hortus | Ein Tag am Meer - und vorhergehend, ein Besuch

  • Im Garten angekommen machte Leone eine einladende Handbewegung zu den beiden Sesseln hin, zwischen denen ein Tisch stand, auf dem eine Schale Obst, etwas Wein, Wasser und eine Auswahl an Obstsäften darauf warteten, dem Gast die Zeit bis zum eintreffen der Aurelia zu versüßen. Eine Sklavin stellte soeben die Gläser auf den Tisch und hielt sich ansonsten bereit, um das Gewünschte zu servieren. „ Die Herrin Prisca wird bald hier sein. Bitte mache es dir solange bequem dominus. Solltest du einen Wunsch haben so zögere nicht, ihn zu äußern.“ Leone verbeugte sich und wartete noch einen Moment, um sich dann wieder zur porta zurück zu ziehen.

  • "Ich danke Dir," sagte ich zu dem großgewachsenen Schwarzen und nickte ihm freundlich zu. Auch der Sklavin galt ein leichtes Nicken, ich nahm mir ein Stück des Obsts und kaute es genüsslich, während ich meinen Blick über den schön angelegten Garten schweifen ließ. Es war ein friedlicher Ort, und ich konnte mir gut vorstellen, wie die Aurelier hier, wenn ihnen die Gedanken schwer wurden, lustwandelten, um sich ein wenig abzulenken. Mein Blick glitt auf die angelegten Zierrabatten mit den auch in der Herbstzeit noch üppig wirkenden, bunten Pflanzen, und für einen Moment wünschte ich mich in den heimischen Garten zurück, zurück in mein neuerkorenes refugium, um mit meinen Gedanken - und Prisca, sobald sie eintraf - allein zu sein. Aber ich fürchtete fast, sie würde für die stillen Freuden der Literatur weit weniger aufgeschlossen sein denn für Theater, Orgien und sonstige Lustbarkeiten - aber was wunderte es mich, wir waren uns gut zehn Sommer voneinander entfernt, in ihrem Alter war ich auch lieber ausgegangen.


    Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wartete ich also auf das Eintreffen meiner Begleiterin und verlor mich in Betrachtungen meiner Erinnerungen an eine frühere Zeit, in der ich leichtlebiger gewesen war, aber in vielem wohl auch froher und sorgenfreier. Tief atmete ich die frische Morgenluft ein, die einen vergessen ließ, dass man sich in den engen Mauern Roms befand, die mir allzu oft das freie Atmen erschwerten, aber in diesem Garten schien so vieles möglich, so vieles blieb offen. Meine schönsten und schrecklichsten Augenblicke in Rom verbanden sich mit der freien Natur, und so hoffte ich, dass sich dieser schöne Morgen mit etwas Schönem würde verbinden lassen ...

  • Auf den Weg in den Garten begann sich Prisca immer mehr über sich selbst zu wundern. ... In so kurzer Zeit war ich noch nie mit dem Ankleiden fertig gewesen! ... Sofort waren auch wieder die altbekannten Zweifel und Ängste da.... bin ich standesgemäß genug gekleidet? genüge ich allen hohen Anforderungen, die stets und überall an eine Patrizierin wie mich gestellt werden? ...gefalle ich ihm überhaupt so, wie ich bin? ... Fast stellte sich schon ein mulmiges Gefühl ein, doch tapfer schritt Prisca weiter voran. ... Wer waren eigentlich all die Leute, die sich stets anmassten, die Prinzipien, Anforderungen und Regeln für andere auf zu stellen ... gehörte der Flavier am Ende auch zu ihnen? ...


    Was brachte es eigentlich sich stets den Kopf über all dies zu zerbrechen, außer der Kopfschmerzen selbst, die man sich dadurch zu zog?! Nichts! und so drängte Prisca tapfer all diese Gedanken zurück. Sie trug das am Leib, was sie selbst ausgewählt hatte und sie wollte so sein wie sie war. ... nichts weiter will ich, nichts weiter kann ich! ... . Zumindest einmal frei von allen Zwängen sein, welche die Gesellschaft ihnen allen auferlegte. Ging es nicht hier und heute nur um zwei Menschen? ... Seltsam, wie vieles sich doch in nur fünf Tagen verändern konnte! ... Sich einfach nur freuen, auf diesen einen Tag!


    Und sieh da! ... mit jeden Schritt in Richtung hortus wuchs die Vorfreude und Neugier auf den gemeinsamen Ausflug und schwanden alle Zweifel wie von selbst dahin. ... Warum auch nicht, war es nicht einfach so einfach? ... so einfach zu leben? ... Prisca betrat soeben den Garten und erblickte den Flavier, der mit dem Rücken zu ihr stand. Mit einem einfachen Handzeichen gewahrte sie ihrem Leibwächter zurück zu bleiben. Er war so überflüssig und störend, wie alles andere auch in diesem Moment nur sein konnte.


    Langsam und umbemerkt näherte sie sich ihrem heutigen Begleiter, musterte ihn und musste sich selbst dabei eingestehen, wie anziehend sie ihn doch fand. "Herr, kann ich noch etwas für dich tun?", stellte in diesem Moment die zur Betreuung anwesende Sklavin eine Frage an den Flavier. Sie stand ebenfalls im Rücken des Gastes hinter dem Tischchen mit den Erfrischungen. Flavius Aquilius schien immer noch den Garten mit seinen Augen zu inspizieren ... hatte er mein Näherkommen am Ende noch gar nicht bemerkt? ... Aus einer inneren Eingebung heraus gab Prisca der serva einen unmissverständlichen Wink, sich augenblicklich zu entfernen und nahm stattdessen deren Position ein.


    Nun stand Prisca also still und heimlich hinter dem Gast und wartete - nicht minder begierig wie die Sklavin eben - zu erfahren, welchen Wunsch der Flavier nun äußern würde.

  • "Du kannst gehen, ich brauche nichts im Augenblick, danke," sagte ich schon fast mechanisch, dennoch im freundlichen Ton zu der Sklavin, ohne mich umzuwenden. Ich konnte im Augenblick ohnehin nichts essen oder trinken, ersteres passte nicht zu meinen Gewohnheiten, zweiteres war im Hinblick auf den bevorstehenden Ritt dann doch etwas unpraktisch - schließlich wollte ich nicht an jeder Ecke halten müssen, um mich zu erleichtern, und gerade Obstsaft hatte, was diesen Umstand anbelangte, bisweilen fatale Konsequenzen. Gerade heute wollte ich mich von meiner besten Seite präsentieren, also war eine gewisse Vorsicht im Umgang mit unpraktischen Nahrungs- und Genussmitteln angesagt. Wie lange sie wohl noch brauchen würde? Ich fuhr mir mit einer Hand durch das Haar, und ahnte nicht im Geringsten, dass sie längst hinter mir stand. Stattdessen widmete ich mich noch etwas der Betrachtung des Gartens und seufzte schließlich gedankenvoll. In den letzten Tagen war so vieles durcheinander gegangen, dass ich mich bisweilen fragte, wo ich stand und ob ich noch stand, ob ich inmitten dieser vielen Entwicklungen noch meinen Platz behalten hatte.


    Aber es war ein recht müßiger Gedanke, den ich nach einigen Momenten intensiven Sinnierens beiseite schob und mich umwandte, um noch ein Stück Obst aus der Schale zu nehmen - aber diese Bewegung erstarrte inmitten ihrer Ausführung, als mir gewahr wurde, dass sich mitnichten die Sklavin noch hier befand, sondern Aurelia Prisca ihren Platz eingenommen hatte. Und sie trug jene Dinge, die ich ihr geschenkt hatte - die Seidentunika, deren satte Farbe ihr hervorragend stand, und den Armreif. Auch wenn mich der Einkauf dieser Kostbarkeiten den letzten Nerv gekostet hatten - Händler abzuwehren, die glaubten, einem Patrizier allen möglichen Blödsinn andrehen zu müssen, war nicht gerade eine meiner Lieblingsbeschäftigungen - so war der Effekt doch alle Mühen und Plagen wert, welche ich auf mich hatte nehmen müssen. Sie sah einfach hinreißend aus. Und ich dachte - zumindest nicht im ersten Moment - nicht einmal daran, wie sie wohl unter dem fließenden Stoff aussehen mochte, sondern genoss einfach ihre strahlende Gesamterscheinung. Bevor jedoch mein Lächeln zu blöde werden konnte, fing ich mich doch und neigte ihr höflich den Kopf zu. "Verzeih, Aurelia Prisca, ich habe Dich nicht kommen gehört - hoffentlich hast Du nun nicht zu lange warten müssen."


    Peinlich. Sicher war sie schon eine ganze Weile da und dachte wissen-die-Götter-was über meine Gedankenlosigkeit. Um jedwede Unsicherheit meinerseits zu überspielen, schritt ich auf sie zu und verhehlte nicht, dass mir ihr Anblick gefiel - wir hatten amüsanterweise sogar passende Kleidung an, ich hatte mir eine dunkelblaue tunica ausgesicht, die an den Säumen eine goldfarbene Deplhin-Stickerei zierte, passend für einen Ausflug ans Meer. "Dass mich eine außergewöhnliche Frau heute begleiten würde, darauf hatte ich mich ja schon eingestellt. Aber Du hättest mich ruhig vorwarnen können, dass eine Göttin vom Olymp herabgestiegen ist, um einem armen Marspriester seinen Tag zu versüßen," sagte ich und zwinkerte ihr leicht zu. Und sie war vor allem nicht aufgetakelt - etwas, was ich an Frauen gar nicht mochte - sondern wirkte mit dezent verwendeten Farben deutlich interessanter und schöner. Was konnte ich mir schon mehr wünschen, außer vielleicht noch einige angenehme Unterhaltungen. "Da ich nicht wusste, ob Du reiten möchtest, habe ich Dir eine Sänfte mitbringen lassen - ansonsten wäre als Alternative noch zu nennen, dass der Rücken meines Pferde genug Platz für uns beide bietet."

  • Ein leichtes Schmunzeln umspielte ihre Lippen, gab es ihr selbst doch etwas Sicherheit, den Überraschungseffekt auf ihrer Seite zu wissen. Von daher wäre sie sich auch nicht zu schade gewesen, ihm persönlich etwas von dem Obst oder dem Wein zu servieren, sollte er nun gleich einen Wunsch an die vermeintliche Sklavin hinter seinem Rücken richten. Da er jedoch nichts dergleichen wünschte, verhielt sie sich zunächst einmal still und beobachtete stattdessen, wie er sich gedankenverloren mit der Hand durchs Haar fuhr. ... Ist er gar nervös? ... so wie ich? ... ob er wohl sehr überrascht sein wird, wenn er sich gleich zu mir umdreht? ... machte sich Prisca so ihre Gedanken und betrachtete weiter mit Interesse seine Kehrseite die, für sich betrachtet, bereits zu gefallen schien. Er war etwas größer als die meisten anderen Römer und auch seine Haut war dunkler. Prisca rief sich sein Gesicht und seine Stimme ins Gedächtnis, das sie auf der Feier das erste Mal gesehen und welche sie dort zuletzt gehört hatte. Angesichts der wenigen Gelegenheiten, die sich an diesem Abend boten, war das erste Treffen viel zu kurz gewesen, um sich etwas näher kennen zu lernen oder gar die Gespräche zu vertiefen. Doch das würden sie heute mit Sicherheit alles nach holen können, da war sich Prisca sicher.


    Doch ihre soeben gewonnene Sicherheit war auch genauso schnell wieder verflogen wie sie kam. In dem Moment, als Flavius Aquilius sich umdrehte, in seiner Bewegung zu erstarren schien und sie mit einer Entschuldigung seinerseits begrüßte. Unsicher ... fast schon schuldbewusst, so als wäre sie bei etwas Verbotenem ertappt worden, ruhten Priscas Augen nur kurz auf seinem Gesicht. Dann ... mit einem schnellen Blick zur Seite hin, suchte sie nun ihrerseits nach einer Entschuldigung für ihr Verhalten. Auch wenn vielleicht nur zwei drei Minuten seitdem vergangen waren ... ... Bestimmt denkt er jetzt, ich stehe da schon ewig und beobachte ihn ... welchen Eindruck mag ich da wohl hinterlassen haben? ... Na gut, genau das hatte sie ja vor gehabt, ihn ein wenig zu beobachten. Aber nun schien der Flavier es umgekehrt mit ihr zu tun und kam dabei auch noch auf sie zu ...


    ... was macht er denn jetzt? ... wie er mich gerade an sieht und wie?.... ich soll eine Göttin sein?... Prisca spürte deutlich, wie ihre Wangen bei diesem Kompliment zu glühen begannen. Ihr Lächeln wurde immer verlegener und sie schalt sich selbst, doch zu wenig Schminke aufgetragen zu haben, welche diese Wahrheit vielleicht noch hätte verbergen können. „...ich wäre wohl eine schlechte Göttin, wenn ich einen so galanten Priester wie dich zu lange warten ließe, obwohl ich schon voller Ungeduld auf diesen Tag gewartet habe. ... Sei willkommen, werter Flavius Aquilius! .... Ich freue mich sehr auf unseren gemeinsamen Ausflug ans Meer.“, versicherte Prisca und versuchte sich aus ihrer Verlegenheit von eben zu retten, indem sie das Gesagte in ihre Begrüßung fasste. Dabei nahm sie die Herausforderung an, ihm mit einem bezaubernden Lächeln wieder in die Augen zu blicken. Sein Zwinkern reichte aus, um sich wieder ein wenig zu fassen und so wollte sie auch sogleich über seinen Vorschlag nachdenken. ... mit der Sänfte wird es sicher viel zu lange dauern. Und der Weg soll doch heute sicher nicht das Ziel der Reise sein ... nein, auch wenn es sich vielleicht nicht schickt ...ich bin viel zu neugierig auf den heutigen Tag, um die Hälfte davon allein in einer Sänfte zu verbringen ... Kurz tippte sich Prisca mit dem Zeigefinger an Mund, während sie noch abwog, obwohl ihre Entscheidung längst fest stand. Bräuchten wir mit der Sänfte nicht viel zu lange? ... Ich denke, es wird besser sein ich reite mit dir! ...Die Sklaven und mein Leibwächter können uns ja nachfolgen ...“, meinte sie dann und grinste, als planten sie gemeinsam eine Flucht. Ob er sie sogleich ergreifen wollte?


    edit/tippEx

  • Hell wie der strahlende Morgen. So wirkte sie auf mich, und das war es auch, was mich für sie mehr als jedes Wort eingenommen hatte. Dies war auch etwas, was ich nur schwer überhaupt in Worte würde fassen können - eine innere Wärme, die ich bei ihr zu erkennen glaubte, eine Freude am Leben, an der Existenz, die mir schon früh verloren gegangen war und die mich zu einem Suchenden, einem Getriebenen gemacht hatte. Eine Wärme, die vielleicht auch mich irgendwann einschließen würde. So wie sie gerade lächelte, erschien mir das als gar nicht so unwahrscheinlich. Auch wenn es eine vermessene Hoffnung war, eine Hoffnung, die mir nicht einmal zustand, denn so nahe waren wir uns bisher nicht gekommen, und ich wusste nicht, was mir dieser Tag heute bringen würde. Zum ersten Mal seit langer Zeit war ich in der Gegenwart einer Frau ... nervös. Es hing einfach zuviel von allem ab, wie ich mich geben würde, und gerade jetzt merkte ich, dass ihr Lächeln ein Echo hinterließ, tief im hintersten Winkel meines Seins. Dieses ausgesprochen exquisite, sanfte Erröten hatte ich schon zu lange nicht mehr gesehen, eine Verlegenheit, die den meisten Frauen dieser Tage fremd war.


    "Ist es nicht Sinn der Götter, sich bisweilen verborgen zu halten, und uns Menschen damit anzuleiten, in ihrem Sinne zu handeln, aber nicht sklavisch abhängig von ihrem Erscheinen? An mir läge es, Dir beständig die schönsten Blüten auf dem reinweißen Altar aus Marmor zu opfern, Deine Sinne mit den exotischsten Düften zu reizen, sie mit dem Weihrauch aus dem fernen Tylus zu umschmeicheln, auf dass Du mir eines Tages ein einziges Lächeln schenktest, das mich belohnen würde tausendfach ..." führte ich den Gedanken vergnügt aus und hoffte, es würde meine Unsicherheit überspielen. Bei Mars, wie konnte es sein, das diese junge Frau, dieses Mädchen, das gerade erst ihre Reife erlangt hatte, mir zusetzen konnte, mehr als es die erfahrensten Frauen bisher vermocht hatten?
    Ihr Lächeln verhieß mir mehr, als ich vielleicht vermuten durfte, und so blieb ich einfach stehen, blickte sie lächelnd an und nahm erfreut zur Kenntnis, dass sie die Sänfte stehen lassen wollte. Hätte sie diese gewählt, hätten wir wohl eine halbe Ewigkeit gebraucht, und auch wenn es schicklicher gewesen wäre, es wäre sicher auch viel langatmiger gewesen.


    "Nun, wenn es Dir nichts ausmacht, dann biete ich Dir natürlich gern den Platz auf dem Rücken meines Pferdes - schätzungsweise wird es bequemer sein, Du sitzt vor anstatt hinter mir, aber diese Entscheidung überlasse ich gerne Dir. Das Pferd jedenfalls ist groß genug, dass Du nicht herabrutschen kannst, manchmal glaube ich, man könnte auf seinem Rücken auch bequem ein Schläfchen halten," erklärte ich die Vorzüge meines liebsten Transportmittels, auf dessen Rücken auch schon Aurelius Corvinus hinter mir Platz gefunden hatte, zu einem Ausflug, der eine halbe Ewigkeit zurücklag.
    "Möchtest Du noch etwas frühstücken, Aurelia Prisca? Ansonsten würde ich vorschlagen, dass wir uns ansonsten auf den Weg machen, wir haben noch eine gewisse Strecke vor uns, und je früher wir dort sind, desto mehr wirst Du von diesem Tag haben." Endlich, die altbekannte Ruhe kehrte zurück und wieder blitzte der Schalk in meinen Augen auf, als ich ihr die bevorstehenden Stunden wie eine Besonderheit auf dem Markt anpries. Letztlich wusste ich zumindest schon, dass mir diese Stunden besonders sein würden, vor allem, wenn sie so reizend lächelte wie eben schon.

  • In ihren Gedanken wechselten sich Verstand und Verlangen stetig ab und Prisca wusste beim besten Willen nicht mehr, welchen Gefühlen sie den Vortritt lassen sollte. Sie wusste wohl, warum er heute hier war, sie ahnte auch was es bedeuten könnte und sie hoffte doch , dass bei dem was vielleicht seine wahren Gründe sein mochten, doch genügend von all dem bei ihm vorhanden war, was Prisca mit ihren eigenen und geheimsten Wünsche, Ängsten und Hoffnungen - kurz ihrem tiefsten Verlangen nach Liebe - verband. Beides, Verstand und Verlangen rieten ihr indes, sich auf dieses Abenteuer ein zulassen. Was würde es letztendlich bringen, sich mit zu vielen Erwartungen zu belasten, was doch nur den Genuss des heutigen Tages schmälern könnte. Und ein Genuss war es in jedem Fall, mit ihren Augen sein ebenmäßiges Gesicht zu erfahren, seine braunen Augen, sein freundliches und offenes Lächeln, in dem sie sich verlieren konnte und welches etwas Ruhe spendete, wenngleich seine Worte sie eher auf zu wühlen schienen. … wie viel älter er wohl sein mag? … fragte sich Prisca und dachte dies nur im positiven Sinne. Seine Erscheinung zumindest lies keine Zweifel an seiner Jugend seiner Kraft und Männlichkeit die er ausstrahlte. Doch wie viel mehr an Erfahrung im Leben und vor allem … in der Liebe … mochte er wohl haben?


    Gut, wenn er ihr weiterhin solch schmeichelnden Komplimente machen würde, bliebe Prisca heute wohl eher stumm und lediglich ihre erröteten Wangen würden ihm darüber Auskunft geben können, wie sehr seine Worte ihr gefielen. Und doch! … Ein Altar? …. Exotische Düfte? … edler Weihrauch? … das alles für ein einziges Lächeln? … angemessen vielleicht, um einer unsterblichen Göttin auf ewig die Ehre zu erweisen. ... aber ... Ob er wusste, mit wie viel weniger sie sich von allem dem, was er ihr da gerade versprach, zufrieden geben würde? Noch dazu, da er für sich selbst nur ein einfaches Lächeln einforderte. Ob er sich wirklich nur dies eine wünschte? ... wären gar seine geheimsten Wünsche den meinen so verwandt wie nichts sonst auf der Welt? ... Kaum mochte Prisca diesen Gedanken, gleichsam Wunsch, zu Ende denken. "Auch wenn es vielleicht den Anschein haben mag, dass wir Patrizierinnen stets Göttinnen gleich behandelt werden wollen und unser Augenmerk hauptsächlich auf den materiellen Dingen ruhen mag, so will ich dir eines versichern. … All diese Dinge, für sich betrachtet, mögen schön und begehrenswert sein und doch können sie das Lächeln nicht annähernd aufwiegen, welches der Mensch selbst mit der wahren Absicht seines Handeln für sich zur Belohnung erbittet. Und nur diesem Einen möchte ich mein Lächeln schenken … " ... und das auf ewig ... Anfangs eher sprachlos suchte sie nun doch nach so vielen Worte um zu beschreiben, was sie gerade dachte. … ich habe mich verraten … erneut ging Priscas Blick verlegen zur Seite hin und sie atmete, einem Seufzer gleich, tief ein. Sie wollte zu viel, zu vieles auf einmal und womöglich das Unmögliche noch dazu. … Ein einfaches Kompliment war es, das er ihr machte und was tat sie? …


    … sich mit seinen Worten messen, um zu lernen und zu erfahren, wie es sein würde und könnte ... Und wieder musste Prisca sich eingestehen, dass sie diesen Wunsch verspürte, sich auf alles ein zu lassen. Und alle Ängste und Zweifel sollten dabei keine Rolle mehr spielen. … Gab ich am Ende bereits zu vieles von mir preis, obwohl der Ausflug noch nicht einmal begonnen hatte? … , zweifelte Prisca noch Sekunde lang und hoffte doch, dass dieser Tag nun umso mehr die ersehnte Freude und Unbeschwertheit bringen würde, welche ihnen niemals mehr genommen werden konnte.


    "Ich glaube ich habe keinen Hunger….", erwiderte sie kurz auf seine Frage hin und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln welches - gespielt - nie so ehrlich hätte erscheinen können. Auch seinem Vorschlag ,vorne auf dem Pferd zu sitzen, stimmte sie ohne Widerworte mit einem freudigen Nicken zu. Ans Essen konnte sie ohnehin nicht mehr denken. Vielmehr wollte sie endlich erfahren wie es sein würde, mit ihm gemeinsam auf einem großen Pferd zu reiten und von seinen Armen gehalten zu welden. Sie wollte sehen, was er für sie vorbereit hatte und ob er auch an das Pfand denken würde, welches er ihr noch zurück schuldete. "… Lass uns sofort aufbrechen! … Ich bin schon sehr neugierig, darauf zu erfahren, was du für den heutigen Tag alles vorbereeitet hast und du wirst es mir sicher nicht hier verraten, oder?", schlug sie dann voller Tatendrang vor und suchte mit ihrer Hand bereits nach seinem Arm, um sich unter zu haken und ihn mit sich zum Ausgang der villa zu ziehen.

  • Dieses hinreißende Lächeln ließ mir vage irgendwo im Rückgrat etwas prickeln, und ihre Worte verrieten, dass sie mir nicht nur einfach so entgegenhielt, sondern, weil sie von deren Aussage überzeugt schien. Konnte man sich mit ihr wirklich unterhalten? Nichts war schlimmer als eine schöne, aber geistlose Frau, jene hatten mich nie wirklich gereizt, und Prisca hingegen ließ mich das Beste hoffen. Hatte ich sie wirklich verdient, diese reizende, junge Frau, die auch intelligent und berückend schien, und sich wohl die Liebe wünschte, die ich ihr nicht würde geben können? Oh ihr Nornen, was webt ihr nur für Fäden, wie spielt ihr mit unseren Schicksalen ...
    "Sollte nicht jede Frau einer Göttin gleich behandelt werden? Es gibt so viele Momente, in denen Sorgen und Nöte uns den Blick auf die schönen Dinge des Lebens verstellen, und ein einziges Lächeln, so leicht es vielleicht auch gegeben scheint, kann so vieles verändern. Wenn Du also mich aussuchst, mir einen Tag zu einem wunderschönen Erlebnis zu gestalten, indem Du mit einem Lächeln an meiner Seite schreitest, gibt es wohl nicht genug, was ich tun könnte, um Dir dafür zu danken. Ein warmes Lächeln ist in dieser Stadt wissen die Götter selten genug."


    Zufrieden nahm ich zur Kenntnis, dass sie keinen Hunger zu haben schien und gleich aufbrechen wollte - was wollte man mehr? - und als sie ihre Hand auf meinen Arm legte, um sich unterzuhaken, noch immer das Echo jenes köstlichen Erröten auf den Wangen, welches langsam verblasste, meinte ich mit einem schmunzeln: "Würde ich dir alles verraten, was ich vorbereiten ließ, wäre es dann noch eine Überraschung? Ich denke, Du gehörst zu den Menschen, die sich gern überraschen lassen - zumindest hoffe ich dies, sonst hätte ich mich jetzt wohl auf sehr dünnes Eis vorgewagt - und niemand verrät eine Überraschung vorher, wenn man den ganzen Spaß behalten will." Und dann tat ich einfach, wonach mir schon die ganze Zeit gewesen war, woran ich schon eine Weile hatte denken müssen, denn ohne dies wäre sie wohl auch kaum auf mein Pferd gekommen: Ich neigte mich etwas herab, umfing ihre schlanke Tallie einfach mit dem Arm, und hob sie kurzerhand in meine Arme, ohne mich von einem eventuell überraschten Blick abhalten zu lassen. "Verzeih mir," sagte ich schmunzelnd und schritt ungerührt ob der Blicke der Sklaven, die im Vorraum standen, voran, und trug sie den Korridor entlang durch das Haus, soweit ich mich an den Weg in den hortus noch entsann.


    "Aber Göttinnen soll man bekanntlich auch auf Händen tragen, wenn man es kann, und im Augenblick war mir danach," erklärte ich vergnügt meine Handlungen, ihr zuzwinkernd. Als wir das atrium erreicht hatten und ich mich anschickte, es zu durchqueren, liefen uns schon einige der Sklaven nach, und anscheinend kam es nicht allzu häufig vor, dass eine Dame der Aurelier überhaupt irgendwo hin getragen wurde, zumindest nicht ohne Sänfte. "Ich kann Dich auch wieder herunterlassen, aber wir sind schon so gut voran gekommen, die paar Schritte schaffe ich noch, ohne zusammenzubrechen," scherzte ich weiter und genoss es, etwas zu tun, was man eigentlich nicht tat. Corvinus würde mir deswegen den Kopf waschen, aber es war mir egal. Sie roch einfach so gut, sie fühlte sich wunderbar weich an in meinen Armen, ihre Haut schmiegte sich so sanft an die meine, es konnte einfach nicht falsch sein, was ich getan hatte. Ungewöhnlich vielleicht, aber sicher nicht falsch. Zudem würde sie ohnehin den ganzen Weg zum Meer vor mir sitzen, und ich würde sie in den Armen halten ...

  • … was wohl gerade in seinen Gedanken vorgehen mochte? … Gewiss, er will mir schmeicheln … nur … verstellt er sich vielleicht? … Nein, seine Art wirkt so natürlich, nicht einstudiert oder gar gezwungen …sie wirkt nur so … erfahren? … und wenn schon, ich liebe es einfach eine - seine Göttin zu sein … Alleine das, was er in so liebreizende Worte hüllte und mit seinen leuchtenden Augen zu versprechen schien, genügten Prisca, um sich darin verlieren zu wollen. … Ja, seine Augen ... dunkel und geheimnisvoll leuchteten sie und mochten so vieles verheißen und hätten wohl so vieles von dem erzählen können, was sie schon gesehen hatten. Alleine Prisca fehlte die Erfahrung und auch der Wille, sich dem entziehen zu wollen, was sie augenblicklich nur noch anziehend fand. … Ein warmes Lächeln in dieser Stadt? … gewiss würde sie es ihm schenken wollen. Immer wieder und vielleicht sogar noch mehr ... was gäbe es in diesem unbekannten Abenteuer, in dieser ewigen Stadt auch zu verlieren, außer der ewigen Keuschheit vielleicht…


    "Du hast recht! Viel zu selten ist es uns vergönnt, unseren Blick frei von allen Sorgen und Nöten nur auf die schönen Dinge im Leben zu richten. Und dabei sind es oft die Überraschungen die uns -wider Erwarten - das Glück und die Freude bringen, die wir uns erfoffen. Lass uns also den heutigen Tag gemeinsam mit Lächeln beschreiten und wenn uns dabei eine Göttin folgen sollte, wäre wohl keine geringere als Fortuna dafür geeignet, den restlichen Tag so wundervoll werden zu lassen wie er bereits begonnen hat."


    Ihn so unverhohlen neugierig zu mustern ziemte sich sicherlich nicht, auch wenn sich Prisca dadurch vielleicht erhoffte etwas von seinen geheimsten Gedanken erraten zu können. Gepaart mit ihrem Lächeln war es jedoch echtes Interesse, das Prisca für den Flavier empfand. … War das vielleicht der Auslöser für sein spontanes Handeln jetzt? ... Mit einem überraschten Seufzer nahm Prisca die Berührung an ihrer Taille wahr und fand sich einen Herzschlag später auch schon in seinen Armen wieder. Er legte es wahrlich darauf an, sie heute den ganzen Tag über sprachlos zu sehen! So schnell wie Aquilius mit ihr voran schritt und sich scherzend für sein Handeln entschuldigen mochte, so schnell wich die Verblüffung. Eben noch im Garten, waren sie nun schon im atrium und auf dem besten Wege die villa wieder zu verlassen. Überall Sklaven und Blicke, die auf ihnen ruhten … wirklich nur Sklaven? Was ist mit meiner Familie? … wenn die mich so sieht? ... Keine Empörung, keine Widerworte ... einzig ein befreiendes Lachen war aus Priscas Mund zu hören.


    "…Werter Aquilius, was soll das werden? … Inszenierst du mit mir den Raub der Sabinerinnen, wie es Romulus einst tat? … Sei dir versichert, wohin du mich auch heute führen magst, ich werde dir auch freiwillig folgen! Schließlich habe ich dir noch nicht zurück erhalten, was ich bereits eingefordert habe!"


    Scherzend kamen die Worte über ihre Lippen und wieder lachte Prisca befreiend auf. Es war keine Aufforderung sie herunter zu lassen, im Gegenteil. Obwohl der Flavier sie sicher in seinen Händen hielt, schlang Prisca ihren Arm um ihn, so als müsse sie selbst nach Halt suchen. Ihre Hand sanft ruhend in seinem Nacken.… nicht ruhend, die Finger eher streichelnd … und doch unbewusst genießend diese Nähe, welche viel zu schnell vorüber war. Schon standen sie wieder im Freien vor dem Pferd auf dem sie gemeinsam reiten würden. "Ein schönes Pferd! Wie heißt es und wohin wird es uns bringen?", fragte Prisca fast verträumt wirkend, obwohl sie sehr wohl das Ziel der Reise kannte. Erwartungsvoll streckte sie die freie Hand nach dem Tier, um es zu streicheln. Wäre es doch die Gelegenheit, gleich auf zu sitzen und weiter von seinen Händen gehalten zu werden.



    [SIZE=7]edits/sorry, nicht viel... tippex und einen Satz noch etwas umformuliert.[/SIZE]

  • Alle Anspannung fiel von mir ab, die Sorge, ich könnte mich ihr falsch gegenüber verhalten, die falschen Worte zu finden, mich darzustellen wie der Mann, der ich in den letzten Monaten geworden war, und nicht wie der, der ich eigentlich sein wollte. Der ich in wenigen Stunden der Freiheit, wenn mich meine Erinnerungen und Gedanken nicht zu sehr plagten, bisweilen sogar war. Sie lächelte einfach und ich fühlte mich seltsam entrückt, als könnte es nichts Schlechtes geben. War dies eine persönliche Eigenschaft Priscas, oder hatte ich auch irgendwann einmal auch so gelächelt, als ich noch jünger gewesen war, in den Tag hinein gelebt hatte?
    Dennoch, es war wie ein Tanz, ein stiller Rausch, dem ich mich nicht entziehen konnte und wollte, zu köstlich waren die geschenkten Momente, geboren durch ein Lächeln. Sie auf meinen Armen zu tragen, durch diese villa, die für mich Freund und Leid bedeutet hatte, vorbei an den verblüfften Sklaven, war wie ein stilles Zurück-Stehlen dieser Unschuld und Lebensfreude, die ich lange vermisst hatte. Und sie wehrte sich nicht, nein, sie folgte dieser kleinen Verrücktheit, wie es schien, auch noch leichten Herzens.


    "Ich glaube, Fortuna hat mir schon gelächelt, als sie uns an jenem Abend aufeinander treffen ließ," sagte ich nur und atmete versunken in diesen Moment ihren zarten Duft, blickte in ihr offenes, berückend schönes Gesicht und behielt den Rest meiner Worte erst einmal für mich. Zuviel Schmeichelei wirkte oft zu bemüht, und das wollte ich heute wirklich nicht. "Zudem, die Sabinerinnen wären mir jetzt doch zuviel, mir reicht die eine, die mich heute begleitet, vollkommen aus, um mir einen angenehmen Tag zu imaginieren." Vor allem waren mehrere Frauen und nur ein Mann auf einem Haufen selten eine gute Kombination. Der Gedanke ließ mir ein wenig mehr Bodenhaftung zurückkehren, die auch dringend nötig war, denn ich war seit jeher allzu begeisterungsfähig gewesen, was Frauen betraf, bei derjenigen, die vielleicht meine Gemahlin werden würde, durfte ich nicht zu schnell sein, nicht zu früh auf ein Ziel zustürmen, das letztendlich doch in meinem Hinterkopf lauerte (dafür war sie auch viel zu anziehend, um nicht wenigstens einen Gedanken daran zu verwenden). Was für ein freies, ungezügeltes Lachen, das sie nicht hinter der Hand verbarg wie so viele andere. Es sprach von Lust am Leben, Freude an den schönen Dingen, und es ließ mich hoffen, sie würde verstehen, dass manches Mal die einfachen Dinge schöner waren als das kostbarste Geschmeide.


    Als ihre Finger durch die Bewegung des Gehens meinen Nacken streichelten, konnte ich die allzu natürliche Reaktion meines Körpers nicht unterdrücken, die aufsteigende Gänsehaut ließ mir einen kühlen, aber gleichzeitig auch prickelnden Schauer den Rücken entlang hinab laufen, und ich kämpfte ernsthaft darum, das Seufzen, das mir auf den Lippen lag, zu unterdrücken. Glücklicherweise ließ mich meine Beherrschung nicht im Stich, und als wir vor Lapsus und der ganzen Sklavenschar zum stehen kamen, war ich mir Stratons Blick nur zu bewusst - mein vilicus kannte mich wie kaum ein anderer Mensch, und spätestens jetzt musste er wissen, dass ich es durchaus ernst meinte.
    "Sein Name ist Lapsus - und der Zielort ist noch immer eine Überraschung - glaube nicht, Du kannst ihn mir entlocken, bevor wir nicht in der Nähe dessen sind. Was Dein Pfand angeht, werde ich es Dir zurückgeben, wenn der passende Moment gekommen ist, Du musst also nicht befürchten, ich wäre damit schon halb durchgebrannt," scherzte ich - lieber ein Scherz als das, was ich sonst hätte sagen können, ich fürchtete, ich hätte sie eher angestarrt denn etwas gesagt - und ließ sie schließlich neben meinem schwarzen Hengst, der sie begrüßend anschnaubte, auf den Boden herunter.


    "Ich helfe Dir auf seinen Rücken," sagte ich und stellte in Richtung Straton damit unbedingt klar, dass wir die Sänfte nicht brauchen würden - er reagierte auch prompt und schickte die Sänftenträger samt Sänfte mit einem Handwink fort. Und wieder umfasste ich Priscas schlanke Tallie, diesmal aber, um sie kurzerhand auf das breite Kreuz meines Reittiers zu befördern, und fackelte selbst nicht lange, hinter ihr aufzusteigen. Im Gegensatz zu ihr hatte ich den bequemeren Sitz, musste ich doch nicht wegen der Schicklichkeit quer sitzen, und nach dem Abstützen beider Hände auf Lapsus' Rücken schwang ich mich dann auch geübt in die Höhe, um sogleich Priscas Gestalt höchst offiziell und erlaubtermaßen mit den Armen zu umschließen - ich musste ja den Zügel greifen, und gleichzeitig hatte ich das Vergnügen, sie mir wieder nahe zu spüren. "Am besten, Du hältst Dich ein bisschen fest," sagte ich nicht ohne Hintergedanken, während Straton auf sein Pferd aufstieg und es unsere Eskorte gleichtat. Auch wenn ich in Italia keinen Überfall vermutete, so war ich es doch der gens Aurelia schuldig, für Priscas Sicherheit zu sorgen. Ihr Haar hatte einen ganz besonderen, berückenden Duft, der meine Sinne betörte, und für einen Moment lang war ich wirklich sehr im Zweifel, dass ich den Weg schaffen würde, ohne vom Pferd zu fallen.

  • Die Sänfte und die vielen Sklaven, welche vor der villa bereit standen, nahm Prisca nur am Rande wahr. Viel zu sehr war Prisca davon eingenommen, ihr Augenmerk nur auf den Einen zu richten welcher sie gerade sanft auf Händen trug. Längst hatte sie bemerkt, wie ihre unbewusst gewollte Berührung seines Nackens eine gewisse Anspannung bei ihm hervor rief . War es das fast unmerkliche Beben seiner Lippen, die kaum wahrnehmbare Korrektur seiner tragenden Hand an ihrer Hüfte, oder die fast unsichtbare Veränderung seiner Haut welche sich, einem Echo gleich, über ihre Fingerspitzen hinweg in ihren eigenen Körper auszubreiten begann. Ein so wohliger Schauer, ausgelöst durch eine harmlos erscheinende Berührung. … Wie viel mehr mochte es da noch zu entdecken und studieren geben … Ein kurzer Seitenblick zu ihm, verziert mit einer ebenso flüchtigen Bewegung ihrer Zunge über die Innenseite der eigenen Lippen, der nichts von all ihren Gedanken verraten sollte und doch die Neugier auf das Unbekannte nicht ganz verhehlen konnte .


    Obwohl auf Priscas Gesicht statt Neugier nun fast so etwas wie Unmut zu erkennen gewesen wäre. … Welch einen unpassenden Zeitpunkt hatten sie doch gewählt … Waren sie doch vor der Augen der versammelten Dienerschaft alles andere als unbeobachtet. Einzig die Aussicht darauf das sich, auf dem gemeinsam Ritt zu ihrem Ziel, noch genügend Gelegenheiten bieten würden, ließen Prisca hoffen. So blieb auch genügend Muse, um sich einem Moment lang dem edlen Tier zu widmen, auf dessen Rücken sie diese gemeinsame Studienreise wohl unternehmen würden. … ein Fehler? … ein Fehltritt ? … Ein Sturz ins Ungewisse? …


    Nein! … Der Name des Pferdes, welchen Aquilius gerade nannte, rief einen leicht verwunderten Blick hervor. Vergessen war die Frage nach dem Ziel oder dem Pfand. "Welch ungewöhnlicher Name für ein Pferd…", bemerkte Prisca fragend und anerkennend zu gleich. Während sie dem Tier gegenüberstand, wirkte der große schwarze Hengst doch edel und anmutig und mit seiner überragenden Größe auch Respekt einflößend, so dass sie ihre Hand fast zögerlich nach ihm ausstreckte, um ihn zu streicheln. … wirklich ungewöhnlich? … doch eher interessant, ganz so wie sein Herr … "… wenngleich mir der Name sehr gut gefällt! Verrätst du mir wie es dazu kam, ihn so zu nennen?" Vielleicht mochte es eine Geschichte dazu geben und diese würde Prisca ebenso interessieren wie die Person, die sie zu erzählen wusste.


    Zunächst aber ließ Prisca sich auf das Pferd helfen und wartete geduldig, bis der Flavier sich zu ihr auf das Pferd schwang. Auf einem Pferd zu reiten war für Prisca zwar ungewohnt (noch dazu zu Zweit), aber es war ihr auch nicht völlig unbekannt. Hatte sie doch in ihrer Kinderzeit sogar ein eigenes Pferd besessen, mit dem sie oft ausgeritten war. Auf seinen Rat hin sich an ihm fest zu halten, musste Prisca ein wenig schmunzeln und fuhr etwas umständlich mit ihrer Hand an seiner Schulter beginnend abwärts über seinen Arm. "Ich werde es versuchen, wenn du mir zeigst wo und wie ich mich am besten bei dir ein halten kann …" Ein unschuldiges Lächeln sollte diese offensichtliche Unbeholfenheit überspielen. War dies doch die Gelegenheit seinen Körper mit ihren Händen noch ein wenig mehr zu erkunden, während sich das Pferd mit einem sanften Ruck schon in Bewegung setzte.


    Um ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen machte sich Prisca indes so gut wie keine Gedanken, war doch die Eskorte welche Flavius Aquilius mit gebracht hatte, mehr als beeindruckend gewählt. Ihr Leibwächter würde heute wohl arbeitslos bleiben, wenngleich sie ihn und die ausgewählte Leibsklavin sicher irgendwo unter der flavischen Dienerschar wähnte. Ganz ohne aurelische Gefolgschaft würde Prisca selbstverständlich nicht reisen wobei deren Zahl, angesichts des Vertrauens welches in die gens Flavia gesetzt wurde, mit zwei Sklaven verschwindend gering gewählt worden war.

  • Es hätte wohl halb Rom vor der villa Aurelia stehen können, es wäre mir ziemlich egal gewesen, denn ich war derjenige, welcher eine schöne Frau auf Händen tragen durfte, ich war derjenige, der einen ganzen Tag voller Sonne verbringen durfte - musste mich nicht ganz Rom um dieses flüchtige Glück beneiden? Ich hätte es in diesem Augenblick der ganzen Welt sagen können, kommt und seht diesen Mann, der endlich wieder einige Tage voller schöner Stunden erleben wird! Sollten sie doch schauen, tuscheln, Geschichten erzählen, ich hatte nichts zu verbergen und an diesem Ausflug gab es ebenso nichts ehrenrühriges. Letztendlich würden sie ohnehin tuscheln, egal, was ich getan hätte, denn wann immer man einen unverheirateten Patrizier und eine unverheiratete Patrizierin zusammen sah, würde sich Geschwätz erheben und über eine mögliche Verbindung Spekulationen angestellt. Vielleicht würde der Klatsch durch eben dies ein bisschen interessanter werden, dachte ich vergnügt und wartete darauf, dass die Gänsehaut auf meinem Rücken etwas abflaute, bevor es zu auffällig wurde. So zarte Finger, wie würde es erst sein, wenn ... nein, daran dachte ich nicht. Noch nicht. Nicht hier. Sie schien so unschuldig.


    "Der Name beschreibt im Grunde nur, wie ihn sein Vorbesitzer nannte - einen Fehlkauf sozusagen, als ich ihn bekam, war er sehr unruhig und wild. Abe da er auf 'Lapsus' hört, habe ich den Namen behalten, und mit der Zeit hat er Vertrauen gefasst. Tiere sind den Menschen nicht so unähnlich, wie man es meinen möchte - behandelt man ein Pferd schlecht, wird es wild, und tritt um sich, gibt man ihm Zeit, sich zu beruhigen, zu vertrauen, und bedrängt es nicht, kann man vieles gewinnen," ich tätschelte dem riesigen Hengst wohlmeinend den Hals, denn er war mir wirklich ans Herz gewachsen. "Er hat mir das Leben gerettet, und ich denke nicht, dass ich ihn jemals wieder hergeben würde. Wer treu zu einem steht, der verdient auch Loyalität."
    In diesen Dingen war ich so altmodisch veranlagt wie mein Vater, stellte ich insgeheim fest, und hätte man mir das vor wenigen Jahren gesagt, hätte ich wohl verächtlich gelacht. "Er scheint Dich zu mögen, Aurelia Prisca, denn er lässt sich nicht von jedem streicheln." Wie sein Herr. Als sie mich fragte, wo sie sich festhalten sollte, musste ich doch schmunzeln - was für eine harmlose Frage, was für eine hintergründige Offerte. Oder war es wirklich nur harmlos gewesen? Sicher war ich mir nicht, in ihrem süßen Lächeln konnte so vieles liegen.


    "Nun, wenn Du möchtest, lege einen Arm um meine Tallie, das sollte Dir genug Halt geben - aber wenn Du anders sitzen möchtest, dann lass Dich nicht von meinem Vorschlag abhalten, Du sollst es ja bequem haben. Kannst Du reiten?" Es würde ein endloser Ritt werden, soviel war sicher, und schätzungsweise würde er doch viel zu schnell vorübergehen. Die Kaalkade setzte sich mit Lapsus in Bewegung, Straton reihte sich hinter mir ein, und die Umgebung begann, hinter uns zurückzuweichen, als mein Hengst die Straße entlang schritt, würdevoll und gemessen, als wüsste er, wer auf seinem Rücken saß, und dass es eine besondere Frau war, die er hier trug. Dass unter meiner Sklavenschar auch aurelische Sklaven waren, die für Priscas Sicherheit sorgen sollten, war sogar ausdrücklich erwünscht, auch wenn ich nicht glaubte, dass wir sie brauchen würden - die wenigsten Strauchdiebe würden es wagen, sich in Gefahr zu bringen, von Lapsus' breiten Hufen niedergetrampelt zu werden. Ab und an blickten Bürger auf der Straße zu uns, und nicht nur eine Frau, nicht nur ein Mann sahen uns wohl auch sehnsüchtig hinterher - war es so deutlich zu erkennen, dass ich reine Freude empfand?


    "Ich habe mehrere Möglichkeiten für diesen Tag zur Auswahl, und ich will Dir einige davon entdecken, damit Du Dir aussuchen kannst, was Dir am besten gefällt, einverstanden?" Etwas näher war ich ihr durch die Bewegungen des Tiers unter uns gerückt, und ich spürte die Wärme ihres Körpers an meiner Brust, die verschwenderischen Gerüche Roms mischten sich mit ihrem süßen Duft, und hätte man mich danach gefragt, die Zeit hätte meinetwegen gern stehenbleiben können. "Wir könnten beispielsweise im Meer schwimmen, oder in einem Boot fahren - es wird einige sehr angenehme Dinge zu essen geben, aber da verrate ich keine Details - dann bliebe noch Sandcastellbau, sehr viele Blüten und die Möglichkeit, sie zu verwenden, ein Ausflug in die schöne Kunst der Literatur, ein sehr besonderer Anblick, der den Abend braucht und ... hmm ...nein, mehr verrate ich noch nicht. Einige Dinge möchte ich mir noch aufsparen." Ich hatte mir wirklich so einige Gedanken gemacht, schließlich galt es auch, sie kennenzulernen, und würden wir uns den ganzen Tag nur anschweigen, würde es kaum wirklich hilfreich sein. Irgendwann musste ich meine Entscheidung treffen .. oder hatte ich sie nicht bereits getroffen?

  • … ein Fehlkauf? … Das konnte sich Prisca angesichts der edlen Erscheinung des Pferdes, das sie eben gestreichelt hatte und auf dem sie nun gemeinsam ritten, nur schwerlich vorstellen. …welchen Makel mochte es wohl gehabt haben? Vielleicht war sein damaliger Besitzer einfach nur zu anspruchsvoll … Nein, einen Makel konnte Prisca augenscheinlich weder bei dem Tier noch bei seinem Herrn fest stellen, auch wenn sie sich bei diesen Überlegungen unbewusst ihre eigenen Ansprüche und Erwartungen ins Gedächtnis rief. Mochten diese auch weitaus geringer sein, als sie selbst noch vor einiger Zeit zu glauben schien, so war sie doch sehr von seinen Worten über Vertrauen und Loyalität beeindruckt. … war es mit dem Vertrauen in der Liebe nicht genauso? … Prisca ermahnte sich mit einem Biss auf ihre Unterlippe selbst, denn schon wieder glitten ihre Gedanken zu sehr in eine Richtung ab.


    "Unruhig und wild sagst du? Nichts davon scheint ihm geblieben. Es ist schwerlich vorstellbar, dass dieses edle Tier einst ein Fehlkauf gewesen sein soll, so makellos wie es mir erscheint.", lobte Prisca den schwarzen Hengst und mit ihm seinen Herrn. Wie gerne hätte sie erfahren, wie das Pferd wohl zu seinem Lebensretter wurde. Allein empfand es Prisca als zu indiskret von sich aus danach zu fragen. Mochte die Erinnerung daran vielleicht doch eher unangenehm für ihren Begleiter sein …


    … und unangenehm sollte sich dieser Tag auf keinen Fall entwickeln. Auch wenn sich der Ritt in dieser ungewohnten Position für Prisca doch weniger komfortabel gestaltete, als sie es sich vielleicht erhofft hatte. Eine ganz bestimmte Stelle würde wohl das Sitzen in den nächsten Tagen ein wenig erschweren … aber was spielte das schon für eine Rolle? … Ein Nicken folgte nur als Antwort auf seine Frage, ob sie es denn bequem hätte. Prisca ertrug es klaglos und mit Fassung, entschädigte doch Tatsache dafür, dass sie ihren Arm um seine Hüften schlingen durfte und sich ihre Körper so bei jeder Bewegung des Pferdes ganz nahe kamen. Die Gelegenheit war einfach zu verlockend, ganz unverbindlich und doch absichtlich das Unbekannte zu berühren, welches immer mehr an Reiz gewann.


    … ging das nicht alles viel zu schnell? … Ja, doch! Viel zu schnell … Genau so wie dieser Tag heute vorüber eilen würde ... Eine Schande, angesichts der vielen schönen Dinge, die Aquilius ihr nebenbei zur Auswahl stellte und jene, die er noch nicht verraten wollte. ... Jedes für sich so schön, weil so einfach zu genießen ... Gedankenverloren hielt Prisca sich an ihrem Begleiter fest und versuchte sich auszumalen, wie alles sein könnte. … ich kann mich einfach nicht entscheiden, ich möchte am liebsten alles ausprobieren … bin ich gar maßlos oder möchte er mich damit nur testen? …"Du quälst mich, Flavius Aquilius …", bemerkte Prisca scherzend vorwurfsvoll und sah ihn schmunzelnd dabei an. "… wie kann ich in Erwartung solch schöner Dinge auch nur eine einzige Entscheidung treffen, um Eins dem Anderen den Vorzug zu geben?" War ein Tag nicht viel zu kurz bemessen, um all dies für sich genießen zu können. Allein die Vorstellung, was ihr Onkel dazu sagen würde, wenn sie heute gar nicht mehr nach Rom zurück kehren würde, ließen Prisca innerlich schaudern … undenkbar und doch, wer könnte uns daran hindern? ...


    " Aber ich bin überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen werden, die Zeit heute einfach still stehen zu lassen. Warum also nicht mit einer Bootsfahrt und einem Bad im Meer den Tag beginnen? ..." Das Unmögliche faszinierte Prisca schon immer und so klangen ihre Worte ganz überzeugt. Wollte sie doch nichts weiter als unbeschwert sein und es bleiben so lange, wie sie es ihnen beiden vergönnt wäre.

  • "Manchmal muss man wohl etwas wagen, um Erfolg zu haben, sei es im Kauf eines Tiers, das alle anderen für wild und unbezähmbar halten, sei es im Wagnis eines politischen Winkelzugs - ich glaube nicht, dass unsere Imperium so groß geworden wäre, hätte niemals jemand etwas gewagt, obwohl andere sagten, dass es Irrsinn wäre. Es geht natürlich auch gern einmal etwas schief, aber das ist doch nur zu normal. Man kann nicht immer gewinnen, aber man sollte es doch immer versuchen," gab ich zu ihren Worten über meinen Lapsus zurück und lächelte etwas. Sie schien meinen riesenhaften Hengst zu mögen, und das gefiel mir, zu viele Frauen fürchteten sich vor Pferden, und machten es somit unmöglich, sich ab und an auch einfach ohne allzuviel Umstände fortzustehlen, wenn einem danach war.
    Ihre Haltung konnte nicht bequem sein, zumindest stellte ich es mir ausgesprochen unbequem vor, quer auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen, auch wenn es so einen breiten Rücken hatte wie mein Lapsus - aber sie ertrug es klaglos, und vor allem mit einem Lächeln, das mich schwindeln machte. Die Wärme ihres Körpers an dem meinen zu spüren, ihren Arm um meine Tallie, und gleichsam zu wissen, dass sie ihre Haltung bewahrte, allein das erschien mir schon als ein besonderes Geschenk. Sie schien den starken Willen der Aurelier zu besitzen, und gerade dies hatte ich nicht zu hoffen gewagt.


    Den Rückweg würden wir anders nehmen, entschied ich und machte mir darüber einen geistigen Vermerk. Es würde nicht schwer sein, eine Sänfte zu organisieren, und wahrscheinlich würde uns dadurch noch etwas mehr Zeit geschenkt - ich wollte sie schließlich nicht martern. "Ich quäle Dich nicht, Aurelia Prisca, zumindest versuche ich nicht, es zu tun, denn dafür schätze ich Dein offenes Lächeln viel zu sehr - es soll beileibe nicht zu einem gequälten Lächeln werden. Verzeih mir, dass es so viele Ideen sind, mit denen ich Dich überflute, doch war ich mir unsicher, was Du schätzen würdest - und da habe ich lieber zuviel Auswahl, unter der wir etwas passendes finden können, als zuwenig, und eine enttäuschte Begleiterin." An einem Tag hätten wir dies alles ohnehin nicht geschafft, und an einen zweiten zu denken, sie über Nacht ihrer Familie fernzuhalten, daran war nicht zu denken, so gut ich auch mit Corvinus befreundet war, er würde sich nicht freuen, wenn ich sein Vertrauen zu sehr strapazierte. Nein, eine Rückkehr mitten in der Nacht wäre so viel realistischer ... es würde einfach aussehen, als hätten wir versucht, pünktlich zu sein, und niemand konnte Einspruch erheben. Gesetzt den Fall, wir würden uns heute gut verstehen, schließlich konnte ich dies nicht planen, auf alles andere war ich vorbereitet.


    Eine Weile schwieg ich, denn nun kam uns eine Masse an Menschen entgegen und ich hatte einiges zu tun, Lapsus sicher durch diese zu steuern, ohne dass wir zu sehr aufgehalten wurden, dann aber hatten wir jene hinter uns gebracht, die ebenfalls neugierig meinem Tier und der schönen Prisca hinterherblickten - und so kam ich erst zu einer neuerlichen Antwort, als wir eine der größeren Straßen erreicht hatten, die zu Roms Stadttoren führte.
    "Eine Bootsfahrt und ein Bad im Meer - ja, das klingt nach einem guten Anfang. Danach können wir uns stärken und in Ruhe überlegen, wie der Tag weitergehen soll, einverstanden? Zur Zeit der Mittagshitze wird es ohnehin besser sein, ein wenig zu ruhen, und danach bleibt immerhin noch ein halber Tag übrig ..." Ich wandte den Kopf zu ihr und betrachtete ihr feingeschnittenes, edles Gesicht. War sie sich überhaupt darüber bewusst, wie anziehend sie wirkte, diese Mischung aus Intellekt, Schönheit und Unschuld? Es wunderte mich, dass nicht noch mehr Bewerber vor Corvinus' Tür standen und um ihre Hand baten, oder hatte er sie gar abgewiesen, um mich, seinen Freund, der Familie zu verbinden? Das Thema 'mögliche Ehe' brannte mir auf der Zunge, aber ich durfte es nicht überstürzen. In einem jedenfalls war ich mir jetzt schon sicher: Dass es mit ihr nicht langweilig werden würde.

  • So facettenreich und interessant wie der ganze Tag zu werden schien, wirkte auch Aquilius selbst auf Prisca. Seine Ansichten über Erfolg und Wagnis gefielen ihr sehr, denn sie waren von Tatendrang, Ehrgeiz und Überzeugung geprägt. … sei es im Wagnis eines politischen Winkelzugs … Bei diesen seinen Worten erinnerte sich Prisca spontan an den Artikel , den sie in der letzten Ausgabe der Acta über die bevor stehenden Wahlen gelesen hatte. Wie ihr Cousin Ursus, wollte anscheinend auch Flavius Aquilius für ein Vigintivirat kandidieren. … Der schöne Marspriester mit seinen wunderbar philosophischen Ansichten in der Politik? … passte das überhaupt zusammen? … Einen Moment lang grübelte Prisca darüber nach. Für Politik interessierte sie sich selbst recht wenig, aber vielleicht würde das Thema gerade durch solche Männer wie er erst interessant. Wie dem auch wäre ….


    … Prisca beschloss das Thema, bei Gelegenheit von sich aus anzusprechen. Hatte sie es doch bisher ganz versäumt, ihm persönlich zu seiner Kandidatur zu beglückwünschen. Zunächst jedoch vernahm sie mit einem wohlwollenden Lächeln, dass sie in puncto Abwechslung keine Langeweile zu befürchten hätte. … Ob er mich wohl immer so auf Händen tragen würde wie heute und mir den Tag mit soviel Liebe und schönen Dingen versüßt? … Eine Frage auf die es keine Antwort gab, sondern nur den Wunsch danach …und was könnte man sich Schöneres wünschen, als jeden Tag gemeinsam genießen zu können …


    "Du wirst in mir gewiss keine enttäuschte Begleiterin finden, Flavius Aquilius! … Denn ich liebe es, mich von solch schönen Gedanken und Ideen überfluten zu lassen. Lassen sie doch auf eine so herrliche und unbeschwerte Zeit hoffen, die uns Menschen nur allzu selten vergönnt ist. Mögen sich auch einige von diesen Ideen nicht an einem einzigen Tag realisieren lassen, so bleibt doch zumindest die Möglichkeit weiter davon zu träumen, nicht wahr?"


    Nachdem sie das gesagt hatte seufzte Prisca zufrieden und räkelte sich kurz - so gut es eben in ihrer Position ging - denn mit Sicherheit würde sie diesen Tag nie vergessen wollen. Zu neu und aufregend war das alles für sie. Soviele unbekannte Gefühle und Gedanken die sie reizten, sich immer weiter vor zu wagen. Aquilius schien sich nun auf den Weg zu konzentrieren und diese Zeit der Stille nutzte Prisca, um sich weiter diesen Gedanken hinzu geben. Die Augen halb geschlossen nahm sie die Menschenmenge, welche ihnen entgegen kam, nur am Rande war. Erst als die Stadttore in greifbare Nähe rückten und der Flavier den Kopf zu ihr wandte, öffnete Prisca ihre Augen wieder und stimmte mit einem Nicken sogleich seinem Vorschlag zu, den weiteren Tagesverlauf gemeinsam und in Ruhe zu planen.


    Lange und intensiv blickte Aquilius sie daraufhin nur an. … wie er mich ansieht, mit seinen wundervollen dunklen Augen… wenn ich doch nur seine Gedanken lesen könnte ... Einen Moment lang war Prisca versucht einfach danach zu fragen oder stattdessen verlegen den Blick vor ihm zu senken. Beides tat sie selbstverständlich nicht. Was es auch sein würde von dem, was sie wusste … ahnte oder zu hoffen wagte. "Ich bin wirklich froh, dass wir uns für den Ritt auf Lapsus entschieden haben …", meinte sie dann einfach ganz spontan und lachte fröhlich, um ihre und seine Gedanken einfach frei zu lassen.

  • Wir passierten das Stadttor, wenngleich uns die Torwachen interessiert musterten, mehr als ein leichtes Kopfneigen bekamen sie nicht von mir, galt meine Aufmerksamkeit an diesem Tag doch ausschließlich meiner Begleiterin (und der Straße, aber das auch eher zu dem Zweck, dass meiner Begleiterin kein Unbill zustoßen möge).
    Mochten mir ihre Worte etwa andeuten, dass sie eine Wiederholung des Ausflugs in Betracht zog, um die anderen Punkte auf der Spaß-Liste abzuarbeiten? Ich glaubte es gar, und es ließ ein angenehm warmes Gefühl in meinem Inneren zurück. Wenn ich mir keine allzu großen Gedanken machen musste, wie meine Komplimente wirkten, wenn es nicht wichtig war, ob eine Frau auf die Worte, die ich sprach, auf die Dinge, die ich für sie tat, passend reagierte, war es leicht, ein wenig Spaß zu haben, aber dies hier war keineswegs nur Spaß alleine. Vielleicht war es ein zu perfektionistischer Anspruch, den ich hegte, aber das Beispiel zu vieler unglücklicher Ehen in meinem privaten Umfeld hatte mich vorsichtig gemacht. Nicht zuletzt die Ehe zwischen Gracchus und Antonia war mir ein warnendes Beispiel - wenngleich ich nicht dasselbe Problem erdulden musste wie mein Vetter.


    "Eben weil diese schönen und unbeschwerten Zeiten so selten sind, sollte man sie umso mehr genießen. Neben der Pflicht braucht der Mensch auch eine gewisse Form des Entspannens, und die Zuflucht zur hohen Kunst der Literatur alleine vermag mir nicht ausreichend zu sein, in staubigen officien verbringt man zuviel Lebenszeit. Die frische Luft ist es, nach der das Streben leicht fällt, und wenn ich um so angenehme Begleitung wie Dich weiß, hält mich wenig noch in geschlossenen Räumen. Die meisten geborenen Römer dürften dies als seltsam empfinden, aber ich bin nun einmal in Hispania geboren und aufgewachsen, und dort wird man nicht von Mauern gefangen und gehalten wie es in Rom geschieht," antwortete ich ihr lächelnd. Sie war niemand, der inmitten von Mauern gehörte, dafür schien mir ihr Geist zu frei, zu aufstrebend. Waren nicht die schönsten, buntesten Vögel unglücklich, wenn man sie in zu engen Käfigen hielt? Sie waren schön anzusehen, aber ihr Gesang verlor an Schönheit und Stärke.
    "Vögel sollten fliegen dürfen, denn das ist ihre Natur. Nur wenn sie sich gegen den Flug entscheiden, weil es ihr Wille ist, taugen sie für einen Käfig," dachte ich laut und hätte mir im gleichen Augenblick die Hand an die Stirn klatschen können ... ich musste wirklich zuerst denken und dann zu sprechen lernen.


    Als sie auf den Ritt zu sprechen kam, musste ich doch lachen. "Spätestens morgen, wenn du nicht mehr aufrecht gehen kannst und alle Sklaven Deines Haushalts ob Deiner schlechten Laune mich hoffen niemals wieder sehen zu müssen, wirst Du mich verfluchen für diese Idee - aber Du hast meinen ganzen Respekt, diese Tortur so gut und klaglos zu ertragen." Es tat gut zu lachen, ohne Hintergedanken hegen zu müssen, ohne sich davor schützen zu müssen - zumindest heute wollte ich nicht grübeln, mir einige Stunden des privaten Seins gönnen, das mir in den letzten Wochen so sehr gefehlt hatte. Es gab nur sehr wenige Menschen, bei denen ich die übliche Haltung der Vorsicht wenigstens zum Teil aufgeben konnte, und vielleicht gehörte sie zu jenen - noch wusste ich es nicht genau, aber hoffen durfte man ... und während ich mich für einige Momente lang in Gedanken verlor, ritten wir weiter, der Erholung entgegen ...

  • Das Stadttor und damit die Mauern Roms fielen immer weiter zurück, bis sie sich schließlich ganz im Nichts verloren. Ein letzter Blick dorthin, und ein befreiendes Gefühl, diese Stadt so einfach hinter sich zu lassen! Prisca konnte es zuerst gar nicht glauben hatte sie doch Rom, seit ihrer Rückkehr aus Germanien, so gut wie nicht mehr verlassen. Doch heute verspürte sie den Drang dieser kleinen Welt, mit ihren auferlegten Zwängen, entfliehen zu wollen. Waren es seine Worte, die diesen Wunsch nach Freiheit in ihr so schürten? Vielleicht - Die Augen wieder geschlossen, weilte Prisca mit ihren Gedanken in diesem Land ohne Mauern. Ob sie es jemals sehen würde?


    … was sollte mich daran hindern, wenn ich so frei sein wollte wie ein Vogel? … ein Käfig? - vielleicht … doch wer könnte mich dazu bringen, ihn freiwillig zu betreten? … Niemand, der nicht die Freiheit genau so liebt wie ich … wie mich? … "… ist es nicht wider der Natur eines jeden Vogels in einem Käfig leben zu wollen, auch wenn ihm der Wille gegeben wäre, dies frei zu entscheiden? … Alleine wäre er stets unglücklich und würde bald sterben, außer vielleicht ... ein anderer Vogel wäre dazu bereit, das Leben in einem Käfig mit ihm zu teilen … Prisca sinnierte leise über seine Worte hin und begriff erst langsam die Tiefe, die sich ihnen zu eröffnen drohte. Zu tief vielleicht, um sich heute darin verlieren zu wollen. Schon hörte Prisca die mahnenden Worte ihrer verstorbenen Mutter, mit denen sie ihre Tochter schon als Kind auf die Männer und die Ehe vorbereiten wollte ja mater, ich weiß und doch verstehe ich nichts …


    Das Gesagte und vielleicht auch das Gedachte hüllten sich gleichsam in Schweigen und so ging von der Heiterkeit des Tages auch nichts verloren. Sogar über sich selbst konnte Prisca gemeinsam mit Aquilius lachen, als er ihr die Folgen des heutigen Ausritts beschrieb und ihr für ihren Mut seinen Respekt zollte. "Ich danke dir … und verfluchen werde ich dich mit Sicherheit nicht!", versprach ihm Pisca gerne. " Wobei es durchaus sein kann, dass meine Laune morgen etwas schlechter sein wird …ja, aber lass uns heute nicht daran denken! …" Nein ihre gute Laune könnte heute wohl nichts mehr trüben. So hielt Prisca ihre Nase in den Wind und sah mit Freuden dem gemeinsamen Ziel entgegen.

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