Zwei Patrizier auf der Suche nach Entspannung (Verwirrungen, Teil II]

  • Nach unserem Gespräch im Marstempel waren der junge Aurelius Ursus und meine Wenigkeit in Richtung des Marsfelds ausgeschritten, um die im Norden desselben liegenden thermae Agrippae zu besuchen, eine der Anlaufadressen, wenn man nach einem harten Arbeitstag Entspannung und beruhigende Gesellschaft suchte. Dass wir uns unterwegs nicht viel unterhalten hatten, lag daran, dass um diese Zeit Rom voller Menschen war - Bürger kamen von ihrer Arbeit nach Hause, andere brachen gerade auf, um abendliches Vergnügen zu suchen - und wir alle Hände voll zu tun gehabt hatten, uns durch die Menge zu wühlen. Aber schließlich hatten wir es dann doch geschafft, und waren sogar heil und an einem Stück angekommen, ein Umstand, den ich zwischenzeitlich fast nicht mehr erwartet hatte.
    "Was meinst Du, zuerst eine Runde Ertüchtigung und dann ein Durchgang durch die Becken, um wieder zur Ruhe zu kommen?" fragte ich meinen Begleiter, der nicht mehr ganz so übellaunig aussah wie zuvor - anscheinend hatte es ihm wirklich gutgetan, überhaupt einmal einen Teil seines Ärgers formulieren zu können. Wir betraten gerade die Thermen, und ich bewunderte wieder einmal die prächtige Innenausstattung, an der man sich im Grunde gar nicht satt sehen konnte. Mochte noch jemand zweifeln, dass Rom die Vormachtstellung gebührte, er würde angesichts dieses besonderen Prunkbaus sicherlich eines Besseren belehrt.

  • Ursus war sogar ganz und gar nicht mehr übellaunig. Er hatte den ganzen Ärger in irgendeine finstere, spinnwebverhangene Ecke in seinem Inneren verbannt. Dort konnte er vermodern, wenn niemand mehr daran rührte. Doch natürlich war damit zu rechnen, daß jemand daran rühren würde.


    Ja, die thermae Agrippae war wahrhaft prachtvoll. Und auch wenn Ursus nahezu täglich hier war, so hatte er noch nicht den Blick für die Schönheit dieser Anlage verloren. Zu den Vorschlägen des Flaviers nickte er. "Ja, es wäre ganz gut, erst einmal etwas Energie loszuwerden. Hast Du eine festgelegte Reihenfolge, was Du machst? Mir ist momentan alles recht, solange ich mich ein wenig verausgaben kann." Er musterte den anderen. Sicher war er ebenfalls gut trainiert. So einen Körper bekam man nicht vom Nichtstun. Die Frauen lagen ihm sicher scharenweise zu Füßen.

  • "Ich beginne meistens mit gymnastischen Übungen oder Ringen, je nachdem, ob ich einen Trainingspartner finde - und dann ins caldarium ... und zur Abhärtung ins frigidarium ... aber wir können die Reihenfolge auch Deinem Geschmack anpassen, mir ist heute eigentlich fast alles Recht, das nicht mit dem Tempel zu tun hat," sagte ich gutgelaunt, die Aussicht auf ein wenig Entspannung in netter Gesellschaft hatte meine Laune doch um einiges gehoben. Es tat gut, ein wenig Abstand von dem gewinnen zu können, was mich täglich umgab, und angesichts der nicht gerade guten Stimmung meiner Sklaven derzeit zog es mich auch nicht wirklich nach Hause. Einige Tage auf dem Land wären jetzt genau das richtige, aber angesichts der Wahlen sicher nicht die beste Idee.

  • "Gegen diese Reihenfolge ist nicht das geringste einzuwenden", meinte Ursus zustimmend. Er war ja mittlerweile besser im Ringen, so daß er hoffentlich nicht gleich so eine Niederlage erlitt wie gegen Marsus.


    Es war wirklich angenehm, in netter Gesellschaft herkommen zu können. Vor allem hatte Ursus das Gefühl, in der Gegenwart des Flaviers ganz er selbst sein zu können. Das tat ebenfalls sehr gut. "Du bist ein sehr vielseitiger Mann, wie mir scheint", grinste Ursus ihn an. "Wie stehst Du eigentlich zu Wagenrennen?"

  • Irgendwie schien mich das Thema Wagenrennen zu verfolgen - zuerst hatte ich mit meinem Patron darüber gesprochen, und jetzt mit einem Amtskonkurrenten - anscheinend kam man in Rom von den Wagenrennen nicht wirklich los. Der Gedanke ließ mich kurz schmunzeln, während ich den Weg zu den Umkleideräumen einschlug und mich dabei nicht hetzte. Um diese Zeit waren die thermae recht voll, und wir würden wohl warten müssen, um einen Platz auf dem Hof zu bekommen - aber ich hatte es auch nicht eilig. "Ich habe vielseitige Interessen, aber leider ist es nicht immer möglich, allen nachzugehen - zuerst kommt immernoch die Pflicht, dann die Familie, und dann kann der Spaß kommen, falls noch Zeit bleibt," sagte ich grinsend und ertappte mich dabei, einen der Sprüche meines Vaters zitiert zu haben. So weit war es also gekommen, ich wurde zu einem anständigen Römer.
    "Wagenrennen .. ich schaue sie mir eigentlich recht gern an, aber ich habe noch keinen Favoriten. Das nächste Rennen werde ich wohl mit meinem Patron gemeinsam ansehen, er ist der princeps factiones der Russata. Hast Du dabei Vorlieben?"

  • "Klingt nach einer anständigen Prioritätenliste", grinste Ursus denn auch, denn ganz abgesehen davon, daß er es genauso sah, hörte er fast seinen Vater sprechen. Hatte er es nicht einmal fast genau mit den gleichen Worten gesagt?


    "Die Aurata selbstverständlich! Dagegen kann die Russata doch einpacken!" Das war natürlich eine völlig haltlose und auch keinesfalls wirklcih ernst gemeinte Behauptung, zumal ja noch keine Rennen stattgefunden hatten, seit er wieder da war. Er hatte keine Ahnung, wer im Moment der Favorit war. Doch sobald die Rennen wieder losgingen, würde sich diese Wissenslücke auch wieder schließen.

  • "Das werden wir nach dem nächsten Rennen sicherlich wissen, wer da die besten Lenker und Pferde im Stall hat - ich habe noch keinen Favoriten und freue mich einfach auf das sportliche Ereignis. Letztendlich soll das Zusehen Spaß machen, dieses ewige gegeneinander gerichtete Eifern mit allen möglichen Intrigen und dunklen Schachzügen, das die Ställe gerne machen, liegt mir nicht unbedingt," gab ich schmunzelnd zurück - Ursus war anscheinend wirklich ein sehr überzeugter Anhänger seiner factio. Sicherlich würde es spannend werden, und ich hoffte, sollte ich tatsächlich in ein Amt gewählt werden, dafür genügend Zeit zu finden. Wahrscheinlich war aber eher, dass es zu viel zu tun geben würde, um sich allzu viele Freiheiten zu leisten.


    Wir bekamen von einem der Aufseher, die sich darum kümmerten, dass von den Besitztümern der Badegäste nichts wegkam, je ein Fach für unsere Sandalen und die Kleidung zugewiesen, und ich nahm auf der Bank in der Mitte des Raumes Platz, um gemächlich die Sandalen aufzuschnüren. In dieser Umgebung der Wärme fühlte ich mich gleich um einige Lasten leichter, als könnte ich tatsächlich so manchen Gedanken hinter mir lassen und entspannen. Es versprach ein guter Abend zu werden, und ich hatte fest vor, ihn zu genießen.

  • Ursus lachte. "Ja, das werden wir dann wohl erfahren", nickte er und setzte sich ebenfalls auf die Bank, um seine Sandalen aufzuschnüren. "Für die Intrigen und dunkle Schachzüge habe ich im Sport auch nichts übrig. Dort sollte der gewinnen, der einfach besser ist. Aber ich finde ein Rennen ungleich spannender, wenn ich dabei einen Favoriten habe, den ich anfeuern kann. Und das Schimpfen über den Gegner, wenn der gerade einen Vorteil erringt, ist auch nicht zu verachten."


    Er stellte seine Sandalen in das Fach und begann, sich weiter zu entkleiden. "Herrlich warm ist es hier! Wird ja doch langsam recht frisch da draußen." Nur mit seinem Lendenschurz bekleidet wartete er darauf, daß auch Aquilius soweit war.

  • "Meine letzten Wagenrennen waren so lange her, dass ich momentan keinen Favoriten mehr habe - aber ich denke doch, dass sich daran beim nächsten Rennen sehr vieles ändern wird," antwortete ich schmunzelnd und legte den Gürtel neben meine Sachen, mich dann streckend. Es tat gut, die Kleidung bis auf das Lendentuch los zu sein, die toga praetexta erinnerte mich doch stets daran, dass meine Pflicht mich begleitete, nur im Lendenschurz war ich einer unter vielen. Vielleicht etwas größer und kräftiger als die meisten, vielleicht etwas braun gebrannter als mancher, aber im Großen und Ganzen eben ein Römer unter Römern. Wobei mich im Moment von der Masse vor allem eines doch noch unterscheiden mochte - die vielen, noch recht frischen Kratzspuren, bei deren Position man erahnen mochte, dass sie keineswegs von einem Kampf stammten, zumindest nicht von einem Kampf unangenehmer Natur. Callistas Krallen hatten ihre Spuren hinterlassen, und zumindest ganz für mich selbst trug ich die Erinnerung an diese leidenschaftliche Nacht voller Stolz mit mir herum.


    "Ja, dass der Winter kommt, merkt man vor allem morgens - umso mehr kann ich nicht verstehen, dass Völker wie die Germanen oder Kelten nie etwas mit den Thermen vergleichbares erfanden, in einem solchen Klima wäre es mir auf Dauer einfach viel zu kalt." Ich trat an die Seite meines Begleiters und ließ - wider besseres Wissen - den Blick unauffällig über seine Gestalt gleiten. Mit einem vagen, inneren Seufzen registrierte ich, dass er durchaus dem Auge zu gefallen wusste, und dieser Ringkampf mir nicht nur kämpferisches Geschick abverlangen würde.

  • Auch Ursus musterte den Körper des Flaviers mit Aufmerksamkeit. Und neben seinem gebräunten, gestählten Körper, der wirklich ansehnlich war und für das Ringen eine wirkliche Herausforderung versprach, bemerkte er auch die Kratzspuren. Na, der gute Aquilius ließ offenbar nichts anbrennen. Diese Spuren ließen auf eine kürzlich ausgelebte glühende Leidenschaft schließen. Und schon der Gedanke daran, was Aquilius erlebt haben mochte, brachte den ja nun fast nicht mehr bekleideten Ursus ein wenig in Verlegenheit. Zu lange war er enthaltsam gewesen, das rächte sich nun.


    "Ja, wie man auf Dauer solche Kälte aushalten kann, ist mir auch ein Rätsel. Vielleicht muß man dort geboren sein, um das zu verstehen. Vielleicht empfinden sie die Temperaturen schlicht anders." Schnelle Ablenkung sollte helfen.


    Sie schlenderten zusammen in den Gymnastikbereich, der auch insgesamt schon gut besucht war. Auch beim Ringen war einiges los. Sie würden tatsächlich eine Weile warten müssen. Ursus begann erst einmal mit einigen Aufwärmübungen. "Womit wollen wir also anfangen? Du hast nach dem anstrengenden Tag im Tempel mehr Entspannung nötig als ich. Vielleicht erstmal etwas laufen? Diskuswerfen?" Es gab hier so viele Möglichkeiten, daß es manchmal wirklich schwer war, sich zu entscheiden.

  • "Mein germanischer Sklave ist, was solche Dinge angeht, auch nicht besonders mitteilsam - nun ja, ich denke, wenn man so etwas gewöhnt ist, dann erscheint einem alles eben normal. Wenn ich bedenke, wie sehr nubische Sklaven hier im Winter frieren und im Sommer nicht einmal ansatzweise schwitzen, erklärt das doch vieles - uns geht es dann wohl, wenn wir weiter nördlich leben müssen, genauso," überlegte ich und sah mich wenig begeistert auf dem Übungsplatz um. Was mussten diese Leute denn ausgerechnet jetzt alle da sein? Aber es blieb uns nichts anderes übrig, wenn wir nicht Hintern an Hintern mit zwanzig anderen ringen wollten, wir würden eben warten müssen.


    "Einige Runden laufen sollten für den Anfang wohl das beste sein," schlug ich dann vor. "Es lockert die Glieder und wenn wir nicht zu schnell sind, wärmen sich die Muskeln auch ganz gut dabei auf. An den Gewichten ist mir jetzt auch noch zuviel los." Ich warf einen vielsagenden Blick zum Gestell mit den Gewichten, vor dem sich ein Muskelprotz produzierte, der sicherlich auch als Tür oder Schrank gute Dienste geleistet hätte und tagsüber sicher nichts anderes tat als Gewichte zu stemmen. Sein Körper war makellos, aber für meinen Geschmack waren es eindeutig zu viele Muskeln. Bei solchen Männern dachte ich immer grundsätzlich daran, ob sie wohl wie ein Schweinedarm aufgeblasen worden waren.

  • Ursus folgte dem Blick von Aquilius und mußte lachen. "Na, bei den Gewichten lohnt sich vermutlich nicht mal das Warten. So wie der aussieht, verbringt er Stunden mit Gewichtheben. Und er fängt ja gerade erst an." So wollte er wahrhaftig nicht aussehen. "Was an so einem Körper noch ästhetisch sein soll, entzieht sich meiner Vorstellungskraft." So wenig er Dickbäuche mochte, so wenig mochte er Muskelprotze. Es war einfach nur Angabe und alles andere als schön.


    "Dann also laufen", nickte Ursus zustimmend und setzte sich in Bewegung. Dabei konnten sie vor allem auch gut im Auge behalten, wann ein Bereich frei wurde. Allerdings war eine Unterhaltung beim Laufen leider auch nicht so gut möglich. Aber dazu hatten sie dann ja später noch Gelegenheit.

  • "Zumindest entspricht er seinem eigenen Schönheitsideal, wie mir scheint, und diese grundlegende Selbstzufriedenheit ist eigentlich beneidenswert, wann ist man in der heutigen Zeit schon wirklich mit sich selbst im Reinen?" gab ich schmunzelnd zurück und beobachtete den Muskelprotz noch einen Moment lang bei dessen selbstvergessener Arbeit mit den Gewichten. Nein, eindeutig, diese Art Mann würde mich niemals wirklich herausfordern, da waren mir natürlich gewachsene Körper wie der des Aurelius Ursus lieber. Man hatte dabei immernoch eher das Gefühl, einen wirklichen Menschen anzufassen denn ein künstliches Produkt einer eintönigen und wenig ansprechenden Tätigkeit wie dem täglichen Gewichtestemmen. Da Ursus meinem Vorschlag des Laufens zugestimmt hatte, nahm auch ich nun langsame Schritte auf, die mich an den Rand des Trainingsareals führten, und dort hatten wir dann, wie auch einige andere, genug Platz, unsere Runden zu laufen - es waren keine riesigen Runden, aber man konnte sich Bewegung verschaffen.


    Es tat gut, zu laufen, und ich merkte schon nach den ersten Schritten, dass die üblichen Lasten von mir abfielen, mich einfach in Frieden ließen, ohne dass ich zuviel darüber nachdenken musste. Sich allein auf den Ablauf der Bewegungen zu konzentrieren, tat gut, und ich eilte mich nicht zu sehr, war es doch wichtig, nicht zu übertreiben. Ich wollte nicht nach vier Runden keuchend an der Wand lehnen, wenn ich mit etwas mehr Muße deutlich bessere Resultate erzielen würde. Und Ursus schien leicht mithalten zu können - nun, vielleicht war dies der Beginn eines guten persönlichen Verstehens, wer wusste das schon?

  • Ursus grinste breit. "Na, wenn er so selbstzufrieden ist, soll er seine Selbstzufriedenheit behalten. Du hast recht, wer kann schon von sich behaupten, mit sich im Reinen zu sein?" Er selbst bestimmt nicht. Nicht nach den Ereignissen dieses Tages.


    So aussehen wie der wollte Ursus jedenfalls nicht. So ein Körper wie der von Aquilius war erstrebenswerst. Gerade jetzt, wo sich der Flavier in Bewegung setzte, zeigte sich, wie gut gebaut er war. Ursus mangelte es bezüglich seines Aussehens sicher nicht an Selbstbewußtsein, doch er mußte zugeben, daß er sich mit Aquilius nicht messen konnte.


    Die liefen in einem Tempo, das gut lange zu halten war. Eher auf Ausdauer, als auf Geschwindigkeit. Das war Ursus für den Einstieg ganz recht. Einen Sprint konnten sie dann ja am Ende noch einlegen.


    Im Moment fand er es überaus befriedigend, einfach so gleichmäßig vor sich hinlaufen zu können, den Körper langsam zum Schwitzen zu bringen und alle Last einfach hinter sich zu lassen. Kurz nur blickte er zu dem neben ihm laufenden Aquilius herüber. Der sah inzwischen auch recht gelöst und zufrieden aus. Irgendwie war es schön, nicht wie sonst immer allein zu laufen. Auch wenn sie gerade nicht sprachen, war es dennoch ein miteinander.


    Runde um Runde drehten sie stumm und zufrieden um das Trainingsarreal. Und sie konnten gut beobachten, daß sich das Gedränge bei den Ringern nach und nach langsam lichtete. "Ich glaube, wir können bald", bemerkte Ursus und deutete auf den Sandplatz.

  • Es hatte etwas sehr friedliches und gemütliches, wie wir unsere Runden zogen, und ich stellte fest, dass Aurelius Ursus anscheinend nicht zu den Männern gehörte, die es unbedingt nötig fanden, Gesprächspausen zwangsweise mit sinnlosem Geschwätz anzufüllen - und wenn man tagsüber zumeist von Menschen umgeben war, die diese Art der Zurückhaltung nicht kannten, war das eine ausgesprochen angenehme Abwechslung. In der heutigen Zeit waren die Menschen selten geworden, die einfach schweigen konnten, und ich genoss es, zu laufen und zu schweigen, meinen Schritten nachfühlen zu können, ab und an einen Blick auf den Körper Ursus' zu werfen, dessen runde Bewegungen meinem Auge durchaus zu schmeicheln wussten, und ansonsten einfach meinen Frieden zu haben. Wie lange hatte ich das nicht mehr getan - und erst jetzt, in diesen Augenblicken, merkte ich, dass ich es vermisst hatte.


    "Ja, so langsam wird es wohl Essenszeit, da verschwinden die meisten auf dem Weg nach Hause," sagte ich und schmunzelte. Auf mich würde wohl kein Essen warten, ich aß abends selten in der villa, und gerade heute war es mir auch wichtiger, unterwegs zu sein. Den Kopf frei zu bekommen, und an nichts sonst mehr denken zu müssen. "Noch eine Runde und wir suchen uns einen Ringerplatz?"

  • Ja, das konnte gut sein, daß es langsam Essenszeit war. Das war Ursus relativ gleichgültig. Mit der ganzen Familie zu speisen war eh nichts erstrebenswertes. Also nicht heute. Sonst schon. Er würde sich einfach später Brot, Käse und Oliven bringen lassen, das reichte auch. Im Moment war er ganz zufrieden damit, hier zu sein.


    Ursus nickte zu dem Vorschlag des Flaviers. "Ja, gerne." Sie liefen einfach noch ein wenig gemütlich weiter, während weitere Leute das Trainingsareal verließen. Anscheinend war das jetzt die ideale Zeit, um die Thermen aufzusuchen: Wenn alle anderen vom Hunger heimgetrieben wurden.


    "Wie wäre es mit dem Platz dort links?", fragte Ursus, als sie ihre letzte Runde langsam beendeten. Der Platz war nicht ganz so auf dem Präsentierteller und es standen auch keine Schaulustigen in der Nähe herum.

  • Als die letzte Runde beendet war, hatten wir auch den von Ursus anvisierten Trainingsplatz erreicht und fanden ihn leer vor. Ja, es war eindeutig eine passende Zeit für ein wenig Ringen, und auch wenn ich nach dem Aufenthalt in den thermae sicherlich Hunger haben würde wie Romulus und Remus gemeinsam, im Augenblick verspürte ich noch keinen, zumindest nicht jenen, den man durch Essen würde stillen können.
    "Es ist sogar noch Öl da," stellte ich fest und nahm eines der Fläschchen hoch, die in einem Kasten nahe des Ringerareals aufbewahrt wurden - diese musste man als Badegast zumeist bezahlen, aber anscheinend hatte wieder irgendein Senator etwas für die Allgemeinheit gespendet und keiner der Badeaufseher kam auf uns zu, um den Obulus zu verlangen. Schmunzelnd reichte ich Ursus eins der Fläschchen und entkorkte für mich ein anderes, um mich dann mit der glitschigen Flüssigkeit gemächlich zu bedecken - nicht zuviel freilich, ich wollte später nicht aussehen wie paniert. Den Rücken allerdings konnte ich nicht erreichen und blickte Ursus bittend an. "Wärst Du so nett?"

  • Über das Öl hatte sich Ursus noch gar keine Gedanken gemacht. Er hatte sowieso kaum Geld dabei. Sonst hätte er sich ja auch etwas Opferweihrauch leisten können. Dieser Stadtgang war ja nicht geplant gewesen. Daher war er jetzt sehr dankbar für das kostenlose Öl.


    Er nahm die Flasche von Aquilius entgegegen, entkorkte sie und begann dann, sich einzuölen. Als Aquilius ihn darum bat, ihm den Rücken einzuölen, nickte er. "Na, aber sicher doch." Er träufelte ein wenig Öl auf seine Hände, verrieb es leicht und verteilte es dann auf dem Rücken des Flaviers. Dabei ging er weder zimperlich, noch grob vor. "Du hast einen Körper, um den Dich ein Gott beneiden könnte", sprach er aus, was er vorhin schon einmal gedacht hatte, und grinste dabei frech. "Abgesehen von diesen Kratzern. Welche Wildkatze hat Dich denn so zugerichtet?" Er lachte und erwartete darauf nicht unbedingt eine Antwort.


    "Wärst Du so nett, mir den gleichen Dienst zu erweisen?" Ursus drehte sich um und bot Aquilius seinen Rücken dar.

  • Auch wenn der Aurelier sicher nicht wusste, dass ich kundige Hände eines Mannes zu schätzen wusste - nun einmal ganz abseits des spöttischen Tons dieses unsäglichen Theaterstücks - ich ließ es mir durchaus gefallen, was er tat, und genoss es. Es war schließlich schon eine Weile her, dass mir irgendjemand den Rücken eingeölt hatte, bevor es ans herzhafte Ringen ging.
    "Ah, übertreib es nicht. Ich trainiere einfach regelmäßig, mehr nicht. Wenn man es von klein auf gewöhnt ist, dann fällt es auch nicht schwer, es beizubehalten. Ich bin mir sicher, dass Du mit ein bisschen mehr Arbeit schnell in eine ähnliche Region kommen könntest, was Deinen Körper angeht ... nur übertreib es nicht, sonst siehst Du irgendwann aus wie der."


    Damit nickte ich grinsend in die Richtung des muskelbepackten Schranks, der noch immer die Gewichte belagerte und selbstverliebt seinen triceps begutachtete.
    "Und diese Wildkatze ... nun, sagen wir, es war ein fleischgewordener Sommernachtstraum. Schätzungsweise werden wir uns nie wieder begegnen, aber ich werde diese eine Begegnung sehr im Gedächtnis behalten." Als er - viel zu schnell - fertig war, nickte ich und öffnete auch mein Ölfläschchen nochmal, gab etwas des Öls in meine Handfläche und begann, seinen durchaus kräftigen Rücken nach und nach mit der glitschigen Schicht zu bedecken.

  • Ursus lachte. "Da besteht sicher keine Gefahr, daß ich einmal so aussehen werde wie jener dort. Für derartiges Training werde ich sicherlich keine Zeit mehr haben, falls ich wirklich gewählt werde. - Was ich sehr hoffe. Aber Du hast recht, ein bißchen mehr sollte ich wirklich für meinen Körper tun. Schon im Hinblick auf das Tribunat. Man will sich ja vor den Legionären nicht völlig blamieren."


    Es war angenehm, sich so einreiben zu lassen. Irgendwie weckte es den Wunsch nach einer ordentlichen Massage. Na, jetzt stand erstmal das Ringen an. "Ein fleischgewordener Sommernachtstraum? Das klingt wahrhaftig nach einer erinnerungswerten Begegnung an. - Und sieht nach einer erinnerungswerten Begegnung aus." Er lachte und blickte sich zu Aquilius um. "Jedenfalls sieht es so aus, als seist Du ein ausgesprochen erfahrener Kämpfer", grinste er frech und seine Augen blitzten ein wenig übermütig auf.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!