hortus | Von Raben und Beeren

  • An meinem ersten Tag hier, hatte ich noch so gut wie gar nichts vom Garten gesehen. Erst spät Abends, bevor ich zu Bett gehen wollte und es bereits schon dunkel war, war ich kurz herausgekommen, um noch etwas Luft zu schnappen.
    Das wollte ich heute endlich nachholen, denn schließlich war es nicht nur gut zu wissen, wo sich was befand. Es war außerdem wichtig, etwaige Rückzugspunkte zu finden, wo man sich auch mal verstecken konnte, wenn die Dinge mal nicht ganz so gut liefen, wie sie eigentlich sollten.
    Der gute Ursus hatte sich längst aus dem Staub gemacht. Da er mir keinerlei Anweisungen für noch auszuführende Aufgaben hinterlassen hatte, schlenderte ich gemütlich hinaus in den Garten und sah mich erst einmal um. Außer Sklaven, die mehr oder weniger geschäftig in der Gegend herumrannten und dieses und jenes taten, sah ich niemanden, der mir meinen "freien Vormittag" in irgendeiner Weise verübeln konnte.
    Doch zur Sicherheit tat ich dann auch geschäftig. Schließlich wollte ich ja nicht gleich den Unmut meiner Schicksalsgenosssen auf mich ziehen.


    So betrachtete ich mir die Gewächse und untersuchte die Blätter und tat so, als ob ich der Chefbotaniker höchstpersönlich wäre. Natürlich hatte ich von Planzen ungefähr so viel Ahnung, wie der Winter vom Sommer wußte.
    Nebenbei sah ich mich aber auch noch weiter um. Vielleicht würde ich ja hier noch einige Ideen bekommen, wie man von hier am Besten auch wieder abhauen konnte. Schließlich wollte ich ja hier nicht für immer und ewig bleiben.


    Sim-Off:

    Reserviert! :D

  • Üblicherweise spazierte ich entweder nach dem ientaculum oder nach der salutatio am Morgen durch den Garten, um nach dem Rechten zu sehen. Besonders in dieser rauhen Jahreszeit war es für neue Pflanzen aus dem Süden alles andere als leicht, richtig anzuwachsen und zu gedeihen. Eine kleine Adansonia digitata hatte es bereits dahingerafft, und ich hatte am Morgen angeordnet, diese afrikanische Seltenheit aus der Erde und dem Garten zu entfernen. Es war schade drum, aber eben nicht zu ändern. Der Händler hatte mir gleich vom Kauf abgeraten. Nun, vielleicht wurde aus dem zweiten Bäumchen dieser Art ja etwas.


    Gerade, als ich mich entschloss, wieder zurück ins Haus zu gehen, bemerkte ich eine Bewegung hinter einem frisch geschnittenen Maytenus mossambicensis. Ich stutzte, zumal ich kurz darauf einen hellblonden Haarschopf gewahrte. Ob das die neue Germanin war, die Matho und Brix gekauft hatten? Ich entschloss mich, es herauszufinden, änderte meine Richtung und ging auf die Sklavin zu. Sie schien Ahnung von Pflanzen zu haben. "Die roten Früchte sind gewiss nicht genießbar, was meinst du?" stellte ich die Sklavin unvermittelt auf den Prüfstein.

  • Der hatte mich aber ganz schön erschrocken! Ich war richtig zusammengefahren, als ich in meinem Rücken, die Stimme des Fremden hörte. Ich drehte mich sofort um, damit ich meinem Gegenüber direkt in die Augen schauen konnte. Es war nie gut, einen Fremden im Rücken zu haben. So, und jetzt vorsichtig Caelyn. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wer das war. Schließlich hatte er es ja nicht mal für nötig gehalten, sich vorzustellen. Klar, es war ein Römer, einer von Bärchens Verwanten womöglich.
    Doch das Schärfste war, der hatte mir doch glatt mein wichtiges Getue abgenommen. Der dachte doch im Ernst, ich kenne mich mit den Pflanzen aus. Tja, da wollte ich ihn auch nicht gleich enttäuschen und machte weiter, einen auf wichtig
    . Was hatte früher meine Mama immer gesagt? "Kind, Beeren die man nicht kennt, ißt man nicht. Die könnten giftig sein!" Wie Recht sie doch immer hatte!
    Den Empfehlungen meiner Mutter folgend antwortete ich, doch auf recht altkluge Weise: "Nein, die sollte man tunlichst nicht essen!" Ich war selber erstaunt, über meine Wortwahl.

  • Die Kleine schien sich erschrocken zu haben. Ein Umstand, der mir ein episodisches Lächeln auf die Lippen legte. Ihre Antwort sagte mir einiges über das zarte Geschöpf dort vor mir. Zum einen sprach sie Latein ohne Beanstandung und konnte sich auch zufriedenstellend ausdrücken. Des weiteren hatte sie eine belehrende Art, die mir sagte, dass sie wohl kaum einen leichten Charakter haben musste. Hoffentlich war sie nicht ganz so aufmüpfig, mir reichten andere Sklaven dieses Haushaltes schon vollkommen aus, dahingehend. Was mir ihre Antwort ebenfalls sagte, war, dass sie keine Ahnung von Pflanzen hatte. Schmunzelnd trat ich nahe an sie heran, beugte mich leicht vor und langte über ihre Schulter, um eine der kleinen Früchte vom zweig zu zupfen. Ihr Haar roch betörend. Die kleine Frucht fand ihren Weg in meinen Mund, und während ich kaute, sah ich auf die Sklavin, die ja nun direkt vor mir stand, hinunter, und schmunzelte. "Auch eine?" fragte ich sie gelassen und hielt ihr eine zweite Frucht auf der offenen Handfläche liegend hin.


    "Im Garten wirst du demnach wohl nicht eingesetzt werden", resümierte ich trocken. "Wie ist dein Name? Erzähle mir etwas über dich." Ich ging schließlich davon aus, dass sie die Sklavin war, die Matho und Brix in meinem Auftrag hatten erwerben sollen. Das konnte in dieser Hinsicht wohl noch lustig werden....

  • Upps, das war doch glatt die falsche Antwort! Ganz entspannt hatte mein Gegenüber sich eine dieser Beeren abgezupf und kaute nun darauf. Noch entspannter bot er mir auch eine an. "Öhm, nee laß mal, ich hab schon gefrühstückt!" erwiederte ich schnell und war auch schon bereit, geradewegs vor Scham im Boden zu verinken. Wenn ich mich nun im Spiegel hätte betrachten können, hatte ich mich wohl glatt mit einem Krebs verwechseln können, so sehr errötete ich. Ich hatte ein besonderes Talent in jeden Fettnapf zu treten, der sich mir darbot. Zeigt mir den nächsten Fettnapf, damit ich hineintreten kann!
    Doch er war ein Mann mit Weitblick und wußte genau, daß ich nicht für Gartenarbeiten bestimmt war. Wohl wahr!


    "Ich heiße Caelyn! Naja, und ich bin neu hier!" Na, das würde doch sicher alles erklären. "Öhm, wollte gerade mal schauen, wo man mich brauchen könnte" fügte ich schnel noch hinzu. Einfach nur zur Sicherheit, nicht, daß ihm der verwegene Gedanke kommen könne, ich würde mir hier einen schönen Tag machen. :D

  • Irritiert wanderte eine Braue nach oben, als die Sklaven derart nonchalant mit mir sprach. Vermutlich fiel ihr auch gleich selbst auf, wie unpassend das war, denn sie schien augenblicklich zu erröten, und dieser Umstand wiederum ließ mich schadenfroh schmunzeln. So blieb auch ihre locker sitzende Zunge erst einmal unbeachtet.


    "Caelyn also. Und man hat dich noch nicht eingeteilt, nehme ich an." Ich unterzog die Sklavin einer zweiten, intensiveren Musterung. "Ich bin Marcus Corvinus", stellte ich mich dann selbst vor. Immer noch ging ich davon aus, dass sie meine Sklavin war und nicht die meines Neffen. "Welche Fähigkeiten sind dir eigen? Pflanzenkunde scheint es offensichtlich nicht zu sein, was sehr bedauerlich ist. Immerhin hatte ich Matho und Brix deswegen losgeschickt, um eine Sklavin zu erwerben." Dass sie mit einer unfähigen serva heim gekommen waren, würde noch ein Nachspiel haben. "Hat man dir bereits das Haus gezeigt? Neue Kleidung scheinst du schon bekommen zu haben."

  • Na Klasse! Das war er also, der Rabe! Nett dich kennenzulernen, Kumpel! Nur das, was er da faselte, begriff ich nicht so recht und schaute daher recht irritiert aus der Wäsche. He, Matho, Brix wer is dat denn?
    Zum Glück merkte ich noch rechtzeitig, daß ich momentan nicht so intelligent dreinschaute und änderte das auch ganz schnell wieder. Völlig resolut antwortete ich ihm dann. "Oh, eingeteilt, ja, ja! Nein nicht für den Garten. Ja, also ich bin gut in der Organisation von Dingen verschiedenster Art. Na, ja und ich kan schreiben und lesen und so was."
    Ich räusperte mich etwas. "Ja das Haus habe ich schon gesehen, jetzt mache ich mir gerade ein Bild vom Garten"

  • Eine Braue wanderte selbsttätig nach oben. Sie schien etwas einfach gestrickt zu sein. "Ah. Mir scheint, an deiner Ausdrucksweise muss noch gefeilt werden." So würde man sie nirgendwo mit hin nehmen können. Sie sprach daher wie ein Gassenjunge, und schien dabei nicht gerade auf den Mund gefallen zu sein. Sicherlich würde sie dann auch nicht die Klappe halten, wenn es eigentlich erforderlich war. - Überlegungen, die weiterhin davon ausgingen, dass dies nun meine Sklavin war. Wie Camryn und Cadhla, war Caelyn ebenfalls Keltin. Mir fiel auf, dass die Kelten es scheinbar mit Namen hatten, die mit C begannen und schier unaussprechlich für die römische Zunge waren. Verrückt, dieses Nordvolk.


    "Spielst du vielleicht ein Instrument?" versuchte ich erneut, eine befriedigende Antwort aus dem Mädchen herauszukitzeln. Zu irgendwas musste sie schließlich zu gebrauchen sein, sonst hätten mein maiordomus und Brix sie doch nicht gekauft. Ich stutzte. Hatte sie nicht eben gesagt, man habe sie bereits eingeteilt. "Wer hat dir deine Aufgaben zugewiesen?" fragte ich daher forschend.

  • Was hatte denn der arrogante Kerl an meiner Ausdrucksweise auszusetzen? Ich mußte mal kurz schmunzeln, als ich mir vorstellte, wie ich so´nen reichen Typen um sein Geld erleichtere, wohlgemerkt mit einer feinen Ausdrucksweise! Mein Herr, wärest du so gewillt und würdest mir freundlicherweise deine Goldstücke überlassen? Hab außerordentlichen Dank dafür! Die götter mögen dir gewogen sein! Ha, darüber kann ich echt nur lachen! Die hätten mich alle für verrückt gehalten und ich wäre schon längst...naja, da wo Mama jetzt ist!


    "Nee, tut mir leid! Ich spiel kein Instrument! Als Straßenmusikant hatte ich´s nie versucht!" Aber, mal sehen, das wäre doch die Geschäftsidee nach der Flucht! Ich müßt nur mal eben was auf der Pfeife spielen. Nee, als wirklich, was der für Ideen hat!
    Seine nächste Frage ließ mich ein bißchen unruhig werden, denn heute hatte mir eigentlich noch niemand eine Arbeit zugewiesen, klar heute war ja auch Frei- tag, jedenfalls für mich, von mir höchstpersönlich selbst angeordnet! Hätte es etwas schöneres geben können? Naja, bis er meine Wege gekreuzt hatte. Aber jetzt saß ich eben in dem Schlamassel. Jetzt irgendwie schauen, das man Land gewinnt!
    "Tja, öhm, eigentlich soll ich ja was für meinen" das verdammte Wort bereitete mir immer noch Schwierigkeiten! "dominus besorgen! Frische Blumen, ja genau!" log ich und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. Zu dumm nur, daß zu dieser Jahreszeit die auswahl recht beschränkt war!

  • Straßenmusiker? Ich runzelte die Stirn. Wer war dieses vorlaute Gör? Wenn Brix und Matho keinen besonders guten Grund würden vorbringen können, war ich geneigt, dieses dreiste kleine Biest gleich wieder zu verkaufen. Ich schürzte kurz die Lippen, starrte die Sklavin allerdings verwundert an, als sie erzählte, sie sollte Blumen für ihren Herrn besorgen. Natürlich stellten in den milden Wintern Italiens nicht alle Pflanzen das Austreiben und die Blütenbildung ein, aber das war es auch gar nicht, was mich stutzen ließ. Vielmehr die nebensächliche Bemerkung, es sei die Order eines dominus gewesen.


    "Ahja", entgegnete ich vorerst, und in mir keimte der Verdacht auf, dass dies gar nicht die Sklavin war, die Brix und der maiordomus in meinem Auftrag erworben hatten. "Dein Herr also. Und wer soll das sein?" fragte ich. "Damit ich mich gleich an der richtigen Stelle über dein loses Mundwerk und deine flegelhaften Formulierungen beschweren kann", fügte ich hinzu und unterdrückte mit Müh und Not ein Grinsen. Mit etwas Glück hatte sich Ursus dieses Mädel geleistet, und das bedeutete, dass er noch einigen Spaß mit ihr haben würde....

  • Meine Fresse, das die sich hier immer gleich so aufregen mußten!
    "Hehe, mal langsam mit den jungen Pferden! Brauchst doch nich gleich losrennen und dich beschweren! Dann krieg ich doch bloß wieder Ärger! Nee, laß ma´! Können wir das nich anders regeln? Tut mir ja leid, wenn ich was gesagt hab, was dir nich gefällt. Aber he, so bin ich eben!" Mit meinen besten Hundebabyäuglein schaute ich ihm direkt ins Gesicht. Der konnte mir doch jetzt nicht mehr böse sein, oder? Außer, der mochte keine Hundbabies! Dann hätte ich mal wieder Pech gehabt.
    "Ursus!" gab ich schließlich kleinlaut zu.
    Es war doch immer das Gleiche! Jedesmal, wenn man bei irgendwas erwischt wurde, wurde ich von diesem blöden Gefühl heimgesucht. Wäre ich jetzt ´ne Maus gewesen, hatte ich schon längst Land gewonnen!
    Aber ich war keine Maus. Nicht mal ´ne Ratte war ich! Da blieb mir nur eins, aussitzen und hoffen!

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