officium TAU | Eine neue Serva

  • Ursus hatte sich einen der ohnehin kaum genutzten Empfangsräume als zukünftiges officium auserkoren und auch die Möblierung ein wenig umgeändert. Immerhin brauchte er Regale für die Unterlagen und einen ordentlichen Schreibtisch, da ja einiges an Schreibarbeit auf ihn zukam.


    Und er hatte sich den Luxus geleistet, sich eine Sklavin anzuschaffen. Nicht, daß die Arbeit der Sklaven im Haus zu wünschen übrig ließ. Doch die meisten waren der persönliche Besitz von Corvinus und über die konnte er dementsprechend nicht frei verfügen


    Hübsch war sie ja, das konnte man nicht anders sagen. Blieb zu hoffen, daß sie nicht zu aufsässig war, wenngleich er kleine Rangeleien durchaus zu schätzen wußte.


    Es verging ein Weile, während er sie einfach so musterte. "Nun, woher stammst Du und wie lautet Dein Name? Und was kannst Du wirklich alles?" Seine Stimme klang nicht unfreundlich. Eher sachlich und interessiert.


    Der Händler hatte natürlich tausend Eide geschworen, daß sie fließend Latein konnte. Aber man wußte ja, was man auf derlei Versprechungen geben konnte. Selbst die kleine Sprechprobe konnte auswendig gelernt sein. Wenn der Mann gelogen hatte, würde Ursus ihm morgen das Fell abziehen. Betrügen ließ er sich nicht. Eine Gallierin sei sie. Und gehorsam, fleißig, aber durchaus nicht ohne Temperament, hatte der Mann versprochen. Was abzuwarten war.

  • Mannomann, war das ´ne Hütte! Da war sicher ordentlich was zu holen! So was gab´s zu Hause in Augustodunum gar nicht! Meine Kumpels würden sicher Augen machen!
    Der dämliche Kerl von Sklavenhändler hatte mich sozusagen "Frei Haus" geliefert. DerTyp, der mich gekauft hatte, sah ja schon auf dem Mark aus, als ob er Kohle hätte, doch daß ich jetzt hier in so´nem edlen Schuppen wohnen würde, hatte ich nie gedacht!
    Da saß er jetzt vor mir und tat einen auf wichtig. Ob der schon wußte, was er sich mit mir aufgehalst hatte? Auf dem Markt hatte ich ihm ja wirklich was tolles vorgespielt. Hatte einen auf "braves Mädchen" gemacht. Ha, wenn der wüßte!
    Irgendwann fing er dann auch zu sprechen an. Wollte alles mögliche von mir wissen. Na schön, da wollte ich ja mal nicht so sein und gab ihm dann auch ´ne Antwort. "Caelyn heiße ich! Ich komme aus Augustodunum, wenn dir das was sagt!"
    Ich beobachtete ihn erst eine Weile bevor ich weiter erzählte. Ja, genau, was soll ich ihm denn erzählen? Was kann ich denn wirklich? Klauen, blöden Kerlen eine in die Fresse hauen und so. Ob er das wirklich wissen will? Bestimmt nicht!
    "Ich kann gut Sachen organisieren und auch mal fest zupacken, wenn´s sein muß." Ja, so kann man das auch gut umschreiben. Bloß, wenn der jetzt noch glaubt, ich würde "Dominus" zu ihm sagen, dann hat er sich aber gründlich geschnitten.

  • "Sachen organisieren?", fragte Ursus und seine Augenbraue hob sich skeptisch. "Also, hier werden keine Sachen organisiert. Wenn Du lange Finger machst, wirst Du das sehr bereuen. Hat Dir schon mal jemand gezeigt, wie man jemandem eine Toga anlegt?" Das würde sie bei ihm sicher mehr als einmal am Tag tun müssen. Wenn sie es nicht konnte, mußte sie es eben lernen.


    "Ich erwarte von Dir Gehorsam, Fleiß und Respekt. Du hast mich mit dominus anzusprechen. Das gleiche gilt natürlich auch für die anderen Familienmitglieder, denen Du ebenso gehorchen wirst."


    Er blickte die junge Frau ernst an. Ihre Aussprache gefiel ihm nicht, aber das mochte natürlich daran liegen, daß es nicht ihre Muttersprache war. Ein wenig Umgang mit Menschen, die sich ordentlich auszudrücken wußten, würden auch ihren Ausdruck verbessern. "Damit wir uns von vornherein recht verstehen, Caelyn. Ich werde mich im allgemeinen nicht lange mit irgendwelchen Mißhandlungen aufhalten, denn solche Dinge kann ich nicht sonderlich leiden. Wenn Du nicht gehorchst, werde ich Dich zu Deinem Händler zurückbringen. Oder Dich an sonstwen verkaufen." Und das war keine leere Drohung. Er hatte ein gewisses Maß an Geduld. Doch wenn sie das überschritt, würde er sie einfach wieder weggeben.


    Obwohl es natürlich schade wäre. Sie war außerordentlich hübsch. Und daß sie nicht begeistert war von ihrem Schicksal, war ja durchaus verständlich.

  • Man konnte es ihm ja wirklich nicht verdenken, daß er von meinen "Fähigkeiten" nicht so begeistert war. Ich fand es aber auch nicht so toll, wie er hier den "Dominus" raushängen ließ. Allerdings hatte ich auch nicht wirklich Lust, wieder zu dem schmierigen Sklavenhändler zurück geschickt zu werden.
    Wie das mit der Toga fuktionierte, hatte ich schon gelegentlich bei den wichtigtuerischen Togaträgern zu Hause gesehen. So schwer konnte das schließlich auch nicht sein!
    Doch bevor ich antwortete, überlegte ich genau, was und wie ich es ihm sagen wollte. "Mhh, das mit der Toga krieg ich sicher hin!" Da fehlte aber noch was! "Aber Dominus sagen- nie im Leben!" Eifrig schüttelte ich den Kopf. Das konnte er sich echt abschminken. Schließlich war ich nicht eine von diesen Speichelleckern!

  • Ursus runzelte die Stirn. Zum einen bezweifelte er, daß sie das mit der Toga wirklich beherrschte, denn so einfach, wie es aussah, war es wahrhaftig nicht. Zum anderen überraschte ihn natürlich die heftige Antwort.


    Im ersten Moment wollte er nicht weniger heftig antworten. Aber dann schüttelte er den Kopf. "Da haben wir also schon das erste Problem. Willst Du mir nicht mal erklären, warum Du damit so ein Problem hast?" Sie war eine Sklavin und doch sicher auch nicht erst seit gestern. Dies gehörte zu den grundsätzlichen Dingen, die jeder Sklave so ziemlich als erstes lernte. "Es ist so üblich Caelyn. Betrachte es einfach als eine Art Namen. Du mußt Dich dabei ja nicht auf den Boden werfen, wie das bei einigen Völkern üblich ist. Es ist eine Anrede. Nichts weiter."

  • Warum ich damit ein Problem hatte? Mann! Das Problem war nicht das Wort an sich, sondern eben seine Bedeutung. Na gut, dann wollte ich es ihm eben mal plausibel verdeutlichen!
    "Na schön Römer, dann will ich es dir mal erklären! Für dich bin ich vielleicht nur ´ne Sklavin. Aber das bin ich nicht. Ich war´s nie und ich werd´s auch nicht so schnell werden! Ich bin nur hier, weil mich so´n dämlicher Hund beim Klauen erwischt hat! Mich!
    Hör zu, zu Hause war ich so ´ne Art Anführerin von ´ner Bande. Wir haben gelegentlich mal ein Paar Leute um ihre Sesterzen erleichtert oder haben mal was zum essen mitgehen lassen.
    Also, da war ich der Chef! Verstehst du?"
    Kritisch beäugte ich ihn. Garantiert war er nicht von meiner Erklärung überzeugt. "Gut, ich kann für dich arbeiten, dafür darf ich ja hier wohnen und krieg hoffentlich auch was zu essen!" Ob er auf meinen Deal eingehen würde? Ehrlich gesagt, sah er nicht so danach aus!

  • Ruhig und mit unbewegter Miene hörte sich Ursus den recht emotional vorgebrachten Vortrag an. Eine Diebin, jetzt sprach sie es gar offen aus. Sogar die Anführerin einer Bande! Da hatte er sich ja was ins Haus geholt...


    "Nun, Caelyn, ich muß Dir da leider etwas sehr unangenehmes mitteilen. Du BIST tatsächlich eine Sklavin. Und ich bin Dein Herr. Das bedeutet, ich kann völlig frei über Dich verfügen, ganz wie es mir gefällt. In jeder Beziehung."


    Er machte eine Pause, damit diese Worte in ihren Verstand vordringen konnten. Wenn sie die Anführerin der Bande gewesen war, konnte man wohl davon ausgehen, daß sie kein Dummkopf war.


    "Das ist sicherlich kein leichtes Schicksal. Doch wäre es Dir lieber gewesen, Deine Hände zu verlieren oder gar am Kreuz zu enden? Du hast immerhin Verbrechen begangen." Von Unrechtsbewußtsein konnte er jedenfalls bisher nichts entdecken. "Bei allem Unglück hast Du immerhin auch Glück gehabt. Denn die Sklaven in diesem Haus bekommen gut zu essen, ein bequemes Bett und anständige Kleidung. Und bei besonderem Fleiß oder sonstigen Verdiensten auch mal eine Belohnung. - Doch wir verlangen von unseren Sklaven, daß sie gehorsam und fleißig sind. Und sich stets bemühen, diesem Haus Ehre zu machen. Du kannst es hier bei uns wesentlich besser haben als da draußen auf der Straße. Also, sage mir jetzt, ob Du bereit bist, mir und damit auch der gesamten Gens Aurelia zu dienen. Wenn nicht, werde ich Dich dorthin zurückbringen, wo ich Dich herhabe. Dann kannst Du erneut Dein Glück versuchen."


    Ernst blickte Ursus die junge Frau an. Was erwartete sie denn eigentlich? Sie war eine Verbrecherin. Daß sie nur wenige Sesterzen und mal was zu essen gestohlen hatte, wagte er zu bezweifeln. Denn dann wäre sie gewiß mit einigen Peitschenhieben davongekommen.

  • Aha! ich hatte ein Verrechen begangen! Na toll!
    Meine Augen verengten sich und ich begann vor Wut zu schauben.
    "So! Ein Verbrechen, ja?! Bevor du hier so dicke Töne spuckst, will ich dir mal was erzählen! Hast du überhaupt ´ne Ahnung, was es heißt, ohne Familie aufzuwachsen? Nicht zu wissen, wie man an die nächste Mahlzeit kommt und ob man morgen überhaupt noch lebt? Kein Dach über dem Kopf zu haben? Erzähl du mir nichts von Verbrechen! Wir haben nur geklaut, um zu überleben!"Mann, war ich aber sauer!
    "Wir haben einfach nur deswegen geklaut. Du hast doch überhaupt keine Ahnung wie es ist, wenn man auf der Straße leben muß. Du weiß auch nicht wie es ist, wenn man hilflos zugucken muß wie die eigene Mutter langsam vor deinen Augen krepiert!" Genau, das war das Stichwort! Juhu! Jetzt hatte ich auch noch meine Mutter ins Spiel gebracht. Sie war zwar schon vor Jahren gestorben, doch war ich über ihren Tod nie richtig hinweg gekommen. Was ich mir jetzt auch wieder selbst bewies, als mir die Tränen kamen und ich beinahe wie ein Kind zu heulen begann. Das war echt oberpeinlich, doch offen gesagt, war es mir ziemlich Schuppe, ob er das mitbekam.

  • Ursus seufzte innerlich. Er blickte sich um, entdeckte ein Tuch, das für sonstwas gedacht war und drückte es ihr in die Hand. Weinende Frauen waren ja nun etwas, womit er nicht im geringsten umgehen konnte. Nicht mal, wenn es sich nur um eine Sklavin handelte.


    "Es tut mir leid, was Du hast erleben müssen, Caelyn." Und das war nicht mal gelogen. Er verspürte tatsächlich Mitleid mit ihr. Natürlich wußte er, daß einige Sklaven sich tränenrührende Geschichten ausdachten, um ihre Herrschaft zu beeindrucken und bessere Bedinungen herauszuschinden. Doch irgendwie glaubte er ihr. Vielleicht war das dumm und naiv, aber sie gehörte nicht zu der Sorte Mensch, die Tränen als Waffen einsetzten. Sie versuchte eher, tapfer und unangreifbar zu wirken. Sicher ärgerte sie sich gerade sehr über ihre momentan zur Schau gestellte Schwäche.


    "Was immer die Gründe für Deine Verurteilung waren, es tut nichts zur Sache", sagte er in fast sanftem Tonfall, da ja schon seine Worte nicht freundlich waren. "Du bist nun hier und ich habe Dich um eine Entscheidung gebeten. Wo, glaubst Du, würde Deine Mutter Dich sehen wollen?" Auf dem Sklavenmarkt sicher nicht. Zumal sie kein zweites mal einen so guten Preis erzielen und dann eben auch bei einem entsprechenden Herrn landen würde. "Wenn Du so unschuldig in all das geraten bist und derartige Not gelitten hast, warum ergreifst Du nicht Deine Chance auf ein besseres Leben?"

  • Das war ja echt ein feiner Zug von ihm, mir ein Tuch zu geben, um mir damit die Tränen abwischen zu können. Überhaupt war er auf einmal eine Spur netter zu mir, hatte ich zumindest den Eindruck.
    Er wollte eine Entscheidung und brachte meine Mutter wieder mit ins Spiel.
    "Hör mal, laß meine Mutter da raus! Wenn sie wüßte, wo und was ich jetzt bin, würde sie sicher ausrasten!"
    Klar, das war auf alle Fälle die falsche Antwort! Ich schau ihm nochmal ins Gesicht und zog leicht entnervt die Augenbraun hoch. "Na schön, was bleibt mir sonst übrig! Zurück zu diesem Blödmann will ich nicht! Also gut, ich versprech´s! Ich werd mir Mühe geben und wenn´s dich glücklich macht, sag dich dann halt auch Dominus zu dir!"
    Mannomann, zum Glück hatten das meine Kumpels nicht mitgekriegt! Jetzt hatte ich mich doch glatt von dem Römer breitschlagen lassen. Aber wenn mich das Ganze hier überfordern würde, dann wäre ich genauso schnell wieder weg, wie ich hier hergekommen war!

  • Tja, das konnte er gut verstehen, daß die Mutter ausrasten würde. Nämlich darüber, daß ihre Tochter in die Sklaverei geraten war. Noch dazu wegen Diebstahls. Wenn ihre Mutter nicht gerade selbst eine diebische Elster gewesen war, und davon ging Ursus jetzt einfach mal aus, dann hätte sie der Lebenswandel der Tochter gewiß entsetzt.


    "Gut. Dann werde ich jetzt eine Sklavin dazurufen, die Dir alles zeigt. Sie ist stumm und verständigt sich mittels Gebärden. Oder sie schreibt auf eine Wachstafel. - Kannst Du lesen und schreiben?" Er stand auf und trat an die Tür, um dem nächsten Sklaven Bescheid zu geben, daß er Tilla herholen sollte.


    Dann trat er zurück in den Raum. "Sie heißt Tilla. Sei nicht unfreundlich zu ihr, sie hat mindestens so ein hartes Schicksal hinter sich wie Du. Trotzdem ist sie lieb und hilfsbereit." Sicher würde das quirlige Mädchen jeden Moment hereinkommen.

  • Hatschi. Tilla krauste die vom Mehl kribbelnde Nase, schneuzte in ein Taschentuch. Sie war überhaupt nicht erfreut abermals aus der Küche herausgerufen worden zu sein. Wieder konnte sie nicht bei etwas dabei sein was Niki ihr zum ersten Mal zeigen wollte. Die nette Köchin konnte backen und Tilla war bereit diese Kunst zu lernen. Genau wie das Frisieren der Haare der aurelianischen Herrinnen. Noch durfte sie nichts ohne Sabas Anleitung machen. Als sie jedoch hörte, wer sie rufen liess, besserte sich ihre Stimmung. War es wieder Zeit für eine neue Stunde? Erst musste sie zu dem neu eingerichteten officium des Ursus hinfinden. Hm... von der Küche aus gedacht musste sie den und den Gang lang laufen, wenn sie sich da mal nicht irrte!


    Warum rief er sie denn zum officium? Warum nicht in den Garten? Draußen war doch gutes Wetter. War etwas nicht in Ordnung? Endlich kam die Tür in Sichtweite. Tilla klopfte, lauschte auf das 'Herein' und trat ein. Ein plötzliches Niesen verhinderte einen Auftrifft wie es von den Sklaven des Hauses verlangt wurde. Hatschi. Oh... verflixt. Entschuldigt... Sie wollte seine Namensgeste machen, errinnerte sich aber noch rechtzeitig daran, dass er dies nicht wollte, formte ein 'U' mit den Fingern einer Hand. ...Ursus. Oder hätte sie lieber 'Herr' sagen sollen? Ohjeh, das fing ja schon mal gut an! Hinter dem eilig hervorgezogenen Taschentuch, welche sie sogleich für den Zweck des kribbelnde-Nase-putzen benutzte, erblickte sie eine ihr fremde Frau. Tillas Wangen röteten sich. Auch noch vor einer Fremden musste sie niesen. Etwas betreten über das misslungene Eintreten steckte sie das Taschentuch weg, blickte fragend zwischen beiden Erwachsenen hin und her. Das neu eingerichtete Zimmer sah noch etwas leer aus, zumindest besser als vorher. Tilla hatte mitgeholfen es einzurichten. Wie nur kam Ursus darauf sich mit dunklen Möbeln zu umgeben?

  • Sollte das etwa heißen, daß ich nicht lieb und hilfsbereit sein konnte? Gut, ich mußte ihm ja zugestehen, daß er mich ja noch gar nicht kannte. Doch das klang so, als sei ich so ´ne Art Ungeheuer!
    Der Trotz war völlig aus meinen Augen verschwunden und auch die Art, wie ich jetzt mit ihm sprach hatte sich um hundertachzig Grad gedreht.
    "Ich hab lesen und schreiben gelernt, Dominus. Ist aber schon eine Weile her. Als meine Mutter noch am Leben war, hab ich nicht auf der Straße gelebt und nicht stehlen müssen. Da hatten wir noch ein Haus und es ging uns einigermaßen gut. Sie hat Wert darauf gelegt, das mein Bruder und ich was lernen."
    Warscheinlich war er jetzt davon nicht gerade beeindruckt, doch sicher hatte er gemerkt, daß er über mich noch lange nicht alles wußte.
    Jetzt starrte ich zu Tür und wartete darauf, daß sie sich öffnete und dieses Mädchen herein kommen würde.
    Ich mußte nicht lange warten, denn gleich darauf, trat sie mit einem lauten Niesen ein. "Gesundheit", sagte ich trocken und mußte aber gleich darauf ginsen. Sie war mir gleich Sympathisch, obwohl sie diese eigenartigen Verrenkungen mit ihren Händen vollführte. Konnte sie nicht sprechen, oder so?

  • "Es ist nicht schlimm, daß Du ungeübt bist. Mit der Zeit wirst Du da schon wieder reinkommen. Für Tilla ist es eben eine Möglichkeit, sich präzise auszudrücken. - Du wirst noch sehen, daß Deine Mutter eine sehr kluge Frau war. Diese Fähigkeit wird Dir sicher noch sehr nützen."


    Da Ursus ja schon erwähnt hatte, daß Tilla stumm war und sich mit Gebärden verständigte, ging er davon aus, daß Caelyn sich bemühte, Tilla zu verstehen. Und eigentlich waren ihre Gesten ja auch ziemlich eindeutig. Naja, zur Not mußte eben die Wachstafel ran.


    "Gesundheit", sagte er auch, als Tilla so furchtbar nieste. "Hast Du Dich etwa erkältet?", fragte er nach und musterte das Mädchen besorgt. "Oder ist es nur das Mehl? Davon klebt noch was auf Deiner Nase." Er lächelte, denn irgendwie sah sie süß aus, so mehlbestäubt.


    "Tilla, das hier ist Caelyn. Sie ist neu hier und soll hauptsächlich mir persönlich dienen. Zeig ihr doch bitte, wo sie schlafen wird und sorg dafür, daß sie baden kann, neue Kleidung erhält und auch etwas zu essen bekommt. - Achja, und bring ihr in der nächsten Zeit Deine Gebärden bei, ja? Wenn sie mit allem versorgt ist, bringst Du sie wieder zu mir. Aber laßt euch ruhig Zeit, es ist mir lieber, Du erklärst ihr alles genau, als daß sie nachher unsicher sein muß."


    Das war natürlich ein ganzer Haufen an Aufträgen, doch Tilla war ja ein kluges Mädchen und würde sich das alles schon gut merken. "Bist Du auch wirklich in Ordnung?", fragte er nochmals nach.

  • Tilla schüttelte den Kopf auf Ursus Frage und hob zu einer Erklärung an, doch Ursus beantwortete die Ursache schon. Sie schielte auf ihre Nase. Hmpf, da hing tatsächlich noch etwas Mehl. Hier im Haus bzw. im Sklavenbereich gab es eindeutig zu wenige Spiegel. Mit dem Taschentuch kratzte Tilla den Rest weg und steckte das Taschentuch abermals ein. Schweigend linste sie zu Caelyn rüber. Was war das nur für ein Name? Seine persönliche Dienerin? Wie ein nasser Schwamm saugte sie die Informationen und Anweisungen auf. Wieder einmal sollte sie eine Neue in die Sklavenhaushalt einführen. Und ihre Gebärden sollte Caelyn lernen. Hm. Mal schaun, ob ich das tue, beschloß Tilla, schenkte der anderen Frau ein scheues Lächeln, nickte auf deren Wunsch der Gesundheit.


    In Ordnung. Zeigen. Schlafen. Baden. Essen. Und bis WANN soll sie wieder zurück sein? Tilla deutete den Stand der Sonne an, bezeichnete die Fremde als serva. Verlegen lächelte sie Ursus an, der sie wieder ans Niesen erinnerte. Danke, es geht schon. Es ist NUR Mehl. Die Mehlschlacht hab ich noch nicht mal anfangen können. Du hast mich gerettet. witzelte sie spontan. Ihr fiel ein, was Brix über den Teig gesagt hatte. Ein Grinsen umspielte ihre selten lachenden Mundwinkel. Würde Ursus auch sagen, dass sie jemanden mit dem Teig erwürgen wollte? Sonst noch etwas, dominus? Teilweise verwendtete Tilla die Gesten die sie Ursus schon beigebracht hatte.

  • Der Anfang von Tillas Gesten war leicht zu verstehen. Aber schon beim Mehl wurde es schwierig. Irgendwas mit Kampf. Um Mehl? Da hatte er sicher etwas falsch verstanden. Was immer sie da in der Küche getrieben hatten. Er schmunzelte über ihre Geschichte, die er nicht mal vollständig verstand. Dieser kleine Wirbelwind! Ob die anderen Sklaven so glücklich darüber waren, daß Tilla so überschwenglich in allem war? Na, noch hatte sich niemand über sie beklagt. Seines Wissens nach.


    Die Frage nach der Zeit verstand er dann wieder einwandfrei. "Keine bestimmte Zeit, Tilla. Nach dem Abendessen reicht völlig. Heute muß sie ja noch nichts machen, heute wird nur erklärt, was sie zu tun hat."


    Danach wandte er sich wieder an Caelyn. "Mein Name ist Ursus. Der Hausherr hier ist mein Onkel, Corvinus. Alles andere wirst Du mit der Zeit schon mitbekommen. Ihr könnt dann erstmal gehen. Bis später." Er nickte ihnen nicht unfreundlich zu und befaßte sich dann wieder mit der Einrichtung und Ausstattung seines zukünftigen Arbeitsbereiches.

  • Unwillkürlich mußte ich grinsen, als er mir seinen Namen verriet, Ursus der Bär. Mhhm, viel von einem Bären hatte er ja nicht! Da war ich doch echt mal auf seinen Onkel gespannt, Corvinus! Wieviel der wohl von einem Raben hatte? Beinahe hätte ich auch noch gekichert, doch ich konnte mich noch rechtzeitig beherrschenund nickte meinem Dominus zu. Dann fiel mein Blick auf das Mädchen, dass mir alles zeigen sollte.
    "Salve, Tilla", sagte ich zu ihr. Der erste Eindruck, den ich von ihr gewonnen hatte, war eigentlich recht gut. Sie war wohl eher´ne Lustige! Doch ich hatte im Laufe der Jahre auf der Straße gelernt, nicht bind jemandem zu vertrauen. Das konnte doch böse in die Hose gehen! Dewegen mußt ich sie erst noch ein wenig beobachten, um zu entscheiden, ob sie meine Freundin werden konnte, oder nicht.

  • Sie nickte und freute sich soviel Zeit zu bekommen. Das hiess dann auch, dass sie gar nichts anderes mehr zu machen brauchte außer Caelyn in den Haushalt einzuführen und den anderen Anwesenden im Haus vorzustellen. Salve... Eine Namensgeste für die neue Frau hatte sie noch nicht. Dazu kannte sie sie noch zu wenig. Mal sehen, was sich zwischen ihnen entwickeln würde. Ursus schien schon wieder beschäftigt zu sein. Tilla ging ein paar Schritte rückwärts und zur Tür rüber. Mit einer Geste winkte sie Caelyn zu. Kommst du? Die Tür öffnete und schloß Tilla mit einem leisen Klick. Wohin nun? Am besten ins Bad. Zuerst zum Baden. beschloß Tilla, zeigte eine kurze Geste des Arme-waschens an und deutete den Flur hinunter. Komm.. wiederholte sie.

  • Auf ihren Wink hin, folgte ich dem Mädchen. Ich war ja mal wirklich gespannt, noch mehr von dem Haus sehen zu können. Schließlich war es immer gut, wenn man seine nächste Umgebung, wie aus der Westentasche kannte.
    Anfänglich hatte ich noch einige Schwierigkeiten, ihre Gesten zu verstehen. Das müßte ich noch lernen! Doch bald verstand ich, was sie mir sagen wollte.
    Gute Idee! So´n bisschen Wasser schadet nicht!
    Ein Bad hatte ich dringend nötig! Schließlich war ich noch völlig verdreckt vom Sklavenmarkt.

  • Mannomann! Das Bad hatte ja richtig gut getan. Die neuen Klammotten waren auch nicht schlecht! Gut! Es kam nicht an das Zeug ran, was die Modeschöpfer so in Lutetia zu bieten hatten :D.
    Und dann konnte ich mich endlich einmal wieder satt essen! Das gab´s ja schon lange nicht mehr! Empfehlung an die Küche!
    Blitzblank sauber, gestriegelt und gebürstet, mit zusammen gesteckten Haaren, brachte man mich wieder in das Officium meines "Dominus". Oh, ja! Da mußte ich mich echt noch dran gewöhnen! Das ging noch nicht wie Butter über die Zunge!
    Ich klopfte dann mal höflich an und ging zu ihm rein.
    Ohne Worte blieb ich einfach mal stehen, etwas skeptisch dreinschauend, ob ich ihm so überhaupt gefallen würde. Ich selber hatte keine Ahnung, wie ich aussah. In diesem Haus hielt man wohl nicht viel von Spiegeln. Ich hatte mich da mal ganz auf Tilla verlassen.

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