Versuch eines Sühneopfers

  • Da hatte Macer also die Verteilung des Opferfleisches bei solchen Anlässen genau richtig im Kopf gehabt und der eine oder andere Besucher des Opfers würde sich nun freuen können, lange genug durchgehalten zu haben.


    "Die Arbeit hatten ja wohl eher du und deine Opferhelfer", gab er dann zurück, denn auch wenn ihm das wiederholte Ausdenken und Vortragen von Gebetsworten reichlich Mühe bereitet hatte, konnte er doch eindeutig sehen, dass sein Klient und seine Helfer wesentlich schwerer gearbeitet hatten und noch arbeiten mussten. Wenn man sich alleine das ganze Blut auf Kleidung und Boden anschaute, würde es mehr als nur ein paar Stunden dauern, bis das alles wieder sauber war. "Jedenfalls gilt euch mein Dank für die tatkräftige und letztlich erfolgreiche Durchführung des Opfers. Ich denke, wir werden an den heutigen Tag noch lange zurückdenken, selbst wenn die Truppen tatsächlich schon aus dem Osten zurückgekehrt sind und der Senat sich von seinen Verfehlungen reingewaschen hat. Und das wird dann wohl auch der Wille des Mars sein, dass wir an den heutigen Tag und das im Gebet vorgetragene Versprechen denken und es erfüllen, damit die Götter uns nicht noch einmal zürnen müssen." Macer war selber ein wenig überrascht, als er sich bei seiner eigenen Interpretation des Tagesgeschehens zuhörte, die gerade einfach so aus ihm heraus purzelte, ohne dass er lange darüber nachdenken musste wie eben noch bei Gebet. Vielleicht sollte er doch noch Priester werden, denn wer keine Lust mehr auf die Wasserleitungen Roms hatte. Andererseits brauchte man das Wasser, um das ganze verschüttete Blut hier wegzubekommen.

  • Die Erleichterung hatte sich meiner inzwischen gänzlich bemächtigt - und die Vorfreude auf ein langes Bad samt Massage ebenso, heute hatte ich sie mir wirklich verdient. "Wir alle haben nur unsere Pflicht getan, und ich muss gestehen, es war auch eine lehrreiche, neue Erfahrung. Ein abgelehntes Opfer passiert einem nicht alle Tage, und ... letztendlich ist es, wie so vieles andere auch, wohl auch eine Prüfung des Charakters." Ich warf einen Blick auf die herumwuselnden Jungen, die nun auch von Tempelsklaven tatkräftig darin unterstützt wurden, die ersten Aufräumarbeiten zu beginnen, dann nickte ich meinem patronus wohlwollend zu. "Diesen Tag werde ich ganz sicher nicht so schnell vergessen, das ist wahr," erwiederte ich und schmunzelte. "Aber nun musst Du mich entschuldigen, es gibt noch das ein oder andere zu tun und ich bin mir sicher, auch Du hast nicht damit gerechnet, dass es so lange dauern würde mit dem Opfer." Irgendwann wollte man schließlich auch nach Hause, und für ausschweifende Gespräche würde sicherlich ein andermal Zeit bleiben. In einem glaubte ich meinen Patron schon kennengelernt zu haben - dass er genau wusste, wann die Zeit für das Handeln, und wann die Zeit für Gespräche passend war.

  • Da hatte sein Klient ganz sicher Recht, dass Macer ursprünglich mit einem kürzeren Opfer gerechnet hatte. "Dann will ich euch nicht von der Arbeit abhalten und wünsche danach noch einen schönen, wohlverdienten Feierabend. Wir werden uns sicher bald wieder sehen, dann vielleicht zu einem weniger blutigen Anlass."


    Nach einigen weiteren Abschiedsgesten in Richtung der Opferhelfer und auch der immernoch anwesenden Opferzuschauer verließ Macer den Tempelvorplatz und machte sich auf den Rückweg in seine Casa.

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