hortus | Dagenen ist kein Kraut gewachsen!

  • Die letzten Tage waren doch recht verwirrend für mich gewesen. Das hing nicht nur mit den neuen Bewohnern der Villa zusammen, sondern auch mit meinen Gefühlen und den Tatsachen, die sich mir in den letzten Tagen offenbart hatten. Deshalb war ich froh, daß ich an diesem Nachmittag ein wenig Zeit für mich hatte. Wie die Tage davor, nutzte ich die letzten schönen Herbsttage dazu, um ein wenig an der frischen Luft zu sein. Der Garten war zu einem meiner liebsten Plätze geworden. Dort war ich mit der Natur verbunden und konnte meinen Gedanken freien Lauf lassen.
    Irgendwann erreichte ich den Teil des Gartens, an dem man Kräuter angeplanzt hatte, die man nicht nur für die Küche sondern auch zu medizinischen Zwecken brauchte.
    Seit gestern plagte mich eine heranrückende Erkältung. Ich fühlte mich deshalb nicht ganz so gut. So wollte ich mir doch hier wenigsten einige Kräuter suchen und daraus einen Aufguß brauen. Villeicht könnte ich so mein Unwohlsein etwas lindern.
    Noch immer betöhrte mich der Duft einiger Kräuter. So brach ich das eine oder andere Blättchen ab, zerrieb es zwischen den Fingern und roch daran.
    Völlig in mein Tun versunken, fiel es mir nicht auf,daß ich längst nicht mrhr alleine war.

    Sim-Off:

    Sorry![SIZE=7]Ich weiß ihr wollt alle mit schreiben, aber[/SIZE] Ist leider reserviert! ;)

  • 'Rom wäre eine wunderschöne Stadt, gäbe es keine Römer. Dieses ewige Gedränge, Gehetze und Gelaufe! Von wegen majestätische daherschreitende Patrizier ... in Sänften lassen sie sich kutschieren, vorneweg Sklaven, die "Ausdemweg! Ausdemweg!" brüllen und manchmal sogar mit Weidenruten die Menschen zur Seite peitschen. Irre, echt.' Ich bin ziemlich froh, daß Severus mich zum Iuno-Tempel begleiten wird, mit dem Viech im Schlepptau will ich mich nicht gern durch das Gewühl durchboxen. Severus zählt für eine ganze Horde von vorauseilenden Sklaven, Severus muß nicht mal "Ausdemweg! Ausdemweg!" rufen, die Menschen machen schon automatisch Platz.'


    Das Opfertier habe ich noch nicht ausgesucht, das wird wohl auch eine Preisfrage sein, hoffentlich reicht es zu mehr als zu einem Kaninchen, aber ich weiß, daß ich es toll herausputzen will. Baden, striegeln und schmücken. Am besten mit einem Kranz aus wohlduftenden Kräutern, den man dann mit auf dem Altar verbrennen kann. Mutter liebte den Duft von Lavendel aus der Provinz, getrocknet zwischen der Wäsche oder im Dreifuß verbrannt. Mit Pedro habe ich auch mit Kräutern und auch mal mit einem Körnchen Weihrauch experimentiert, manche Kombinationen haben ganz schon durch den Kopf geblasen und wir wälzten uns dann prustend über den Sandstrand. Ich liebe Kräuter, gleich ob auf der Zunge, in der Nase oder einfach nur zum Anschauen, Blumen sind manchmal viel aufdringlicher - "schaut her, wie schon ich bin!", Kräuter sind zurückhaltender, schüchterner, aber die Wirkung! Oho!


    Ich halte nach Lavendel für den Kranz Ausschau, vielleicht auch Rosmarin für mein Zimmer, etwas Salbei vielleicht? Eine Weidenrute brauche ich auch, um den Lavendel zu einem Kranz zu binden, als Kern der corona. 'corona, coronae, coronae, coronam, corona; coronae, coronarum, coronis, coronas, coronis' repetiere ich gedankenverloren die zweite Konjugation.


    Oh, Bridhe, die Saphiräugige,


    lächle ich, als ich der jungen Frau ansichtig werde, als ich um einen Busch herumbiege:


    bist Du hier in der villa die Kräuterhexe, eh? :D


    Frauen können Männer verhexen, sagt Pedro, dann tun die Männer Sachen, die sie sonst nie tun würden und machen sich zum Kaschper oder gehen Pleite - oft auch beides. Darum will Pedro mit Frauen nichts zu tun haben.


    Oder suchst Du nach verdauungsförderden Kräutern, gegen den Puls ist kein Kraut gewachsen, keine Chance. Man kann nur den Koch vergiften, ultima ratio, nich'?


    ...


    Wie geht's denn so?, hake ich dann nach einer kurzen Pause nach.

  • Endlich hatte ich die Salbeipflanzen gefunden, deren Blätter ich aufbrühen wollte, um mit dem Sud meinen Hals zu spühlen. So pflückte ich einige Blätter und verstaute sie in einem Säckchen, das ich mitgebracht hatte.
    Urplötzlich hörte ich meinen Namen. Ich sah auf und Luca, der eigentlich ja Lucanus hieß stand vor mir.
    Es war richtig schade, daß er nicht der Luca sein konnte, sondern Flavius Lucanus sein mußte. Er sprach zwar wieder in einem legeren Jargon mit mir, doch wie sollte ich ihm antworten? Wie der Kumpel oder wie die, die ich eben in diesem Haus war? Ich entschied mich für das zweitere. Man konnte ja schließlich nie wissen!
    Salve, dominus! Nein ich sammle mir einige Kräuter, um damit einen Tee herzustellen. Seit gestern habe ich Halsschmerzen. Ich muß mich wohl verkühlt haben.
    Ja, als ich anderer Leute Gespäch belauscht hatte! Geschieht dir gerade recht, Bridhe!, dachte ich.


    Das mit dem vergiften, wäre echt ne Maßnahme! Machen die hier sowieso öfters!
    Erst grinste ich, doch dann wurde mir bewußt, was ich da eben von mir gegeben hatte. Tja mit einem schweren kopf sollte man keine Scherze machen!

  • 'Ne rohe Ziebel mit Berberitze hilft auch, die Zwiebel gegen die Halsschmerzen und die Berberitze gegen die Verdauungsbeschwerden wegen der Zwiebel. Aber Salbei ist wirklich das Beste, ich schaue auf ihre Ausbeute,


    getrocknet ist aber besser als frisch, wenn Du einen Sud machen willst, domina.


    betone ich nachrücklich und scheinheilig mit einem Augenaufschlag wie ein griechischer Knabe in einer Choraufführung. Was für einen Augenaufschlag macht ein griechischer Knabe in einer Choraufführung überhaupt? Habe noch keinen gesehen.


    Und wer wird dann Koch? Nich', daß man vom Regen ins Unwetter kommt, man sollte strategisch denken. Der Vater meines Freundes hat in Flaviobriga ein Wirtshaus, das wird er aber nicht für alles Gold der Welt aufgeben wollen, man könnte ja dem Koch Magenschmerzen bereiten und dann schauen, wer an seiner Stelle den Löffel schwingt.


    Das Thema find' ich wirklich klasse. Den Koch vergiften, der seine eigenen Gäste vergiftet.


    Wie wär's mit ein paar Visionen? Kleine Dämonen, die ihn mit Puls bewerfen und ihn in einer Pampe auf kleiner Flamme köcheln? Oder lieber am Spieß grillen?


    Ich mache mit dem Arm eine Drehbewegung und schneide eine Grimasse wie ein kleines Teuferl. 8)

  • Es schauderte mich, als ich an die Zwiebel denken denken mußte. Gab es etwas was ich haßte, waren es rohe Zwiebeln! Doch das schaudern wich gleich wieder einem verlegenen grinsen, nämlich als er mich domina nannte.
    So was solltest du nicht zu mir sagen, sonst glaube ich es am Ende noch!
    Eigentlich hätte ich noch mehr lachen müssen, als er seine Grimassen schnitt. Doch zum Lachen war mir heute wirklich nicht zumute! Ich versuchte, vor ihm die Dinge die mich belasteten, zu verheimlichen.
    So versuchte ich das Gesprach wieder auf den Koch zu bringen.
    Ja, gegen Attalus, den Koch, war wohl nur Gift hilfreich. Aber vielleicht wäre er hier ja der richtige Ansprechpartner, wenn es darum ginge, die Qualität des Essens ein wenig zu erhöhen!
    Weißt du, wenn du ein Sklave bist, solltest du dich tunlichst nicht mit Attalus, dem Koch anlegen. Das bekommt einem sehr schlecht! Aber gegen dich würde er sich sicherlich nicht auflehnen!
    Schon wieder begann meine Nase zu kribbeln, was dazu führte, wieder niesen zu müssen.
    Oh nein, ich glaub ich hab mich ganz schön erkältet!

  • Dann hör' auf, mich dominus zu nennen. Bin ja kein vierzigjähriger Tattergreis, der seine Erben tyrannisiert.- Und für einen im Haus bist Du in jedem Fall die "domina" - Severus, nicht? :D


    Irgendwie bedrückt schaut sie drein, das ist nicht nur die Erkältung, wer von den Grünen Inseln kommt, der muß robust sein, meine ich, so nah am Ende der Welt.


    Weißt Du was? Ich habe gedacht, ich opfere Iuno ein Lamm, den Rest, der nicht auf dem Altar landet, können wir ja in der Küche abgeben und dann macht Attalus einen schönen Eintopf mit Minze für alle. Und vielleicht kann man ja mal fragen, ob seine Künste bei Puls schon am Ende sein sollen. Täglich nur diesen Brei kochen, macht ja auch keinem Koch Spaß, oder?
    ...
    Hier: ein Taschentuch, Ge-sundheit.


    Soll ich? Ah, was soll's:
    Aber Dein Kummer steckt doch nicht nur in der Nase und im Hals, oder? Fühlst Du Dich hier nicht wohl oder was ist los? Ich bin ein Fremder, ich kenn' mich hier nicht aus, ich meine, wir sind ja alle Fremde hier, irgendwie, jedenfalls.


    Von überallher treffen Fremde ein und bleiben Fremde, die villa Flavia - die große und luxuriöse Poststation auf dem Weg ins Irgendwo. Man verweilt, zieht weiter, man kommt zurück, zieht weiter - und irgendwann hat man die Münze für den Fährmann in der Hand. Endstation.


    Ich stammele ein bisserl verlegen herum. Was geht's mich an, was misch' ich mich ein, kaum daß ich da bin? Dämlackl, dämlicher.

  • Ohne daß er es wohl selbst geahnt hatte, streute er mir erneut Salz in meine Wunden, indem er Severus erwähnt hatte. Aber sollte ich ihm wirklich davon erzählen? Er war zwar ein lieber netter Kerl, doch gehörte er nicht zu meinesgleichen. Dankend nahm ich sein Taschentuch und schneutzte einmal kräftig.
    Ach weiß du, ich fühle mich, sagen wir mal, den Umständen entsprechend, ganz wohl hier.
    Natürlich wäre ich viel lieber zu Hause, würde viel lieber auf meine nervenden kleinen Geschwister aufpassen und wäre viel lieber wieder frei. Doch das sagte ich ihm nicht. Schließlich konnte er am wenigsten dazu, daß ich hier war und er redete normal mit mir, so als wäre ich eben nicht das, was ich war.


    Aber zur Zeit, ist alles, ich seufzte ein bißchen schwierig!


    Ich traute mich einfach nicht, mit ihm über mein Problem zu reden. Nicht weil er fremd war. Manchmal kann man mit Fremden besser über solche Ding reden, als mit Menschen, die einem vertraut sind. Nein, es war das Wissen in meinem Hinterkopf, daß er das war was er war. Diese Hürde zu überspringen, scheute ich mich immer noch.


    Aber weiß du was, das mit dem Lamm klingt ziemlich Klasse! Da freue ich mich schon drauf! Mhhm lecker!

  • Was 'alles', Bridhe? Was ist 'alles' schwierig? ?(


    Wenn ich jetzt weiterbohre, hat sie eine Delle in der Elfenbeinhaut. Keinen Schritt weiter, wenn ich nicht 'dominus' wäre, sondern der Nachbarsjunge würde sie mir sicherlich auch nichts sagen. Frauen eben.


    Weißt Du was? Onkel Aquilius geht mit mir morgen in den Tempel, um die Opfergaben auszusuchen, wahrscheinlich spendiert er sie auch. Das Lamm wäre also gesichert ...


    außer er läßt seinen Geldbeutel daheim,


    und er möchte, daß ich mit Dir einkaufen gehe. Nichts spannendes, nur Gewand, Toga, Tunika und so'n Kram. Hast Du Lust? Da kommst Du auch auf andere Gedanken, nicht? Und vielleicht reicht das Geld noch für einen warmen Wein, der hilft auch gegen Erkältung.


    Halt! Mein Kranz ...


    Ich brauch' noch Lavendel, für den Kranz, weißt Du, wo der hier steht? Und ein bisserl Rosmarin, zum Arbeiten wär' auch nicht übel.

  • Warum? Warum nur, bohrst du immer weiter? Ich will, nein, ich kann nichts sagen!
    Als er mir schließlich mit dem Thema Einkaufen kam, brach ich vollkommen in mich zusammen. Ich konnte nicht mehr! Fing ich erst an zu schluchzen heulte ich dann schließlich los. Einkaufen! Ja, den Einkauf hatte er mir ganz schön vermasselt!
    Aber verriet ich mich nicht schon mit meinen Tränen? Wie sollte er es denn verstehen, warum ich jetzt weinte? Ich, die ich fast alles tat, um einmal hier aus diesem Haus zu kommen, um dann stundenlang und ganz ausgiebig in allen möglichen Geschäften und Läden zu stöbern.


    Schluchzend antwortete ich ihm auf seine Frage nach den Kräutern und deutete auf die Stelle, wo sie wuchsen.


    Dort drüben! Wenn du willst, kann ich sie dr pflücken.

  • 'Das ganze Leben ist eine Abfolge von Wiederholungen', kommt es mir in den Sinn, 'man erlebt alles immer wieder, nur aus unterschiedlichen Perspektiven'. Vor kurzem noch war ich es, der als Fremdling im Atrium der villa stand, dann heute Quirinalis, den ich dort beobachtete - ein Fremder aus der Fremde in die Fremde gekommen.


    Und vor kurzem war ich es, der völlig aufgelöst vor Bridhe stand, sie mich tröstete und jetzt - -


    Hej, komm, versuche ich zu scherzen, ich finde Klamottenkaufen auch absolut oberfad, aber deswegen muß man doch nicht gleich in Tränen ausbrechen.


    Männer sind so hilflos. Defekte Wesen.


    Ich irgnoriere alle Contenance und linkische Unbedarftheit und nehme sie einfach nun auch in den Arm und murmele Beruhigendes in ihr Ohr.


    Allerdings spähe ich doch über ihre Schultern, ob nicht der chattische Kleiderschrank irgendwo zwischen Pepperoni und Nieswurz aus dem Boden wächst.


    Das wäre kaum hilfreich, denn ich bin wieder unversehens in eine 'das-ist-jetzt-aber-eine-komische-Situation'-Situation geraten. Talent habe ich, muß man sagen. Ob man das zum Beruf machen kann?


    Laß' den doofen Lavendel jetzt, brummele ich in Bridhes Ohr. Wie wär's, setzen wir uns da vorn hin auf die Bank, kauen ein bißchen Zitronenmelisse und wenn Dir danach ist, dann erzählst Du Ururgroßonkel dominus Flavius Lucanus, was los ist. Oder nicht. Dann hocken wir schweigend rum, kauen Zitronenmelisse bis unsere Spucke ganz grün ist und genießen die warmen Sonnenstrahlen. Gut?


    Ich dränge sie leicht zur Bank und lockere meine Umarmung schrittchenweise ...

  • Jetzt nahm er mich auch noch in den Arm, so wie ich es vor einigen Tagen mit ihm getan hatte. Er versuchte mich zu trösten, murmelte mir etwas beruhigendes ins Ohr und lenkte mich schließlich zu einer Bank, die wie gerufen, einfach da stand. Ich setzte mich neben ihn, immer noch in seiner Umarmung. Es war mir völlig gleich, ob er uns so sehen würde oder auch nicht!
    Irgendwie hatte er die Gabe, mich wieder lächeln zu lassen. Vielleicht waren es seine lockerleichten Worte, die einfach nur von Herzen kommen konnten. Auf jeden Fall fühlte ich mich wohl, neben ihm. Und das lockert mir dann schließlich auch die Zunge!


    Es ist nicht das Einkaufen gehen, weswegen ich geheult hab. Na klar geh ich mir dir einkaufen! Nichts würde ich lieber tun. Es ist nur.. ach, was würdest du tun, wenn du von jemanden so sehr enttäuscht worden wärst, so hinter Licht geführt worden wärst?

  • Wundervoll, dann gehen wir sobald wie möglich, morgen muß ich Onkel Aquilius begleiten, da sollte ich dann schon präsentabler aussehen.


    Sim-Off:

    Die shopping-tour müssen wir nicht 'aussimmen', könne wir aber; außer es bringt alle Zeitebenen durcheinander.


    Wer hat sie hintergangen? Ihr chattischer Schrank? Der ist doch so gradlinig wie nur was und hat ein Gesicht, in dem man lesen kann wie in einem Papyrus, wenn man ihn kennt. Ich nicht wirklich, aber Bridhe doch!


    Wenn mich jemand enttäuscht oder hinters Licht geführt hat? Das macht der nur einmal, da macht der dann überhaupt nichts mehr.
    >Zack< :P Ich mache eine Bewegung mit dem Arm, als würde ich jemanden mit dem Knüppel den Schädel einschlagen.


    Nee, im Ernst: erstmal frage ich mich, ob ich nicht was mißverstanden habe, dann mich nochmal, warum ich so dämlich war, nicht eher gemerkt zu haben, was da läuft. Und dann frage ich ihn, was und warum da was läuft und wenn das unbefriedigend ist, dann setzt's was. 'Ne anständig durchgeführte Prügelei ist so reinigend und erfrischend wie ein Bad im frigidarium, und entweder ist man dann wieder gut miteinander oder die Wege trennen sich.


    Meine moralischen Werte sind präzise und einfach:
    'Was Worte nicht können besorgen,
    das schafft'ne Prügelei dann morgen'.
    .


    Naja, setze ich hinzu, wenn es kein Mädchen ist, mein' ich ...

  • He? Was? Prügeln? Ich? Verständnislos schaute ich in sein Gesicht. Er hatte überhaupt nichts begriffen! Oder dachte er etwa, Severus hätte mit einer Anderen?


    Nein, ich glaube wir reden aneinander vorbei! Es ist nicht so , wie du denkst. Es ist viel schlimmer! Er hat es aus Liebe getan!


    Und genau, das war das Stichwort zum erneuten Tränenverguß!
    Ja, er hat es aus Liebe getan! Mich unwissend zum Mitschuldigen gemacht! Wie soll ich mit solch einer Schande nur weiterleben?


    Und ich bin schuld! Ich! Hätte er sich nicht mit mir eingelassen, wäre das nie passiert!


    Schniefend und schluchzend gab ich immer mehr preis. Was veranlaßte mich dazu? Seine nette kumpelhafte Art? Weil er ständig zum scherzen aufgelegt war? Weil er mich im Arm hielt?

  • Aus Liebe? Also ist "er" wirklich Severus? Oder wie?


    Das klingt wie ' Ich habe eine gute und eine schlimme Nachricht in einem: Es ist gut, daß es nicht noch schlimmer werden kann!' Und wenn er es aus Liebe getan hat, was auch immer er getan hat, dann heißt das doch, daß nicht Eure gegenseitige Liebe infrage gestellt wird, sondern es nur Probleme gibt, wie man diese Liebe ausdrückt und was aus dieser Liebe entstehen kann oder soll. Nicht?


    "Unser Experte, die Jungfrau Magister Artium Amatoriarum Dom. Flavius Lucanus beantwortet in der Acta Diurna in seiner wöchentlichen Kolumne Ihre Fragen rund um Ihr Liebes- und Geschlechtsleben und berät Sie in Krisensituationen".


    Und "er" - das ist doch Severus, oder? Ich meine, ich habe Euch ja in der cucina gesehen. Und was heißt hier: "hätte ich doch nicht"? Auf den Konjunktiv kann man pfeifen, ihr liebt Euch doch im Indikativ oder nicht? 'Hätte, könnte, würde, sollte', das verkompliziert doch alles und führt zu nix, weil alles, also das, womit man schmeißen kann und was existiert, ja nunmal da ist.-


    Hm, setze ich hinzu, ich bin noch nicht so alt, ich versteh' nicht viel von dem Durcheinander der Liebe, entweder liebt man, und dann tut man, was man will, was einem das Herz befiehlt, oder man liebt nicht. Dieses "ich hasse und ich liebe zugleich"-Gesumms ist doch Käse, Hassen ist ja auch Lieben, und entweder haßt man, liebt man, oder nicht.


    Wenn Du ihn - Severus - liebst und er Dich liebt, ist alles andere doch egal? Oder ist das naiv?


    Soll ich fragen, was "es" ist, das "er" getan hat? Seltsame, unscharfe Bilder ziehen durch meinen Kopf, wie pinakes in einer Stoa, Szenen, die ich keinem Chronisten anvertrauen möchte. Man hat ja einen Ruf zu verlieren.

  • Ich schüttelte nur noch den Kopf. Nein,dieser Liebesbeweis, der womöglich mit Blut bezahlt wurde, war nicht akzeptabel. Nein es war mir nicht egal, was passiert war. Und in Severus Augen hatte ich gesehen, daß etwas passiert war, auch wenn er es nicht zugeben wollte.

    Ich weiß, daß er mich liebt. Und ich liebe ihn auch. Doch was er getan hat, ist so, so...


    Ich fand gar keine Worte dafür, wie sehr ich gekränkt war, über das was er getan hatte. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was er unternommen hatte, damit er in kürzester Zeit zu so viel Geld gekommen war. Es konnte sicher nichts rechtes gewesen sein.


    Stell dir vor, du hättest einen Freund der etwas unrechtes getan hat, nur um dir seine Freundschaft zu beweisen. Was würdest du tun? Würdest du dich von ihm abwenden? Wäre es dir gleich, was er getan hat?


    Es würde mir das Herz brechen, wenn ich das eine oder das andere täte. Doch welcher Schmerz wäre stärker, der einer zerstörten Liebe oder der des schlechten Gewissens?

  • Was - bei Prometheus - hat Severus eigentlich getan? Irgend'nen blöden keckernden und schlafraubenden Vogel vor Bridhes Fenster abgeschossen? Ihr Rosen gebracht, obwohl sie auf Rosen allergisch reagiert? Im 20 Fuß hohen Lettern "Bridhe, ich liebe Dich" auf die Stadtmauer gepinselt?


    Bridhe, Du Mädchen von der grünen Insel mit der Haut von Elfenbein und mit Augen, reiner und klarer als die wertvollsten Saphire und der unaussprechlichsten Sprache der Welt: Du redest Lateinisch mit mir, ich aber verstehe nur das Idiom Deiner Insel, kurzum: überhaupt nichts. Vielleicht sitze ich ja auf meinen Ohren, vielleicht verwirrt mich Deine Schönheit oder der betörende und vielgestaltige Geruch der Kräuter hier im Garten ...


    Bin ich noch ganz dicht? Will ich Dichter werden, einer dieser sentimentalen, gefühlsduseligen weibischen Jünglinge, die 'Schmerz' auf 'Herz, aber nicht 'Hiebe' auf 'Liebe' reimen?


    aber ... was bitte hat Severus getan? Was? Ich meine, ich kann mir viel vorstellen - oohja - aber das ist ja sicher etwas anderes, als das, an was Du denkst.


    Ob das dann unrecht war oder das Mädchen nur Grillen im Kopf hatte, werde ich ja sehen.

  • Jetzt, als er mich so direkt fragte, was denn Severus getan hatte, wurde mir erst wirklich bewußt, wieviel ich schon preisgegeben hatte. Hatte ich vielleicht schon zu viel gesagt- verraten? Plötzlich bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich realisierte jetzt erst wieder , wem ich gegenüber saß und auf welche Seite er gehörte.
    Ich zögerte erst eine ganze Weile, bis ich schließlich antwortete.


    Es tut mir leid. Das kann ich dir nicht sagen!


    Ich wollte nicht diejenige sein, die Severus verraten würde. Wobei ich ja selbst nicht ganz wußte, was er eigentlich getan hatte.
    Eine gewisse Unruhe überfiel mich. Flucht wäre jetzt das Beste, dachte ich.

  • Vielleicht ist ja Nichtwissen besser als Wissen? Wer weiß, vielleicht bn ich ja gerade noch an einer 'das-ist-jetzt-aber-absolut-keine-komische-Situation-mehr'-Situation vorbeigeschlittert? Bridhe ist so unfraulich, jedes andere Mädchen hätte sich drei, vier Atemzüge geziert, als wolle man ihr an den Geldbeutel und dann hätte sie schlußendlich ein Ohr abgeschwatzt und alle Peinlichkeiten der letzten Monate parat gehabt.


    Hm, na, schau, wenn Du Severus vertraust, dann hat er auch nichts unrechtes getan, weil er Dich liebt. Meinst Du aber, er hat Unrecht getan, weil er Dich liebt, und Du vertraust ihm nicht, dann solltest Du jemanden fragen, der Dir einen Ratschlag gibt, der Dir sagt, wie er die Situation sieht. Dazu muß Du natürlich erzählen, was Du weißt.


    Du kannst natürlich auch die Götter fragen und um ein Zeichen bitten, die Götter wissen was passiert ist, denen mußt Du nichts erzählen. Die Götter können Dir sagen, ob Severus etwas unrechtes getan hat oder nicht. Wie Du damit umgehen muß sollst, was das Unrecht war, das sagen Dir die Götter nicht. Und von Severus abwenden - daran solltest Du überhaupt erst denken, wenn Du genau alle Fakten kennst, damit Du abwägen kannst. Vermutungen in den Nebel hinein anzustellen bringt nichts.


    Aber offenbar mußt Du Klarheit schaffen, denn die Unwissenheit scheint Dein Vertrauen anzugreifen, nicht? Mißtrauen oder Unsicherheit ist eine wackelige Basis, für Geschäfte wie für die Liebe.


    ... Eh, das war jetzt aber eine lange Rede. :)


    Ich knuffe sie ein bißchen: Schaff' Klarheit, das ist das wichtigste. Und wenn Du Severus liebst, dann tust Du so oder so das richtige, wenn Du es aus Liebe tust.


    Ich stehe auf. Und jetzt sammeln wir ein bisserl Lavendel für meine Mutter und für uns beide Rosmarin. Wenn man ihn verbrennt, helfen die Düfte beim Denken.

  • Um die Götter zu fragen, bräuchte ich jemanden, der sich mit so etwas auskennt! Ein Druide wäre nicht schlecht. Ist allerdings in Rom momentant ziemlich ausverkauft! Was glaubt er denn? Soll ich etwa in die Tempel seiner Götter stiefeln und werweißwasmachen? Nein!
    Ja, Klarheit schaffen! Aber wie? Sollte ich ihm ein Ultimatum stellen? Entweder die Wahrheit oder ich? Wofür wird er sich da wohl entscheiden?
    Ist wirklich alles richtig, wenn es aus Liebe geschieht?


    Und was ist, wenn man aus Liebe vielleicht sogar...tötet?


    Mist! Warum habe ich das jetzt gesagt? Es ist mir einfach so herausgerutscht. Jetzt wird er sicher doch mißtrauisch.
    Ja, jetzt doch lieber Kräuterpflücken! Schnell und dann weg hier!

  • Ich setze mich mal lieber wieder.


    Der berühmte Anwalt und Konsular Cnaeus Flavius Cicero setzt sich auf eine Bank und winkt das junge Mädchen, das seinen iuristischen Beistand wünscht, zu sich heran. Natürlich würde er sie kostenlos vor Gericht vertreten, denn er ist der Anwalt der Entrechteten und Enterbten.


    'Komm' her meine Liebe - und vertraue Onkel Cicero Dein Leid an? Wer hat Dir ein Leids getan? -


    Mord? Dein Liebster ist ein Mörder? Das bezweifele ich. zunächst müssen wir das Motiv berücksichtigen, genauso wie die Umstände. Denn nicht alles, was die Beendigung des Lebens eines Dritten zur Folge hat, ist auch Mord. Stirbt ein Sklave, ist das in der Regel Sachbeschädigung, da zahlt man dem Besitzer einen Abstand, zumeist den Verkehrswert des beschädigten bzw. zerstörten Eigentums, allerdings nach Berücksichtigung der getätigten Abschreibungen und auf Grundlage des Vekehrswertes.


    Ansonsten müssen wir zwischem vorsätzlichen und fahrlässigem Handeln unterscheiden, eventuell kann auch Notwehr vorliegen, eventuell bei Mittäterschaft lassen sich Vereinbarungen treffen, wenn der Angeklage den oder die Anstifter und den oder die Mittäter benennt. Darüberhinaus kann auch Totschlag vorliegen, eben fahrlässige Tötung, Körperverletzung mit Todesfolge usw. Auch der Geisteszustand des Täters muß Berücksichtigung finden, ein geistig kranker Mensch ist anders zur Verantwortung zu ziehen als ein geistig Kerngesunder, der weiß, was er tut. Ist Dein Liebster ein Patrizier? Das wäre das einfachste, da kommt es nur selten überhaupt zur Anklage.


    Wir könnten zunächst auf geistige Unzurechnungsfähigkeit - amantes amentes, wir kennen ja die jungen Leute, nicht wahr, mein Kind? - und Körperverletzug mit Todesfolge plädieren und dann mit dem Advocatus Imperialis einen Handel machen. Der derzeitige Advocatus Imperialis ist übrigens ein guter Freund von mir, wußtest Du das?


    Und im Anschluß an den Freispruch Deines Liebsten mache ich aus meiner Rede ein Buch, das in der Schola Atheniesis im Cursus Latinus den Schülern zum Auswendiglernen anempfohlen wird. Und natürlich den angehenden Rhetoren und zukünftigen Advocati.


    Und alles ist in Butter und ich kann wieder meine Tusculaner Gespräche fortsetzen, bei denen ich unterbrochen wurde ...


    Wie - bitte?


    Ich bin sprachlos.


    Äh, Bridhe, ich will nicht kaltschnäuzig klingen, aber das kommt darauf an, wer jemand ist, wen dieser jemand tötet und in welcher Situation und aus welchen Gründen er das tut, und ob er das vorhatte, also mit Absicht.


    Wenn ein solcher Verdacht - in irgendeinem, ich mache eine fahrige und unkonkrete Bewegung mit der Hand, in irgendeinem Zusammenhang auftaucht, dann sollte man sich verflixt sicher sein, was man da denkt. Und dann sollte man verflixt schnell Klarheit ins Dunkel bringen, äh Licht ins Trübe, na, Du weißt schon, denn sonst hängt man - hastenichtgesehen, selbst mit drin.


    Wie gesagt, das ist alles hypothetisch, wir reden hier über niemanden Existierendes, quasi nur ins Blaue hinein.


    Ich betrachte interessiert den Olenader, der gegenüber so gut gedeiht, ich spreche quasi zum Oleander. Der wiegt sich leise in einem lauen Lüftchen, so, als ob er sagen will: 'Kann sein, kann auch nicht sein'.


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