Nach den Wahlen auf den Stufen der Curia

  • Ja, sicher doch! Ich werde mich dann mal wieder meinen eigenen Aufgaben zuwenden. Du weisst ja, wo du mich finden kannst, wenn ich noch ein Protokoll unterschreiben muss oder so.


    Doch Crassus war schon beinahe weg. Klar, er hatte jetzt hier auch einiges mehr zu tun, als ihm und mir auch, lieb war.

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    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

  • Iuno, die Göttermutter, war schlecht gelaunt. Es gab keinen besonderen Grund, es kam einfach verschiedenes zusammen, und Iuppiter, ihr Göttergatte... ach, sie wollte gar nicht mehr daran denken. Und gerade als sie ihr wohlverdientes Nickerchen machen wollte, da wurde sie von einem unerträglichen Geschrei aufgeschreckt. Ohnehin schon genervt, schwebte sie zur Curia Iulia hin, von dort hatte sie ja die Aufregung gehört.


    Sie sah die Bescherung. Und ihre Laune besserte sich keineswegs. Eher im Gegenteil.


    "Das darf doch wohl nicht wahr sein! Weiss dieser kleine Wurm von Sterblichem nicht, wie schwer es ist Blutflecken aus Marmor zu bringen? Musste er gerade hier sterben? Konnte er sich nicht einfach zu Hause die Pulsadern aufschneiden, so wie jeder andere zivilisierte Mensch auch?


    MAAAAAARS! Junge, wo steckst du?"

  • Wo sollte Mars schon stecken? Natürlich in Parthia, bei den römischen Truppen. Was gab es schöneres für einen Kriegsgott, den Soldaten zuzuschauen und mit dem parthischen Kollegen ein wenig zu raufen? Deswegen klang seine Stimme auch nur aus der Ferne zum Ohr seiner Mutter.


    "Was ist denn los? Ich kann jetzt nicht. Hier ist gleich wieder 'ne Schlacht."

  • Das war aber wieder typisch für ihren Sohn. Oh, wie sie diese Fernkommunikation hasste, deswegen wurde ihre Stimme gleich eine Spur schärfer.


    "Was soll das heißen, du kannst jetzt nicht? Wie redest du denn mit deiner Mutter!? Hör auf mit deinen Soldaten zu spielen und komm auf der Stelle hierher, sonst zieh ich dir die Ohren lang!"

  • Mütter hatten ja überhaupt keine Ahnung. Als wenn er hier sitzen und in der Sandkiste spielen würde. Hier wurde Weltgeschichte gemacht! Und sie hatte wahrscheinlich nur wieder irgendeine unwichtige Kleinigkeit. Und über den Tonfall brauchte sie sich ja mal gar nicht aufregen, immerhin sprach sie zu ihm auch reichlich unangemessen wie zu einem kleinen Kind. Ohren lang ziehen, pah.


    Aber natürlich dachte Mars das alles nur, während er missmutig das Schlachtfeld verließ, ein paar Wolken zur Seite schob und nach Rom herüber kam. Seine Stimme klang demonstrativ gelangweilt.


    "Was ist denn überhaupt los? Hat jemand was angestellt?"

  • "Oooh, es hämmert, es hämmert, es hämmert..." Mit den Fingerspitzen trommelte sie sich sanft an ihre Schläfen, exakt im Takt zu ihren Worten. Denn am liebsten hätte Iuno den Bengel gleich hingejagt, so als ob Mars selbst für den Selbstmord verantwortlich wäre. Nur war er das nicht - Iuno war schon ganz versucht "leider" zu sagen - also beschränkte sie sich auf eine hinweisende Geste.


    "Dort unten. Sieh dir diese Schweinerei an. Als ob ich nicht schon genug zu tun hätte. Was das wieder für ein Aufwand wird, das reinigen zu lassen. Schrecklich, schrecklich! Jetzt steh da nicht rum, tu etwas! Und wenn du schon dabei bist, dein Zimmer gehört auch mal wieder aufgeräumt."

  • "Reinigen lassen?"


    Mars war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Er hatte in Parthia seine Arbeit liegen lassen, Tausende Männer, die zu seinen Ehren das Kriegshandwerk ausübten, weil seine Mutter mit ihm über die Beseitigung eines Blutflecks debattieren wollte? Und überhaupt, seit wann wer er der Gott der Putzkolonnen und was hatte sein Zimmer damit zu tun? Wenn seine Mutter sowieso schon Kopfschmerzen hatte, sollte sie sich mal hinlegen und ausruhen, anstatt auch noch den ganzen Himmel zu inspizieren. Auch wenn Mars durchaus bereit war, Rücksicht zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen, fühlte er sich für die Migräneattacken seiner Mutter nun wirklich nicht verantwortlich.


    "Jaja, ich mache ja schon. Der ist schon tot, oder? Soll ich die Togamännchen nehmen? Oder ganz Rom?"

  • Gerade hatte sie sich ihre Hand im den eisigen Gefilden des Nordmeeres abgekühlt (Götter und Göttinnen sind ja nicht in gleichem Maße wie Sterbliche an Ort und Zeit gebunden) und wollte ihre Stirn und Schläfen befeuchten und deren Hitze nehmen, um ihre ach so großen Schmerzen zu lindern, da sagte ihr Sohn etwas ganz erstaunliches. Nicht, dass er sich tatsächlich darum kümmern wollte, denn davon ging Iuno aus, das hatte sie ihm ja auch deswegen angeschafft, dass er es tat, nein, die Worte danach erregten ihre Aufmerksamkeit.


    "Wie bitte? Was hast du gesagt? Togamännchen? Rom?" Entweder war ihr Junge von Sinnen oder ihre Anfälle hatten mittlerweile eine Dimension erreicht, die ein Besuch bei Äskulap dringlich machten.

  • Mars fragte sich kurzfristig, ob seine Mutter selber überhaupt wusste, was sie genau von ihm wollte. Offenbar miesfiel ihr doch dieser läppische Blutfleck so sehr, dass er jetzt irgend jemanden dafür verantwortlich machen sollte. Aber anstatt ihm einfach zu sagen, was er tun soll, musste seine Mutter erstmal Schiffe im Eismeer versenken, um ihre Stirn zu kühlen. Aber vermutlich war ihr selbst das nicht bewusst, was so eine göttliche Hand alles anrichten konnte. Da war ja sogar Venus noch unkomplizierter, bei der konnte er sich zumindest bei gewissen Dingen sicher sein, was sie wollte. Und genau diese Dinge würden ihm jetzt auch wesentlich mehr Spass machen, als mit seiner Mutter zu debattieren.


    "Doch nicht? Soll ich jetzt jemanden für den billigen Fleck da verantwortlich machen oder nicht?"

  • Iuno konnte ein Seufzen nicht verkneifen. Als ob man sich doch um alles selber kümmern musste.


    "Aber natürlich sollst du! Aber was bei allen Fluten des Tibers meinst du mit Togamännchen... ach, es ist mir eigentlich auch egal. Ich will, dass der Fleck da wegkommt, der Platz gereinigt wird und viele, viele Bemühungen der Sterblichen. Wehe, das Opfer nach der Reinigung ist mir zu minder! Und rede gleich mit Pluto, dieses unwürdige Nichts von Sterblichem, der es gewagt hatte, diesen Platz zu verunstalten, der soll in den Tartarus kommen."

  • Fluten des Tiber? Das war gar keine schlechte Idee, fand Mars. Vielleicht musste sich seine Mutter einfach so aufregen, um auf solche Ideen zu kommen. Er würde jedenfall gleich mal mit dem Flußgott sprechen. Die ganzen kleinen Götter freuten sich ohnehin immer, wenn einer von den Großen mal mit ihnen sprach und Aufgaben für sie hatte. Begeistert von der Anweisung war Mars trotzdem nicht, die Schlacht hätte ihm mehr Spass gemacht. Brummend fasste er seine Lanze fester.


    "Verstanden.


    Pluto! Komm' mal her! Hier will jemand einen Sonderplatz im Tartarus!"

  • In seiner obligatorischen Wolke aus Asche und Schwefel fuhr Pluto aus der Unterwelt hinauf. Gewöhnlich mied er seine Verwandten, die Götter der Oberwelt, denn weder schätze er, der ewig Betrübte, ihr neckisches Wesen, noch ihre heitere Schwatzhaftigkeit. Doch von Heiterkeit war an seiner Schwester, der hochmütigen Iuno, heute wenig zu bemerken, was ihm, boshaft wie er war, an ihr gut gefiel.
    “Was ruft ihr? In den Tartarus soll eine verderbte Seele fahren? Mein Verließ ist gut gefüllt. Die Welt der Sterblichen ist voll von Niedertracht und Selbstsucht. Sie ehren uns, deren Zorn sie fürchten sollten, nur noch nachlässig und selbst dem Tod begegnen sie mit anmaßender Gleichgültigkeit, als müssten sie nicht um das Heil ihrer Seelen bangen.“, lamentierte er trübsinnig.

  • Nicht nur, dass seine Mutter heute extrem schlecht gelaunt war, jetzt zeigte sich auch noch ihr Bruder beim Lamentieren in Bestform. Mars musste dringend mal mit dem Kollegen mit dem Sonnenwagen sprechen, der hatte ihm heute ganz bestimmt einen gebrauchten Tag angedreht.


    "Für einen mehr ist immer Platz. Sonst bräuchte ich mit meinen Schlachten gar nicht erst anfangen. Also, der da ist für dich. Kommst du mit, den anderen ordentlich Ärger zu machen? Dann sind wir schneller fertig und ich bekomme in Parthia noch die zweite Halbzeit mit. Sollen wir uns den Müllkübel von Vulcanus leihen und nochmal die Nummer aus Pompeji von vor ein paar Jahren machen?"

  • Angeekelt rümpfte Iuno die Nase, wie immer wenn ihr Bruder auftauchte und sein ganz eigenes olfaktorisches Flair verströmte. Widerlich, allerdings fiel ihr bei der Gelegenheit das passende Saturnaliengeschenk für ihren Bruder ein. Ob das "Kühle Wasser" von Davidius das richtige wäre?


    "Oh nein, das lässt ihr schön bleiben! So einen Saustall wie damals werde ich nicht mehr aufräumen lassen. Und jetzt macht euch an die Arbeit. Und ich... ich lege mich erst einmal hin." Sprach die oberste aller Göttinnen und schwebte dahin zu ihrem wohlverdienten Nickerchen.

  • Pluto quittierte Iunos Rede und ihr Entschwinden mit beredten, eisigen Schweigen.
    Dann brummte er: “Über diesen Sterblichen werden Minos, Aeacus und Rhadamanthys richten. Sie werden in seine Seele schauen und sein Herz wiegen und in die Tiefen seiner Selbst leuchten und dann werden sie sagen, wohin er gehen muss; ins Elysium oder in den Tartarus.“
    Dem Totengott passte es nicht, dass sich der Kriegsgott in seine Angelegenheiten einzumischen suchte. Reichte es nicht, dass er regelmäßig Abertausende zu ihm sandte?
    “Was die Anderen angeht...“, mit übellauniger Miene schaute er sich um: “So soll Missgunst, Zwietracht und Falschheit über sie kommen. Kein Raubtier ist so blutrünstig und unersättlich wie der Mensch. Sie sollen sich für ihre Frevel selbst bestrafen.“

  • Mars rollte mit den Augen und ließ seine Lanze ein paar Mal auf den Boden aufschlagen und wieder hochspringen. Ob Schwefel irgendetwas mit Geschwafel zu tun hatte? So kamen sie doch zu keiner Entscheidung und seine Mutter würde sowieso wieder etwas auszusetzen haben.


    "Selbst bestrafen? Tolle Idee! Das dauert wieder ewig, Raubtier hin oder her. Aber bitte, wenn du meinst, dann kümmere dich drum, dass es wirklich passiert. Ich gehe mal mit Tiberinus reden."

  • Pluto wandelte sich in Orcus, den Seelengeleiter, und näherte sich als solcher dem Toten. Traurig sah er auf ihn herab. Dann griff er ebenso fest und unerbittlich, wie sanft nach dessen Seele, hielt sie fest im Arm und glitt mit ihr zurück in die tiefe Unterwelt.

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