Schlacht am Chaboras

  • Zitat

    Original von Lucius Artorius Avitus
    ...


    Nachdem sie einige Zeit lang ein unter Gefechtsbedingungen zurückzogen und damit der Armee auf ihrem Vormarsch folgten (der Gedanke erzeugte im Nachhinein und bevor er wusste, warum sie vorückten, eine Art innere Belustigung bei Licinus), merkte Licinus, dass die Parthischen Reiter sie nicht mehr bedrängten, einen Moment später nur hörte er einen der milites einen Freudenschrei ausstoßen, der aber von der vertrauten Stimme des primus pilus sofort abgewürgt wurde


    Und noch einen Augenblick später hörte er die nicht ganz so vertraute Stimme des tribunus, nein, des legatus, die Befahl anzuhalten und schlagartig hielt Licinus das Signum in einer geraden Linie, die man jederzeit mit einem Senkblei hätte prüfen können.
    Als darufhin der prius pilus nach hinten (oder war es vorn?) befohlen wurde erhöhte sich die Wachsamkeit des signifers nochmals, auch wenn er nicht mit einem erneuten Angriff rechnete.


    ~~~


    Beim Lagerbau hatte es einen großen Vorteil, wenn man signifer war, war man doch von dem schweren Schanzdienst befreit. So stellte er sich zusammen mit dem cornicen auf den Sammelplatz ihrer Einheit, wie es ihre Pflicht war. Beide litten ein wenig unter ihrer erzwungenen Untätigkeit, aber dies war nun mal nicht zu ändern, zum Reden hingegen war ihnen auch nicht zumute und so verbrachten sie die zeit bis zum Essen schweigend.

  • Für ihn hatte das allesden bitteren Beigeschmack der Niederlage, sicher er hatte gehört daß Verstärkung unterwegs war, aber das Imperium konnte es sich gar nicht Leisten jede Monat tausende von Männern nach Parthien zu pumpen, immerhin gab es auch noch andere grenzen zu schützen, als nur die im Osten und die Mannstärke der Legionn des Römishen Reiches waren nicht unendlich.
    Mit diesen Gedanken erreichte er den Legaten:"Legat!?"

  • Rot beleuchtete die untergehende Sonne das erschöpfte Gesicht von Marcus Flavius Aristides, dessen Rüstung immer noch mit dem Blut von Parthern, eigenem Lebensodem und der Asche des Feuers bedeckt war, so daß sich die Strahlen der Sonne nicht matt auf der lorica widerspiegelten. Tage, nein, Wochen, schienen seit dem Angriff, dem arglistigen Hinterhalt vergangen zu sein. Berge und Hügel zeichneten sich vor Marcus Augen ab, in denen ein roter Punkt glomm, das Licht der Abendsonne. Der Wind wehte an seinem Umhang, den er sich um geschlungen hatte, als er auf den vallum gestiegen war, nachdem das nächtliche und eilends eingerichtete Marschlager fertig war, nachdem sie die Schlacht gefochten hatten, sie sich zurück ziehen konnten und Marcus alle notwendigen Befehle gegeben hatte, damit seine Zenturie und die Mannen am Bau mitbeteiligt waren. Abweisend war Marcus Gesichtsausdruck als er auf der Wehrmauer stand, die bei weitem nicht so gut befestigt war, wie bei einem dauerhaften Lager, aber sie würde ihren Zweck erfüllen. Metall schepperte über Metall, einige Eimer rollten vom Wind getragen davon, Marcus sah nicht zu ihnen, denn es weckte in seinem Geist die Gedanken von dem vergangenen Tag...


    ...Schwerter schlugen auf die Feinde ein, gnadenlos zeigten sich die angreifenden Reiter, doch die Männer zu Marcus Seiten schienen bemüht zu sein, nicht zurück zu weichen, die Linie zu halten und mit den pila gegen die Pferde zu stechen, die Reiter aus den Satteln zu heben und den Männern der Decima die Gelegenheit zu geben, sich in Sicherheit zurück zu ziehen. Ein Schrei drang an Marcus Ohren als ein pilum sich in die Brust eines Parthers bohrte, oder war es der Schrei von dem Mann zu seiner Linken, der von einer Waffe des Reiters vor ihm durchbohrt wurde und mit einem Todeshauchen zu Boden fiel? Marcus machte einen Schritt zur Seite, schloß die Reihe wieder und kämpfte verbissen weiter, bis sie sich Stück für Stück zurück ziehen konnten. Schwer atmend blieb Marcus schließlich stehen als die Reiter nur noch undeutlich zu sehen waren und sie die letzten Sprengsel ihrer feindlichen Angriffe zurück geschlagen hatten. Warum folgen die uns nicht? Irritiert sah Marcus dorthin, wo so viele tapfere Männer, Römer, ihr Leben gelassen hatten. Marcus presste die Lippen aufeinander und wandte sich letztendlich dann doch um.


    „Der Kaiser, der Kaiser!“
    Ein Sklave kam heran gestürzt, er half Marcus immer morgens in die Rüstung.
    „Was ist mit dem Kaiser!“
    , herrschte ihn Marcus ruppig an, da er wenig Geduld für jedwegige Spielchen seines Sklaven hatte. Der atmete keuchend ein.
    „Er wurde verletzt. Ein Pfeil. Niemand weiß, ob er noch lebt...“


    Ängstlich starrte der Sklave zu Marcus, dessen Gesicht sich noch mehr verdüsterte. Mit einer Handbewegung verscheuchte er wieder den Sklaven. Der Kaiser und tot? Nein, das konnte nicht sein, Marcus Weltbild ließ das nicht zu, der den Kaiser zu sehr als göttliche Erscheinung betrachtete. Dennoch zeichneten sich deutlich seine Wangenknochen ab, ehe er sich umwandte und die Soldaten zusammen rief, damit sie sich an die Arbeit machten...selbst am Ende einer Schlacht galt es nicht, sich auszuruhen...


    ...und nun würde langsam die Nacht herein brechen. Marcus spähte in die versinkende Sonne und grübelte nach, was die nächsten Tage und Wochen mit sich bringen würden, was die Parther wohl noch vor hatten und wie der Kaiser darauf reagieren würde. Immer noch war Marcus erleichtert darüber, daß die Nachricht vom möglichen Tod des Kaisers weit übertrieben war. Mit einer Hand fuhr Marcus sich am der Wange entlang, die leicht schmerzte, hatte ihn doch ein Schwert dort gestreift. Nach einer Weile wandte er sich um und setzte seinen Weg auf dem vallum fort, um bei den Männern der Nachtwache dabei zu sein.

  • Der Legatus erwiderte den Gruss der beiden Stabsoffiziere mit einem leichten Nicken, sein Blick wandert von der Spitze der Hügelkette zum Fluss, auf dem sich der Schatten immer weiter dem Gegenüber liegenden Ufer näherte.


    "Meine Herren, die XII. hat einen Lagerplatz etwas weiter vorraus gefunden. Dorthin werden wir nachrücken, sobald wir dieses Schlachtfeld geräumt haben."


    Es galt nicht nur Pila einzusammeln, sondern auch noch verletzte Römer zu bergen.


    "Es werden keine Gefangene gemacht. Verletzte Parther werden getötet ! Sie haben nicht nur der X. schwere Verluste zu gefügt, sondern auch auch den Imperator Verletzt. Sie haben keine Gnade zu erwarten !"

  • Dass der Kaiser durch die Parther verwundet worden war, erfuhr er in eben diesem Augenblick. Bei solchen Neuigkeiten waren die Befehle, auf Gefangene zu verzichten, überflüssig. Sobald den Milites dies bekannt wurde, würde es schwer werden, sie zurückzuhalten. Doch nach außen zeigte Avitus keine Regung, nickte bloß, als er antwortete.
    "Wird ausgeführt, legatus..."
    sagte er und machte sich davon.


    "Befehl vom legatus... Verwundete, pila und alles an Ausrüstung aufsammeln, das wir finden können. Jeder Parther, der hier auf dem Schlachtfeld gefunden wird, wird getötet. Keine Gefangenen... Agite"
    sagte er, bei der Kohorte angekommen. Der Melder eilte davon, um die anderen Centurionen davon in Kenntnis zu setzen.

  • Noch bevor die Prima selbst das Lager erreichte, traf ihr Tross ein und mit ihm eine handvoll Männer aus dem Gefolge ihres Legaten. Es waren durchweg Hünen, eher Germanen gleich, den Römern, auch wenn sie tatsächlich meist gallischen Abstammung waren. Und sie waren sich alleine, jeder von ihnen hatte mindestens einen, in einen Sack verschnürten Körper hinter sich über das Pferd gelegt.


    Langsam ritten sie in das Lager hinein, Titus vorne weg.


    Als sie das Praetorium der Prima erreicht hatten, hielten sie an, Titus stieg ab und packte die beiden in Säcke gehüllten Körper auf seinem Pferd je mit einer seiner Pranken, schleifte sie in eines der Zelte, das noch leer war und warf sie einfach zu Boden. Die anderen Männer taten es ihm gleich, so das bald ein Haufen aus sieben, in Säcken verschnürten Männern mitten im Zelt lag.


    "Das sind alle ?"


    "Jo, Titus !"


    "Zieht sie aus, bindet sie nackt an einem Pfahl, ihre Köpfe bleiben verhüllt ! Stapelt alles was ihr bei ihnen findet vor ihnen auf ! Und durchforstet auch ihren Besitz in ihren Unterkünften... !"


    Was genau sein Legatus über das Treiben der Kundschafter vermutete, wusste Titus nicht, aber es war ihm auch egal, er führte nur einen Auftrag aus.

  • Ob man wohl eines Tages in den Geschichtsbüchern über diese Schlacht lesen würde? "Die verheerende Niederlage am Chaboras", ob man sie womöglich in Zukunft einmal in einem Atemzug mit Carrhae nennen würde? Wahrscheinlich wurde hier Geschichte geschrieben, in diesen Tagen. Ich hoffte so sehr, dass diese Geschichte am Ende doch noch halbwegs gut für uns ausgehen würde.
    Die Nacht brach herein. Ich stand auf dem Vallum unseres hastig errichteten Marschlagers, denn ich war zur Nachtwache eingeteilt. Die Arme auf meinen lädierten, vorne schwarz angekohlten Schild gestützt, starrte ich stumpf vor mich hin. Meine Kehle war kratzig, ich spürte noch den ganzen Rauch und Qualm den ich geschluckt hatte, und von Zeit zu Zeit musste ich husten. Die Bilder des Tages jagten, wirbelten, hetzten in meinem Kopf herum.


    Waffenlärm...Eine Lanze die auf mich zu rast... dann einen anderen erwischt... ein Kamerad der unter die Hufe geraten ist.... er schreit....


    Ich versuchte einfach nicht daran zu denken, und mir statt dessen etwas schönes vorzustellen, aber was heute alles passiert war kam immer wieder an die Oberfläche, so hartnäckig, so klebrig wie Pech haftete es an meinen Gedanken und liess mich einfach nicht los... Ich selbst hatte mal wieder unverschämtes Glück gehabt und nicht viel abgekriegt, nur ein paar Schrammen und leichte Verbrennungen wie fast alle Männer der 'Lösch'-Centurien, und ausserdem einen oberflächlichen Schnitt an meinem Schwertarm, von dem ich beim besten Willen nicht mehr wusste wie ich ihn erhalten hatte. Er war verbunden und schmerzte dumpf. Ob die Parther heute Nacht nachsetzen, ob sie uns wieder angreifen würden? Ich starrte auf die schwarzen Umrisse der Berge, in denen sie sich vielleicht schon irgendwo zusammenrotteten, um uns heute Nacht den Rest zu geben.


    Tote, unzählige Tote auf der Strasse und dem Ufer... und Sterbende... die Überreste einer stolzen Legion... ein Leichenteppich... tote Römer, tote Parther, tote Pferde, leere Augen, und um sie herum die vielen Blumen am Ufer... wie Grabschmuck...


    Es hiess, der Kaiser sei verletzt! Aber was genaues wusste keiner. Erst verschwand unser Legat, dann wurde unser Imperator - der Mann für den wir hier kämpften, das Herz unserer Legion, das Herz des Imperiums, unser Gott - getroffen. Die Angst dass wir hier zum Scheitern verurteilt wären, die Angst dass ich hier in diesem fremden, feindseligen Land mein Leben lassen müsste, wühlte in meinen Eingeweiden. Was wenn wir, die Prima, heute hinten marschiert wären...? Ich spürte mein Herz schlagen, schnell und hart, rieb meine Hände aneinander und atmete ein paarmal tief ein und aus, wie um mich selbst zu vergewissern, dass ich tatsächlich noch am Leben war.


    Die Formation... immer die Formation halten... Befehle, Signale.... Parther sprengen in uns hinein, Reiterabwehr, Druck von hinten, die Pilumspitzen versinken im Bauch der Pferde... das Wiehern, so schmerzlich... Gladii die auf und nieder gehen... der Ansturm der Feinde, bis wir uns dann zurückziehen... die Toten bleiben zurück... sie werden keine Scheiterhaufen bekommen...


    Immer heftiger, immer greller blitzen die Bilder vor mir auf. Ich umkrallte fest den Rand meines Schildes. Der Wind, der kalt durch das Flusstal wehte, riss an meinem Mantel und jagte Kälteschauer durch mich hindurch.


    Verkohlte Körper in schwelender Glut, groteske schwarze Gebilde die gerade eben noch Menschen waren... Schilf und Bambus wogt im Wind an einem kleinen Seitenarm des Flusses, voller Leichen liegt er, blutverfärbt das Wasser... ein toter Soldat auf einem Bett von Röhricht, die blutigen Pfeilwunden wie frisch erblühter roter Mohn, Fliegen kriechen in seinen toten Augen, die weit offen in den Himmel starren...


    Ich vergrub das Gesicht in den Händen, krümmte mich zusammen, achtete nicht mehr auf meine Umgebung. Ich wollte nichts mehr sehen, nichts mehr spüren. Ich wollte nach Hause. Ich hätte niemals zur Legio gehen sollen. All das Sterben. All die Toten. Krieg war einfach nur furchtbar. Die Schreie hallten wieder in meinen Ohren, Brandgeruch und Blut meinte ich erneut zu riechen.


    ...ein verwundeter Parther, wehrlos am Boden, halb zerschmettert, eingeklemmt unter dem Körper seines toten Rosses... keine Gefangenen, der Befehl lautet keine Gefangenen... ich hole aus mit dem Gladius... er sieht mich an... braunglänzende Augen verfolgen meine Bewegung... ich steche es ihm in den Hals, das Gladius... das rote Blut... die Augen brechen... Blut läuft die Klinge entlang, fällt in dicken Tropfen zu Boden...


    Das Geräusch von Schritten neben mir, schweren Schritten, drang durch den Strudel, den Mahlstrom der Bilder. Ich zuckte zusammen, lies die Hände von meinem Gesicht sinken und sah auf. Es war mein Centurio. Der Schreck dass er mich auf Wache so unaufmerksam - so überwältigt von meiner persönlichen Verzweiflung, so pflichtvergessen angesichts meiner, ich würde mich nicht scheuen zu sagen: individuellen Dramatik - erwischt hatte, durchfuhr mich, und ich starrte ihn mit weitgeöffneten glasigen Augen an, führte dabei ganz automatisch die rechte Faust zur Brust und salutierte.
    "Centurio. Ave Centurio...", sagte ich erschrocken, mit vom Rauch rauher Kehle.

  • Zwei Fingerbreit stand die Sonne über dem Horizont, rot fielen die Strahlen auf das parthische Land und das eilig aufgebaute römische Lager, zeichnete mit den Strahlen blutige Male auf den Zelten, spielte mit den Schatten, die lang gezogen sich auf dem Boden abzeichneten. Lange Speere, die über die Gesichter der wachehaltenden Soldaten glitten, Speerspitzen, die sich drohend gegen die Zelte der Römer richteten. Der Boden dämpfte die Schritte von Marcus als dieser am vallum entlang ging, nachdenklich und in grüblerischer Stimmung, so daß er die Soldaten, die an der Innenseite der pilabefestigung nur am Rande bemerkte, ab und an nickte, wenn ihn ein Soldat grüßte. Marcus gab nicht der Versuchung nach und öffnete einer der unteren Schnallen seiner Rüstung, die ihn einengte und an vielen Stellen zwickte, er verzog das Gesicht und seufzte resigniert. Einen Augenblick blieb Marcus an der Wehrmauer stehen und warf einen längeren Blick auf die dunkle Hügellandschaft, die Sonne wurde von den Bergen aufgefressen, als ob ein riesiger Wolf mit seinen Fängen nach dem glühenden Ball gegriffen hätte und in seine Eingeweide einverleibt hatte. Marcus hob die Hand und fuhr sich über den Nacken, starrte mit verengten Augen auf die Berge, doch keine Silhouetten zeichneten sich ab, keine Reiter, die herab sprengten, um sie anzugreifen oder ihre anderen üblen und hinterlistigen Tricks anzuwenden. Marcus wandte den Blick ab und ging weiter, vorbei an flatternden Fackeln, die ein Spielball des Windes waren. Hin und her zuckten die Flammen, die ihnen in der Nacht Licht schenken sollten, die Feuerzungen flüsterten, ächzten und stöhnten als sie sich dem eisigen Hauch stellten, der von den Bergen her kam und den seltsam würzigen Duft der Nacht mit sich trugen. Centurio, Ave Centurio...Marcus sah von seinem Weg auf, erstaunt angesprochen zu werden, und in das Gesicht des jungen Decimers. Ängstlich wirkte der junge Mann und genauso erschöpft wie die meisten der anderen Soldaten, wie auch Marcus selber, selbst wenn er heute Nacht wohl keinen Schlaf finden und sich nur auf seinem Lager herum wälzen würde.


    „Miles!“


    , grüßte Marcus den Decimer, nickte ihm marginal zu und erteilte keineswegs eine Rüge, schließlich hatte Marcus selber nichts von den inneren Kämpfen des Serapio bemerkt. Irgendwelche Vorkommnisse? Meldung? Etwas gesehen? Die üblichen Floskeln, die üblichen Fragen, die Marcus stellen würde, sie versiegten noch in seiner Kehle ehe sie den Weg zu seiner Zunge fanden. Marcus legte eine Hand um den Schaft eines pilum und spähte in die Dunkelheit. Grübelnd starrte Marcus an den Sternenhimmel, versuchte die Linien der Sterne zu den Bildern zu erfassen, die sie darstellten. War dort nicht Scorpius? Und dort der Thron des Caesar? Nicht ganz firm, was die Bilder der Sterne anging, grübelte Marcus noch einige Herzschläge lang und kam tatsächlich zu den Gedanken, er sollte sich eine Schriftrolle dafür besorgen. Diese seltsame Anwandlung flaute schnell ab und er sah zu dem Soldaten neben ihn. Der Augenblick gehörte wohl zu den seltenen Momenten, in denen Marcus die vielen Jahre seines Lebens spürte, daß ihn viele Jahre von vielen seiner Einheit trennte, insbesondere wenn er in das junge Gesicht von Serapio blickte, der nur wenig älter als seine eigene Tochter war, vielleicht halb so alt wie Marcus. Eigentlich pflegte Marcus durchaus auf Distanz zu bleiben, was seine Männer anging, Verbrüderung schmälerte die Autorität, wenn Marcus auch stets darauf bedacht war, kein unnahbarer Eisklotz zu sein, der nur seine vitis und die bestechliche Geldbörse als Mittel hatte. Dennoch führte Marcus eigentlich keine persönlichen Gespräche mit den Soldaten, bis auf in manchen Ausnahmesituationen, wie in jenem Augenblick auf dem vallum.


    „Ein schlimmer Tag, Serapio, hm?“
    Eine Hand hielt Marcus an seinem cingulum militare, die Andere weiterhin an dem pilum.
    „Die Parther sind wahrlich keine einfachen Gegner.“
    , fügte Marcus an und spähte in die Dunkelheit. Ganz als ob er erwartete, gleich einige dieser Männer dort zu sehen.

  • Die Schlacht war vorbei...Erschöpft stand Numerianuns bei seinem Hengst, welchen er nun wieder gegen das qualitativ minderwertige Centurionenpferd getauscht hatte...
    Die Wunde blutete nicht mehr und auch sonst schien es dem alten Gaul wieder ganz gut zu gehen. Numerianuns grinste breit auch wenn seine Rüstung beschmutzt war von Dreck und Blut welches er im Laufe der Schlacht abbekommen hatte.
    Er kehrte zurück zu seinen Männern, um zu sehen wer überlebt hatte..
    "Equites, Verluste melden."

    'Hannibal wusste wie man Siege erringt, aber nicht wie man damit umzugehen hat.'


  • Appius störte solch ein Befehl nicht, ihm war es egal ob der Feind lebte oder starb, dies war nun einmal ihr Beruf und jeder Beruf hatte sein Risiko. Der Beruf des Soldaten halt mehr Risiko und gefährlicheres als ein Viehtreiber:" Wie du wünscht Legat, trozdem halte ich es für besser einige mitzunehmen und vielleicht zu befragen. Vielleicht hilft es ja was herauszufinden." Irgendwann hatte auch der Feind seine Scharaden erschöpft und dann war Abrechnung. Vielleicht konnten die Gefangenen dabei helfen.

  • Die Nacht brach herein. Im Westen war der Himmel noch etwas hell, einige graue Wolkenfetzen hingen am Himmel. Nachdenklich stand der Artorier am von den Pila Muralia gesämten Wehrgang in einiger Entfernung der Porta Decumana des Marschlagers. Unbewusst kaute Avitus leicht auf seiner Unterlippe. Seine Gedanken drehten sich um die Ereignisse vergangenen Tages, um die Schlacht, die sie an diesem Tage gefochten hatten. Seinen Blick senkte er nicht, ließ auch nicht die Schultern hängen, aber wenn jemand nah genug wäre, um dem Primipilus in die Augen zu schauen, hätte erkannt, dass er nach Antworten suchte, dass Fragen ihn quälten.


    Alles, was sie heute erlebt hatten, erschien so unwirklich. Wie ein Traum. Unweigerlich drangen sich ihm die Bilder des vergangenen Gefechts auf. Die Bilder vom Feuer. Von Dutzenden, hunderten, vielleicht gar tausenden toten Legionären. Und am schlimmsten... es berührte ihn nicht. Nicht im geringsten. Vielleicht, weil er er abzustumpfen begann, sich an den sie umgebenden, sie stets begleitenden und überall lauernden Tod zu gewöhnen begann. Vielleicht, weil er geschockt war durch die Niederlage. Eine Niederlage... etwas, was er für unmöglich gehalten hatte. Andere mochten verlieren können, er nicht. Seine Milites nicht. Vielleicht sträubte er sich einfach dagegen, sich einzugestehen, dass sie heute geschlagen wurden. Aber war es eine Niederlage? Sie hatten de facto eine ganze Legion in Flammen aufgehen sehen. Sie zogen sich zurück. Oder doch nicht? Eigentlich war die Entscheidung heute ausgeblieben. Oder erkannte er bloß nicht, dass dem nicht so war? Fragen über Fragen, die dem Artorier nicht aus dem Kopf gehen wollten. Wenn dies heute keine Niederlage gewesen war, warum hatte das Gefecht am Ende den bitteren Beigeschmack einer solchen? Avitus seufzte.


    Letztlich konnte er sich kaum beklagen. Sie haben den Rückzug erfolgreich gedeckt und er war am Leben. Nicht in Sicherheit, aber am Leben. Und wenn er daran dachte, wie er die beiden Parther heute vom Pferd geholt hatte, lächelte er leicht ungläubig und kopfschüttelnd, den Blick etwas gesenkt. Verdammt, die Übungen die er damals veranstaltet hatte, hatten sich ausgezahlt. Wie ein nasser Mehlsack war der Reiter vom Pferd gerutscht... Sein Gesichtsausdruck und der Blick seiner Augen trübte sich wieder, als er an die Gefallenen seiner Centuria dachte. Weitere Milites waren gefallen. Sinnlos. Ruhmlos. Avitus atmete tief durch. Der Tod der Milites seiner Centuria berührte ihn also noch. Abgestumpft war er also nicht. Das, was er auf dem Exerzierplatz stets sagte, dass ein Centurio nach Kräften bemüht sein wird, seine Milites lebend durch die Anstrengungen und Gefahren zu bringen, das stimmte. Das tat er, das versuchte er. Aber manchmal war das nicht genug.


    Avitus nahm seinen Helm, der bis dahin dort hing, von einem Pilum und klemmte ihn sich unter den Arm. Er vertrieb diese Gedanken. Sie lenkten nur ab. Allmählich nahm sein Gesicht wieder den gewöhnlichen, Unerschütterlichkeit suggerierenden Ausdruck. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Niemals. Wie sehr bewunderte er die Centurionen, die Caesar in seinen Büchern erwähnte. Sie waren seine Helden, ihnen hatte er stets nachgeeifert, sie bewundert. War es auch für sie so schwer gewesen? Hatten auch sie manchmal Angst gehabt? Hatten Zweifel aufkommen lassen? Bestimmt nicht. Avitus wusste, so wie diese Männer konnte er wohl nicht werden. Aber es zu versuchen, würde er nicht aufhören.

  • Imperiosus, der sich für die erste Schicht gemeldet hatte, führte gerade seinen Kontrollgang durch und schaute nach, ob auch keiner seiner Milites schlief, als er von weiten seinen Vetter stehen sah. Er hatte seinen Helm nicht auf. Irgendwohin schaute er wohl, doch fragte sich Tiberius, warum er nicht schlief.


    Sicherlich wollte er allein gelassen werde, darum führte er seine Kontrollgang weiter. Diesen Hinterhalt heute, war einer der schlimmsten der letzten Tage und Wochen, wurde doch eine ganze Legion einfach so ausgelöscht. Der Artorier machte sich schon ein wenig Gedanken, was wohl die Milites seiner Einehit darüber dachte und wie die Moral bei der Truppe war. Doch imemr wieder, wenn er einen ansprach, schien es fast so, als wäre die Moral und Disziplin noch genau so hoch, wenn nicht sogar höher, als vor dieser Schlacht. Oder trübte der Schein nur... ? War es etwa nur Rache was die Männer zu solch hoher Moral stärkte.


    Imperiosus war Optio dieser Einheit geworden, was eine sehr hohe Ehre für ihn ist, doch fragte er sich manchmal, wie wohl sein Leben verlaufen wäre, wenr er weiter im Cultus Deorum geblieben wäre. Doch schnell vertrieb er diese Gedanken. Sein ältere Vetter hatte immer wieder versucht damals, ihn zur Legion zu holen. Nun wo er ihr eingetreten war, stieg er schnell auf und würde gerne selber mal eine Centurie leiten, doch war er überhaupt in der Lage, solch schwerwiegende entscheidungen wie es Avitus jeden Tag geben musste zu fällen.
    Es schien fast so, als wäre Avitus der geborene Soldat. Hart, Diszipliniert und Gefühlslos, so zumindest kommt er manchmal rüber, wenn er über die toten Körper gefallener Kameraden steigt... oder war dies nur der Eindruck, den er den Milites rüber bringen wollte.
    Tiberius nahm seinen Vetter als Vorbild und wollte all dies auch erreichen, was er bereits geschafft hatte... doch musste er wirklich so Gefühlslos, so Kalt werden, um ein guter Centurio zu werden... wahrscheinlich schon.


    Als er nach einer weile wieder an dem Punkt vorbei kam, wo gerade noch Avitus stand, war dieser imemr noch da. Imperiosus ging zu ihm hin.


    " Salve Centurio. Ich habe die Verlustliste der letzten Schlacht. 80 Männer sind noch Gefechtsbereit, 5 Männer liegen im Lazarus... "
    Kurz stoppte Tiberius und wate es fast schon nicht, dem Primus Pilus zu sagen, dass sie weitere Verluste hinnehmen mussten.
    " ... 7 Männer sind gefallen. Habe deinem Scriba schon angewiesen, die Briefe an die Familie zu schreiben. "


    Der Optio schaute Avitus an. Er wusste, dass es vielleicht Aufgabe von Lucius gewesen wäre, dem Scriba zu sagen, die Briefe aufzusetzten, doch so ging es schneller, dachte sich zumindestens Imperiosus.

  • Mit den letzten Centurien der Prima die das Marschlager erreicht hatten, war auch ihr Legatus zurückgekehrt. Stumm hatte er sein Praetorium angesteuert, wie immer verriet nichts an seinem Äusseren was in seinem Inneren vor sich ging. Er hatte einem Sklaven die Zügel von Ajax in die Hand gedrückt und war im Innern verschwunden, direkt in jenes Zelt, das ihm als Officium diente.


    Er hatte noch nicht Platz genommen, da stand schon Titus im Zelt. Beide Männer wechselte wenige Worte, dann war Titus wieder in Richtung des Zeltes, in dem er die Kundschafter verhörte, verschwunden.


    Und so war Tiberius Vitamalacus wieder allein, jedenfalls wenn man von den beiden Schreibsklaven absah, die auf einem Tisch die bereits eingehenden Berichte ablegten und teilweise zusammenfassten. Ein lautes Scheppern liess sie kurz aufblicken, der Legatus hatte seinen Helm ungewöhnt heftig auf einen Stuhl geschleudert. Es mochte ungewohnt für ihn sein, doch die beiden Sklaven setzten ihre Arbeit fort.


    Bis jezt war es ihm gelungen seine Fassade der Ruhe aufrecht zuhalten, doch jetzt, kochte die Wut und der Zorn über den Ablauf des Tages in ihm hoch. Seine Hand umschloss den Griff seines Pugo und im nächsten Moment hatte er ihn schon gezogen und mit grosser Kraft geworfen, über die Köpfe der Sklaven hinweg, direkt in einen Holzbalken, in dem der Dolch stecken blieb.


    "Lasst mich allein," befahl er barsch. Mit schneeweissen Gesichtern eilten die beiden hinaus. Sie mochten einiges Gewohnt sein, aber Dolche, die aus heiterem Himmel knapp über sie hinweg flogen, waren ihnen doch etwas zufiel.

  • Auch Centurio Flavius sah so richtig mitgenommen aus, blutig, rußig und erschöpft... Er machte keine Anstalten mich zurechtzuweisen, also wandte ich mich schnell wieder Richtung der Palisade, sah darüber hinweg zu den Bergen, und tat so als wäre ich die Wachsamkeit in Person. Der Centurio blieb stehen und hob das Gesicht zum Himmel hinauf. Aus den Augenwinkeln sah ich zu ihm, und fragte mich wie das wohl war, so viel Verantwortung zu tragen, für so viele Männer. Ich dachte mir auch dass ich, wenn man die Legio wirklich als Familie sehen konnte, den Centurio gerne als Vater gehabt hätte. Ja, so einen Vater hätte ich mir wirklich gewünscht. Mein eigener ist so früh gefallen. Vielleicht wäre ich ja eine härtere Natur geworden, wenn ich mit einem richtigen Vater aufgewachsen wäre, nicht nur mit meiner Mutter und all den Tanten und weiblichen Bediensteten, halt mit lauter Frauen um mich rum (und einschüchternden Onkels in der Ferne).
    "Ja." Ich nickte aufgewühlt. "Ganz schlimm..."
    Der Klang der Worte war mehr als banal in meinen Ohren, angesichts dessen was heute passiert war. Der Feind hatte die Zehnte aufgerieben. Die Decima. Ein abergläubischer Schauer lief mir über den Rücken. Aber komisch... heute hatte trotz allem zum ersten Mal mein Magen standgehalten. Es stimmte also wohl, das Grauen des Krieges, das Blutvergiessen und Gemetzel war, wie so vieles anderes, Gewöhnungssache.


    ...Hufschlag, grelle Schreie... Reiter die gegen uns branden, scharfe Schwerter, hassverzerrte Gesichter... der Boden übersät von Gefallenen, Verstümmelten... eine verkrümmte Hand, ohne Arm daran, schlaff, halb in die Erde getreten...


    Ich blinzelte, biss mir auf die Lippen und konzentrierte mich ganz fest auf meine Umgebung, versuchte nur das hier und jetzt zu sehen. Der Centurio muss an diesem Abend auch sehr erschüttert gewesen sein, denke ich, sonst war er immer viel distanzierter.
    "Wie Geister", sagte ich leise, "sind die Parther, tauchen plötzlich auf und sind schon wieder weg. Böse und verschlagen. Aber sie kämpfen ja auch für ihr Land."
    Der kalte Wind strich über uns hinweg. Ich stand neben mir, irgendwie losgelöst von allem, und hörte mich auf einmal sagen, so als hätte jemand anders es mir in den Mund gelegt:
    "Zwei Legionen, angeschlagen und tief im parthischen Reich. Der Kaiser verwundet... Wir kommen hier nicht mehr lebend raus, oder Centurio?"
    Im Nachhinein erschrak ich über diese defätistischen Worte. Aber ich wandte den Kopf und sah den Centurio direkt an, eindringlich und fragend. Ich wollte wissen was er dachte. Auch wenn ich natürlich hoffte er würde jetzt sagen es sei alles in Ordnung, der Kaiser schon wieder wohlauf und Verstärkung unterwegs.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Avitus hatte Imperiosus zwar nahen hören, hatte seinen Blick aber nicht von der sich vor dem Castrum ausbreitenden Landschaft abgewendet. Parthia, dieses karge Land mit seinen Bergen und Hügeln, trocken wie Staub, abweisend, so als ob es ihnen, den Römern sagen wollte, dass sie hier nichts zu suchen hatten. Vielleicht hatte es sogar Recht. Vielleicht aber auch nicht. An dir, Römer, ist es, über andere Völker zu herrschen, hatte mal jemand gesagt.
    "Klar doch, aber erzähl das auch den anderen"
    brummte Avitus leise.


    Er hörte sich die Meldung an. Zahlen. So trocken, so ohne jedes Gefühl. Sieben weitere Mann gefallen. Sieben. Irgendwo auf dieser Welt brach für sieben Mütter und Väter eine Welt zusammen. Irgendwo trauerten die Geschwister und die Waffenbrüder der Gefallenen. Klagten Kinder und Frauen. Sieben.
    "Ist notiert, danke optio"
    sagte Avitus. Langsam drehte er sich zu seinem Stellvertreter um.
    "Und so haben wir bereits die Hälfte unserer milites verloren"
    sagte er. Ein kleines Wunder eigentlich, dass sie beide noch lebten... nicht, dass Avitus sich deswegen beschweren wollte.
    "Gänzlich dumm, schwach und unbeholfen scheinen die Parther wohl doch nicht zu sein, hm?"
    fragte er. Die Frage war bewusst so - wie sie war - formuliert, denn mehr Respekt für den Gegner, der in ihr zum Vorschein kam, wollte er diesem - öffentlich - nicht zollen.
    "Die Decima ist nicht mehr einsatzfähig, wie es aussieht..."
    fast konnte man von 'nicht existent' sprechen.
    "Doch unsere milites haben sich heute gut geschlagen. Lass es sie wissen"

  • Imperiosus nahm die letzten Worten von Avitus entgegen, als würde sie ihm nichts bedeuteten. Lucius sagte einst zu Tiberius, dass er als Optio immer wieder dafür sorgen sollte, dass die Männer ihre moral nicht verlieren. Er sollte immer ein lächeln im Gesicht haben und mutig vorrangehen, wenn es zum Angriff kam, doch dies konnte er gerade heute nicht.


    " Die Parther... ja... sie sind gut. "
    erwiderte der Artorier etwas beiläufig. Auch das die Decima fast vollständig ausgelöscht wurde, tat Imperiosus nur mit einem nicken ab.


    " Ich werde es den Milites wissen lassen und ihnen dein Lob weiterreichen. "


    Die Gedanken von Tiberius waren bei seiner Schwester. Damals als Kinder hatten sie zusammen gespielt, dann Jahrelang aus den Augen verloren... und jetzt, wo sie sich wieder gefunden hatten, bekam er solch eine Nachricht. Er konnte seine Trauer nicht verbergen, doch war er Soldat. Er gab fast täglich den Befehl an die Milites weiter, irgendwelche Parther zu töten. Viele Männer, die nicht mehr zu ihren Familien zurück kamen. Bisher machte ihm dies nichts aus, bis auf die vielen Waffenbrüder, die er verloren hatte. Doch der Schmerz über die Verlust seiner Kameraden, war nicht so hoch, wie der Schmerz, den er jetzt gerade spührte.


    " Weißt du Lucius... "
    Imperiosus war so in seinem Schnmerz vertieft, dass er noch nicht einmal dachte, seinen Vorgesetzten entsprechend anzusprechen.
    " ... ich bekam heute einen Brief von einem Aurelius Ursus. ... "


    Tiberius machte eine kurze Pause und man konnte erkennen, dass er versuchte die Tränen in seinen Augen zu unterdrücken.


    " Er schrieb mir, dass Crista verstorben ist. Ich weiß nicht warum, denn sie war doch so jung... ?!? "


    Die Gedanken, warum sie sterben musste oder woran, bedrückten ihn sehr. Der Artorier wusste, dass es sich nicht gehörte, auch noch im Dienst zu weinen, doch die Träne, die ihm gerade die Wange runterlief, konnte er nicht zurückhalten. Der Optio hatte bisher noch nie geweint, oder zumindest noch nie vor Avitus, aber der Schmerz über den Verlust war zu tief.

  • Sie hatte den Rest der Schlacht bei jenem Teil des Trosses verbracht, in dem auch die Frauen anderer Offiziere - es waren wenige genug - und ein Teil des Hofstaats reiste, und wirklich nahe gekommen war sie dem Feind danach nicht mehr, aber der Schrecken und das Pulsieren ihres Blutes nach dem Pfeilangriff waren auch vorerst genug für die Iulierin gewesen. Schweigend und auf dem Pferd sitzend hatte sie beobachtet, was man getan hatte, um das Feuer zu bekämpfen, und je mehr sich ereignete, desto schneller rannten auch die Gerüchte durch das Lager. Dass es ein aussichtsloser Kampf sei gegen die Parther, dass die zehnte Legion aufgerieben worden wäre, und auch, dass der Kaiser verwundet sei und der Krieg deswegen umso aussichtsloser. Kein Zweifel, so mancher begann, die blutige Realität des Kriegszuges nun deutlich zu sehen, und auch, dass man nicht unbesiegbar war, egal, wieviele Worte man darauf verlor. Und sie hatte dauernd diesen furchtbaren Gestank in der Nase, der mit dem Feuer herübergeweht war, mit den Toten, mit dem überall in der Luft riechenden Geschmack nach Blut, einem metallischdunklen Echo, das sich nicht mehr verlieren wollte. Ja, die Angst hatte nun auch die Iulierin erreicht, die ohne Waffe, ohne Rüstzeug in diesem fremden Land war, aber noch hatte sie nicht genug Angst, um zu verzagen.


    Nach der Gefangennahme der Kundschafter, was auch recht schnell im Lager herumgegangen war, hatte sie sich nicht damit aufgehalten, in das Lazarett zu gehen - die Prima hatte an diesem Tag nicht viele Männer verloren, soweit sie das sehen konnte - zuerst wollte sie sich dessen vergewissern, wie es ihrem Verlobten erging, dann würde die Arbeit kommen. Wenigstens diese Sicherheit wollte sie haben, bevor das Tagwerk beginnen konnte. Eine kleine Beruhigung, um durchzuhalten. Dass sich am Zelt ihres Verlobten keine Sklaven befanden, nahm sie zur Kenntnis, wunderte sich aber nicht zu sehr darüber, immerhin gab es gerade nach einer Schlacht vieles zu tun, und so trat sie auch ein, nachdem sie sich vergewissert hatte, nicht in eine Stabsbesprechung hineinzuplatzen.
    "Quintus?" Ihr Blick glitt in die Höhe, zu dem im Holzbalken steckenden Dolch, dann sah sie sich suchend um.

  • Der Dolch in dem Balken war tief in das Holz eingedrungen, doch trotzdem vibrierte er immr noch, als Helena das Zelt betrat. Der Mann, den sie suchte, stand an seinem Tisch, die Hände umklammerten die Tischplatte und es sah fast so aus, als ob Tiberius Vitamalacus im nächsten Moment den ganzen Tisch umwerfen würde.


    Als er die Worte seiner Verlobten vernahm, löste sich der Griff der Hände um die Tischplatte und er drehte sich langsam um. In dem Gesicht des Mannes, der so selten etwas von dem Verriet, was in ihm vorging, spiegelte sich der Zorn wieder, der in ihm schwellte, nein, regelrecht loderte, seine Hände ballten sich zu fäusten. "Helena, es geht dir gut,... " entfuhr es ihm noch relativ ruhig, bevor sich sein ganzer Unmut entlud.


    "Nichts haben wir gelernt ! Rein gar nichts !"


    Er blieb an seinem Tisch stehen und auch wenn der Anblick seiner Verlobten ihn etwas beruhigte, wusste er doch selbst, zu was er in einem Moment fähig war. Damals, vor vielen Jahren, hatte er in einem solchen Moment der Wut Lucius zusammengeschlagen, nur weil Nova etwas zu nahe gekommen war. Und so viel er sich auch verändert hatte, spiegelte sich doch ein Charakterzug seines Vaters wieder.


    "Sie haben uns vorgeführt und wir haben uns vorführen lassen ! Ein Probatus, der sich so hätte reinlegen lassen, würde jeder Centurio einfach aus dem Lager werfen ! Aber wir,..."


    Kurz hielt er inne, atmete noch ein mal tief ein, bevor er weiter seinem Unmut Luft machte.


    "...wir lassen uns von einer Bande Ausländer in Sicherheit wiegen, lassen Legionen durch Feindesland marschieren, ohne wirklich nach links oder rechts zu blicken. Das ganze so, als ob wir durch Italia marschieren würden. Selbst wenn wir in Rom durch die Subura marschiert wären, hätten wir besser aufgepasst !"

  • Appius hatte sich nach getaner Arbeot in sein Zelt zurückgezogen reinigte sich aß etwas und trank.
    Nein es war nicht eine dieser ruhmreichen Schlachten gewesen von denen man später noch dichten wüde. Eine Legion von dreien praktisch vernichtet, mit den Verlusten aus der letzten Schlacht zusammen waren nichtmal mehr zwei Legionen mit voller Mannstärke. Ein hoher Blutzoll für ein Land welches eh nur aus Stein, Wüste und Staub bestand.
    Er hoffte sie würden vor der nächsten Sclacht noch Verstärkung bekommen, denn sonst würde auch die vielgerühmte Disziplin nicht mehr helfen zu siegen.

  • Die Nacht kühlte das Land rasant ab, selbst die Wärme, die der Boden abstrahlte vermochte nicht die eisig dunkle Decke, die das Firmament über die parthischen Gefilde und die Soldaten in dem Lager warf, zu mindern. Manchmal wunderte sich Marcus über dieses Land der Gegensätze, so wie er es stets in Africa getan hatte. Hitzige Tage, glühend, versenkend, als ob Sol persönlich danach trachtete jeglichen Verstand aus den Köpfen der Menschen zu brennen und sie zerfließen zu lassen und die Nacht wiederum so kalt, als ob Nox den Bruder mit Lügen strafen wollte und die Menschen dafür strafen, daß sie zu sehr auf die Wärme des Tages vertrauen oder darauf hoffen, in der Nacht dem entfliehen zu wollen. Marcus rieb sich die Hände, die langsam auszukühlen begannen, er wußte nicht, was ihm lieber war, die heißen Tage oder die bitterkalten Nächte. Ein schmaler Wolkenstreifen glitt über den sonst klaren Nachthimmel, verschluckte die Sterne, glitt am Mond vorbei und legte sich als dunkles Band über die matt silberne Himmelscheibe, auf der Marcus die zahlreichen dunkleren Flecken erkennen konnte, die Tierfiguren nicht unähnlich schienen. Marcus verengte seine Augen und sah auf die Mondzeichnungen und schwieg bei der ersten Antwort von Serapio. Schlimm, womöglich war das noch untertrieben. Marcus Wangenknochen preßten sich etwas fester aufeinander, er fixierte die dunkle Wolke, die einem Marschzug nicht unähnlich war. Wie leicht es doch das Gewölk im Gegensatz zu den römischen Soldaten hatten. Sei nicht albern, Marcus!, dachte er sich und löste den Blick von Wolken und sonstigen Himmelsgestirnen, fixierte lieber das düstere Land, dass sich nun in zahlreichen grauen Schattierungen seinen Augen darbot. Die Berge in der Ferne, die fast mit dem schwarzen Nachthimmel verschmolzen, die Hügel in der Nähe, die mehr zu einem graubraun tendierten, das Land direkt um den Lichtschein ihrer Fackeln, daß sich ockerrot zeigte und sich mit der dunkleren aufgeschütteten Erde vermischte, die von dem Lagerbau herrührte. Marcus runzelte die Stirn und wischte alle aufkommenden Erinnerungen an das Gemetzel bei Seite, nein, er versuchte es nur. Seine Augen nahmen einen abwesenden Ausdruck an und er sah auf den Boden hinunter, ohne wirklich den Grund zu sehen.


    Geister? Geister...Ungeheuer, Dämonen, derart muteten die parthischen Reiter an. Der Feuerwall tauchte vor Marcus innerem Auge auf. Er loderte verzehrend, hielt sie davon ab, den Kameraden, die einkesselt um ihr Leben kämpften, zu Hilfe zu eilen. Der brandige Geruch in den Lungen, der einen Mann von innen aufzufressen droht, dann ein flüchtiger Blick durch die Feuerwand und das Bild auf die Schlacht...Geister! Daimonen! Marcus sog die Luft, die kalte und klare Gebirgsluft, tief durch seine Nase, die Nasenflügel blähten sich auf und er riß sich aus den trüben Gedanken heraus. Marcus wandte sein Gesicht nun dem jungen Decimer zu und sah in sein Antlitz, betrachtete das Entsetzen, was sich wie ein Schatten auf den jünglinghaften Gesichtszügen abzeichnete, die Furcht in den blauen Augen, die von den Flammen einer Fackel umrahmt wurde, die sich in der dunkleren Iris wieder spiegelte. Einen Moment war Marcus versucht, einige scharfe Worte an den Decimer zu richten und da seine Zunge bekanntermaßen schneller als sein Geist war, setzte er auch schon dazu an:


    „So ein Unsinn, miles...“


    Doch Marcus verstummte als seine Gedanken mit den Worten aufholten und er atmete erneut tief ein, als ob die frische Luft seinen Kopf von all dem Zorn, der mit einem Mal in ihm aufkeimte, aber auch von der Frustration und der Bestürzung befreien könnte. Aber es gelang nur mäßig, doch Marcus wußte: Er war nicht auf Serapio wütend oder seiner Worte wegen bestürzt, sondern auf den vergangenen Tag und die Falle. Marcus Schultern, die erst sich starr erhoben hatte, sich auf Abwehr gestellt hatten, sanken einen Zoll herunter und er wandte sich erneut zu der Wehranlage um, damit er das Land in Auge faßen konnte.


    „Faustus...“
    Ohne es selber zu merken, wählte er nicht mehr den Cognomen.
    „...es war ein schlechter Tag für die Legion. Gut, ich gebe es zu, es war ein katastrophaler Tag. Die Schläge der Parther schwächen uns sehr...“
    Ein tiefer Schluck Wein, das täte Marcus jetzt gut, doch er räusperte sich lediglich.
    „...aber es ist nicht das Ende des Krieges und wir haben immer noch die Aussicht auf einen Sieg.“
    Marcus hob die Hand und deutete auf die Berge.
    „Ihr Land kommt ihnen zu Gute, aber wenn wir diese Höhen und Tiefen hinter uns gelassen haben, dann werden wir sie auf besserem Terrain stellen...dann kann es auch wie in Edessa ausgehen.“
    Marcus sah einen Herzschlag zu Serapio.
    „Vergiss nicht, wir haben die Parther auch schon empfindlich getroffen.“
    Das Kinn richtete Marcus bedeutend auf die Berglinien, die sich am Rande der Straße entlang wandten.
    „Noch einmal werden wir uns gewiss nicht in so einen Hinterhalt locken lassen.“


    Es würde Marcus nicht wundern, wenn einige Köpfe rollten nach dem Überfall auf die Decima und den Übergriff auf den Kaiser, denn hatten nicht auch die Prätorianer im Schutze des Kaisers versagt als sie lieber nach vorne stürzten als den Kaiser zu beschützen? Marcus wollte das gerne glauben, da in ihm die Abneigung gegen die Schwarzröcke mehr als groß war. Ob sie wirklich die Aussicht auf den Sieg hatten? Marcus vermochte es nicht zu beurteilen, er hatte weder Kunde welches Heer sich noch ihnen in den Weg stellen mochte, noch wo sie genau hin marschieren wollten und was das Ziel dieses Feldzuges war. Bis wo hin sollte die Streitmacht rücken? Marcus wußte es nicht. Zwischen Marcus Augenbrauen enstand eine steile Falte, die erst wieder verschwand als er nach einem Moment des Schweigens erneut das Wort an Serapio richtete.


    „Warum bist Du eigentlich der Legion beigetreten?“

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!