldete sich hungrig angesichts der appetitlichen Essensreste, eine Insubordination, die Diagoras hingegen nicht beachtete.


    "und wie geht's? Wie steht's? Lebt Theodoros noch - oder ist der neue Epistates auch schon ermordet worden?" Wir erinnern uns: als Diplomat war Diagoras eine ziemliche Niete.

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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Einigermaßen passabel gekleidet, überhaupt wieder angekleidet, ließ sich Doros auf einer der Klinen herunter plumpsen. Dabei streckte er sich und öffnete einen kleinen Schrank hinter sich, aus dem er einen sauberen Trinkbecher holte, den er gleich darauf vor Diagoras stellte. Er griff nach einem Krug und goss in einem weichen Schwung von dem roten Wein in den Becher, der nicht sehr verdünnt war, dafür mit einigen Gewürzen angereichert und zudem von den Trauben um den Mareotis-See stammte. Gewürzt war er Doros nicht immer wirklich lieb, aber er hatte damit mehr dem Wunsche seines ersten Besuches entsprochen. Er grinste breit. „Lass das mal gegenüber den Oberen vom Museion mal fallen, Diagoras. Denn leider halten mich viele am Museion mehr für eine Plage der Götter und nicht für ein Geschenk!“ Doros winkte ab. „Nein, Du störst überhaupt nicht!“ Die Frau in seinem Schlafzimmer hatte Doros schon halb vergessen. Der offensichtlichen Meldung eines hungrigen Korpus wegen griff Doros auch nach einer Schüssel und schob sie Diagoras zu, ebenso die noch fast vollen Essenschüsseln, die Lammfleisch in Olivenpaste gebraten, gefüllte Weinblätter und ähnliche Speisen enthielten. „Greife ruhig zu, Diagoras!“


    Auch Doros goss sich in dem Becher ein und griff nach einem Stück Brot. Hunger hatte er schon lange und das Essen war auch noch nicht beendet gewesen. So tunkte er das Brot in den Wein hinein und kaute genüsslich. Fast hätte er sich verschluckt, als er die Frage von Diagoras vernahm. Hustend schluckte er den Rest herunter und fing an zu lachen. Herzhaft und mit großer Freude an der Frage. Er schüttelte dabei jedoch den Kopf. „Nein...“, gab er schließlich, immer noch ein wenig glucksend, von sich. „Tot ist er nicht. Er ist, wie man gerüchteweise gehört hat, krank geworden und muss einige Zeit wohl sich zurück ziehen. Aber ganz offiziell ist das Ganze sowieso noch nicht gewesen. Weder der Eparchos hat ihn benannt, noch hat es je eine Zeremonie für seinen Amtsantritt gegeben.“ Doros zuckte gleichgültig mit der Schulter. Dann belästigte ihn auch niemand...zumindest seltener. „Zwei der Gelehrten haben sich dem angenommen. Sosimos, der Philosoph, und Nisoteia, die Naturphilosophin, fühlen sich dafür berufen*!“ Doros lehnte sich gegen das Polster von seiner Kline und musterte Diagoras neugierig. „Ich habe Dich schon lange nicht mehr am Museion gesehen. Hat es Dich in Deine Heimat zurück getrieben?“



  • Seinem Gastgeber folgend, nahm Diagoras auf einer der Klinen Platz und versank gleich bis zur Hüfte in den weichen Polstern der Matraze. Zweifellos, Doros hatte es sich gut eingerichtet - wenn man da sein eigenes B(r)ett zum Vergleich heranzog!


    Mit spitzen Fingern und einem entschuldigenden und gleichzeitig dankbaren Lächeln angelte Diagoras nach einem gefüllten Weinblatt und schob es in seinen Mund. "Farietaf ...", hub er an, kaute aber dann doch glücklicherweise und schluckte dann den ersten Bissen des Tages mit Genuß herunter.


    "Varietas delectat ... und die Mißgunst in Einrichtungen, wo Männer oder Frauen zusammenleben ist ja allseits bekannt." Die Idee, daß Männer, daß Frauen gar, die nur durch ihre Interessen verbunden, gemeinsam in einem Haus leben, hielt Diagoas für eine absurde Idee ohne Zukunft. Was sollte dabei schon herauskommen als Zeter und Mordio? Sobald er von seinen genügend Geld angewiesen bekommen hatte, würde er sich eine Bleibe außerhalb des Museion suchen. Theodoros hatte es richtig gemacht, außer, daß bei den eigenen Eltern zu wohnen für einen Mann seines Alters und seiner Position auch kaum als Optimum gelten konnte.


    "Also ist das Museion nach wie vor, äh, kopflos? Ein Zustand von unnachahmlicher Traurigkeit, nicht?" Nicht, daß es irgendeines Epistaten bedurft hätte, womöglich noch eines, der sich in alles einmischte und sich selbst wichtiger machte, als er es war. Ein Diener der Diener der Wissenschaften sollte er sein, was man von dem verblichenen Tychios allem Anschein nach nicht sagen konnte. Wahrscheinlich erholt sich das gesamte Museion noch immer von ihm.


    "So? Sosimos lebt also immernoch? Spannend, wahrscheinlich nur noch aus lauter Trotz." Die "Naturphilosophin" überging Diagoras, weil er sich nicht vorstellen konnte, wie "Frau" und "Philosoph" zusammenging, wahrscheinlich irgendein reiches Ding, daß mangels Ehebewerbern nun ihre Zeit mit irgendwelchen Küchenkräuterstudien zubrachte. Daß Diagoras seine pomologischen Studien aus ähnlichen Gründen aufgenommen hatte, schlicht: weil ihm ziemlich fade gewesen war und ihm, als er unter einem Baume vor sich hindöste, ein Apfel an der Schulter getroffen und er das damals als ein Zeichen der Götter genommen hatte, kam ihm natürlich nicht in den Sinn. Oder, wenn doch, dann wissen wir ja: wenn zwei das gleiche tun, ist es doch nicht das gleiche.


    Daß Doros seine Abwesenheit bemerkt hatte, freute Diagoras einerseits, andererseits war ihm auch nicht gerade danach, diese näher zu erklären, weil er ahnte, daß seine damalige Impulsivität nicht nur von seinem Freund Lukian als kindisch abgetan werden würde. "Meine Aufgaben waren damals erledigt und ich habe die Gelegenheit genutzt, mir ein Bild von den Kämpfen in Parthien zu machen und zugleich einen Freund zu besuchen" , faßte Diagoras in erstaunenswerter Kürze zusammen. "Aber nun habe ich mich entschlossen, hier am Museion meine Lehr- und Forschungstätigkeiten aufzunehmen. Da werde ich wohl mal mit Sosimos reden , wo hat der denn seine ... Arbeitsraum?" "Seine Grablege" hätte Diagoras eigentlich sagen wollen, aber das hielt Gyrus, ein aufmerksamer Wächter in seinem Sprachzentrum noch gerade so eben zurück und schickte stattdessen eine passendere Vokabel auf den Weg.

  • "Wenn du erlaubst?", fragte Nikolaos und machte Anstalten, das Gerät, mit dem der Arzt den Inhalt der Schale zerteilt hatte, in die Hand zu nehmen. Plötzlich fühlte er einen dumpfen Schmerz vom Nasenbein die Stirn hinaufsteigen. Ich hätte längst verschwinden sollen, dachte Nikolaos, doch seine Gedanken waren wie von einem dichter werdenden Nebel umhüllt. Vor seine Augen schien sich ein feiner dunkler Schleier zu legen. Der Schmerz erreichte die Stirn, Nikolaos schwankte und versuchte sich am Tisch festzuhalten. Seine Glieder verloren ihre Spannung, sein Leib wurde nach unten gezogen, seine Hände, die sich an die Kante des Tisches klammerten, wurden weich und glitten ab. Mit einem dumpfen Schlag sank Nikolaos zu Boden.


    Sim-Off:

    Für Spielleiter: Das ist nicht als Todesszene zu deuten, Nikolaos hat einfach schwache Nerven ;)


    edit: SimOff eingefügt.

  • Nachdem Eucratides und seine beiden Begleiter endlich die Hallen des Museions hinter sich gelassen hatten, traten sie in den Garten der Bibliothek. Mittlerweile dämmerte es schon und die Schatten begannen länger zu werden. Während sie so durch die gewaltige Anlage schritten, richtete der Grammateus das Wort an Diagoras.
    "Passt auf wo ihr hintretet, ich möchte nicht das ihr über eine Wurzel stolpert und euch verletzt. Denn wie habt ihr es vorhin so trefflich über die Angestellten des Museions bemerkt, auch unser Gärtner scheint Muffensausen bekommen zu haben und ist unauffindbar."
    Immer weiter geleitete Eucratides die beiden Männer, bis sie an eines der Nebengebäude gelangten, ein zweistöckiges Haus mit einer schweren Holztür.
    Geschwind trat Eucratides heran und hämmerte mit der Faust mehrmals an die Pforte.
    "Aufmachen,... hier ist der Grammateus des Museions!".
    Dann wendete er sich wieder an seine Begleiter.
    "Bitte wartet einen Moment, werte Herrschaften, ich bin sicher das uns gleich geöffnet wird.

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