Rot schillert der Stoff im güldenen Sonnenlicht. Prüfend hält ihn Callista vor sich. Im Spiegel betrachtet Callista ihre Erscheinung. Welches Kleid soll sie für den schönen Herbsttag wählen? Für den lieblich reizenden Besuch im Garten. Callista ist sich indes unschlüssig. Eine bekannte Silhouette zeichnet sich hinter der Patrizierin ab und spiegelt sich im dem polierten Silber wieder.
"Rot oder das unschuldige Weiß?"
Benohés Miene ist undurchdringlich. Wenn sie auch einen tiefen Triumph verspürt. Aber davon lässt Benohé sich nichts anmerken. Die Quintessenz ihres Tuns muss erst noch zu Tage treten.
"Weiß, Herrin. Darin siehst Du besonders schön aus."
Zufrieden greift Callista nach dem weißen Kleid, dessen Saum mit gold blauen Blüten bestickt ist. Mit der Hilfe ihrer Sklavin kleidet sich Callista an. Ohne Hast, denn der Tag ist schön. Im Garten zu warten keine Unannehmlichkeit. Zudem hofft Callista auf ein Kennenlernen von Nero und Sisenna. Womöglich freunden sie sich an. Das zarte Mädchen wird ihrem Sohn gewiss gut tun.
Karamell gleitet durch Schwarz. Benohé richtet die schwarzen Flechten der Callista. Steckt silberne Granatspangen in die dunkle Flut hinein. Callista betrachtet verträumt ihre Gestalt in dem weißen Gespinnst. Die schweren Schritte, die sich nähern, hört sie erst vor ihrer Tür.
"Hier ist es, Herr." -
"So klopfe doch."
Es wird getan. Wie geheißen. Verwundert dreht sich Callista vor dem Spiegel um. Benohé tritt zur Seite und senkt devot ihr Haupt.
"Wer ist dort?"
Die Frage ist an Benohé gerichtet.
"Ich weiß es nicht, Herrin."
Ein prüfender Blick. Das Zimmer ist präsentabel.
"Herein."
Helle Sklavenhände stoßen die Türe auf. Ein Mann in dunkel blauer Toga betritt den Raum. Gedungen ist seine Gestalt. Nur wenig größer als Callista ist jener Römer. Der eine Halbglatze trägt und einen schmalen Bart um sein Kinn. Goldene Ringe blitzen an seinen weichen Fingern. Grüne Augen betrachten Callista. Verwundert erwidert Callista sein Mustern.
Was für ein häßlicher Wicht.
Ein Sklave indes nicht, Callista. Ein vermögender Eques womöglich.
Traun.
Den Equesring hat Callista an seiner Hand ausgemacht. Aber es erklärt ihr nicht, warum jener Mann in ihre Gemächer gedrungen ist. Was ihn in die Villa Claudia geführt hat. Callista rafft ihre zierliche Gestalt. Ungnädig. Stolz und eigenwillig ist der Ausdruck in ihrem Gesicht.
"Wer bist Du? Und was wünschst Du hier?"
Die Toga raschelt leise als der Mann auf Callista zu tritt. Langsam umrundet er Callista. Betrachtet sie von oben bis unten. Ein ergötztes Lächeln zieren seine schmalen Lippen.
"Schön bist Du."
Ein Kompliment wäre Callista sehr gefällig, wenn der passende Moment kommt. Aber hier ist es völlig deplaziert. Ihre Augen umwölken ein zorniger Schatten.
"Wer bist Du, dass Du es wagst, mir nicht zu antworten? In meinen eigenen Räumlichkeiten?"
Ein glucksendes Lachen ist die Antwort.
"Zu stolz womöglich."
Ihre schmalen Hände ballen sich zu Fäuste. Sprachlosigkeit hält Callista umfangen. Sie zieht den Atem heftig durch ihre Nase ein und will ihm einige zornige Worte entgegen schleudern. Nach Sklaven rufen lassen, die den hässlichen Wicht aus ihren Räumen schleifen soll.
"Und Temperamentvoll. Hervorragend. Doch, die Wahl ist vorzüglich. Du wirst ihm sicherlich gefallen."
Der Mann dreht sich um, ehe Callista ihre Pläne vollführen kann. Erstaunlich flink eilt der Mann aus ihrem Zimmer und hinterlässt eine vor Zorn bebende Callista. Ihr Kinn dreht sich zur Seite. Ist da nicht ein seltsames Funkeln in den Augen ihrer Sklavin? Scheint sie etwas zu ahnen? Wissen in sich zu tragen, das Callista verborgen ist. Benohé schlägt die Augen nieder. Callista schüttelt ärgerlich den Kopf. Die Ohrringe klimpern leise.